Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.04.2014, Az. VI ZR 137/13

6. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6041

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Gegenstand

Persönlichkeitsrechtsverletzung in der Medienberichterstattung: Unterlassungsanspruch des Adoptivkindes eines bekannten Fernsehmoderators wegen der Bekanntgabe des Kindschaftsverhältnisses


Leitsatz

Zur Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eines Kindes durch Bekanntgabe des zwischen ihm und einem bekannten Fernsehmoderator bestehenden Kindschaftsverhältnisses.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 18. Dezember 2012 aufgehoben und das Urteil der 24. Zivilkammer des [X.] vom 29. Juni 2012 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die im Zeitpunkt der Berichterstattung 12 Jahre alte Tochter des Fernsehmoderators [X.] nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Bekanntgabe des zu [X.] bestehenden Kindschaftsverhältnisses in Anspruch.

2

[X.] wurde die Klägerin von [X.] und seiner Ehefrau [X.] als Kind angenommen. Die Klägerin trägt den Familiennamen S. Über das Kindschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und [X.] wurde bis in das [X.] in verschiedenen Presseveröffentlichungen unter Angabe des Vornamens der Klägerin, ihres Alters und des Namens ihrer Eltern berichtet. In der Ausgabe der Zeitschrift "[X.]" vom 8. Juli 2011 veröffentlichte die Beklagte unter der Überschrift "Gefragt wie ein Popstar" einen Bericht über einen Auftritt von [X.] im Rahmen des sogenannten "Zeitcampus" in der [X.]. Darin hieß es unter voller Namensnennung u.a.: "Zurückhaltender ist er, was sein Privatleben angeht. Er ist mit Diplompädagogin [X.], 50, verheiratet. Das Paar hat vier Kinder, die leiblichen Töchter [X.], 22, und [X.], 18, dazu die [X.], 14, und [X.], 21."

3

Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, zu veröffentlichen, dass die Klägerin ein Kind von [X.] ist. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB iVm § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der [X.] zu, sie sei die Tochter von [X.] Die Klägerin werde in dem beanstandeten Artikel identifizierbar bezeichnet. Der Leser könne aufgrund des Umstands, dass die Kinder von [X.] in der absteigenden Reihenfolge ihres Lebensalters aufgeführt seien, erkennen, dass es sich bei der fehlerhaften Angabe des Lebensalters der Klägerin um einen Zahlendreher ("21" statt "12") handle. Das Interesse der Klägerin daran, dass nicht verbreitet werde, dass sie die Tochter eines bekannten Fernsehmoderators sei, überwiege das Interesse der Beklagten daran, diesen Umstand öffentlich zu machen. Die Klägerin habe keinen Anlass dazu gegeben, dass über sie in identifizierbarer Weise berichtet werde. Zwar gehöre die Zugehörigkeit eines Menschen zu einer bestimmten Familie eher zur Sozialsphäre als zur Privatsphäre. Aber auch die Sozialsphäre sei nicht dem grenzenlosen Zugriff der Öffentlichkeit ausgesetzt. Dabei sei maßgebend, ob über Verhaltensweisen oder Verhältnisse der betroffenen Person berichtet werde, die auf ihr eigenes Verhalten zurückzuführen seien. Um derartige Verhaltensweisen gehe es hier aber nicht. Die Klägerin sei als Kind unter 14 Jahren besonders schutzwürdig und habe ein besonderes Interesse daran, in dieser Phase ihrer Entwicklung nicht dadurch beeinträchtigt zu werden, dass die Blicke der Öffentlichkeit auf sie gelenkt würden und sie sich in ihrer Umwelt nicht unbefangen verhalten könne. Durch die Entscheidung ihrer Eltern, sie nicht an der Prominenz ihres [X.] teilhaben zu lassen, erfahre ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Verstärkung durch den besonderen Grundrechtsschutz aus Art. 6 Abs. 1 und 2 G[X.] Demgegenüber bestehe ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit, über die Klägerin informiert zu werden, allenfalls in so geringem Maße, dass es das Schutzinteresse der Klägerin nicht zu überwiegen vermöge. [X.]en über die persönlichen Verhältnisse des [X.] der Klägerin könnten auch erfolgen, ohne dass über die Klägerin in einer Weise berichtet werde, die sie für Dritte erkennbar mache.

II.

5

Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Bekanntgabe des zwischen ihr und [X.] bestehenden Kindschaftsverhältnisses zu.

6

1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis allerdings zu Recht angenommen, dass die Klägerin durch die Bekanntgabe ihres Vornamens, ihres Alters und des zwischen ihr und [X.] bestehenden Kindschaftsverhältnisses in ihrem in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. [X.] ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das über den Schutz der Privatsphäre des Einzelnen hinausgeht und ihm die Befugnis gibt, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Ver[X.]dung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. Senatsurteile vom 5. November 2013 - [X.], [X.], 58, zur [X.] in [X.], 346 bestimmt; vom 13. Juni 2009 - [X.], [X.], 328 Rn. 28; vom 23. November 1990 - [X.], [X.], 416, 417; [X.] 65, 1, 43). Allerdings gewährt es dem Einzelnen kein unbeschränktes dingliches Herrschaftsrecht über bestimmte Informationen, sondern findet seine Grenze in den Rechten Dritter - beispielsweise auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 [X.] (vgl. Senatsurteil vom 5. November 2013 - [X.], [X.], 58 Rn. 13; [X.] 84, 192, 195; [X.], [X.], 1772, 1773 f.).

7

2. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ist aber nicht rechtswidrig. Das Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit überwiegt das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit nicht.

8

a) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der [X.] interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, [X.]n das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - [X.], [X.], 135 Rn. 22; vom 5. November 2013 - [X.], [X.], 58 Rn. 13; vom 13. November 1990 - [X.], [X.], 416, 417).

9

b) Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] gewährleistete Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 [X.] verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Dabei war zu Gunsten der Klägerin in die Abwägung einzustellen, dass sie im [X.]punkt der [X.] erst 12 Jahre alt war. Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes, weil sie sich erst zu eigenverantwortlichen Personen entwickeln müssen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung empfindlicher gestört werden als die von Erwachsenen. Dabei kann eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts eines Kindes nicht nur dann vorliegen, [X.]n das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt. Eine Beeinträchtigung ist vielmehr schon dann gegeben, [X.]n Dritte persönlichkeitsbezogene Informationen verbreiten und dies dazu führen kann, dass dem Kind in Zukunft nicht unbefangen begegnet wird oder es sich speziellen Verhaltenserwartungen ausgesetzt sieht (vgl. Senatsurteil vom 5. November 2013 - [X.], [X.], 58 Rn. 17 mwN).

Zu Gunsten der Beklagten fällt dagegen ausschlaggebend ins Gewicht, dass die in der angegriffenen Berichterstattung mitgeteilten Informationen über die Klägerin bereits vor der [X.] einer breiten Öffentlichkeit bekannt waren und die Sicht auf die Klägerin prägten. Nach den Feststellungen des [X.], auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, waren in den Jahren 2000, 2001 und 2006 bis 2009 jedenfalls elf Presseberichte in unterschiedlichen - jeweils auflagenstarken und breite Bevölkerungsschichten erreichenden - Medien erschienen, in denen im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den prominenten Vater der Klägerin ihr Vorname, Alter und das zwischen ihr und [X.] bestehende Kindschaftsverhältnis mitgeteilt wurden.

So berichtete die [X.] in einem Beitrag vom 7. Mai 2000 unter voller Namensnennung über die Adoption der "neun Monate alten [X.]" durch [X.] und seine Lebensgefährtin [X.].

Im [X.] vom 9. Juli 2001 wurde eine ausführliche und mit Fotos von [X.] und seiner Lebensgefährtin sowie der von ihnen bewohnten Villa bebilderte Reportage mit dem Titel "Beim Quotenkönig zu Hause - [X.] mit [X.] übers Fernsehen, das Geld und sein Leben" veröffentlicht, die nähere Einblicke in sein Familienleben gewährt. In dem Artikel heißt es unter voller Namensnennung u.a.: "Deshalb bittet [X.] in die nüchterne Wohnstube, wo ein großer Holztisch samt Stühlen und ein riesiges Bücherregal stehen. ... In dem Raum tobt die zweijährige [X.], der jüngste Spross der Familie, aufgedreht wie ein Duracell-Hase herum. "Das geht schon den ganzen Vormittag so", sagte [X.] Verzweiflung schwingt mit. [X.] könnte helfen. Doch [X.] S. (42), [X.]'s Lebensgefährtin, ist beim Einkaufen. Also muss [X.]. "[X.] ist quakig, [X.]. [X.] bitte?" ... [X.] ist vom Einkaufen zurück, steckt den Kopf durch die Tür. Fragt, weshalb [X.] so schreit. [X.] weiß es auch nicht so recht. ... [X.] hat der Regen nachgelassen. [X.] schreit wieder. [X.] wirbelt in der Küche rum, eine Putzfrau saugt den Eingang. "Der Reporter geht jetzt wieder", sagt [X.] "Tschü-üüs", hallt es aus mehreren Ecken." Unter dem Foto von [X.] und seiner Lebensgefährtin heißt es: "Vater, Mutter und vier Töchter. Der viel gefragte Fernsehmoderator [X.] und seine Lebensgefährtin [X.] S. (40), mit der er seit 14 Jahren zusammen ist. Die beiden haben vier Töchter, zwei leibliche, [X.] (12) und [X.] (8), sowie die beiden Adoptivtöchter [X.] (4) und [X.] (2) aus [X.]."

In einem Beitrag auf [X.] vom 1. Juli 2006 wird unter dem Titel "Prominente [X.]" das Ergebnis einer (angeblichen) Befragung von Kino- und Fernsehstars mit schulpflichtigen Kindern wiedergegeben. Darin heißt es unter voller Namensnennung u.a.: "[X.], 49, TV-Moderator und Produzent, Vater von [X.] 16, [X.] 12, [X.], 9, und [X.], 5: "Ich plädiere immer für eine möglichst breite Allgemeinbildung und keine zu frühe Spezialisierung. Es ist natürlich die große Streitfrage: Ist es wichtiger, [X.] [X.] zu kennen oder [X.] zu beherrschen?"".

In einem Beitrag vom 27. Dezember 2006 auf Spiegel Online wird unter voller Namensnennung berichtet, dass [X.] seiner Frau [X.] S. und seinen vier - jeweils namentlich benannten - Töchtern zuliebe zum [X.] auf die Moderation der [X.] im Fernsehen verzichte. Dabei wird auf die Adoption der Klägerin im Jahr 2000 hingewiesen.

Im manager [X.] vom 10. Juli 2007 wurde ein umfassender, mit sieben Fotos von [X.] bebilderter Artikel mit dem Titel "Das Prinzip [X.]" veröffentlicht, der sich mit der Frage befasst, was jeder Manager von [X.] lernen könne. [X.] wird umfassend charakterisiert. Unter "10. Der Privatier" heißt es unter voller Namensnennung u.a.: "[X.] weiß: Es gibt ein Leben neben dem Job. Es ist das wichtigere. Und es erfordert mindestens so viel Engagement und Akribie wie der Beruf. Seit 20 Jahren ist [X.] mit [X.] S. liiert. Im vergangenen Jahr hat das Paar unter Ausschluss der Öffentlichkeit geheiratet. Sie haben vier Töchter, [X.] und [X.], 18 und 14 Jahre alt, sowie die adoptierten [X.] Waisenmädchen [X.] und [X.], 10 und 8." Unter "11. [X.]" wird berichtet, wie [X.] seine Töchter "liebevoll-streng" erzieht und ihnen Bildung und Werte vermittelt.

Die Berichterstattung im manager [X.] ist Gegenstand eines Beitrags in der [X.] vom 30. April 2007. Darin heißt es unter voller Namensnennung u.a.: ""[X.]" steht über dem Teil des neunseitigen Porträts von [X.] (50, "Wer wird Millionär"), der detailliert über sein [X.]ein erzählt. Autor [X.] (43) beschreibt im "manager"-Magazin, wie Erziehung im Hause [X.] abläuft. Und zwar dürfen wir uns das so vorstellen: Der Fernseher läuft selten. Keine waldorfmäßige Abstinenz, aber er achtet genau darauf, was geschaut wird. Die Mädchen üben täglich eine halbe Stunde Klavier. Mit den "Mädchen" sind die vier Töchter [X.] (18), [X.]-Maria (14), [X.] (10) und [X.] (8) gemeint." Der Beitrag ist mit einem Foto von [X.] und seiner Lebensgefährtin bebildert, unter dem ausgeführt wird: "Nach 18 Jahren Liebe heiratete [X.] S. (47) vor einem Jahr [X.] Sie managt Haushalt und Familie, er…"

In einem Beitrag der [X.] vom 7. Juli 2006 wird unter Hinweis auf die im Jahr 2000 erfolgte Adoption der "Tochter [X.]" unter voller Namensnennung über die Hochzeit von [X.] und seiner Lebensgefährtin [X.] S. berichtet.

[X.] ist auch Gegenstand einer Berichterstattung in der [X.] vom 10. Juni 2008, in der unter voller Namensnennung u.a. darauf hingewiesen wird, dass [X.] und [X.] S. zwei adoptierte Kinder haben, "[X.] (8) und [X.] (6) aus [X.]".

In einem Beitrag in der [X.] vom 30. Juni 2007 wird über einen Auftritt von [X.] in der Talkshow "[X.]" berichtet. Darin heißt es unter voller Namensnennung u.a.: "Bei der Erziehung seiner vier Töchter ([X.] 18, [X.] 14, die Adoptivkinder [X.] 10 und [X.] 7) hält [X.] sich an strikte elterliche Autorität. "Wenn Sie Kindern partnerschaftlich und demokratisch klar machen wollen, dass sie [X.] aufräumen sollen, wird das schwierig", erläutert [X.] seinen Standpunkt. Seiner Meinung nach müssen Eltern klar "die Richtung vorgeben", sonst sei "Chaos" vorprogrammiert."

Ein Beitrag auf [X.] vom 13. April 2009 befasst sich mit dem Schicksal "der adoptierten Super-Promis". Darin heißt es unter voller Namensnennung u.a.: "Prominente Adoptiveltern in [X.]: [X.] (52) und [X.] (58). [X.] adoptierte mit Ehefrau [X.] (48) zwei Kinder aus [X.]: die Waisen [X.] (11) und [X.] (9)."

In einem Beitrag von [X.] aus dem [X.] werden die prominenten Adoptivväter [X.] und [X.] verglichen. Darin heißt es unter voller Namensnennung u.a.: "Neben leiblichem Nachwuchs - … - haben sich beide auch für Adoptivkinder entschieden. Als die [X.] ihrem R. 1989 [X.] vorstellten - … - , gerieten sie in die Kritik, weil Geld an einen Vermittler und die leibliche Mutter geflossen sein soll. Einer Studie für [X.] zufolge äußerte [X.] damals bedauernd: "Ich wusste einfach nicht, an [X.] ich da geraten war. Für Adoptionen ist das Jugendamt zuständig. Es weiß über alles Bescheid, auch über die 10.000 DM." [X.] blieb acht Jahre später eine öffentliche Diskussion erspart, als er mit seiner [X.] der damals 13 Monate alten [X.], einem Waisenkind aus [X.], ein neues Zuhause gab. Und auch die Anfang 2000 erfolgte Adoption von [X.] verlief reibungslos. Ihre leibliche Mutter war nach der Geburt aus der Klinik verschwunden."

Der Name der Klägerin, ihr Alter und das zwischen ihr und [X.] bestehende Kindschaftsverhältnis waren damit bereits vor der [X.] einer großen Zahl von Personen bekannt geworden, die sie ihrerseits weitergeben konnten. Die Klägerin hatte ihre Anonymität vor der angegriffenen Berichterstattung verloren; angesichts der Kürze der zwischen den letzten Vorveröffentlichungen und der angegriffenen Berichterstattung liegenden [X.] hatte sie ihre Anonymität noch nicht wieder erlangt. Die angegriffene Berichterstattung fügte dem nichts Neues hinzu und hatte damit keinen eigenständigen Verletzungsgehalt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 1999 - [X.], [X.], 1250, 1252; [X.], [X.], 365 Rn. 33; [X.], NJW 1999, 1315, 1318).

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die [X.] der bereits bekannten Informationen auch nicht deshalb rechtswidrig, weil ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht bestehe und [X.]en über die persönlichen Verhältnisse des [X.] der Klägerin erfolgen könnten, ohne dass der Vorname und das Alter der Klägerin mitgeteilt würden. Zwar wertet die [X.] der persönlichen Daten der Klägerin den Artikel über den Auftritt von [X.] beim Campus-Talk an der [X.] nur in seinem Unterhaltungswert auf und macht ihn anschaulicher. Es gehört aber zum [X.] der Meinungs- und Medienfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses wert halten und was nicht. Dabei können auch unterhaltende Beiträge, etwa über prominente Personen oder über ihren [X.] Kontext, am Schutz der Meinungsfreiheit teilnehmen (vgl. Senatsurteile vom 22. November 2011 - [X.], [X.], 53 Rn. 19; vom 10. März 2009 - [X.], [X.], 114 Rn. 11; vom 28. Oktober 2008 - [X.], [X.], 213 Rn. 13; vom 14. Oktober 2008 - [X.], [X.], 606 Rn. 13). Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - [X.], [X.], 47 Rn. 27; [X.], [X.], 145 Rn. 28; [X.], 365 Rn. 29).

3. [X.] beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Galke                      Diederichsen                       Pauge

           von [X.]                           Offenloch

Meta

VI ZR 137/13

29.04.2014

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 18. Dezember 2012, Az: 7 U 67/12

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG, Art 8 Abs 1 MRK, Art 10 Abs 1 MRK, § 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.04.2014, Az. VI ZR 137/13 (REWIS RS 2014, 6041)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6041

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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