Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.06.1999, Az. VIII ZR 149/98

8. Zivilsenat | REWIS RS 1999, 1447

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Gegenstand

Zum Beginn der Verjährungsfrist des Schadensersatzanspruches bei Gattungskäufen; zur Bestimmtheit der Fristsetzung, wenn nicht zur Leistungsvornahme selbst, sondern zur Erklärung des Einverständnisses mit dieser aufgefordert wird.


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 30. April 1998 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Im Mai 1995 schloß die Klägerin mit der Beklagten einen Kaufvertrag über 1.455 näher bezeichnete geschweißte Rohre.

Die Rohre, die die Beklagte ihrerseits von einem [X.] Hersteller bezog, wurden der Klägerin Anfang Juli 1995 geliefert und von ihr in zwei Kondensatoren eingebaut, die sie für einen [X.] Kunden anfertigte.

Dieser beanstandete mit Telefax vom 4. Oktober 1995 Undichtigkeiten. Nach Überprüfung unterrichtete die Klägerin die Beklagte mit Telefax vom 9. Oktober 1995 von der Beanstandung. Zugleich forderte sie eine kostenlose Ersatzlieferung. Die Beklagte lehnte dies mit Telefax vom 10. Oktober 1995 wegen verspäteter Rüge ab, erklärte sich jedoch bereit, "auf dem [X.] bei der Lösung des Problems mitzuwirken" und einzelne defekte Rohre auszutauschen. In dem folgenden Schriftwechsel beharrten die Parteien auf ihren jeweiligen Standpunkten. Am 13. Oktober 1995 übermittelten die Anwälte der Klägerin der Beklagten ein Telefax mit folgendem Wortlaut:

"Namens und im Auftrag unserer Mandantin fordern wir Sie hiermit auf , bis zum Ablauf des heutigen Tage, 13.10.1995, zu erklären, ob Sie Ihre Nachlieferungspflicht anerkennen und zusichern können, daß Sie bis zum Ablauf des

24.10.1995

mangelfrei den vertraglichen Spezifikationen entsprechende Rohre in gleicher Zahl und Menge an unsere Mandantin liefern werden.

[X.] würden wir davon ausgehen, daß Sie - wie die bisherige Korrespondenz schon nahe legt, Ihre Einstandspflicht ablehnen und an Mithilfe an der Schadensminderung nicht interessiert.

Darüber hinaus machen wir bereits jetzt dem Grunde nach Schadensersatz geltend, da die Rohre zum einen nicht die zugesicherte Eigenschaft aufwiesen, zum anderen sämtliche Folgeschäden von Ihrer positiven Vertragsverletzung umfaßt sind.

Sollte uns diese Erklärung nicht heute vorliegen, so werden wir anderweitig einen Deckungskauf veranlassen, dessen Kosten Ihnen ebenfalls im Rahmen des Schadensersatzes aufzugeben sind.

Sollte die Zusicherung nicht abgegeben werden, so lehnt unsere Mandantin auch eine Ersatzlieferung zu einem späteren Zeitpunkt schon jetzt ab."

Mit weiterem Telefax vom gleichen Tag wurde die Erklärungsfrist bis "Montag, den 16. Oktober 1995, 12 Uhr mittags" verlängert. In ihrer Antwort vom 16. Oktober 1995, 12.11 Uhr, gab die Beklagte die gewünschte Erklärung nicht ab. Am 19. Oktober 1995 nahm die Klägerin einen Deckungskauf vor.

Nach weiterem Schriftwechsel hat die Klägerin die Beklagte mit ihrer am 22. Januar 1996 eingereichten Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 211.000 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Ferner hat sie die Feststellung begehrt, daß die Beklagte ihr zum Ersatz allen weiteren Schadens aus der Lieferung der Rohre verpflichtet ist. Sie hat behauptet, die Rohre seien mangelhaft gewesen. Die Beklagte hat neben der Verspätung der Mängelrüge insbesondere die Verjährung der Klageforderung geltend gemacht und die Schadenshöhe bestritten.

Das [X.] hat der Klage bis auf einen kleinen Teil des Zahlungsanspruchs - in Höhe von 208.132,36 DM statt 211.000 DM - stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.


Entscheidungsgründe

I.

1

Das [X.]. hat im wesentlichen ausgeführt:
Etwaige Schadensersatzansprüche der [X.]. aus §§ 463 S. 1, 480 II [X.] und §§ 326, 480 I [X.] seien verjährt. Für beide Ansprüche betrage die Verjährungsfrist gem. § 477 [X.] sechs Monate. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]., die eine Verjährungsfrist von einem Jahr vorsähen, seien nicht Vertragsbestandteil geworden. Da die Lieferung der Rohre am 4. 7. 1995 erfolgt sei, sei die Verjährungsfrist bei Einreichung der [X.]age am 22. 1. 1996 bereits abgelaufen gewesen. Der Lauf der Verjährungsfrist sei zwar in entsprechender Anwendung von § 639 II [X.] ab dem 10. 10. 1995 gehemmt gewesen, weil sich die [X.]. mit Telefax von diesem Tag bereit erklärt habe, im Wege der Kulanz einzelne defekte Rohre auszutauschen. Diese Hemmung habe aber bereits am 16. 10. 1995, 12 Uhr, wieder geendet, weil die [X.]. ab diesem [X.]punkt gemäß dem Schreiben ihrer Anwälte vom 13. 10. 1995 eine Ersatzlieferung der [X.]. abgelehnt habe. Eine erneute Hemmung der Verjährung durch den weiteren Schriftwechsel der Parteien sei nicht eingetreten.

II.

2

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das [X.]. hat die [X.]age zu Unrecht wegen Verjährung der [X.]ageforderung abgewiesen. Insoweit kann offen bleiben, ob ein Schadensersatzanspruch der [X.]. gegen die [X.]. aus §§ 463 S. 1, 480 II [X.] wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft der gelieferten Rohre in Betracht kommt und ob dieser Anspruch gegebenenfalls nach § 477 I [X.] verjährt ist. Entgegen der Ansicht des [X.]. ist jedenfalls ein etwaiger Schadensersatzanspruch der [X.]. gegen die [X.]. aus §§ 326 I, 480 I [X.] nicht verjährt.

3

1. Zu Recht ist das [X.]. allerdings davon ausgegangen, daß der Käufer einer Gattungssache bei Lieferung einer mangelhaften Sache unter den Voraussetzungen des § 326 [X.] von dem Verkäufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung seines Anspruchs aus § 480 I [X.] auf Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache verlangen kann.

4

Das gilt nicht nur, wenn der Käufer die mangelhafte Sache bei Lieferung zurückgewiesen hat (s. dazu bereits [X.], [X.], 17; zum Schadensersatzanspruch aus § 286 [X.] in diesem Fall vgl. auch [X.], JW 1904, 198, sowie Senat, NJW 1985, 2526 = [X.] § 284 [X.] Nr. 31 = [X.], 975 [unter [X.] und 3]) oder wenn der Verkäufer sich gem. §§ 480 I 2, 465 [X.] mit der Ersatzlieferung einverstanden erklärt hat (s. dazu Senat, Urt. v. 6. 5. 1964 - VIII ZR 234–62 unveröff.), sondern auch dann, wenn der Käufer die Sache - in Unkenntnis des Mangels (vgl. §§ 480 I 2, 464 [X.]) - angenommen hat (so bereits [X.]Z 123, 212 [215], sowie beiläufig Senat, [X.] § 480 [X.] Nr. 5 [unter [X.][X.]], insoweit in NJW 1967, 33 nicht [X.].; offen gelassen in Senat, [X.] § 480 [X.] Nr. 3 [unter I 4], insoweit in NJW 1961, 117 nicht [X.]., und Senat, NJW 1970, 1502 = [X.] § 326 [Ed] [X.] Nr. 8 [unter IV]). Das entspricht der herrschenden Meinung im Schrifttum (Erman–Grunewald, [X.], 9. Aufl., § 480 [X.]. 9; Staudinger–Honsell, [X.], 13. Aufl., § 480 [X.]. 10; Soergel–Huber, [X.], 12. Aufl., § 480 [X.]n. 30f.; Palandt–Putzo, [X.], 58. Aufl., § 480 [X.]. 6; [X.], in: [X.], 3. Aufl., § 480 [X.]. 6; [X.], [X.], 6. Aufl., [X.]. 523).

5

Dagegen hält eine Mindermeinung die Anwendung des § 326 [X.] für ausgeschlossen, wenn der Käufer die mangelhafte Sache angenommen hat ([X.], [X.], [X.]. 1, 8. Aufl., [X.].; Kirchhof, NJW 1970, 2052 [2053]; [X.], [X.] 1979, 496 [499]). Das ist jedoch weder durch das Gesetz geboten noch [X.].

6

Der Anspruch des Käufers aus § 480 I [X.] auf Ersatzlieferung ist der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (Senat, NJW 1958, 418 = [X.] § 480 [X.] Nr. 2; NJW 1961, 117 = [X.] § 480 [X.] Nr. 3 [unter 1], und NJW 1985, 2526 = [X.] § 284 [X.] Nr. 31 = [X.], 975 [unter [X.]], [X.]. m.w. Nachw.). Wird der Kaufvertrag nicht erfüllt, weil der Verkäufer überhaupt nicht liefert, kann der Käufer nach § 326 [X.] vorgehen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Käufer einer Gattungssache bei Lieferung einer mangelhaften Sache schlechter stehen sollte. Die Annahme der mangelhaften Sache vermag das grundsätzlich nicht zu rechtfertigen. Nach §§ 480 I 2, 464 [X.] hat lediglich die vorbehaltlose Annahme in Kenntnis des Mangels nachteilige Folgen für den Käufer, indem sie zum Ausschluß seiner Rechte aus § 480 I 1 [X.] führt. Aus den [X.] vom 5. 10. 1966 (NJW 1967, 33 = [X.] § 480 [X.] Nr. 5 [unter [X.]]) und vom 2. 12. 1981 (NJW 1982, 873 = [X.] § 242 [Cd] [X.] Nr. 238 [unter 4d aa]) ergibt sich nichts anderes. Der dort gegebene Fall, daß der Käufer (bzw. Leasingnehmer) die gelieferte Sache ungeachtet ihres Mangels als Vertragserfüllung behandeln und sich vom Verkäufer (bzw. Leasinggeber) eine Nachlieferung nicht aufdrängen lassen will, liegt hier nicht vor. Auch aus dem Umstand, daß nach § 480 I 2 [X.] auf den [X.] des Käufers die für die Wandelung geltenden Vorschriften Anwendung finden, läßt sich für einen Ausschluß des § 326 [X.] nichts herleiten. Denn diese Vorschriften besagen nichts dazu, wie bei [X.] mit der Ersatzlieferung zu verfahren ist. Wäre dem Käufer in diesem Fall ein Vorgehen nach § 326 [X.] versagt, bliebe der [X.] sanktionslos. Der Käufer könnte, wollte er nicht auf Erfüllung klagen, lediglich zur Wandelung oder Minderung übergehen. Selbst das wäre ihm indessen verwehrt, wenn sich der Verkäufer mit der Ersatzlieferung einverstanden erklärt hätte. Denn damit wäre nach §§ 480 I 2, 465 [X.] die Ersatzlieferung mit der Folge „vollzogen“, daß dem Käufer seine anderen Rechte aus § 480 I 1 [X.] abgeschnitten wären (vgl. Staudinger–Honsell, § 465 [X.]n. 1, 10; Soergel–Huber, § 480 [X.]. 38; [X.], in: [X.], § 480 [X.]. 7). Dem Käufer bliebe danach nur die [X.]. Das erscheint um so weniger verständlich, als der Verkäufer den Anspruch des Käufers auf Lieferung einer mangelfreien Sache durch sein Einverständnis mit der Ersatzlieferung bekräftigt hat. Um dieser offensichtlichen Benachteiligung des Käufers zu begegnen, wird teilweise (Kirchhof, NJW 1970, 2052 [2054]) vorgeschlagen, das Recht auf Wandelung oder Minderung wieder aufleben zu lassen, wenn der Verkäufer trotz des von ihm erklärten Einverständnisses keinen Ersatz liefert. Dieser Hilfskonstruktion bedarf es indessen nicht, wenn es bei der uneingeschränkten Anwendung des § 326 [X.] verbleibt.

7

2. Das [X.]. hat offen gelassen, ob im Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus §§ 326 I, 480 I [X.] vorliegen. Daher ist hiervon in der Revisionsinstanz zugunsten der [X.]. auszugehen. Das gilt insbesondere für die Fragen, ob der [X.]. ein [X.] zusteht, weil die von der [X.]. gelieferten Rohre mangelhaft i.S. des § 459 I [X.] waren, und ob sie ihre Untersuchungs- und Rügeobliegenheit aus § 377 HGB nicht verletzt hat, weil der Mangel möglicherweise nicht erkennbar war (§ 377 [X.]). Im übrigen ergeben sich die Voraussetzungen des § 326 I [X.] aus dem unstreitigen Sachverhalt in Verbindung mit dem hier zugrunde zu legenden Vortrag der [X.].

8

a) Unstreitig hat die [X.]. die [X.]. in der [X.] zwischen dem 9. und 13. 10. 1995 mehrfach zur Ersatzlieferung aufgefordert. Dadurch ist die [X.]. in Verzug geraten (vgl. Senat, NJW 1985, 2526 = [X.] § 284 [X.] Nr. 31 = [X.], 975 [unter [X.]] m.w. Nachw.). Der Verzug der [X.]. hat auch nicht geendet, bevor der Schadensersatzanspruch gem. § 326 I 2 Halbs. 1 [X.] mit Ablauf der von der [X.]. gesetzten Nachfrist am 16. 10. 1995, 12 Uhr, entstanden ist (dazu im folgenden unter [X.]b u. c). Das wäre zwar der Fall, wenn der - unterstellte - [X.] der [X.]. aus § 480 I [X.] zu diesem [X.]punkt bereits verjährt gewesen wäre, weil der Verkäufer danach gem. § 222 I [X.] berechtigt ist, die Leistung zu verweigern ([X.], 191 [197] = NJW 1961, 1011 = [X.] § 455 [X.] Nr. 11; [X.], 249 [250] = NJW 1967, 1808 = [X.] § 2 [X.] Nr. 10; [X.], 6 [11] = NJW 1988, 1778 = [X.] § 209 [X.] Nr. 61).

9

So verhält es sich hier jedoch nicht. Der [X.] verjährt gem. §§ 480 I 2, 477 I [X.] in sechs Monaten von der Ablieferung an. Diese ist nach den Feststellungen des [X.]. am 4. 7. 1995 erfolgt. Am 16. 10. 1995 war daher noch keine Verjährung eingetreten. Der Verzug der [X.]. bestand fort.

10

b) Die nach § 326 I [X.] erforderliche Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist in den beiden Schreiben vom 13. 10. 1995 enthalten. Darin haben die Anwälte der [X.]. die [X.]. aufgefordert, bis zum 16. 10. 1995 zu erklären, daß sie bis zum Ablauf des 24. 10. 1995 mangelfreie Rohre nachliefern werde. Zugleich haben sie für den Fall, daß die [X.]. diese Erklärung nicht fristgerecht abgibt, die Ersatzlieferung abgelehnt und die Geltendmachung von Schadensersatz angekündigt. Damit haben die Anwälte der [X.]., wie das [X.]. in anderem Zusammenhang ausgeführt hat, eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die [X.]. nach Ablauf der gesetzten Erklärungsfrist die Annahme der Ersatzlieferung ablehnt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung begehrt. Dem steht nicht entgegen, daß die Anwälte der [X.]. „darüber hinaus“ Schadensersatz wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft der gelieferten Rohre sowie wegen positiver Vertragsverletzung geltend gemacht haben.

11

Daß die Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht auf die Vornahme der Ersatzlieferung selbst, sondern auf die Erklärung des Einverständnisses hiermit bezogen war, begegnet keinen Bedenken.

12

Zwar genügt für die Nachfristsetzung nach § 326 I [X.] grundsätzlich nicht die Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, sich über seine Leistungsbereitschaft zu erklären ([X.]Z 101, 397 [399]; [X.], in: [X.], § 326 [X.]. 66 m.w. Nachw.; vgl. auch [X.], NJW 1983, 989 = [X.] § 5 VOB–B 1973 Nr. 2 [unter 4] m.w. Nachw.).

13

Nach den §§ 480 I 2, 465 [X.] ist die Ersatzlieferung jedoch wie die Wandelung „vollzogen“, wenn sich der Verkäufer „auf Verlangen des Käufers“ mit ihr einverstanden erklärt.

14

Dem „Vollzug“ kommt insoweit erhebliche Bedeutung zu. Zum einen unterliegt der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung nicht mehr der kurzen Verjährung des § 477 [X.], wenn sich der Verkäufer mit ihr einverstanden erklärt hat (Senat, NJW 1958, 418 = [X.] § 480 [X.] Nr. 2, und NJW 1961, 117 [unter 1]). Zum anderen kann der Käufer danach nicht mehr zur Wandelung oder Minderung übergehen (vgl. oben unter [X.]).

15

Das rechtfertigt es, die Nachfristsetzung auf die Erklärung des Einverständnisses mit der Ersatzlieferung zu richten. Darüber hinaus entsprach hier das Vorgehen der [X.]. auch den Interessen beider Parteien. Einerseits verschaffte es der [X.]. - im Hinblick auf einen gegebenenfalls erforderlichen Deckungskauf - alsbald [X.]arheit über den Erfolg ihres [X.]. Andererseits ermöglichte es der [X.]. eine längere Frist für die Ausführung der Ersatzlieferung.

16

c) Die [X.]. hat ihr Einverständnis mit der Ersatzlieferung nicht innerhalb der von der [X.]. gesetzten Frist erklärt. Nach dem Ablauf der Frist ist die [X.]. gem. § 326 I 2 Halbs. 1 [X.] berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung ihres - unterstellten - [X.]s zu verlangen; zugleich ist der Anspruch auf Ersatzlieferung gem. § 326 I 2 Halbs. 2 [X.] ausgeschlossen.

17

3. Zu Unrecht hat das [X.]. dagegen angenommen, daß der nach den vorstehenden Ausführungen in Betracht kommende Schadensersatzanspruch der [X.]. gegen die [X.]. aus §§ 326 I, 480 I [X.] verjährt ist. Insoweit kann offen bleiben, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]., die eine Verjährungsfrist von einem Jahr vorsehen, Vertragsbestandteil geworden sind sowie ob und gegebenenfalls wie lange die Verjährung des Schadensersatzanspruchs in entsprechender Anwendung des § 639 II [X.] gehemmt war. Unabhängig davon ist hier keine Verjährung eingetreten.

18

a) Zutreffend ist das [X.]. allerdings davon ausgegangen, daß der in Rede stehende Schadensersatzanspruch - mangels Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]. - ebenso wie der zugrunde liegende [X.] selbst gem. § 477 I [X.] in sechs Monaten verjährt. Das entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (so bereits [X.]Z 96, 169; Senat, Urt. v. 26. 10. 1960 - VIII ZR 150–59 [unter I 4], insoweit in NJW 1961, 117 nicht [X.].; vgl. auch [X.]Z 60, 9 [11f.] = NJW 1973, 276 = [X.] § 477 [X.] Nr. 19, und Senat, NJW 1972, 246 = [X.] § 477 [X.] Nr. 15 = [X.], 161 [unter [X.] und 2]) und der wohl einhelligen Meinung im Schrifttum (Erman–Grunewald, § 480 [X.]. 9; Staudinger–Honsell, § 480 [X.]. 19; Soergel–Huber, § 480 [X.]. 36; [X.], in: [X.], § 480 [X.]. 11). Es ist allgemein anerkannt, daß nach dem Zweck des § 477 I [X.], einen Streit der Kaufvertragsparteien über Mängel der [X.] nach Ablauf längerer [X.] wegen der dadurch begründeten Schwierigkeiten auszuschließen, über den zu engen Wortlaut der Vorschrift hinaus alle im Zusammenhang mit der kaufrechtlichen Gewährleistung geltend gemachten Ansprüche der kurzen Verjährung unterliegen, sofern sie sich unmittelbar auf Sachmängel gründen und die Frage der Mangelhaftigkeit zwischen den Parteien noch nicht geklärt ist ([X.]Z 60, 9 [11f.] = NJW 1973, 276 = [X.] § 477 [X.] Nr. 19). Das trifft auch für den hier in Rede stehenden Schadensersatzanspruch aus §§ 326 I, 480 I [X.] zu.

19

b) Entgegen der Ansicht des [X.]. ist die Verjährungsfrist des genannten Schadensersatzanspruchs der [X.]. jedoch - anders als die des zugrunde liegenden [X.]s - nicht gem. § 477 I [X.] mit der Ablieferung der Rohre am 4. 7. 1995, sondern erst mit seiner Entstehung am 16. 10. 1995, 12 Uhr (vgl. oben unter [X.]c) in Lauf gesetzt worden. Das folgt aus § 198 S. 1 [X.]. Der Beginn der Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung steht in keiner Abhängigkeit von dem für den nicht erfüllten Anspruch maßgebenden [X.]punkt, weshalb eine Anrechnung der auf diesen Anspruch verstrichenen [X.] auf die Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch nicht stattfindet ([X.]Z 107, 179 [184] = NJW 1989, 1854 = [X.] § 581 [X.] Nr. 53 m.w. Nachw.). Anderenfalls könnte der Schadensersatzanspruch verjähren, bevor er überhaupt entstanden ist.

20

aa) Etwas anderes ergibt sich entgegen der auf [X.] ([X.]. zu [X.]Z 107, 179 [184] = NJW 1989, 1854 = [X.] § 581 [X.] Nr. 53, in [X.] 1989, 749) gestützten Ansicht der Revisionserwiderung weder aus § 638 noch aus § 852 [X.]. Nach § 638 I [X.] beginnt die Verjährung zwar auch für jene werkvertragsrechtlichen Gewährleistungsansprüche mit der Abnahme, die der Besteller (nicht Unternehmer) zunächst wegen des vorrangigen Nachbesserungsanspruchs nicht geltend machen kann. Dafür ist die Verjährung jedoch nach § 639 II i.V. mit §§ 639 I, 477 II [X.] so lange gehemmt, bis der Unternehmer, der sich der Beseitigung des Mangels unterzieht, dem Besteller gegenüber den Mangel für beseitigt erklärt. Gemäß § 852 [X.] mag der dort bezeichnete Ersatzanspruch nach dem Grundsatz der Schadenseinheit zwar auch hinsichtlich solcher Teile des Schadens verjähren, mit denen erst künftig zu rechnen ist (vgl. [X.], NJW 1991, 973 = [X.] § 242 [Cb] [X.] Nr. 20 [unter [X.]] m.w. Nachw.). Der Geschädigte hat jedoch die Möglichkeit, die Verjährung auch insoweit durch Feststellungsklage zu unterbrechen.

21

bb) Auch der Zweck der kurzen Verjährungsfrist des § 477 I [X.], einen Streit der Kaufvertragsparteien über Mängel der [X.] nach Ablauf längerer [X.] wegen der dadurch begründeten Schwierigkeiten auszuschließen ([X.]Z 60, 9 [11f.] = NJW 1973, 276 = [X.] § 477 [X.] Nr. 19), rechtfertigt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Soergel–Huber, § 480 [X.]. 36; Staudinger–[X.], § 198 [X.]. 13; [X.], in: [X.], § 480 [X.]. 11) keine andere Beurteilung. Beginnt die Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus §§ 326 I, 480 I [X.] gem. § 198 S. 1 [X.] erst mit dessen Entstehung, kann zwar auch noch nach Verjährung der in § 480 I 1 [X.] genannten Gewährleistungsansprüche des Käufers Streit mit dem Verkäufer über Mängel der [X.] entstehen. Das ist jedoch auch nach dem Gesetz selbst nicht völlig ausgeschlossen, wie die Bestimmungen der §§ 478, 479 [X.] über die Erhaltung der [X.] und des Aufrechnungsrechts zeigen. Davon abgesehen wird die Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus §§ 326 I, 480 I [X.] bei Anwendung des § 198 S. 1 [X.] selbst im - für den Verkäufer - ungünstigsten Fall nicht so lange hinausgeschoben, daß der Zweck des § 477 [X.] entscheidend beeinträchtigt ist. Ihre Vollendung tritt spätestens sechs Monate und damit in nicht allzu langer [X.] nach der Verjährung des zugrunde liegenden [X.]s ein. Denn der [X.], der Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs aus § 326 I [X.] ist, endet, wie oben (unter [X.]a a.E.) dargelegt, mit der Verjährung des [X.]s.

22

cc) Zu Unrecht beruft sich das [X.]. (so auch Soergel–Huber, § 480 [X.]. 36; [X.], in: [X.], § 480 [X.]. 11) für seine Auffassung schließlich auf das Senatsurteil vom 1. 12. 1971 (NJW 1972, 246 = [X.] § 477 [X.] Nr. 15 = [X.], 161 [unter II 3]). In dieser Entscheidung hat der Senat ebenso wie in der in [X.]Z 60, 9 (13f.) = NJW 1973, 276 = [X.] § 477 [X.] Nr. 19, ausdrücklich offen gelassen, wann die Verjährung des dort betroffenen Schadensersatzanspruchs aus positiver Vertragsverletzung beginnt. Sofern sich aus dem Senatsurteil vom 26. 10. 1960 ([unter I 5], insoweit in NJW 1960, 117 nicht [X.].) etwas anderes als hier ergeben sollte, hält der Senat daran nicht fest.

23

c) Hat die sechsmonatige Verjährung des - unterstellten - Schadensersatzanspruchs der [X.]. gegen die [X.]. aus §§ 326 I, 480 I [X.] mithin erst am 16. 10. 1995, 12 Uhr, begonnen, war sie bei [X.]ageerhebung am 22. 1. 1996 noch nicht vollendet.

III.

24

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen zu den Voraussetzungen und gegebenenfalls der Höhe des von der [X.]. geltend gemachten Schadensersatzanspruchs aus §§ 326 I, 480 I [X.] bedarf. Deswegen waren das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das [X.]. zurückzuverweisen.


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Meta

VIII ZR 149/98

09.06.1999

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

§§ 198, 326, 480 BGB (a.F.)

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.06.1999, Az. VIII ZR 149/98 (REWIS RS 1999, 1447)

Papier­fundstellen: BGHZ 142, 36-46 ZIP 1999, 1446-1449 NJW 1999, 2884-2887 JuS 2000, 184-185 REWIS RS 1999, 1447

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