Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.03.2021, Az. IV ZR 312/19

4. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 8241

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Gegenstand

Verkehrsunfall mit Auslandsberührung: Anwendung deutschen Rechts auf den Innenausgleich eines deutschen und eines tschechischen Haftpflichtversicherers


Leitsatz

Zur Anwendung deutschen Rechts auf den Innenausgleich zwischen dem deutschen Haftpflichtversicherer eines in Deutschland zugelassenen Zugfahrzeuges und dem tschechischen Haftpflichtversicherer eines in der Tschechischen Republik zugelassenen Anhängers nach einem Unfall des Gespanns im Oktober 2013 in Deutschland.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 5. Zivilsenat - vom 22. Oktober 2019 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien, zwei Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer, streiten um Regressansprüche der Klägerin, nachdem diese einen am 29. Oktober 2013 in [X.] eingetretenen [X.] durch Zahlungen an Geschädigte reguliert hat. Zugrunde liegt der Unfall eines Schwertransportgespanns bestehend aus einem in [X.] zugelassenen, bei der Klägerin versicherten Zugfahrzeug und einem in der [X.] zugelassenen, bei der [X.], einem [X.] Versicherungsunternehmen, versicherten Anhänger. Das Gespann war bei der Begegnung mit einem landwirtschaftlichen Gespann mit diesem kollidiert.

2

Die Klägerin verlangt Erstattung der Hälfte der von ihr geleisteten Zahlungen sowie der ihr entstandenen Rechtsverteidigungskosten, insgesamt 5.870,49 € nebst Zinsen. Sie meint, nach dem hier maßgeblichen [X.] Recht sei die Beklagte als Versicherer des unfallbeteiligten Anhängers ihr gegenüber zum hälftigen Schadensausgleich nach § 78 Abs. 2 [X.] (in der bis zum 16. Juli 2020 geltenden Fassung, im Folgenden nur § 78 Abs. 2 [X.]) verpflichtet.

3

Die Beklagte beruft sich darauf, dass das nach ihrer Auffassung hier anzuwendende [X.] Recht einen solchen Ausgleich nicht vorsehe.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

6

I. Das Berufungsgericht hat einen Innenausgleichsanspruch der Klägerin nach § 78 Abs. 2 [X.] bejaht. Ausgangspunkt der Überlegungen zum Regressanspruch seien die [X.] ([X.]) Nr. 864/2007 des [X.] und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("[X.]", [X.]. [X.] Nr. L 199 S. 40, nachfolgend [X.]-VO). Bei internationalen [X.] sei nach Art. 20 und 19 [X.]-VO sowohl für den Innenausgleich unter mehreren haftenden Schuldnern als auch für die Frage des gesetzlichen Forderungsübergangs nach Leistung eines [X.] an den Geschädigten jeweils das Recht anzuwenden, das den Anspruch des Gläubigers gegen den an ihn zunächst leistenden Schuldner beherrsche, hier mithin das [X.] Recht. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 21. Januar 2016 ([X.] und Gjensidige Baltic, [X.]/14, [X.]/14, [X.]:[X.] = [X.], 217 ff. = [X.], 797 ff.), der sich das Berufungsgericht anschließe, sei gegenüber dieser deliktsrechtlichen Betrachtung allerdings weiter zu beachten, dass die hier streitige Verpflichtung eines Versicherers ihre Grundlage in dem mit dem Versicherungsnehmer geschlossenen Versicherungsvertrag finde, weshalb zwischen den vertraglichen und den außervertraglichen Beziehungen zu differenzieren sei. Welche Halter oder Fahrer zum Schadensersatz verpflichtet seien, richte sich gemäß Art. 4 Abs. 1 [X.]-VO im Regelfall nach dem Recht des Orts des Schadenseintritts. Nach Art. 15 Buchst. b [X.]-VO gelte dies auch für die Teilung des Schadens unter mehreren Parteien.

7

Gleichzeitig stamme die Verpflichtung eines Haftpflichtversicherers aber aus einem Vertragsverhältnis mit einem Versicherungsnehmer. Deshalb sei nach den [X.] ([X.]) Nr. 593/2008 des [X.] und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("[X.]"; [X.]. [X.] Nr. L 177 S. 6, nachfolgend [X.]-VO) anhand des auf den jeweiligen Versicherungsvertrag anwendbaren Rechts zu klären, ob eine Leistungspflicht für den Versicherer bestanden habe. Ob der vorleistende Versicherer eine Regressforderung gegen den Versicherer des anderen [X.] habe, sei aus Art. 19 [X.]-VO abzuleiten. Dieser bestimme, dass ein Übergang der ursprünglichen Forderung des Geschädigten an den leistenden [X.] nach dem auch für die ursprüngliche Schadensersatzforderung des Geschädigten maßgeblichen Recht zu lösen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung des Versicherers eine vertragliche sei und sich der Regressanspruch deshalb nach dem auf den Versicherungsvertrag gemäß Art. 7 [X.]-VO anzuwendenden Recht ergebe.

8

Das bedeute hier, dass die Frage der [X.] der Beklagten nach dem gemäß Art. 19 [X.]-VO zu bestimmenden Recht zu beantworten sei. Dies führe zur Anwendung des [X.]n Rechts und zur Bejahung des Ausgleichsanspruchs in [X.]. Die Voraussetzungen des Art. 19 Halbsatz 1 [X.]-VO seien erfüllt. Die geschädigte GbR (nachfolgend Geschädigte) habe gegen die Halterin des Zugfahrzeugs des unfallbeteiligten Gespanns gerichtlich bereits festgestellte und zwischen den Parteien unstreitige Schadensersatzansprüche; es handele sich hierbei um eine Verpflichtung aufgrund eines außervertraglichen Schuldverhältnisses, welche sich aus dem gemäß Art. 4 [X.]-VO anwendbaren § 7 Abs. 1 StVG ergeben habe. Als Haftpflichtversicherer der Zugmaschine sei die Klägerin der Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet, was aus den nach Art. 4 [X.]-VO anwendbaren §§ 115 Abs. 1 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 1 [X.] folge. Unstreitig habe die Klägerin die Geschädigte aufgrund dieser Verpflichtung entschädigt.

9

Nach Art. 19 Halbsatz 2 [X.]-VO und der [X.] hierzu ergangenen Rechtsprechung des [X.], der sich das Berufungsgericht anschließe, sei unter der Voraussetzung, dass auch die Beklagte als [X.] Versicherer des in [X.] zugelassenen Anhängers der Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet gewesen sei, dem für die Klägerin gegenüber der Geschädigten maßgebenden Recht zu entnehmen, ob und in welchem Umfang Regressansprüche zwischen den Versicherern des Gespanns bestünden.

Die Beklagte sei gegenüber der Geschädigten schadensersatzpflichtig gewesen. Da sich diese Verpflichtung allerdings in erster Linie aus dem Vertragsverhältnis mit dem Versicherten ergebe, sei das auf ein solches Schuldverhältnis anzuwendende Recht nicht nach dem [X.] der [X.]-VO, sondern nach den Vorschriften der [X.]-VO zu bestimmen. Demnach könnte für den [X.] Versicherer eines [X.] Anhängers nach Art. 7 Abs. 2 [X.]-VO [X.] Recht auch für die Frage einer (direkten) Haftung des Versicherers zur Anwendung kommen. Nach [X.] Recht bestehe kein Anspruch des Geschädigten gegen den Halter eines von einer Zugmaschine gezogenen Anhängers, so dass danach auch ein Direktanspruch gegen den [X.] ausscheide.

Dabei sei jedoch zu beachten, dass nach Art. 7 Abs. 4 [X.]-VO Sonderregeln für die Bestimmung des anzuwendenden Statuts bestünden, wenn es sich wie vorliegend um einen Versicherungsvertrag über Risiken handele, für welche ein Mitgliedstaat eine Pflichtversicherung vorsehe, wie dies in [X.] nach § 1 Abs. 1 Aus[X.] der Fall sei. Die von Art. 7 Abs. 4 [X.]-VO vorausgesetzte Diskrepanz zwischen den Versicherungsverträgen bestehe darin, dass abweichend von [X.]m Recht (vgl. §§ 7 Abs. 1 StVG, 6 Abs. 3 Ausl[X.], 115 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) nach [X.] Recht eine Haftung des [X.] und ein Direktanspruch des Geschädigten gegen dessen Versicherer nicht bestünden. Zwar beruhe das auf Unterschieden in den beiden Rechtsordnungen und nicht auf Unterschieden in den "Versicherungsverträgen" selbst. Dennoch unterfielen aber auch diese Unterschiede dem Begriff des "Versicherungsvertrags" nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. a [X.]-VO. Aus dessen Regelungskontext ergebe sich, dass mit diesem Begriff nicht die vertragliche Gestaltung an sich, sondern die gesamte Haftungssituation gemeint sein müsse, wie sie sich auf vertraglicher und gesetzlicher Grundlage ergebe. Durch die im Satz 2 des Buchst. a angeordnete Geltung des Rechts des anderen Mitgliedstaats könne ein lediglich vertragliches Defizit denknotwendig nicht aufgefangen werden, was für die dargelegte Sichtweise spreche. Aus Sinn und Zweck der Regelung sowie dem Prinzip der praktischen Wirksamkeit folge dies ebenfalls.

Wegen der aufgezeigten Diskrepanzen seien hier die von dem die [X.] vorgeschriebenen besonderen Bestimmungen nicht gewahrt. Diese Situation werde von Art. 7 Abs. 4 Buchst. a Satz 2 [X.]-VO dadurch aufgelöst, dass vorrangig das Recht des Mitgliedstaates anzuwenden sei, der die Versicherungspflicht vorschreibe. Dies gelte auch, soweit das [X.] Recht nicht nur keinen Direktanspruch statuiere, sondern auch, soweit das [X.] Recht eine Haftung des [X.] erst gar nicht vorsehe. Jede andere Betrachtung liefe dem Sinn und Zweck des Art. 7 Abs. 4 Buchst. a Satz 2 [X.]-VO zuwider. Denn die Sicherstellung eines (vertraglichen) Direktanspruchs des Geschädigten gegen einen Versicherer liefe ins Leere, wenn kein Anspruch gegen den Fahrzeughalter bestünde, hinsichtlich dessen die direkte Mithaftung des Versicherers durch die Sonderregelung begründet würde. Dass Art. 3 der Richtlinie 2009/103/[X.] des [X.] und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ([X.]. [X.] Nr. [X.] S. 11) den Mitgliedstaaten die Pflicht auferlege, für eine Versicherung (auch) von Anhängern für Unfälle im [X.] Ausland Sorge zu tragen, wäre überflüssig und unverständlich, wenn es eine hierdurch abzusichernde Haftung des [X.] nicht gäbe oder sie durch die Mitgliedstaaten - wenn auch von ihnen selbst in der eigenen Rechtsordnung nicht vorgesehen - nicht wenigstens dem Grunde nach bei [X.] akzeptiert würde.

In der Folge richte sich der Ausgleichsanspruch gemäß Art. 19 [X.]-VO nach dem Recht, das für den Anspruch zwischen dem Geschädigten und dem leistenden Versicherer anwendbar sei. Das sei hier nach Art. 4 ff. [X.]-VO und Art. 7 ff. [X.]-VO das [X.] Recht. Denn sowohl der Schadensort als auch der Sitz der Klägerin lägen in [X.]. Mithin ergebe sich aus Art. 19 [X.]-VO, dass auch nach [X.]m Recht zu beurteilen sei, ob und in welchem Umfang die Klägerin bei der Beklagten Regress nehmen könne. Dass der leistende Versicherer eines [X.] beim Versicherer des anderen [X.] nach § 78 Abs. 2 [X.] (in der Regel hälftigen) Regress nehmen könne, folge aus der Rechtsprechung des [X.]. Die Voraussetzungen einer Doppelversicherung seien hier gegeben.

Der Ausgleichung sei hier ein unstreitiger Betrag von 12.102,98 € zugrunde zu legen, dessen Hälfte rechnerisch 6.051,49 € betrage, jedoch von der Klägerin nur in der zugesprochenen Höhe von 5.870,49 € geltend gemacht werde. Ein hälftiger Innenausgleich sei hier geboten, weil beide Versicherungsverträge deckungsgleich gewesen seien.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

Der von der Klägerin erhobene Ausgleichsanspruch unterliegt der Beurteilung nach dem Recht der [X.] [X.]. Das ergibt die Auslegung der [X.]-VO und der [X.]-VO.

1. Mit den beiden Verordnungen wurden, wie sich jeweils aus deren Art. 1 ergibt, die Kollisionsnormen für vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen harmonisiert. Das auf diese Arten von Schuldverhältnissen anzuwendende Recht ist - vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 23 und 25 [X.]-VO und Art. 27 und 28 [X.]-VO - anhand der Vorschriften einer der beiden Verordnungen zu bestimmen ([X.], Urteil vom 21. Januar 2016, [X.] und Gjensidige Baltic, [X.]/14, [X.]/14, [X.]:[X.] = [X.], 797 Rn. 37). Art. 14 Buchst. b der Richtlinie 2009/103/[X.] vom 16. September 2009 ([X.]. [X.] Nr. [X.] vom 7. Oktober 2009 S. 11) legt für Regressforderungen zwischen Versicherern keine besonderen Kollisionsnormen im Sinne von Art. 23 [X.]-VO oder Art. 27 [X.]-VO fest (vgl. [X.] aaO Rn. 38-40). Solche speziellen Bestimmungen sind hier auch anderweitig nicht ersichtlich.

a) Zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der [X.]-VO und der [X.]-VO sind die dort verwendeten Begriffe "vertragliches Schuldverhältnis" und "außervertragliches Schuldverhältnis" autonom und in erster Linie unter Berücksichtigung der Systematik und der Ziele dieser Verordnungen auszulegen (vgl. [X.] aaO Rn. 43 m.w.N.). Danach bezeichnet der Begriff "vertragliches Schuldverhältnis" im Sinne von Art. 1 [X.]-VO eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene rechtliche Verpflichtung, während die [X.]-VO, wie sich aus ihrem Art. 2 ergibt, auf Schuldverhältnisse anzuwenden ist, die sich aus einem Schaden, d.h. sämtlichen Folgen einer unerlaubten Handlung, einer ungerechtfertigten Bereicherung, einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ergeben (vgl. [X.] aaO Rn. 44, 45). Mithin ist unter einem "außervertraglichen Schuldverhältnis" im Sinne der [X.]-VO ein Schuldverhältnis zu verstehen, das seinen Ursprung in einem der in Art. 2 dieser Verordnung angeführten Ereignisse hat (vgl. [X.] aaO Rn. 46).

b) Im Streitfall bestehen zwischen den Parteien und ihren jeweiligen Versicherten vertragliche Schuldverhältnisse im Sinne der [X.]-VO. Dagegen besteht zwischen den beiden Parteien selbst kein vertragliches Schuldverhältnis. Die Schadensersatzpflicht der Unfallbeteiligten beruht auf dem Verkehrsunfall, einem deliktischen Ereignis, das losgelöst von den Versicherungsverträgen der Parteien zu ihren jeweiligen Versicherten zu betrachten ist (vgl. [X.] aaO Rn. 48). Für den eingeklagten Regressanspruch der Klägerin ist zum einen entscheidend, ob sowohl die bei ihr versicherten Personen als auch die bei der beklagten Versicherten gegenüber der Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet waren (vgl. [X.] aaO Rn. 50, 53, 55), zum anderen ist zu klären, ob der Klägerin nach Regulierung des Unfallschadens ein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zusteht und wie dieser Anspruch nach den Bestimmungen der [X.]-VO und der [X.]-VO einzuordnen ist (vgl. [X.] aaO Rn. 56).

2. Danach hat das Berufungsgericht zutreffend zunächst das für die Schadensersatzpflicht der Versicherten der Klägerin gegenüber der Geschädigten maßgebende Recht nach Art. 4 Abs. 1 [X.]-VO bestimmt (vgl. [X.] aaO Rn. 48, 50, 51). Insoweit ist, da die besonderen Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 2 und 3 [X.]-VO hier nicht erfüllt sind, auf das durch den Unfall entstandene außervertragliche, deliktische Schuldverhältnis das Recht des Staates anzuwenden, in dem der durch den Unfall verursachte Schaden eingetreten ist (vgl. [X.] aaO Rn. 51 ff.), das ist hier das Recht der [X.] [X.].

3. Erfüllt nach einem durch ein Gespann verursachten Unfallschaden einer der für die Zugmaschine oder den Anhänger eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer die Schadensersatzforderung des Geschädigten, so ist für die Frage, ob ihm danach ein Ausgleichsanspruch gegen den anderen Haftpflichtversicherer zusteht, entscheidend, ob auch dessen Versicherte dem Geschädigten auf Schadensersatz hafteten und ob der andere Haftpflichtversicherer, hier die Beklagte, insoweit eintrittspflichtig war (vgl. [X.] aaO Rn. 50).

Deshalb ist zunächst danach zu fragen, ob auch deren Versicherte, d.h. der Halter oder Fahrer des in der [X.] zugelassenen Anhängers, dem Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet waren. Diese Schadensersatzpflicht beruht auf dem Unfall und stellt mithin ein außervertragliches Schuldverhältnis im Sinne der [X.]-VO dar, weshalb das darauf anzuwendende Recht nach Art. 4 dieser Verordnung zu bestimmen ist. Da im Streitfall die in Art. 4 Abs. 2 und 3 [X.]-VO genannten besonderen Umstände nicht vorliegen, beurteilt sich auch die Haftpflicht des [X.] oder -fahrers gemäß Art. 4 Abs. 1 [X.]-VO nach [X.]m Recht, da der Unfallschaden in [X.] eingetreten ist (vgl. dazu [X.] aaO Rn. 50-52).

4. Zu Unrecht nimmt die Revision im Weiteren an, die mit der Klage verfolgte [X.] der Beklagten sei demgegenüber nach [X.] Recht zu bestimmen.

a) Allerdings hat der [X.] (aaO Rn. 64) ausgeführt, die [X.]-VO und die [X.]-VO seien dahin auszulegen, dass das auf eine Regressklage des Versicherers einer Zugmaschine, der den Schaden der Opfer eines vom Fahrer verursachten Unfalls beglichen habe, gegen den [X.] anzuwendende Recht nach Art. 7 [X.]-VO bestimmt werde, wenn die nach den Art. 4 ff. [X.]-VO maßgeblichen deliktischen Haftungsnormen eine Aufteilung der Schadenspflicht vorsähen. Denn die Eintrittspflicht der Versicherer habe ihren Ursprung in den jeweiligen Versicherungsverträgen (vgl. S 9 [X.] aaO Rn. 54). Das darauf anzuwendende Recht ist somit im Grundsatz nach den Vorschriften der [X.]-VO zu bestimmen.

b) Im Weiteren hat der [X.] aber angenommen, dass dennoch die Art. 4 ff. [X.]-VO wegen der in Art. 19 [X.]-VO getroffenen Regelung für die Bestimmung des Rechts maßgebend sein können, nach dem sich eine mögliche Teilung der Haftung zwischen den [X.] Personen und ihren jeweiligen Haftpflichtversicherern bestimme (vgl. S 9 [X.] aaO Rn. 59, 60).

aa) In Art. 19 ("Gesetzlicher Forderungsübergang") [X.]-VO ist geregelt, dass dann, wenn - wie hier die Klägerin - ein Dritter die aufgrund eines außervertraglichen Schuldverhältnisses zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner bestehende Forderung aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung befriedigt, das für diese Verpflichtung des [X.] gegenüber dem Gläubiger maßgebende Recht bestimme, ob und in welchem Umfang der Dritte die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner nach dem für deren Beziehungen maßgebenden Recht geltend zu machen berechtigt ist.

bb) Der [X.] hat deshalb ausgeführt, dass in Fällen wie dem Streitfall der Zugmaschinenversicherer nach Schadensersatzleistung an den Geschädigten einen Regressanspruch gegen den [X.] geltend machen könne, soweit das nach Art. 7 [X.]-VO auf den Versicherungsvertrag anzuwendende Recht einen Eintritt des (vorleistenden) Versicherers in die Rechte des Geschädigten vorsehe ([X.] aaO Rn. 60). Als Erstes sei daher zu prüfen, wie der an den Geschädigten zu leistende Schadensersatz gemäß dem nach der [X.]-VO zu ermittelnden nationalen Recht zwischen Fahrer und Halter der Zugmaschine einerseits und dem Anhängerhalter andererseits aufzuteilen sei ([X.] aaO Rn. 61). Als Zweites müsse sodann nach Art. 7 [X.]-VO das auf die Versicherungsverträge der klagenden Versicherer anzuwendende Recht bestimmt werden, um festzustellen, ob und in welchem Umfang diese Versicherer aus abgeleitetem Recht die Ansprüche des Geschädigten gegenüber dem [X.] geltend machen könnten ([X.] aaO Rn. 62).

cc) Diese Ausführungen des [X.] lassen den Schluss zu, dass der Gerichtshof auch Fälle, in denen nach [X.]m Recht ein Innenausgleich der beteiligten Versicherer nach den Regeln der Mehrfachversicherung (§ 78 [X.], vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Oktober 2010 - [X.], [X.], 211 Rn. 22 ff. zu § 59 Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F.) erfolgt, als von Art. 19 [X.]-VO erfasst ansieht, wenngleich diese Vorschrift zumindest dem Wortlaut ihrer Überschrift nach einen Übergang der Schadensersatzforderung des Geschädigten auf den eintretenden Haftpflichtversicherer voraussetzt. Dafür spricht, dass der [X.] darauf abstellt, ob die nach Art. 4 ff. [X.]-VO anzuwendenden Haftungsnormen eine Aufteilung der Schadensersatzpflicht vorsähen ([X.] aaO Rn. 64), dass weiter Art. 15 Buchst. b [X.]-VO das nach dieser Verordnung zu ermittelnde Recht unter anderem als für "jede" Teilung der Haftung maßgeblich bezeichnet und die [X.]n Bestimmungen über die Mehrfachversicherung zu einer Aufteilung der Entschädigung führen. Dementsprechend hat auch der Oberste Gerichtshof der [X.] im [X.] an die von ihm veranlasste Entscheidung des [X.] vom 21. Januar 2016 (aaO) angenommen, die Frage der Teilung der Haftpflicht zwischen zwei [X.] Versicherern nach einem Unfall eines [X.] Gespanns in [X.] bestimme sich nach [X.]m Recht ([X.], Beschluss vom 6. März 2016 - 3K-3-187-701/16, BeckRS 2016, 17751, Rn. 40).

Nach der Entscheidung des [X.] (aaO Rn. 62) ist zuletzt nach Art. 7 [X.]-VO das auf den Versicherungsvertrag der Klägerin anzuwendende Recht für die Frage maßgeblich, ob und in welchem Umfang der klagende Versicherer Ausgleichsansprüche gegen den anderen Versicherer geltend machen kann. Gemäß Art. 7 [X.]-VO unterliegt im Streitfall das Versicherungsverhältnis der Klägerin mit dem Halter des in [X.] zugelassenen Zugfahrzeuges [X.]m Recht. Denn nach der gemäß Art. 7 Abs. 6 [X.]-VO i.V.m. Art. 310 und Anhang VII der Richtlinie 2009/138/[X.] des [X.] und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der [X.] ("Solvabilität II"; [X.]. [X.] Nr. L 335 S. 1, nachfolgend Solvabilität [X.]) hier maßgeblichen Begriffsbestimmung in Art. 13 Nr. 13 Buchst. b Solvabilität [X.] bezeichnet der Ausdruck "Mitgliedstaat, in dem das Risiko belegen ist" bei der Versicherung von zugelassenen Fahrzeugen aller Art den Zulassungsmitgliedstaat (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2020 - [X.]/19, [X.], 333 Rn. 21 m.w.N.).

c) Letztlich kann die Frage, ob der im [X.]m Recht nach den Regeln der Mehrfachversicherung mögliche Innenausgleich der beteiligten Versicherer der Regelung des Art. 19 [X.]-VO unterfällt, im Streitfall offenbleiben, so dass insoweit auch ein neuerliches Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 A[X.]V nicht veranlasst ist. Denn auch dann, wenn man das auf den Innenausgleich anzuwendende Vertragsrecht allein nach Art. 7 [X.]-VO (ohne Rückgriff auf Art. 19 [X.]-VO) bestimmt, ergibt sich im Streitfall die Anwendung [X.]n Rechts.

Geht man entsprechend der Entscheidung des [X.] vom 21. Januar 2016 (aaO Rn. 54) davon aus, dass die Eintrittspflicht eines Versicherers in Fällen wie dem Streitfall ihren Ursprung in dem Versicherungsvertrag hat, richtet sich das anwendbare Recht nach Art. 7 [X.]-VO (vgl. [X.] aaO Rn. 58, 62). Auch danach ist hier [X.]s Recht anzuwenden.

aa) Denn Art. 7 Abs. 4 Buchst. b [X.]-VO eröffnet den Mitgliedstaaten im Hinblick auf Versicherungsverträge über Risiken, für die ein Mitgliedstaat eine Versicherungspflicht vorschreibt, die Möglichkeit zu bestimmen, dass auf den Versicherungsvertrag das Recht dieses Mitgliedstaats anzuwenden ist (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2020 - [X.]/19, [X.], 333 Rn. 16; zum Charakter der Bestimmung BeckOGK/[X.], [X.]-VO Art. 7 Rn. 148 [Stand: 1. Februar 2020]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] u.a., Internationales Vertragsrecht 3. Aufl. [X.]-VO Art. 7 Rn. 52; [X.]/[X.], 3. Aufl. [X.]-VO Art. 7 Rn. 61; [X.]/Armbrüster, (2016) [X.]-VO Art. 7 Rn. 27). Von dieser Ermächtigung ist in [X.] durch Art. 46d [X.]BGB (vormals Art. [X.] [X.]BGB) Gebrauch gemacht worden (vgl. BT-Drucks. 16/12104 S. 6, 10; 18/10822 S. 22). Nach Art. 46d Abs. 1 [X.]BGB unterliegt ein Versicherungsvertrag über Risiken, für die ein Mitgliedstaat eine Versicherungspflicht vorschreibt, dem Recht dieses Staates, sofern dieser dessen Anwendung vorschreibt. Art. 46d Abs. 2 [X.]BGB bestimmt, dass ein über eine Pflichtversicherung abgeschlossener Vertrag [X.]m Recht unterliegt, wenn die gesetzliche Verpflichtung zu seinem Abschluss auf [X.]m Recht beruht.

bb) So liegt es hier. Denn § 1 AusI[X.] verpflichtet den Halter eines ausländischen Anhängers, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zu nehmen. Nach der aufgrund von § 4 [X.] erlassenen Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung ([X.]) muss die Versicherung Schadenersatzansprüche umfassen, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden (§ 2 Abs. 1 [X.]). Als mitversicherte Person bestimmt § 2 Abs. 2 Nr. 3 [X.] auch den Fahrer, wobei die Vorschrift nicht zwischen motorisierten Fahrzeugen und Anhängern unterscheidet (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 2010 - [X.], [X.], 211 Rn. 14). [X.] gilt gemäß § 4 AusI[X.] entsprechend für ausländische Fahrzeuge und Anhänger. Der Versicherungsvertrag muss den für die Versicherung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit regelmäßigem Standort im Inland geltenden gesetzlichen Bestimmungen über Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes sowie über die Mindestversicherungssummen entsprechen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 15. März 2019 - 4 O 2024/17, BeckRS 2019, 27700 Rn. 31; [X.], [X.], 68, 70).

cc) Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob Art. 7 Abs. 4 [X.]-VO dahin auszulegen ist, dass das Recht desjenigen Mitgliedstaates maßgebend sei, mit dem der [X.] sei, oder ob nach Art. 7 Abs. 5 [X.]-VO auch im Rahmen von Art. 7 Abs. 4 [X.]-VO eine Statutenspaltung dahingehend eintrete, dass für jedes Teilrisiko jeweils das Recht des Belegenheitsstaates gelte, stellt sich nicht. Sie würde sich nur dann stellen, wenn sowohl die [X.] [X.] als auch die [X.] dasselbe Risiko einer Versicherungspflicht unterwürfen (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2020 - [X.]/19, [X.], 333 Rn. 18). Das ist hier aber gerade nicht der Fall. Denn wie die Vorinstanzen mit sachverständiger Hilfe ohne Rechtsfehler festgestellt haben, besteht nach [X.] Recht abweichend von der [X.]n Rechtslage weder eine Halterhaftung des [X.] gegenüber dem Geschädigten noch ein Direktanspruch des Geschädigten gegen den [X.].

Insoweit ist auch keine Vorlage an den [X.] nach Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 A[X.]V i.V.m. Art. 19 Abs. 3 Buchst. b Alt. 1 [X.]V veranlasst.

5. Nach allem ist der Streitfall sowohl was die Frage der Haftung des Halters des Anhängers gegenüber der Geschädigten als auch die Frage des Innenausgleichs der Parteien untereinander betrifft, nach [X.]m Recht zu beurteilen. Maßgeblich für den am 29. Oktober 2013 geschehenen Unfall ist die Rechtslage vor Inkrafttreten des [X.] im Straßenverkehr vom 10. Juli 2020 ([X.] I S. 1653).

Danach steht - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen und der Senat im Urteil vom 27. Oktober 2010 ([X.], [X.], 211 Rn. 8 ff.) im Einzelnen dargelegt hat - nach einem von einem Gespann verursachten Unfall dem den Schaden eines geschädigten [X.] regulierenden Haftpflichtversicherer der Zugmaschine - hier der Klägerin - nach den Vorschriften über die Doppel- bzw. Mehrfachversicherung ein hälftiger Innenausgleich gegen den Haftpflichtversicherer des Anhängers - hier die Beklagte - zu. Das [X.] gibt zu einer Änderung dieser Senatsrechtsprechung keinen Anlass.

[X.]     

      

[X.]     

      

Prof. [X.]

      

Dr. Brockmöller     

      

Dr. Götz     

      

Meta

IV ZR 312/19

03.03.2021

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Bamberg, 22. Oktober 2019, Az: 5 U 40/19, Urteil

Art 7 Abs 2 EGV 593/2008, Art 7 Abs 4 EGV 593/2008, Art 4 Abs 1 EGV 864/2007, Art 19 EGV 864/2007, § 1 Abs 1 AuslPflVG, § 6 Abs 3 AuslPflVG, § 2 Abs 2 KfzPflVV, Art 46d BGBEG, § 78 Abs 2 VVG, § 115 Abs 1 VVG, § 7 Abs 1 StVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.03.2021, Az. IV ZR 312/19 (REWIS RS 2021, 8241)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 564-565 REWIS RS 2021, 8241 WM 2022, 1295 REWIS RS 2021, 8241

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