Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2018, Az. III ZR 105/17

III. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 10840

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:120418UIIIZR105.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 105/17

Verkündet am:

12. April 2018

P e l l o w s k i

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO

a)
Bei der gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vom Berufungsgericht durchzuführenden Ermessensabwägung, ob eine eigene Sachentschei-dung zu treffen oder ausnahmsweise der Rechtsstreit an das Erstgericht zurückzuverweisen ist, ist der Umstand, dass die Sache zuvor bereits an das Erstgericht zurückverwiesen worden war, zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 5. Juli 2011 -
II ZR 188/09, NJW-RR 2011, 1365).

b)
Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme ist nicht schon dann im Sinne von §
538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO "notwendig", wenn sie im weiteren Verlauf des Verfahrens unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird. Sie muss vielmehr sicher zu erwarten sein. Daher genügt es auch nicht, dass den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu ge-ben ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird (Bestätigung von [X.], Urteile vom 2.
März 2017 -
VII ZR 154/15, NJW-RR 2017, 531; vom 22. Januar 2016
-
V [X.], [X.], 2274 und vom 14. Mai 2013 -
II ZR 76/12, NJW-RR 2013, 1013).

[X.], Urteil vom 12. April 2018 -
III ZR 105/17 -
OLG [X.]

LG [X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
12. April 2018
durch [X.] Herrmann
und
die
Richter Dr. Remmert und [X.] sowie die Richterinnen Pohl
und Dr. Böttcher

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin
wird das Urteil des 12. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts [X.] mit Sitz in [X.] vom 23. Februar 2017
aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin
nimmt als Rechtsnachfolgerin des im Prozessverlauf ver-storbenen Erblassers W.

G.

den [X.]n aus einem [X.] auf Schadensersatz in Anspruch.

1
-

3

-

Am 15. Mai 1997 schloss der Erblasser
mit dem Unternehmen
M.

Limited (künftig: M.

), deren Gründer und [X.] der [X.] war, einen Vermögensverwaltungsvertrag. Dort wird in § 12 als anwendbares Recht dasjenige des [X.] gewählt (künftig: [X.]). Der Erblasser
erteilte der M.

zugleich Handlungsvoll-macht für das Konto 116 bei der [X.]

GmbH (künftig:
[X.]

). Die Vollmacht umfasste die Befugnis, das vom Erblasser
eingezahlte Kontogut-haben von 160.000 DM für den Kauf oder Verkauf von Finanzterminkontrakten, die Durchführung von Leerverkäufen oder entsprechender Deckungskäufe zu verwenden. Der Erblasser
eröffnete bei der [X.]

ein weiteres Konto 115, auf das er 67.500 DM einzahlte. Aufgrund erwirtschafteter Gewinne zahlte er an M.

vereinbarungsgemäß eine Gewinnbeteiligung von 37.920,58 DM. Am 27.
Februar 1998 befanden sich auf dem Konto 116 noch 117.815,48 DM. Nach Kündigung der Handlungsvollmacht erhielt der Erblasser
im April 1998 aus dem Konto 116 97.865,48 DM und aus dem Konto 115
49.050,00
DM ausbezahlt.

Der Erblasser
hat behauptet, der [X.] habe ihm vor dem Abschluss des -
von diesem
vorgeschlagenen
-
Vermögensverwaltungsvertrages versi-chert, dass er ein [X.] entwickelt habe, mit dessen Hilfe man an der Börse mit dem Kauf von [X.] lukrativ und risikolos Geld verdienen könne. Er hat weiter vorgetragen, die M.

sei eine Scheinauslandsgesell-schaft, die auch nach den Gesetzen der [X.] nicht wirksam gegründet worden sei. Ihr Verwaltungssitz habe sich in [X.] befunden. Der [X.] sei daher passivlegitimiert. Dieser habe auf den Konten 115 und 116 Verluste von 18.440 DM und 62.134,52 DM erwirtschaftet.

Der [X.] hat eingewandt, es bestehe keine vertragliche Beziehung zum Erblasser. Eine Zusicherung hinsichtlich eines Computerprogramms sei 2
3
4
-

4

-

von ihm nicht
abgegeben worden. Der Erblasser
sei auf die mit der Anlage ver-bundenen Risiken umfassend hingewiesen worden und habe um diese auf-grund seiner Vorerfahrungen gewusst. Weder M.

noch er, der [X.], [X.] vom Konto 115
Kenntnis gehabt. Etwaige Ansprüche seien überdies ver-jährt und verwirkt.

Das [X.] hat den [X.]n mit Urteil vom 22. April 2005 -
unter Klageabweisung im Übrigen -

u-fungsgericht hat diese
Entscheidung mit Urteil vom 3. Juli 2006
aufgehoben und die Sache gemäß
§
538 Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 ZPO an das [X.] zurück-verwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 29. Januar 2008 der Klage im [X.] stattgegeben. Mit Urteil vom 4. März 2010 hat das Berufungsgericht das Urteil der Vorinstanz
erneut
gemäß
§ 538 Abs. 2 Satz
1 Nr.
1 ZPO aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das [X.] hat mit (drittem)
Urteil vom 25. Mai 2016 die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat mit dem [X.] Urteil auf den (hilfsweise gestellten) Antrag des [X.]n die Ent-scheidung des [X.]s -
zum dritten Mal
-
gemäß
§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 ZPO wegen wesentlicher Verfahrensmängel aufgehoben und die Sache
zurückverwiesen.
Hiergegen richtet sich die
vom erkennenden Senat zugelas-sene Revision
der Klägerin.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

5
6
-

5

-

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es seien vertragliche und deliktische Ansprüche zu unterscheiden.

Vertragliche Ansprüche richteten sich
nur dann gegen den [X.]n, wenn er für eine nicht bestehende Gesellschaft aufgetreten sei. Dies sei der Fall, wenn die M.

als Scheinauslandsgesellschaft in [X.] nicht rechtsfähig gewesen sei. Hiergegen könnten zwar die Angaben des vom [X.] vernommenen Zeugen [X.]

sprechen, der Tätigkeiten der M.

und ihre Verwaltung durch den [X.]n von den [X.] aus bestätigt habe. Für einen inländischen Verwaltungssitz der M.

spreche aber, dass die in Bezug auf den Vermögensverwaltungsvertrag entfalteten Tätigkeiten sämtlich im [X.] stattgefunden hätten und der Zeuge [X.]

zu den Aktivitäten
des Beklag-ten auf den [X.] wenig Konkretes angegeben habe. Die insoweit gebotene Beweiswürdigung habe das [X.] fehlerhaft unterlassen. Wenn nach [X.] solchen Beweiswürdigung Zweifel an einer Scheinauslandsgesellschaft verbleiben sollten, sei eine ergänzende Vernehmung der Zeugin D.

dazu
geboten, ob es sich bei der Geschäftsadresse der M.

in N.

nur um ei-nen Briefkasten gehandelt habe.

Für den Fall, dass von einer Scheinauslandsgesellschaft auszugehen sei, komme eine Haftung des [X.]n analog § 11 Abs. 2 GmbHG in Betracht. Dann werde die Frage der Wirksamkeit der vertraglichen Rechtswahlvereinba-rung relevant. Diese beurteile sich gemäß Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 EGBGB aF grundsätzlich nach dem Recht der [X.]. Allerdings sei der Vermögensverwaltungsvertrag ein Vertrag zur Finanzierung einer Dienstleis-tung im Sinne von
Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF. Folglich unterliege er den zwin-genden [X.] Verbraucherschutzvorschriften. Hierzu zählten auch die in 7
8
9
-

6

-

der Rechtsprechung des [X.] entwickelten Grundsätze betref-fend
Aufklärungs-
und Warnpflichten gegenüber Kapitalanlegern. Die vom [X.] fehlerhaft unterlassene
Prüfung des Klagevorbringens zu einer nicht anleger-
und objektgerechten Beratung werde daher nachzuholen sein. In diesem Zusammenhang seien
die
ergänzende Vernehmung des Zeugen [X.]

und
die Anhörung der Parteien geboten. Sei das [X.] danach nicht von einer Pflichtverletzung des [X.]n überzeugt, werde es prüfen müssen, ob ergänzend Beweis über die Behauptung der Klägerin zu erheben sei, der [X.] habe das [X.] auch gegenüber den Zeugen Sch.

und S.

angepriesen.

Eine Gehörsverletzung des [X.]s liege auch darin, dass es das von ihm für maßgeblich gehaltene bahamaische Recht nicht nach § 293 ZPO ermittelt und angewandt habe. Die Anwendung bahamaischen Rechts komme weiterhin für die Prüfung des Einwands der Verjährung und der Verwirkung eventueller schuldrechtlicher Ansprüche in Betracht.

Ein etwaiger
Schaden, den das [X.] ebenfalls nicht geprüft habe, könne in Bezug auf das Konto 116 nicht allein durch eine Gegenüberstellung des eingezahlten Betrags und des verbliebenen Guthabens ermittelt werden. Hierzu sei weiterer Vortrag erforderlich. Auch die Frage, ob der angebliche Schaden durch das vom Erblasser selbst verwaltete Konto 115 dem [X.]n zuzurechnen sei, sei vom [X.] bislang keiner Klärung zugeführt worden. Zudem sei das
Vorbringen der Klägerin zu dem behaupteten [X.] [X.].

Hinsichtlich eventueller deliktischer
Ansprüche sei der Sachverhalt eben-falls in hohem Maße aufklärungsbedürftig. Eine Entscheidung zu der Frage, ob 10
11
12
-

7

-

dem [X.]n in Zusammenhang mit dem Abschluss des [X.] eine Täuschungshandlung und/oder eine unzureichende Aufklä-rung vorzuwerfen sei, könne erst nach der noch ausstehenden Beweisaufnah-me getroffen werden. Insoweit stelle sich die Frage des [X.] nicht, da als Tatortrecht
deutsches Recht maßgebend sei.

Damit sei eine umfangreiche weitere Beweisaufnahme im Sinne von
§
538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderlich. Diese sei bei [X.] regel-mäßig anzunehmen. Das Interesse der Parteien an einer schnelleren Erledi-gung des Rechtsstreits sei gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz nicht als überwiegend anzusehen. Erweise sich eine [X.], seien weitere Beweiserhebungen erforderlich, für deren Überprüfung den [X.] keine Instanz genommen werden solle.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat
rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen einer Zurückverweisung der Sache an das Gericht des ersten [X.] unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Verfahrens gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO bejaht.

1.
Nach dieser Vorschrift darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere
Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des [X.] an das Gericht des ersten Rechtszugs nur zurückverweisen, soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet,
auf Grund
dieses Mangels eine umfangreiche
oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und eine Partei die Zurückverweisung beantragt.
13
14
15
-

8

-

a) Mit der Neufassung des § 538 ZPO durch das [X.] vom 27. Juli 2002 ([X.] I 1887, 1898) sollte
eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz im Interesse der Verfahrensbeschleunigung noch stärker als bisher die Ausnahme von einer eigenen Sachentscheidung des Be-rufungsgerichts bilden. Daher wurden die Ausnahmen von dem Grundsatz der eigenen Sachentscheidung gegenüber dem vorherigen Recht erheblich einge-schränkt (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des [X.], BT-Drucks. 14/4722, S. 102; Senat, Urteil vom 6. April 2006 -
III ZR 256/04, [X.], 1052 Rn. 8; [X.], Teilurteil vom 15. Februar 2017 -
VIII ZR 284/15, juris Rn. 21). Es sollte
dem Interesse der Parteien an einer zügigen Er-ledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz durch eine abschließende Sachentscheidung angemessen Geltung verschafft und zugleich die erste In-stanz durch
die Reduzierung der [X.] entlastet werden (BT-Drucks. 14/4722, [X.]). Die zeitaufwändige Zurückverweisung von der zwei-ten an die erste Instanz sollte
auf unverzichtbare Ausnahmefälle beschränkt werden (aaO
S. 58).

Bei der innerhalb
dieses
-
engen -
Rahmens
durchzuführenden, revisi-onsrechtlich nachprüfbaren Ermessensabwägung des Berufungsgerichts ist der Umstand, dass die Sache zuvor bereits an das [X.] zurückverwiesen worden war, zu berücksichtigen
([X.], Urteil vom 5. Juli 2011 -
II ZR 188/09, NJW-RR 2011, 1365 Rn. 7).

b) Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme ist nicht schon dann im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO "notwendig", wenn sie im weiteren Verlauf des Verfahrens nur möglich ist, das heißt wenn sie zwar unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Vorausset-16
17
18
-

9

-

zungen aber nicht sicher ist. Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisauf-nahme muss vielmehr sicher zu erwarten sein ([X.], Urteile vom 2. März 2017 -
VII ZR 154/15, NJW-RR 2017, 531 Rn. 11 f und vom 22. Januar 2016 -
V [X.], [X.], 2274 Rn. 19). Daher genügt es auch nicht, dass im Einzel-fall den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforder-lich wird ([X.], Urteile vom 2. März 2017 aaO Rn. 11 und vom 14. Mai
2013
-
II ZR 76/12, NJW-RR 2013, 1013 Rn. 11).

2.
Diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht beanstandet, nicht Rechnung getragen.

a) Das Berufungsurteil lässt bereits nicht erkennen, dass das Oberlan-desgericht den Umstand in seine nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO anzustel-lende Ermessensabwägung einbezogen
hat, dass das zum Zeitpunkt seines dritten Berufungsurteils bereits
seit 13
Jahren anhängige Verfahren von ihm schon zweimal gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das [X.] zu-rückverwiesen worden war. Die zweimalige Zurückverweisung wird lediglich im Tatbestand des Berufungsurteils, nicht aber im Rahmen der Erwägungen des Berufungsgerichts zu einer (erneuten) Zurückverweisung gemäß §
538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erwähnt.

Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines [X.] Verfahrensfehlers zurück, müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurückzuverweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat ([X.], Urteil vom 5. Juli 2011 aaO mwN). Zu einer in diesem Sinne hinreichenden Darlegung 19
20
21
-

10

-

der Ermessensausübung gehört die ausdrückliche Befassung mit einer zuvor schon einmal erfolgten Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz. Denn diese ist -
wie ausgeführt -
bei der Abwägung gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigen. Besonders schwer wiegen
eine -
wie vorliegend -
be-reits zweimalig
erfolgte
Zurückverweisung und die hierdurch zwangsläufig ein-getretene erhebliche Verfahrensverzögerung. Sie
sind
im Rahmen der [X.] darzulegen und umfassend zu würdigen. Dies hat das
[X.] rechtsfehlerhaft unterlassen.

b) Zu Unrecht hat es auch die Notwendigkeit einer umfangreichen
Be-weisaufnahme gemäß
§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO angenommen.

aa) Sicher zu erwarten im Sinne der vorstehend
(unter 1b) dargestellten

Grundsätze ist bei
Zugrundelegung der Ausführungen des Berufungsgerichts lediglich eine (erneute) Vernehmung des -
in O.

wohnhaften -
Zeugen [X.]

und eine Anhörung beider Parteien zur M.

als Scheinauslandsgesell-schaft und zu Äußerungen des [X.]n in Bezug auf ein -
angeblich jedes Risiko ausschließendes -
Computerprogramm. Die Anhörung der Parteien und die Vernehmung eines inländischen Zeugen zu derart
begrenzten Beweisthe-men sind
indes weder aufwändig noch umfangreich
im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

bb) Die Vernehmung der -
auf den [X.] wohnhaften -
Zeugin
D.

und der -
in [X.] wohnhaften
-
Zeugen Sch.

und S.

sowie die weitere Ermittlung bahamaischen Rechts sind dagegen nach den Ausfüh-rungen des Berufungsgerichts nicht sicher zu erwarten, sondern vom weiteren Prozessverlauf abhängig.

22
23
24
-

11

-

(1) Die Vernehmung der Zeugin D.

ist danach nur geboten, wenn nach Würdigung der die Gründung der M.

betreffenden Umstände und der erneut durchzuführenden Vernehmung des Zeugen [X.]

Zweifel an einer Scheinauslandsgesellschaft verbleiben sollten
(Seite 17 der Entscheidungs-gründe).

(2) Die Zeugen Sch.

und S.

sind nach den Ausführungen des Be-rufungsgerichts nur zu vernehmen, wenn nach erneuter Vernehmung des [X.] [X.]

und Anhörung beider Parteien keine richterliche Überzeugungsbil-dung (§ 286 Abs. 1 ZPO) betreffend eine Pflichtverletzung des [X.]n mög-lich ist
(Seite 22 der Entscheidungsgründe).

(3) Das bahamaische Recht kommt nach Auffassung des Berufungsge-richts -
trotz möglicherweise wirksamer [X.] zugunsten des
bahamaischen Rechts -
wegen der zwingenden [X.] Verbraucherschutz-vorschriften weitgehend nicht zur Anwendung. Soweit das Berufungsgericht meint,
das bahamaische Recht komme als maßgebliches [X.] für die Prüfung der Einrede
der Verjährung und der Verwirkung in Betracht, kann
eine Beweiserhebung hierzu
(möglicherweise
durch
ein weiteres Rechtsgutachten zu ausländischem Recht)
nachrangig gegenüber der Prüfung, ob der Klägerin überhaupt Ansprüche gegen den
[X.]n
zustehen,
angestellt werden und wäre aus diesem Grund nicht "sicher"
im Sinne
der vorgenannten Grundsätze.
Oder aber das Gericht prüft, was materiell-rechtlich ebenfalls möglich ist, die Einrede der Verjährung, ohne sich zuvor mit den
Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs zu befassen.
Auch in diesem Fall ist die Notwendigkeit der Beweiserhebung nicht sicher, da ungewiss und damit vorab zu klären ist, ob das
Recht der [X.] überhaupt für die Verjährung oder Verwirkung an-wendbar ist.
25
26
27
-

12

-

(4) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vortrag der Klägerin zu dem vom Erblasser erlittenen Schaden und [X.] bisher nicht hinrei-chend und insofern ergänzender Vortrag
notwendig. Indes begründet -
wie aus-geführt -
auch der Umstand, dass den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vor-trag zu geben ist und danach möglicherweise eine umfangreiche oder aufwän-dige Beweisaufnahme erforderlich wird, nicht die sichere Erwartung einer im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO umfangreichen
oder aufwändigen
Beweisaufnahme.

cc) Der Schluss des Berufungsgerichts, zu den eventuellen vertraglichen und deliktischen Ansprüchen sei eine umfangreiche weitere Beweisaufnahme im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderlich, trifft nach alledem nicht zu. Eine solche Beweisaufnahme erscheint zwar möglich. Sie ist aber nicht sicher zu erwarten und rechtfertigt daher keine Zurückverweisung an das [X.] gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Dies gilt auch,
soweit das Berufungsgericht eine
[X.] als Indiz für eine umfangreiche
wei-tere Beweisaufnahme
erwähnt
(zu einer aufwändigen Beweisaufnahme bei [X.] Zeugenvernehmung im Ausland vgl. BT-Drucks. 14/4722 S.
102). Von einer solchen [X.] könnte
allenfalls
bei einer Vernehmung der Zeugin D.

oder
der Einholung von Rechtsgutachten zu bahamaischen Recht aus-gegangen werden, die
indes nicht in jedem Fall erforderlich werden und
damit nicht sicher zu erwarten
sind.

28
29
-

13

-

III.

Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die
Sache zur neuen Verhandlung und -
eigenen
-
Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Herrmann

Remmert

[X.]

Pohl
Böttcher
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 25.05.2016
-
8 O 667/03 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 23.02.2017 -
12 [X.]/16 -

30

Meta

III ZR 105/17

12.04.2018

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2018, Az. III ZR 105/17 (REWIS RS 2018, 10840)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10840

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 105/17 (Bundesgerichtshof)

Zurückverweisung an das Erstgericht: Anforderungen an die Ermessensabwägung des Berufungsgericht; Notwendigkeit einer umfangreichen oder aufwändigen …


IX ZR 250/22 (Bundesgerichtshof)

Voraussetzungen einer Zurückverweisung einer Insolvenzverwalterklage auf Rückgewähr eines veräußerten Erbbaurechts an das erstinstanzliche Gericht wegen …


VII ZR 154/15 (Bundesgerichtshof)

Zurückverweisung durch das Berufungsgericht: Vorliegen eines wesentlichen, eine Beweisaufnahme erfordernden Verfahrensmangels


II ZR 76/12 (Bundesgerichtshof)

Zurückverweisung durch das Berufungsgericht bei wesentlichem Verfahrensmangel des ersten Rechtszuges


VII ZR 154/15 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

III ZR 105/17

II ZR 188/09

VII ZR 154/15

V ZR 196/14

II ZR 76/12

VIII ZR 284/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.