Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2003, Az. IX ZR 10/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1040

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:23. Oktober 2003Preuß,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] § 104Ein Anspruch aus § 104 [X.] ist nur begründet, wenn und soweit der Zwangsvoll-streckungsgläubiger durch den Zugriff auf Kosten der Masse etwas erlangt und da-durch im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB ungerechtfertigt bereichert ist. [X.], auf den sich die [X.] beziehen sollen, muß mithin zudem Vermögen gehört haben, über welches der [X.] eröffnet wurde.[X.], Urteil vom 23. Oktober 2003 - [X.] - [X.] LG München I- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 2. Oktober 2001 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Beklagte war von Ende 1996 bis Mitte 1998 als Kommunikationsbe-rater und Projektassistent für [X.](nachfolgend: [X.]oder Gemein-schuldnerin) tätig, die eine Werbeagentur betrieb. Bereits am 1. Februar 1996hatte die Gemeinschuldnerin sicherungshalber die ihr gegenwärtig und zukünf-tig zustehenden Forderungen "aus Warenlieferungen und Leistungen gegenalle Kunden bzw. Schuldner" an die Kreis- und Stadtsparkasse [X.](nachfolgend: [X.]) abgetreten. Der Beklagte erhielt nach [X.] Vorbringen die für seine Tätigkeit geschuldete Vergütung nur teilweise;außerdem will er den Betrieb durch die Übernahme von Auslagen und [X.] Zuwendungen unterstützt haben. [X.]gab am 5. Oktober 1998 zugunstendes Beklagten ein notarielles Schuldanerkenntnis über 263.657,00 DM nebstZinsen ab. Darauf gestützt, erwirkte der Beklagte am nächsten Tag im Wege- 3 -einer Vorpfändung ein vorläufiges Zahlungsverbot gemäß § 845 ZPO gegeneinen Kunden der Gemeinschuldnerin, die [X.] (nachfolgendDrittschuldnerin), und später einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß,welcher der Drittschuldnerin am 4. November 1998 zugestellt wurde. [X.] an den Beklagten zwischen dem 18. und dem 30. Dezember 1998 ins-gesamt 163.699,48 DM. Bereits am 18. November 1998 hatte die Gemein-schuldnerin die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens beantragt. Am [X.] lehnte das Amtsgericht diesen Antrag ab und eröffnete das [X.].Der zum Konkursverwalter bestellte Kläger nimmt den Beklagten, ge-stützt auf § 104 [X.], auf Rückzahlung des Betrages von 163.699,48 DM [X.]. [X.] und [X.] haben die Klage abgewiesen.Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Pflicht, das Erlangte heraus-zugeben, bestehe nicht. § 104 [X.] sei nicht anwendbar, weil der Beklagte [X.] nicht aufgrund einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme erlangthabe. Im Hinblick auf die zeitlich frühere [X.] habe keine wirksame- 4 -Pfändung vorgelegen. Auch seien die von der Drittschuldnerin geleistetenZahlungen nicht zwangsweise beigetrieben, sondern aufgrund von [X.] zwischen der [X.], der Drittschuldnerin und dem Beklagten er-bracht worden.[X.] macht die Revision geltend, die Zahlungen der Dritt-schuldnerin würden von der [X.] des § 104 [X.] erfaßt, weil [X.] die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zumindestveranlaßt worden seien. Falls die Pfändung unwirksam gewesen sei, müsseder Beklagte das Erlangte erst recht herausgeben.II[X.] Berufungsurteil hält im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfungstand. Der "Rechtsgrund" für die Zahlungen der Drittschuldnerin ist zwar [X.]. Ein Bereicherungsanspruch nach § 104 [X.] steht dem Klägeraber in keinem Falle zu. Zu den Voraussetzungen einer Konkursanfechtung istnichts vorgetragen.1. Gemäß § 104 [X.] ist im Falle eines [X.]es nach [X.] über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung he-rauszugeben, was ein Vergleichsgläubiger später als am dreißigsten Tage vorder Stellung des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens durch eine- 5 -Zwangsvollstreckungsmaßnahme als Sicherung oder Befriedigung erlangt hat.Nach dem Vortrag des [X.] sind die Voraussetzungen dieses Anspruchsnicht gegeben.a) Da die Vorschrift nur eingreift, wenn ein Vergleichsgläubiger etwas"durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme" erlangt hat, ist sie im vorliegen-den Fall nicht anwendbar, falls den Zahlungen der Drittschuldnerin ein Rechts-geschäft zugrunde liegt. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.Nach seinen Feststellungen sind die von der Drittschuldnerin geleisteten [X.] als Ergebnis von "Verhandlungen" zwischen der [X.], der Dritt-schuldnerin und dem Beklagten erfolgt.Zu Gegenstand und Ergebnis der Verhandlungen ist allerdings nichtsvorgetragen, und das Berufungsgericht hat dazu nichts festgestellt. Es ist [X.] nicht ausgeschlossen, daß im [X.] lediglich [X.] erzielt wurde, die gepfändete Forderung werde nicht von der Siche-rungszession ([X.]) erfaßt. Gegebenenfalls wären die anschließen-den Zahlungen der Drittschuldnerin - bei denen sie nach den [X.] Berufungsgerichts als "Verwendungszweck" den Pfändungs- und Überwei-sungsbeschluß angegeben hat - auf die Pfändung erfolgt.b) Indes steht dem Kläger ein Anspruch aus § 104 [X.] auch dann nichtzu, falls die Drittschuldnerin auf die Pfändung gezahlt [X.]) Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Pfändung [X.] wäre und die Forderung gegen die Drittschuldnerin erfaßt hätte. [X.] kann jedoch nicht ausgegangen werden.- 6 -In dem vorläufigen Zahlungsverbot gemäß § 845 ZPO wurde angekün-digt die Pfändung des "Anspruch(s) auf Einkommen aus selbst. Tätigkeit, ins-besondere für Veranstaltung S. Stuttgart - [X.]". Falls der Pfändungs-beschluß, dessen Wortlaut nicht vorgetragen ist, damit inhaltlich überein-stimmt, reicht das schwerlich aus, eine wirksame Pfändung anzunehmen. [X.] Rechtsprechung (vgl. [X.], Urt. v. 28. April 1988 - [X.], [X.], 950, 951 m.w.N.; Beschl. v. 1. März 1990 - [X.], [X.] 1990,1397, 1399; Urt. v. 8. Mai 2001 - [X.], [X.] 2001, 1223, 1224) muß diegepfändete Forderung von anderen unterschieden werden können, und [X.] ihrer Identität muß gesichert sein. Es genügt nicht, daß der Pfän-dungsbeschluß für die unmittelbar Beteiligten (Pfändungsgläubiger, Schuldner,Drittschuldner) verständlich und insbesondere der [X.] ihnengegenüber hinreichend deutlich bezeichnet ist; er muß auch für andere, insbe-sondere weitere Gläubiger des Schuldners, identifizierbar sein.Hinzu kommt, daß ein Anspruch, den der [X.] hat, nicht wirksam gepfändet werden kann; ob es sich um eine Sicherungs-abtretung handelt, ist unerheblich. Bereits das [X.] ist davon [X.], daß die Pfändung "ins Leere" ging, weil der gepfändete Anspruchnicht mehr der Gemeinschuldnerin, sondern der [X.] zustand. Dies hatder Kläger in der Berufungsinstanz nicht angegriffen. Er hat vielmehr gemeint,auf die "vorrangige" Abtretung an die [X.] und deren eventuelle Übersi-cherung komme es nicht an. Auch von der Revision wird die Wirksamkeit der[X.] nicht in Zweifel gezogen. Die Gemeinschuldnerin hatte zwar dendurch Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten Anspruch gegendie [X.] auf Rückgewähr der Forderung (Ganter, in: [X.] 7 [X.]/[X.], [X.]. § 90 Rn. 127, 619 ff); dieser warsogar in Nr. 7 des [X.]svertrags ausdrücklich vereinbart. Ob auchkünftige und bedingte Ansprüche gepfändet waren, hat der Kläger jedoch nichtvorgetragen.bb) Der Ansicht der Revision, § 104 [X.] sei auch - und sogar erstrecht - dann anwendbar, wenn die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht wirk-sam gewesen sei oder gerade den fraglichen Gegenstand nicht erfaßt habe,die Beteiligten aber vom Gegenteil ausgegangen seien, folgt der [X.] nicht.Allerdings soll durch § 104 [X.] während der Sperrfrist Gläubigern [X.] genommen werden, sich noch zwangsweise zu bedienen und [X.] damit in den Konkurs zu treiben ([X.]/Mohrbutter, § 104 [X.]Rn. 1). Sowohl der Anreiz als auch die unerwünschte Wirkung mögen in glei-cher Weise gegeben sein, wenn der Zwangszugriff zwar wirksam nicht erfol-gen, aber dennoch für den Gläubiger zum Erfolg führen kann, weil alle [X.] - unter Einschluß des Vollstreckungsgerichts - ihn für wirksam halten.Ein Anspruch aus § 104 [X.] ist jedoch nur begründet, wenn und soweitder Zwangsvollstreckungsgläubiger durch den Zugriff auf Kosten der [X.] erlangt und dadurch im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB ungerecht-fertigt bereichert ist ([X.]/Mohrbutter, § 104 [X.] Rn. 20, § 87 [X.] Rn. 31).Der [X.], auf den sich die [X.] beziehen sollen, [X.] zu dem Vermögen gehört haben, über welches der [X.]eröffnet wurde ([X.]/Mohrbutter, § 104 [X.] Rn. 9; vgl. ferner [X.]/[X.], § 88 Rn. 10). Daran fehlt es im vorliegenden [X.] 8 -Die Forderung gegen die Drittschuldnerin stand aufgrund der [X.] nicht der Gemeinschuldnerin, sondern der [X.] zu. Dazu, wiesich das Sicherungsverhältnis zwischen der Gemeinschuldnerin und der Zes-sionarin entwickelt hat, ist nichts vorgetragen. Insbesondere steht nicht fest,ob die gesicherten Ansprüche der [X.] gegen die [X.] zur Pfändung bereits vollständig befriedigt worden waren.Falls die Drittschuldnerin auf die Pfändung durch den Beklagten [X.], obwohl die [X.] noch Inhaberin der Forderung war und wegen dergesicherten Ansprüche gegen die Gemeinschuldnerin noch keine vollständigeBefriedigung erhalten hatte, kann die [X.] von der Drittschuldnerin er-neut Zahlung verlangen. Da diese die Abtretung kannte, wird sie durch § 408Abs. 2, § 407 BGB oder § 836 Abs. 2 ZPO nicht geschützt. Sie kann ihre Lei-stungen von dem Beklagten nach den Vorschriften über die [X.] herausverlangen (vgl. [X.]Z 78, 201, 204; 82, 28, 33). Der [X.] kann nicht verpflichtet sein, zweimal - einmal nach § 812 Abs. 1 BGB andie Drittschuldnerin und [X.] nach § 104 [X.] an den Kläger - zuzahlen.War dagegen die [X.] wegen ihrer Ansprüche gegen die Ge-meinschuldnerin befriedigt, hatte sie auf Verlangen die Forderung gegen dieDrittschuldnerin zurückabzutreten. Ob deren Zahlung auch in diesem Fallenicht schuldbefreiend gewirkt hätte und ob gegebenenfalls die Klageerhebungdurch den Konkursverwalter als Genehmigung der Verfügung der Drittschuld-nerin angesehen werden könnte, braucht der [X.] nicht zu entscheiden. [X.] hat weder dargetan, daß die Gemeinschuldnerin [X.] konnte, noch daß der Beklagte einen solchen Anspruch gepfändet [X.] -2. Wenn sich die [X.], die Drittschuldnerin und der Beklagte- gemäß seinem Vorbringen - materiellrechtlich über dessen Forderungszu-ständigkeit geeinigt haben sollten, mußte hierbei möglicherweise auch die Ge-meinschuldnerin beteiligt werden. Daran war zumindest dann zu denken, wenndie [X.] die ihr abgetretene Forderung "freigab", weil sie zur Deckungihres Sicherungsbedürfnisses nicht mehr benötigt wurde. Gegebenenfalls kanndiese Mitwirkung der Gemeinschuldnerin [X.] ein "Rechtsge-schäft" oder eine "Rechtshandlung" im Sinne der § 30 Nr. 1, § 31 KO gewesensein. Dadurch könnten die [X.] benachteiligt worden sein. [X.] waren im vorliegenden Fall die Anfechtungsvoraussetzungen nicht zuprüfen. Zwar erübrigt sich dies nicht schon deshalb, weil der Kläger die [X.] als solche nicht besonders geltend gemacht hat (vgl. [X.], Urt. [X.] März 1997 - [X.], [X.], 737). Indes hat dieser sich das [X.] des Beklagten weder hilfsweise zu eigen gemacht noch hat er zu denAnfechtungsvoraussetzungen vorgetragen.[X.]Ganter[X.]KayserBergmann

Meta

IX ZR 10/02

23.10.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2003, Az. IX ZR 10/02 (REWIS RS 2003, 1040)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1040

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