Bundessozialgericht, Urteil vom 25.01.2017, Az. B 6 KA 7/16 R

6. Senat | REWIS RS 2017, 16731

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Gegenstand

Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung - Prüfzuständigkeit der Prüfgremien für die Überprüfung der Verordnung von Impfstoffen


Leitsatz

Die Prüfgremien sind für die Überprüfung der Zulässigkeit einer vertragsärztlichen Verordnung von Impfstoffen als Arzneimittel zuständig.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des [X.] vom 16. Dezember 2015 und der Gerichtsbescheid des [X.] vom 1. September 2014 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Regress wegen unzulässig verordneter Impfstoffe durch den Beigeladenen zu 2. für das Quartal III/2010.

2

Der Beigeladene zu 2. nimmt als Facharzt für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die zu [X.] ([X.]) stellte mit Schreiben vom 29.6.2011 zunächst einen Antrag auf Prüfung seiner Verordnungsweise und Feststellung eines sonstigen Schadens für die [X.]/2010 und IV/2010 in Höhe von insgesamt 329,76 Euro. Der Beigeladene zu 2. habe die Impfstoffe NeisVac-C (Impfstoff mit der Indikation der aktiven Immunisierung von Kindern ab dem vollendeten 2. Lebensmonat, Jugendlichen und Erwachsenen zur Prävention invasiver Erkrankungen, die durch Neisseria meningitidis der [X.] verursacht werden), [X.] Kinder und [X.] Erwachsene (Impfstoff zur aktiven Immunisierung gegen Hepatitis B) als Arzneimittel und nicht, wie dies in [X.] vorgesehen sei, als Sprechstundenbedarf verordnet. Ihren Antrag bezüglich der Verordnung von [X.] Erwachsene nahm die Beigeladene zu 1. im August 2011 zurück.

3

Die Prüfungsstelle Ärzte [X.] setzte mit [X.] vom 3.12.2012 dem Antrag der Beigeladenen zu 1. entsprechend einen Regress in Höhe von 214,36 Euro fest. Den Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Feststellung eines sonstigen Schadens deutete sie in einen Antrag auf Feststellung eines Regresses wegen unzulässig verordneter Arzneimittel um. In der [X.] ([X.] = pro communitate; im Folgenden: [X.] - <[X.]>) sei eindeutig festgelegt, dass der [X.] und der Hepatitis-B-Kinderimpfstoff über Sprechstundenbedarf zu beziehen seien. Dies gelte auch für Einzeldosen.

4

Der Beklagte wies mit [X.] vom [X.] den Widerspruch des [X.] zurück. Die Prüfungskompetenz der Prüfgremien ergebe sich aus § 132e Abs 1 Satz 1 [X.]B V iVm § 20d Abs 1 und 2 [X.]B V iVm § 5 Abs 1 und 2 des Rahmenvertrages über Schutzimpfungen und Prophylaxe iVm § 106 Abs 2 Satz 4 [X.]B V iVm § 18 Prüfungsvereinbarung ([X.]). Die Impfstoffe NeisVac-C Injektionssuspension und [X.] Kinder hätten über den Sprechstundenbedarf bezogen werden müssen. Einzelverordnungen und Verordnungen über den Sprechstundenbedarf könnten nicht beliebig ausgetauscht werden. Die Kosten des [X.], den alle Vertragsärzte im Bezirk einer [X.] zu Lasten einer einzigen, gesamtvertraglich bestimmten [X.] ohne Bezug zu den einzelnen Patienten (in [X.]: AOK [X.]) verordnen würden, trügen nach einem bestimmten Schlüssel alle [X.]n. Die patientenbezogenen Verordnungskosten fielen dagegen bei derjenigen [X.] an, bei der der jeweilige Patient versichert sei.

5

Das [X.] hat mit Gerichtsbescheid vom 1.9.2014 den [X.] des Beklagten aufgehoben. Für die von dem Beklagten durchgeführte Wirtschaftlichkeitsprüfung gebe es keine Rechtsgrundlage. Dabei könne dahinstehen, ob bezüglich der Verordnung von Impfstoffen von dem Beklagten bereits deshalb keine Wirtschaftlichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden dürfen, weil der Sicherstellungsauftrag für Schutzimpfungen bei den [X.]n angesiedelt sei und daher auch nicht die gemeinsame Prüfungszuständigkeit der Klägerin und der [X.]n gemäß § 106 [X.]B V gegeben sei. Jedenfalls ergebe sich eine Prüfkompetenz weder aus dem Rahmenvertrag über Schutzimpfungen und Prophylaxe noch aus der [X.]. Nach dem klaren Wortlaut von § 18 [X.] regele dieser zum einen die Geltendmachung von Regressansprüchen wegen unzulässig bezogenem Sprechstundenbedarf und zum anderen die Geltendmachung von Regressansprüchen wegen der Verordnung von Arzneimitteln, die von der Verordnung ausgeschlossen seien. Beide Alternativen seien hier nicht gegeben.

6

Das L[X.] hat mit Urteil vom 16.12.2015 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Den Prüfgremien komme keine Prüfungskompetenz für die Frage der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Impfstoffen zu. Die gemeinsame Prüfzuständigkeit der [X.](en) und der [X.]n beziehe sich gemäß § 106 Abs 1 [X.]B V auf die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung. Dazu zählten aber die Durchführung von Schutzimpfungen und die Verordnung der Impfstoffe nicht. Zwar fielen unter den Begriff des Arzneimittels nach § 4 Abs 4 [X.] ([X.]) auch Impfstoffe. Die Vorschriften des [X.]B V enthielten für die Frage der Durchführung von Schutzimpfungen und der Verordnung von Impfstoffen aber eigenständige Regelungen. Das Leistungsrecht treffe im 3. Kapitel des [X.]B V gesonderte Regelungen für Schutzimpfungen einerseits (§ 20d [X.]B V) und Arzneimittel andererseits (§ 31 [X.]B V). Auch das Leistungserbringungsrecht enthalte gesonderte Vertragsabschlusskompetenzen/Vertragspartner für Impfungen gemäß § 132e [X.]B V einerseits und für Arzneimittel in § 84 [X.]B V andererseits. Nach § 132e [X.]B V hätten die [X.]n oder ihre Verbände mit den [X.]en, geeigneten Ärzten usw Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen nach § 20d Abs 1 und 2 (ab 1.8.2015 § 20i) [X.]B V zu schließen und dabei sicherzustellen, dass insbesondere die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte berechtigt seien, Schutzimpfungen zu Lasten der [X.]n vorzunehmen. Der [X.] des [X.] habe zur Einfügung des § 132e sowie des § 20d [X.]B V durch das Gesetz zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-W[X.]) ausgeführt, dass in § 132e [X.]B V der Sicherstellungsauftrag der [X.]n für die Versorgung mit Schutzimpfungen geregelt sei und Impfleistungen nach § 20d Abs 1 und 2 [X.]B V außerhalb des Bereichs der vertragsärztlichen Versorgung organisiert würden. Die Arzneimittelkosten und die Kosten für die ärztliche Behandlung unterfielen daher nicht dem Arzneimittelbudget und der vertragsärztlichen Gesamtvergütung. Auch im Zusammenhang mit der Ergänzung des § 132e [X.]B V durch das [X.] ([X.]) habe der Ausschuss ausgeführt, dass die [X.]n nach § 132e [X.]B V den Sicherstellungsauftrag für Impfungen hätten, was die Versorgung mit Impfstoffen einschließe.

7

Eine Zuständigkeit der Prüfgremien gemäß § 106 [X.]B V sei danach nur dann gegeben, wenn ihnen eine solche Zuständigkeit durch gesonderte Regelungen zugewiesen sei. Das sei nicht der Fall. Aus § 48 Bundesmantelvertrag-Ärzte ([X.]) ergebe sich auch bei weiter Auslegung keine Kompetenzzuweisung dergestalt, dass sämtliche Leistungen und Verordnungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung pauschal der Zuständigkeit der Prüfgremien übertragen würden. Unabhängig davon erforderten Ansprüche wegen sonstigen Schadens gemäß § 48 Abs 1 [X.] die Feststellung eines Verschuldens, woran es hier fehle. Weitere Zuweisungsnormen an die Prüfungseinrichtungen ergäben sich auch nicht aus der [X.], der [X.] und dem Rahmenvertrag über Schutzimpfungen und Prophylaxe.

8

Zur Begründung seiner Revision trägt der Beklagte vor, die vertragsärztliche Versorgung umfasse die Verordnung von Arzneimitteln und damit auch von Impfstoffen. Das [X.]B V enthalte insofern auch keine speziellen Regelungen. Sowohl Impfungen (§ 20d) als auch Arzneimittel (§ 31) fänden sich im Dritten Kapitel, "Leistungen der Krankenversicherung". Die Neuregelung des § 132e Abs 2 [X.]B V habe nichts mit der Kompetenz der Prüfgremien zu tun. Der Sicherstellungsauftrag der [X.]n in diesem Bereich fordere den Abschluss von Verträgen, wonach die Impfungen Teil der vertragsärztlichen Versorgung blieben. Die [X.] unterscheide nicht zwischen unzulässigen Verordnungen von Impfstoffen und anderen Arzneimitteln. In der Anlage 4 zur [X.] werde ausdrücklich auf Impfungen Bezug genommen. Auch die [X.] weise ihm eine Prüfungskompetenz zu.

9

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen L[X.] vom 16.12.2015 und den Gerichtsbescheid des [X.] München vom 1.9.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Eine Zuweisung der Prüfungskompetenz für Impfstoffverordnungen durch Vertrag gebe es nicht. In der [X.] werde nur die Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertragsärztlichen Versorgung geregelt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten [X.] ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht den angefochtenen Bescheid vom [X.] aufgehoben. Der [X.] war für die Durchführung der Prüfung zuständig. Der Bescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Rechtsgrundlage für die vom [X.]n durchgeführte Prüfung ist § 106 [X.]. Nach § 106 Abs 1 [X.] (idF des [X.] der gesetzlichen [X.]rankenversicherung vom 14.11.2003, [X.] 2190) überwachen die [X.] und die [X.] die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Nach § 106 Abs 2 [X.] (hier zugrunde zu legen idF des [X.] vom 26.3.2007 <[X.] 378, 404>, die im Q[X.]rtal III/2010 galt) wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2) geprüft. Über diese [X.] hinaus können die Landesverbände der [X.] mit den [X.] gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 [X.] andere arztbezogene [X.] vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen (s zusammenfassend [X.]-2500 § 106 [X.] RdNr 12 - 14 mwN).

a) Die vom [X.]n durchgeführte Prüfung betraf die vertragsärztliche Versorgung. Der [X.] lässt offen, ob [X.] nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehören (so [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand November 2016, [X.] § 132e RdNr 5; [X.] in [X.]/Voelzke, jurisP[X.]-[X.], 3. Aufl 2016, § 132e [X.] RdNr 4). Im [X.]atalog der Leistungen, die die vertragsärztliche Versorgung umfasst, § 73 Abs 2 [X.], sind sie jedenfalls nicht aufgeführt. Während aus dem 3. Abschnitt: "Leistungen zur Verhütung von [X.]rankheiten, betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren, Förderung der Selbsthilfe sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft" die ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft in § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 4 [X.] ausdrücklich genannt ist, werden die [X.] nicht erwähnt. Auch die Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung durch Gesamtvertrag, wie § 73 Abs 3 [X.] dies für Maßnahmen der Vorsorge und Rehabilitation vorsieht, ist für [X.] nicht eröffnet. Die Vorinstanzen haben auch zutreffend gesehen, dass der Sicherstellungsauftrag für die Versorgung mit Schutzimpfungen dementsprechend nicht die [X.], sondern die [X.] trifft. Im Bericht des [X.] zum Entwurf des [X.] ist ausdrücklich ausgeführt, dass die [X.] den Sicherstellungsauftrag für Impfungen haben und dies die Versorgung mit Impfstoffen einschließt (BT-Drucks 17/3698 [X.]). Nach dem durch das [X.] vom 26.3.2007 ([X.] 378) eingefügten § 132e Abs 1 [X.] schließen die [X.] oder ihre Verbände mit [X.], geeigneten Ärzten einschließlich Betriebsärzten, deren Gemeinschaften, Einrichtungen mit geeignetem ärztlichen Personal oder dem öffentlichen Gesundheitsdienst Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen nach § 20d Abs 1 und 2 [X.] § 20d Abs 1 Satz 1 [X.] gibt Versicherten einen Anspruch auf Leistungen für Schutzimpfungen iS des § 2 [X.] des Infektionsschutzgesetzes. Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen bestimmt der Gemeinsame [X.] in Richtlinien nach § 92 [X.] (§ 20d Abs 1 Satz 3 [X.]). Danach haben die [X.] ihren Sicherstellungsauftrag dadurch zu erfüllen, dass sie [X.] mit den [X.] vertragliche Vereinbarungen über die Durchführung von Schutzimpfungen schließen.

Es kann ebenso offenbleiben, ob, wie das [X.] meint, dem von der [X.]lägerin abgeschlossenen Rahmenvertrag über die Schutzimpfungen nicht zu entnehmen ist, wer die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei [X.] durchführt (vgl Urteile des Schleswig-Holsteinischen [X.] vom 17.11.2009 - L 4 [X.]A 24/08 - [X.], 66: Prüfgremien bei unzulässiger Verordnung eines Arzneimittels als Impfstoff sowie vom 8.12.2015 - L 4 [X.]A 44/13 - [X.] 2016, 762: Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Menge der angeforderten Impfstoffe anhand der abgerechneten [X.]). Nach § 5 Abs 2 Satz 5 des Rahmenvertrages sind die [X.] im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung berechtigt, einen Abgleich der über Sprechstundenbedarf bezogenen Impfstoffe mit den abgerechneten Impfungen durchzuführen. Spricht dies zunächst für eine ausschließliche Zuständigkeit der [X.], werden allerdings die [X.] der Vertragsärzte nach § 4 Abs 3 des Rahmenvertrages mit der [X.]ÄV abgerechnet, die ihrerseits mit der zuständigen [X.][X.] abrechnet, wobei sie die Zahl der Leistungen und die dafür angefallenen [X.]osten ausweist, § 4 Abs 4 des Rahmenvertrages. Auch sind in der [X.], Anlage 2 zu § 12 Abs 1 [X.], Impfungen als eigene Leistungsgruppe für die Durchführung der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise genannt.

Gegenstand der Prüfung der Prüfgremien war hier jedenfalls nicht die Wirtschaftlichkeit der [X.] oder der Verordnung von Impfstoffen, sondern die Zulässigkeit einer vertragsärztlichen (Arzneimittel)Verordnung. Der [X.] hat keine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Impfstoffen vorgenommen, sondern die Zulässigkeit von [X.] geprüft. Die Verordnung der Impfstoffe NeisVac-C und Engerix-B [X.]inder erfolgte im Wege der personenbezogenen Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung. Genau dies wurde von der [X.][X.] beanstandet. Damit ist die Zuständigkeit der Prüfgremien begründet. Dass die beanstandeten [X.] bestimmte Impfstoffe betrafen, ist der Grund für ihre inhaltliche Unzulässigkeit, stellt aber die Zuständigkeit der Prüfgremien für die Überprüfung von [X.] auf ihre Zulässigkeit nicht in Frage.

b) In der hier einschlägigen [X.] vom [X.] war in § 18 Abs 1 vorgesehen, dass ein Prüfungsverfahren durchzuführen ist, wenn eine [X.][X.] Regressansprüche gegen einen Vertragsarzt wegen der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln geltend macht, die von der Verordnung ausgeschlossen sind (vgl zu dieser [X.]onstellation allgemein [X.]-2500 § 106 [X.] RdNr 10 f mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Die zu 1. beigeladene [X.][X.] hat bei der Prüfungsstelle geltend gemacht, der zu 2. beigeladene Vertragsarzt habe Impfstoffe zu Unrecht als Arzneimittel für namentlich benannte Patienten zu ihren Lasten verordnet. Die Prüfgremien haben dieses Begehren zu Recht dahin ausgelegt, dass eine Prüfung nach § 18 [X.] durchgeführt werden sollte. Die Beigeladene zu 1. hat sich ausdrücklich darauf gestützt, dass Impfstoffe über ein "Arzneimittelrezept" und nicht über Sprechstundenbedarf abgerechnet wurden. Damit hat sie geltend gemacht, der Vertragsarzt habe nicht verordnungsfähige Arzneimittel personenbezogen verordnet. Nicht verordnungsfähig sind Arzneimittel nicht nur dann, wenn für sie keine Leistungspflicht im System der gesetzlichen [X.]rankenversicherung besteht, sondern auch dann, wenn für den Versicherten zwar ein Anspruch besteht, der Vertragsarzt die Verordnung aber nicht versichertenbezogen und zu Lasten der für den Versicherten zuständigen [X.][X.] vornehmen durfte (vgl zur hier vorliegenden [X.]onstellation auch [X.] Berlin-Brandenburg Urteil vom 25.9.2015 - L 24 [X.]A 1/14 - Juris RdNr 15). So liegt der Fall hier.

Dass die Beigeladene zu 1. meinte, einen "sonstigen Schaden" geltend zu machen, ist eine unzutreffende rechtliche Wertung, die keine Auswirkung auf den Bedeutungsgehalt des Antrags hat. Die Verordnung eines Arzneimittels, das nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung für einen einzelnen Versicherten, sondern nur als Sprechstundenbedarf verordnet werden darf, stellt keinen sonstigen Schaden iS des § 48 [X.] dar, weil der der Verordnung anhaftende Fehler nicht die Art und Weise der konkreten Ausstellung, sondern die inhaltliche Ausrichtung der Verordnung betrifft (vgl zur Abgrenzung [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] ff). Es tritt auch nicht etwa ein dem Mangelfolgeschaden nach bürgerlichem Recht vergleichbarer Schaden ein, indem Folgekosten für die [X.][X.] in anderen Bereichen ausgelöst werden (vgl [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.] mwN). Der zu ersetzende Schaden besteht vielmehr darin, dass die [X.][X.] an Apotheken Geld für Arzneimittel bezahlt hat, die dem Versicherten gegen Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung ausgehändigt wurden, und diese [X.]osten nicht angefallen wären, wenn der Vertragsarzt den normativen Vorgaben entsprochen hätte (vgl [X.]-2500 § 106 [X.] RdNr 23). Hätte der Beigeladene zu 2. hier den Impfstoff als Sprechstundenbedarf verordnet, wäre die beigeladene [X.][X.] nicht in Anspruch genommen worden. Der Sprechstundenbedarf wäre vielmehr nach Ziffer [X.] der [X.] zu Lasten der für den [X.] zuständigen AO[X.] als "Umlagekasse" verordnet worden (vgl auch insofern [X.] Berlin-Brandenburg Urteil vom 25.9.2015 - L 24 [X.]A 1/14 - Juris RdNr 15). [X.] und [X.] sind wegen der zwischen ihnen bestehenden Unterschiede nicht austauschbar ([X.]-2500 § 106 [X.] RdNr 51). Insofern besteht die Fehlerhaftigkeit der Verordnung nicht lediglich, wie die [X.]lägerin meint, in der Verwendung eines falschen Formulars, sondern in der damit verbundenen Wahl der konkreten rechtlichen Form der Verordnung.

c) Die Verordnung der Impfstoffe ist unzulässigerweise als personenbezogene Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt. Zwar handelt es sich bei Impfstoffen um Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen [X.]örper bestimmt und damit Arzneimittel iS des § 2 [X.] sind. Das stellt auch die [X.]lägerin nicht in Frage. § 4 Abs 4 [X.] definiert Impfstoffe als Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 [X.], die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, bei Mensch oder Tier zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind. Nach dem in den streitbefangenen Q[X.]rtalen geltenden Rahmenvertrag zwischen der [X.]lägerin und den [X.] über Schutzimpfungen und Prophylaxe (vom 26.6.2001, [X.] vom 10.5.2004, 29.12.2006, [X.] und [X.]) erfolgt der Bezug von Impfstoffen gesondert auf einem Arzneiverordnungsblatt zu Lasten der zuständigen [X.][X.] auf Namen des Patienten, § 5 Abs 1. § 5 Abs 2 des Rahmenvertrages nennt aber Impfarten, bei denen abweichend hiervon der Bezug der Impfstoffe gesondert im Rahmen des [X.] zu erfolgen hat. In der Auflistung findet sich auch die Impfung gegen [X.] bei [X.]indern. Durch den 2. Nachtrag zum Rahmenvertrag vom 29.12.2006 wurde die Auflistung ergänzt durch: "[X.]". Dementsprechend bestimmt auch die [X.] (vom 1.4.1999, Nachtrag vom [X.]) unter [X.] sowie der Anlage [X.] Buchstabe g, dass Impfstoffe [X.] gegen [X.] bei [X.]indern, ab 1.10.2006 auch Impfstoffe gegen Meningokokken als Sprechstundenbedarf zu verordnen sind. Die Verordnung dieser Impfstoffe im Wege der patientenbezogenen [X.] ist rechtlich nicht mit der durch den Rahmenvertrag vorgegebenen [X.]verordnung austauschbar (so RdNr 19).

Die Verordnungen sind erst recht rechtswidrig, wenn man, wie die [X.]lägerin und die Vorinstanzen, davon ausgeht, dass die Versorgung mit [X.] nicht der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnen ist. Gerade dann ist es Aufgabe der Prüfgremien, in den Fällen einen Regress auszusprechen, in denen diese Leistungen als vertragsärztliche erbracht wurden.

2. Ob der Beigeladenen zu 1. konkret ein Schaden entstanden ist, ist im Hinblick auf den im Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung geltenden normativen Schadensbegriff unerheblich (vgl [X.]-2500 § 106 [X.] RdNr 51 betr Verordnung von Sprechstundenbedarf). Soweit der Beigeladene zu 2. geltend gemacht hat, er müsse bei einem Bezug der Impfstoffe über Sprechstundenbedarf unter Umständen größere Mengen wegwerfen, ist dies bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil die [X.] den Bezug kleinerer Mengen von Impfstoff nicht ausschließt (II.2.: "möglichst 30 Dosen zu verordnen").

3. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Die [X.]lägerin trägt die [X.]osten des Rechtsstreits, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der [X.]osten von Beigeladenen ist nicht veranlasst; sie haben im Verfahren keine Anträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl [X.], 257 = [X.]-1300 § 63 [X.], RdNr 16).

                          

Meta

B 6 KA 7/16 R

25.01.2017

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG München, 1. September 2014, Az: S 39 KA 1160/13, Gerichtsbescheid

§ 20d Abs 1 S 1 SGB 5, § 20d Abs 1 S 3 SGB 5, § 73 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB 5, § 73 Abs 3 SGB 5, § 82 Abs 1 SGB 5, § 92 SGB 5, § 106 Abs 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 106 Abs 2 S 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 132e Abs 1 SGB 5, § 48 BMV-Ä, § 2 Abs 1 AMG 1976, § 4 Abs 4 AMG 1976

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 25.01.2017, Az. B 6 KA 7/16 R (REWIS RS 2017, 16731)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16731

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