Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.03.2020, Az. XI R 7/18

11. Senat | REWIS RS 2020, 3510

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Gegenstand

Notwendige tatsächliche Feststellungen bei Lieferkette und Bezug zum innergemeinschaftlichen Ausland


Leitsatz

1. NV: Um eine steuerpflichtige Lieferung ausführen zu können, muss der Lieferer selbst tatsächlich Verfügungsmacht innehaben.

2. NV: Für einen Übergang der Verfügungsmacht ist zivilrechtlicher (unmittelbarer oder mittelbarer) Besitz nicht erforderlich, die (innere) Vorstellung von Sachbeteiligten ohne Feststellung entsprechender objektiver Umstände ist nicht hinreichend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 17.01.2018 - 3 K 1866/16 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]ie Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine [X.]mb[X.] mit [X.]itz in [X.], ist mit der Vermietung von und dem [X.]andel mit Autokränen unternehmerisch tätig. Ihr [X.]esellschafter [X.] war bis zu seiner Ablösung im Mai 2009 alleinvertretungsberechtigter [X.]eschäftsführer. Neben der Klägerin gehören auch die [X.]irmen [X.], [X.], [X.] und ... [X.].A. ([X.]) im [X.] ([X.]) zu der [X.] ([X.]), die in großem Umfang mit Autokränen handelte.

2

Mit Rechnung vom 24.04.2009 und dem Lieferdatum März 2009 verkaufte [X.] den Kran ... (Kran) für 920.000 € an die Klägerin. [X.]ie Klägerin veräußerte den Kran mit Rechnung vom 15.03.2009 und dem Vermerk "Lieferung März 2009" für 950.000 € an die [X.]. [X.]er Kran war bereits von der [X.] mit Rechnung vom 09.02.2009 und dem Lieferdatum März 2009 für 1,17 Mio. € an die [X.] in [X.]ubai verkauft worden. [X.]ie Klägerin ging davon aus, dass der Kran nach den [X.]erstellervorgaben nicht durch eine [X.] [X.]irma habe vermarktet werden dürfen.

3

[X.]er für die [X.] tätige [X.] verbrachte den Kran am [X.]onntagabend, den 15.03.2009, nach 22:00 Uhr von [X.] nach [X.] und stellte ihn dort auf einem Parkplatz bei U direkt hinter der [X.] ab. Am 16.03.2009 fuhr er zunächst mit einem [X.]ransporter nach V in [X.], wo sich die [X.]etriebsstätte der [X.] befindet. In der [X.]etriebsstätte in V unterschrieb [X.] für die [X.], deren [X.]eschäftsführer er ebenfalls ist, die auf den 15.03.2009 datierte [X.]mpfangsbescheinigung und bestätigte damit, den Kran in [X.] erhalten zu haben. [X.] fuhr dann mit dem [X.]ransporter zurück zu dem Parkplatz bei U, stellte den [X.]ransporter dort ab und beförderte den Kran wieder zum [X.]itz der Klägerin zurück.

4

[X.]er Kran wurde am 17.03.2009 von [X.], die im Namen und für Rechnung der [X.] handelte, beim Zollamt W zur Ausfuhr angemeldet und am 18.03.2009 durch die [X.]pedition ... mb[X.] von [X.] nach X zum weiteren [X.]ransport nach [X.]ubai verbracht.

5

[X.]ie Klägerin hat die Lieferung des Krans an die [X.] als innergemeinschaftliche Lieferung nach [X.] erklärt. [X.]teuerfahndung und [X.]etriebsprüfung des [X.]eklagten und Revisionsbeklagten ([X.]inanzamt --[X.]A--) gingen hingegen davon aus, dass der Kran im Inland verblieben sei, da u.a. eine Zulassung in [X.] nicht vorliege. [X.]er Kran sei im Zeitraum vom [X.] bis zum [X.] auf die [X.] zugelassen gewesen. [X.]em folgte das [X.]A und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung für 2009 mit [X.]escheid vom 14.11.2014. [X.]ie Umsatzsteuerfestsetzung 2009 wurde nochmals aus [X.]ründen, die nicht [X.]egenstand des Rechtsstreits sind, mit [X.]escheiden vom 13.06.2016 und vom 11.08.2016 geändert.

6

[X.]er [X.]inspruch wurde mit [X.]inspruchsentscheidung vom 16.06.2016 zurückgewiesen, da die Klägerin den Nachweis für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch mit der [X.]mpfangsbescheinigung nicht erbracht habe. [X.]iese sei nicht aussagekräftig, da sich die [X.]irmen der [X.] gegenseitig bestätigt hätten, was gerade benötigt worden sei. Auch die tatsächlichen Umstände sprächen gegen eine solche innergemeinschaftliche Lieferung.

7

[X.]ie hiergegen erhobene Klage wurde vom [X.]inanzgericht ([X.][X.]) [X.] mit Urteil vom 17.01.2018 - 3 K 1866/16 ([X.]ntscheidungen der [X.]inanzgerichte 2018, 505) als unbegründet abgewiesen, da eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht nachgewiesen worden sei. [X.]ie [X.]eweisaufnahme habe ergeben, dass [X.] der [X.] nicht durch den [X.]ransport des Krans nach [X.] am 15.03.2009, sondern erst durch die [X.]estellung des Krans zur Ausfuhr beim Zollamt W die Verfügungsmacht verschafft habe.

8

[X.]ie Klägerin macht mit der Revision die Verletzung von Verfahrensrecht und materiellem Recht (§ 6a des Umsatzsteuergesetzes --U[X.]t[X.]--) geltend.

9

[X.]ie Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung und die [X.]inspruchsentscheidung vom 16.06.2016 --soweit diese die Umsatzsteuer 2009 betreffen-- und den Umsatzsteuerbescheid für 2009 vom 11.08.2016 aufzuheben und die Umsatzsteuer für 2009 auf  ... € herabzusetzen.

[X.]as [X.]A beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

[X.]as [X.]A macht auch geltend, dass aufgrund eines erst am 22.08.2018 in beschlagnahmtem Aktenmaterial aufgefundenen Mietvertrags und entsprechender Überweisungen nachgewiesen sei, dass die [X.] den Kran vom 01.01.2009 bis 31.03.2009 an die [X.] vermietet habe. [X.]amit müsse die [X.] den Kran bereits früher durch eine Inlandslieferung erhalten haben, was eine spätere innergemeinschaftliche Lieferung ausschließe. [X.]ieser neue [X.]achverhalt sei beachtlich, da dessen [X.]eachtung sonst im Wege einer Restitutionsklage gegen die Vorentscheidung durchgesetzt werden könne.

Entscheidungsgründe

II.

[[X.].]ie Revision der Klägerin ist begründet. [[X.].]as [[X.].]rteil des [[X.].] ist aufzuheben und die [[X.].]ache zur anderweitigen Verhandlung und [[X.].]ntscheidung an das [[X.].] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 [[X.].]atz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[[X.].]O--). [[X.].]ie vom [[X.].] getroffenen Feststellungen tragen die Vorentscheidung nicht. [[X.].]as [[X.].] hat nicht festgestellt, ob und wann die Klägerin Verfügungsmacht am Kran erlangt hatte und welcher Vorgang eine steuerpflichtige Lieferung der Klägerin im [[X.].]treitjahr 2009 darstellen soll.

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [[X.].]atz 1 [[X.].][[X.].]t[[X.].] unterliegen der [[X.].]msatzsteuer u.a. die Lieferungen, die ein [[X.].]nternehmer im Inland gegen [[X.].]ntgelt im Rahmen seines [[X.].]nternehmens ausführt.

a) Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 [[X.].][[X.].]t[[X.].] Leistungen, durch die ein [[X.].]nternehmer oder in seinem Auftrag ein [[X.].]ritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen [[X.].]ritten befähigt, im eigenen Namen über einen [[X.].]egenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

aa) [[X.].]iese [[X.].]estimmung setzt Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/[[X.].] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mw[[X.].]t[[X.].]ystRL; vormals Art. 5 Abs. 1 der [[X.].]/[[X.].][[X.].][[X.].] des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die [[X.].]msatzsteuern) in nationales Recht um. [[X.].]emäß Art. 14 Abs. 1 Mw[[X.].]t[[X.].]ystRL gilt die Übertragung der [[X.].]efähigung, wie ein [[X.].]igentümer über einen körperlichen [[X.].]egenstand zu verfügen, grundsätzlich als Lieferung von [[X.].]egenständen.

bb) Nach ständiger Rechtsprechung erhält der [[X.].]egriff "Lieferung von [[X.].]egenständen" i.[[X.].]. der Mw[[X.].]t[[X.].]ystRL eine dem [[X.].]nionsrecht eigene autonome und einheitliche Auslegung (vgl. [[X.].]rteile des [[X.].]erichtshofs der [[X.].] --[[X.].]u[[X.].]H-- [[X.].] vom 03.06.2010 - [[X.].]/09, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] --[[X.].]-- 2010, 892, Rz 22; [[X.].]nteco [[X.].] vom 20.06.2018 - C-108/17, [[X.].]:C:2018:473, [[X.].] 2018, 672, Rz 85). [[X.].]anach bezieht sich der [[X.].]egriff "Lieferung von [[X.].]egenständen" nicht auf die [[X.].]igentumsübertragung in den durch das an[[X.].]dbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern erfasst jede Übertragung eines körperlichen [[X.].]egenstands durch eine [[X.].], die die andere [[X.].] ermächtigt, über diesen [[X.].]egenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein [[X.].]igentümer ([[X.].] und [[X.].] vom 14.07.2005 - [[X.].]/03, [[X.].]:C:2005:464, [[X.].] 2005, 1033, Rz 35; [[X.].], [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2010, 892, Rz 24; [[X.].] vom 18.07.2013 - C-78/12, [[X.].]:C:2013:486, [[X.].] 2013, 857, Rz 33; [[X.].]nteco [[X.].], [[X.].]:C:2018:473, [[X.].] 2018, 672, Rz 86).

Hiervon ist bei der Übertragung von [[X.].]ubstanz, [[X.].]ert und [[X.].]rtrag auszugehen, die allerdings häufig mit der Übertragung bürgerlich-rechtlichen [[X.].]igentums verbunden ist ([[X.].]rteile des [[X.].] --[[X.].]-- vom 09.09.2015 - [X.]I R 21/13, [[X.].], 597, Rz 20; vom 06.04.2016 - V R 12/15, [[X.].], 475, [[X.].], 188, Rz 18, jeweils m.w.N.).

cc) Zwar können [[X.].]egenstände auch ohne zivilrechtliche [[X.].]igentumsverschaffung geliefert werden, z.[[X.].]. [[X.].]n dem "Lieferer" die [[X.].]efähigung, rechtlich über die [[X.].]egenstände zu verfügen, fehlt (vgl. [[X.].]u[[X.].]H-[[X.].]rteil [[X.].] [[X.].] vom 22.10.2015 - [[X.].]/14, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2015, 1182, Rz 44; [[X.].]-[[X.].]rteil vom 08.09.2011 - V R 43/10, [[X.].], 501, [[X.].], 203, Rz 20, m.w.N.). Allerdings kann nur derjenige einem anderen Verfügungsmacht verschaffen, der selbst tatsächlich die Verfügungsmacht innehat ([[X.].]-[[X.].]rteil vom 16.04.1975 - V R 2/71, [[X.].], 535, [[X.].][[X.].]t[[X.].]l II 1975, 622, Rz 8; [[X.].] in [[X.].]/Metzenmacher, [[X.].]msatzsteuergesetz, § 3 Rz 102; Nieskens in [[X.].], [[X.].]msatzsteuergesetz, § 3 Rz 663; [[X.].]lapio in [[X.].]/[[X.].], [[X.].], § 3 Rz 181).

b) [[X.].]ragfähige Feststellungen zur entscheidungserheblichen Frage der Verfügungsmacht am Kran sind dem angefochtenen [[X.].]rteil nicht zu entnehmen.

aa) Zwar wurden Feststellungen der [[X.].]teuerfahndung des [[X.].] in den [[X.].]atbestand des [[X.].]rteils aufgenommen, die darauf hindeuten könnten, dass die Klägerin durch [[X.].] den Kran geliefert erhalten hätte - sie sind jedoch lediglich als [[X.].]eteiligtenvortrag gekennzeichnet. [[X.].]anach sei ein Kran ... mit Rechnung vom 17.12.2008 von [[X.].] über 930.000 € fakturiert und am 23.12.2008 mit der Lieferadresse ..., [[X.].], ausgeliefert worden. Mit Rechnung vom 17.12.2008 und dem Lieferzusatz "Übernahme Kran im November in [[X.].]" habe die [[X.].] den Kran zum [[X.].]inkaufspreis an [[X.].] weiterverkauft. Mit Rechnung vom 24.04.2009 und dem Lieferdatum März 2009 habe [[X.].] den Kran für 920.000 € an die Klägerin weiterverkauft.

bb) [[X.].]iese [[X.].]iedergabe stellt keine bindende tatsächliche Feststellung dar; es ist nur festgestellt, dass das [[X.].] einen bestimmten [[X.].]achverhalt seiner [[X.].]ntscheidung zugrunde gelegt hat, nicht aber, dass das [[X.].] die behaupteten [[X.].]atsachen als unstreitig oder erwiesen ansieht. Zu den tatsächlichen Feststellungen, die den [[X.].] gemäß § 118 Abs. 2 [[X.].]O grundsätzlich binden, gehört das Vorbringen eines [[X.].]eteiligten nicht (vgl. [[X.].]-[[X.].]eschluss vom 11.02.2011 - [X.]I [[X.].] 1/11, [[X.].]/NV 2011, 829, Rz 11 f.; [[X.].]räber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 118 Rz 39; Lange in [[X.].]/[[X.].]/[[X.].], § 118 [[X.].]O Rz 120; [[X.].] in [[X.].]ipke/[[X.].], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 [[X.].]O Rz 64).

cc) Zudem steht die tatsächliche [[X.].]ürdigung der Vorentscheidung (unter 3.b, Rz 35 der [[X.].]ründe), dass [[X.].] der [[X.].] am 17.03.2009 durch die Ausfuhranmeldung beim Zollamt in [[X.].] die Verfügungsmacht über den Kran verschafft habe, zu der Annahme, dass die Klägerin zuvor Verfügungsmacht am Kran (von [[X.].]) erhalten hatte, in [[X.].]iderspruch.

2. [[X.].]ie [[X.].]ache ist nicht spruchreif.

a) [[X.].]as [[X.].] wird zunächst festzustellen haben, wann und durch [[X.].] der Klägerin Verfügungsmacht verschafft wurde, bevor es annimmt, die Klägerin habe diese danach an einen anderen übertragen.

Insofern sind im zweiten Rechtsgang sowohl die vom [[X.].] neu vorgetragenen [[X.].]atsachen hinsichtlich einer etwaigen Nutzungsüberlassung am Kran vom 01.01.2009 bis 31.03.2009 durch die [[X.].] an [[X.].] als auch der Vortrag, dass der Kran im Zeitraum vom [[X.].] bis zum [[X.].] zugelassen gewesen sei, zu bewerten.

[[X.].]benfalls wird auf den [[X.].] nach § 107 [[X.].]O hingewiesen, da als [[X.].]treitgegenstand und im Klageantrag im [[X.].]rteil der Vorinstanz versehentlich auch die [[X.].]treitjahre 2007 und 2008 ausgewiesen wurden.

b) [[X.].]ollte das [[X.].] zum [[X.].]rgebnis kommen, dass die Klägerin im März 2009 Verfügungsmacht am Kran hatte, steht der Annahme einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung an die [[X.].] zwar --entgegen der Auffassung des [[X.].]-- nicht entgegen, dass weder [[X.].] noch [[X.].] das [[X.].]ewusstsein über einen [[X.].]esitzwechselwillen hatten. Jedoch wird das [[X.].] festzustellen haben, ob tatsächlich eine [[X.].]eförderung über die [[X.].]renze vorlag. [[X.].]ies wäre nicht der Fall, [[X.].]n die [[X.].]eförderung des Krans am Parkplatz bei [[X.].] noch nicht beendet, sondern lediglich unterbrochen gewesen wäre.

aa) [[X.].] Lieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 [[X.].]uchst. b [[X.].][[X.].]t[[X.].] unter den Voraussetzungen des § 6a [[X.].][[X.].]t[[X.].] steuerfrei.

[[X.].]ine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung setzt u.a. voraus, dass der [[X.].]nternehmer oder der Abnehmer den [[X.].]egenstand der Lieferung in das übrige [[X.].]emeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1 [[X.].]atz 1 Nr. 1 [[X.].][[X.].]t[[X.].]).

[[X.].]nionsrechtlich beruht die [[X.].]teuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 138 Mw[[X.].]t[[X.].]ystRL.

bb) [[X.].]er [[X.].]egriff der Lieferung (s. unter [[X.].]) hat einen objektiven Charakter und ist unabhängig von Zweck und [[X.].]rgebnis der betroffenen [[X.].]msätze an[[X.].]dbar ([[X.].]u[[X.].]H-[[X.].]rteile V[[X.].][[X.].]R vom 27.09.2012 - C-587/10, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2012, 1212, Rz 30; [[X.].] vom 15.05.2019 - [[X.].]/18, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2019, 625, Rz 28; [[X.].]-[[X.].]rteil vom 25.02.2015 - [X.]I R 15/14, [[X.].][[X.].] 249, 343, Rz 37, jeweils m.w.N.). [[X.].]ie [[X.].]teuerverwaltung ist dabei nicht verpflichtet, [[X.].]ntersuchungen anzustellen, um die Absicht des betroffenen [[X.].]teuerpflichtigen zu ermitteln oder gar die Absicht eines von diesem [[X.].]teuerpflichtigen verschiedenen, an derselben Lieferkette beteiligten Händlers zu berücksichtigen ([[X.].]u[[X.].]H-[[X.].]rteile [[X.].]ixons Retail vom 21.11.2013 - [[X.].]/12, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2014, 84, Rz 21; [[X.].], [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2019, 625, Rz 28).

Ob Verfügungsmacht übertragen wird, richtet sich nach dem [[X.].]esamtbild der Verhältnisse des [[X.].]inzelfalls, d.h. den konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächlicher [[X.].]urchführung unter [[X.].]erücksichtigung der Interessenlage der [[X.].]eteiligten (vgl. z.[[X.].]. [[X.].]-[[X.].]rteile vom 09.02.2006 - V R 22/03, [[X.].][[X.].] 213, 83, [[X.].], 727, unter [[X.].], Rz 20; vom 16.04.2008 - [X.]I R 56/06, [[X.].][[X.].] 221, 475, [[X.].], 909, unter [[X.].], Rz 27; in [[X.].], 597, Rz 22). [[X.].]s ist [[X.].]ache der [[X.].]atsacheninstanz, im Lichte aller tatsächlichen [[X.].]mstände zu prüfen, ob dies in dem vor ihr anhängigen Rechtsstreit der Fall ist (vgl. [[X.].]u[[X.].]H-[[X.].]rteile [[X.].], [[X.].]:C:2013:486, [[X.].] 2013, 857, Rz 34; [[X.].]nteco [[X.].], [[X.].]:C:2018:473, [[X.].] 2018, 672, Rz 90; [[X.].]-[[X.].]rteil in [[X.].], 597, Rz 22, jeweils m.w.N.).

aaa) [[X.].]as [[X.].] hat aufgrund der [[X.].]eweisaufnahme festgestellt, dass der Kran am [[X.].] über die [[X.].]renze nach [[X.].] auf einen Parkplatz bei [[X.].] und am nächsten [[X.].]ag wieder zurück nach [[X.].] gelangt ist. Außerdem hat das [[X.].] festgestellt, dass [[X.].] als [[X.].]eschäftsführer der [[X.].] für diese in ihrer luxemburgischen [[X.].]etriebsstätte eine [[X.].]mpfangsbestätigung für den Kran unterzeichnet hat und daraufhin [[X.].] den Kran wieder in die [[X.].]undesrepublik [[X.].]eutschland ([[X.].]eutschland) transportiert hat.

[[X.].]as [[X.].] würdigt diese Feststellungen dahingehend, dass die Klägerin hierdurch keine Verfügungsmacht auf die [[X.].] übertragen habe, da die [[X.].] weder unmittelbaren noch mittelbaren [[X.].]esitz erhalten habe. Insbesondere fehle es insofern am entsprechenden [[X.].]esitzwillen der [[X.].] bzw. am [[X.].]esitzaufgabewillen der Klägerin.

bbb) Allerdings ist das [[X.].] insofern von falschen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, da nach den o.g. [[X.].]rundsätzen der Übergang der Verfügungsmacht weder zivilrechtlichen (unmittelbaren oder mittelbaren) [[X.].]esitz zwingend voraussetzt noch auf innere [[X.].]atbestandsmerkmale bei den [[X.].]eteiligten abzustellen ist, soweit hierfür keine objektiven [[X.].]mstände festgestellt werden können.

[[X.].]ie Übertragung der [[X.].]efugnis, über einen körperlichen [[X.].]egenstand wie ein [[X.].]igentümer zu verfügen, verlangt weder, dass die [[X.].], der dieser [[X.].]egenstand übertragen wird, physisch über ihn verfügt, noch, dass der [[X.].]egenstand physisch zu ihr befördert wird und/oder physisch von ihr empfangen wird ([[X.].]u[[X.].]H-[[X.].]rteil [[X.].]nteco [[X.].], [[X.].]:C:2018:473, [[X.].] 2018, 672, Rz 87, m.w.N.). [[X.].]ine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit ist somit nicht not[[X.].]dige Voraussetzung für das Vorliegen einer Lieferung ([[X.].]-[[X.].]rteil in [[X.].], 597, Rz 23).

[[X.].]ie [[X.].]instufung einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder eines innergemeinschaftlichen [[X.].]rwerbs hat anhand objektiver Kriterien wie des Vorliegens einer physischen [[X.].]ewegung der betreffenden [[X.].]egenstände zwischen Mitgliedstaaten zu erfolgen ([[X.].]u[[X.].]H-[[X.].]rteile [[X.].]eleos u.a. vom 27.09.2007 - [[X.].], [[X.].]:C:2007:548, [[X.].][[X.].]t[[X.].]l II 2009, 70, Rz 40; [X.] vom 18.11.2010 - [X.]/09, [[X.].]:C:2010:693, [[X.].] 2011, 221, Rz 41). Insofern ist nicht auf die subjektive Kenntnis der Klägerin oder des [[X.].]mpfängers abzustellen, sondern sind die objektiven [[X.].]mstände maßgeblich (vgl. [[X.].]-[[X.].]rteil vom 25.02.2015 - [X.]I R 30/13, [[X.].][[X.].] 249, 336, Rz 38).

ccc) [[X.].]ie von [[X.].] im Namen der [[X.].] unterzeichnete [[X.].]mpfangsbestätigung wurde explizit "für den innergemeinschaftlichen [[X.].]arenverkehr als [[X.].]mpfangsnachweis bei [[X.].]igentransport der [[X.].]are durch den Leistungserbringer als Versender" ausgefüllt. [[X.].]anach hat [[X.].] bestätigt, dass er den Kran und damit die in der Rechnung bezeichnete [[X.].]are in [[X.].] erhalten hat. [[X.].]arauf, ob [[X.].] nicht bewusst gewesen ist, dass für die Verschaffung der Verfügungsmacht auch ein [[X.].]echsel des mittelbaren [[X.].]esitzes not[[X.].]dig gewesen wäre, kommt es entgegen der Auffassung des [[X.].] nicht an.

[[X.].]o führt zum einen mangelndes [[X.].]ewusstsein über die [[X.].]atbestandsvoraussetzungen des § 6a [[X.].][[X.].]t[[X.].] nicht zwingend dazu, dass diese nicht vorliegen. Zum anderen geht auch die Argumentation des [[X.].] fehl, dass [[X.].] Vorsorge für eine [[X.].]okumentation äußerer [[X.].]eweisanzeichen eines [[X.].]esitzwechsels getroffen hätte, [[X.].]n ihm die Not[[X.].]digkeit eines solchen bewusst gewesen wäre. Vielmehr liegt eine solche [[X.].]okumentation mit der [[X.].]nterzeichnung einer [[X.].]mpfangsbestätigung vor, da diese üblicherweise nicht nur der [[X.].]okumentation des physischen [[X.].]renzübertritts, sondern auch des [[X.].]esitzübergangs dient.

ddd) [[X.].]ennoch fehlt für die Feststellung, ob der Kran von der Klägerin an die [[X.].] im Zusammenhang mit dem [[X.].]ransport nach [[X.].] geliefert wurde, die Feststellung aller besonderen [[X.].]mstände des [[X.].]inzelfalls (vgl. allgemein [[X.].]-[[X.].]rteil in [[X.].][[X.].] 249, 336, Rz 38).

Zwar stellt im Regelfall die [[X.].]nterzeichnung einer [[X.].]mpfangsbestätigung im Zusammenhang mit dem [[X.].]ransport des [[X.].]egenstands ein ausreichendes Indiz für die Annahme eines Übergangs der Verfügungsmacht dar. [[X.].]ies gilt jedenfalls dann, [[X.].]n eine übereinstimmende [[X.].]ertung von Lieferant und [[X.].]rwerber über das Vorliegen einer Lieferung als Indiz hinzukommt ([[X.].]-[[X.].]rteil in [[X.].][[X.].] 249, 336, Rz 39).

Obwohl das [[X.].] insofern besondere [[X.].]mstände festgestellt hat, als Lieferer und [[X.].]rwerber jeweils durch [[X.].] handelten, hat es keine Feststellungen dazu getroffen, auf wessen [[X.].]eisung/mit welchem Auftrag [[X.].] beim [[X.].]ransport des Krans gehandelt hat. [[X.].]in objektiver Anhaltspunkt gegen die Übertragung der Verfügungsmacht am 15./16.03.2009 könnte darin liegen, dass die Klägerin noch nach dem [[X.].]ransport nach [[X.].] über den Kran verfügt hätte, z.[[X.].]. indem [[X.].] ausdrücklich auf [[X.].]eisung der Klägerin den Rücktransport nach [[X.].]eutschland übernommen hätte und die Klägerin insofern nicht im Auftrag der [[X.].] gehandelt hätte. [[X.].]as [[X.].] wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen dazu nachzuholen haben.

eee) [[X.].]egenstand der [[X.].]rwägungen des [[X.].] wird auch sein müssen, ob es sich bei dem [[X.].]ransport des Krans (Parkplatz bei [[X.].]) und dem anschließenden Rücktransport um zwei gesonderte [[X.].]eförderungen (jeweils über die [[X.].]renze) oder um eine einheitliche [[X.].]eförderung (vom Inland ins Inland) handelte, denn bei der Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 [[X.].][[X.].]t[[X.].], Art. 14 Abs. 1 Mw[[X.].]t[[X.].]ystRL) und der [[X.].]eförderung bzw. Versendung in den anderen Mitgliedstaat (§ 3 Abs. 6 [[X.].][[X.].]t[[X.].], Art. 32 [[X.].]nterabs. 1 Mw[[X.].]t[[X.].]ystRL) handelt es sich um zwei verschiedene [[X.].]atbestandsmerkmale der [[X.].]teuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen ([[X.].]-[[X.].]rteil in [[X.].][[X.].] 249, 343, Rz 55, m.w.N.).

(1) Nach § 3 Abs. 6 [[X.].]atz 2 [[X.].][[X.].]t[[X.].] ist "[[X.].]efördern" jede Fortbewegung eines [[X.].]egenstands. [[X.].]ie [[X.].]eförderung ist beendet, [[X.].]n der [[X.].]egenstand der Lieferung seinen [[X.].]estimmungsort erreicht hat ([[X.].]-[[X.].]rteil vom 20.12.2006 - V R 11/06, [[X.].][[X.].] 216, 379, [[X.].][[X.].]t[[X.].]l II 2007, 424, unter [X.], Rz 26).

(2) Insofern kommt es zur [[X.].]estimmung des [[X.].]ndpunktes der [[X.].]eförderung nicht auf den [[X.].]ransportweg oder darauf an, ob dieser unterbrochen wurde. Vielmehr ist für die [[X.].]instufung eines [[X.].]msatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher [[X.].]rwerb festzustellen, ob ein hinreichender zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Lieferung des in Rede stehenden [[X.].]egenstands und seiner [[X.].]eförderung sowie ein kontinuierlicher Ablauf des Vorgangs gegeben sind ([[X.].]u[[X.].]H-[[X.].]rteile [X.], [[X.].]:C:2010:693, [[X.].] 2011, 221, Rz 33; Fonderie 2A vom 02.10.2014 - [X.]/13, [[X.].]:[X.], [[X.].] 2014, 1130, Rz 29). [[X.].]er danach erforderliche zeitliche und sachliche Zusammenhang als kontinuierlicher Ablauf wird durch eine von vornherein nur vorübergehende [[X.].]inlagerung auf kurze Zeit nicht beeinträchtigt ([[X.].]-[[X.].]rteil vom 20.10.2016 - V R 31/15, [[X.].][[X.].] 255, 550, [[X.].], 1076, Rz 20).

(3) [[X.].]a die [[X.].]eurteilung, wo eine [[X.].]eförderung endet, im [[X.].]esentlichen das [[X.].]rgebnis einer tatsächlichen [[X.].]ürdigung ist, die dem [[X.].] als [[X.].]atsacheninstanz obliegt ([[X.].]-[[X.].]rteil in [[X.].][[X.].] 216, 379, [[X.].][[X.].]t[[X.].]l II 2007, 424, unter [X.], Rz 27, m.w.N.), wird das [[X.].] auch diesbezüglich Feststellungen zu treffen haben.

3. [[X.].]ie [[X.].]ntscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 143 Abs. 2 [[X.].]O dem [[X.].] übertragen.

Meta

XI R 7/18

11.03.2020

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 17. Januar 2018, Az: 3 K 1866/16, Urteil

§ 3 Abs 1 UStG 2005, § 4 Nr 1 Buchst b UStG 2005, § 6a UStG 2005, Art 14 Abs 1 EGRL 112/2006, UStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.03.2020, Az. XI R 7/18 (REWIS RS 2020, 3510)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3510

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