Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2013, Az. KRB 20/12

Kartellsenat | REWIS RS 2013, 7849

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF
B[X.]SCHLUSS
KRB
20/12
vom
26.
Februar 2013
in der Kartellbußgeldsache
gegen

Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:
ja
Veröffentlichung:
ja
[X.]kartell
OWiG §
67 Abs.
2; [X.] 2005 §
81 Abs.
4 Satz
2

a)
Die Rücknahme des [X.]inspruchs gegen einzelne
[X.] ist nur wirksam, soweit es sich um selbständige Taten handelt. Das Gericht hat bei der Prüfung, ob eine einheitliche Tat vorliegt, einen Beurteilungsspielraum, der im Rechtsbeschwerdeverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung unterliegt.

b)
Die Regelung des §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005, wonach die Geldbuße 10 vom Hundert des Gesamtumsatzes eines Unternehmens nicht übersteigen darf, ist in verfassungskonformer Auslegung als Obergrenze zu verstehen.

[X.], Beschluss vom 26. Februar 2013

KRB 20/12OLG [X.]

-
2
-
Der [X.]enat des [X.] hat am 26.
Februar 2013
durch die
Vorsitzenden [X.] Prof. Dr.
Bornkamm und Prof. Dr.
Meier-Beck sowie die [X.] Dr.
Raum, Dr.
Strohn und Dr.
Deichfuß
beschlossen:
[X.] der Nebenbetroffenen zu
1, 3, 4 und 6 sowie des Betroffenen
zu
5
gegen das Urteil des 2a.
[X.]enats des [X.]s [X.]
vom 26.
Juni 2009 werden
mit der Maßgabe (§
79 Abs.
3 Satz
1 OWiG, §
349 Abs.
4 [X.]), dass von den
(Gesamt-)Geldbußen
bei
der Nebenbetroffenen zu
1
ein Teilbetrag
von
730.000

der Nebenbetroffenen zu
3
ein Teilbetrag
von
8.495.000

der Nebenbetroffenen zu
4
ein Teilbetrag
von
1.200.250

dem
Betroffenen zu
5
ein Teilbetrag
von 10.000

der Nebenbetroffenen zu
6
ein Teilbetrag
von
3.500.000

als vollstreckt gelten,
gemäß §
79 Abs.
5 Satz
1 OWiG als unbegründet auf ihre Kosten
verworfen.
Gründe:
Das [X.] hat den Betroffenen
[X.]d. [X.]. (Betroffenen
zu
5)
wegen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot zu einer Geldbuße von 200.000

[X.]s hat gegen die Nebenbetroffene zu
1
([X.] Deutsch-land AG
-
nachfolgend
[X.]
AG) Geldbußen von insgesamt 14.600.000

gegen die
Nebenbetroffene zu
3
([X.]) Geldbußen von
insge-samt knapp
170.000.000

die Nebenbetroffene zu
4
([X.] Zement GmbH
-
nachfolgend [X.] GmbH) Geldbußen von insgesamt 24.000.000

1
-
3
-
und gegen die
Nebenbetroffene zu
6
([X.]wenk Zement KG
-
nachfolgend [X.]wenk KG) Geldbußen von
insgesamt
70.000.000

In Teilen [X.] der Betroffene [X.]d.
[X.]. und die Nebenbetroffenen freigesprochen. Mit
Ausnahme der Nebenbetroffenen zu
2
([X.] AG)
wenden sich die Ne-benbetroffenen und der Betroffene [X.]d.
[X.].
mit der Rechtsbeschwerde gegen
ihre Verurteilung. Sie machen [X.] geltend und erheben sachlich-
sowie verfahrensrechtliche Beanstandungen. Ihre Rechtsbeschwer-den haben nur insofern [X.]rfolg, als die nach [X.] eingetretene rechts-staatswidrige Verfahrensverzögerung
durch Herabsetzung der Geldbußen zu kompensieren ist.
A.
Das [X.] hat die Verurteilung des
Betroffenen und der Ne-benbetroffenen wegen verbotener [X.]n
wie folgt begründet:
[X.] Nach den Feststellungen zählen
die Nebenbetroffenen -
sowie mit der [X.] (heute [X.]) ein weiteres
Unternehmen
-
zu den führenden Herstellern von
[X.] in [X.]. Wegen der hohen Transportkosten hat sich eine regionale Industriestruktur
mit einem
Lieferradius von höchstens 300
km rund um ein Werk
gebildet. Da [X.] [X.] ist, wird die Nachfrage im Wesentlichen durch den Preis bestimmt. Für die Verbrauchsmenge ist in erster Linie die Baukonjunktur maßgeblich, weil der Zement als Werkstoff nur einen unmaßgeblichen Teil der Baukosten aus-macht. Das [X.] der alten Bundesländer war in drei große Märkte unterteilt mit jeweils unterschiedlichen Marktführern, die sich für ihren
Markt in [X.] Weise verantwortlich fühlten. Während im Norden die [X.]
AG [X.] war, dominierten
im [X.]en die [X.]
AG und im Süden die [X.]. Für die neuen Bundesländer galten Sonderbedingungen.
2
3
-
4
-
Nachdem das [X.] 1987 ein vor allem in [X.] tätiges Zementkartell aufgedeckt und die beteiligten Unternehmen mit erhebli-chen Geldbußen belegt hatte, fürchtete die Branche einen Preisverfall. Auf Initi-ative des damaligen Vorstandsvorsitzenden der
[X.]
AG einigten sich die Vertreter der Nebenbetroffenen auf einer Sitzung des Präsidiums des [X.] ([X.])
am 13.
März
1990 darauf, dass die
Unternehmen sich lediglich auf die [X.]rhaltung des eigenen Marktanteils be-schränken und auf vorstoßenden

Wettbewerb verzichten sollten. Bei [X.] sollte zunächst telefoniert und eine Verständigung gesucht wer-den. Dies wurde auf den großen Märkten in der Folgezeit im Wesentlichen um-gesetzt.
[X.]s kam zu folgenden Absprachen:

Im Norden wurden zunächst die von den
Rechtsvorgängerinnen
der
[X.]
AG und
der
[X.]
AG früher praktizierten Absprachen spätestens ab dem 1.
Januar 1991 für die Teilmärkte links der [X.],
[X.] und [X.] wieder aufgenommen. [X.]ntsprechend den damals
ausgehandelten Marktanteilsquoten wurde auch bis [X.]nde 2001 verfahren.

Nachdem [X.] [X.] in die [X.]e südliches [X.] und [X.] eingeliefert hatten, waren
von den Rechtsvorgänge-rinnen der
[X.]
AG bereits seit [X.]nde der siebziger Jahre
[X.]inigungen über die Absatzmengen erzielt und sogenannte Parkmengen

festgelegt
worden. Diese Verabredungen wurden spätestens 1991 erneuert und
bis Anfang
2001 weiter-verfolgt, obwohl Wettbewerber immer wieder ausscherten.

Zwischen einer Rechtsvorgängerin der
[X.]
AG, der Nordcement
AG,
und der [X.] waren
seit den achtziger
Jahren [X.]absprachen für die Werke in [X.], [X.] und Hardegsen
getroffen worden. Diese wurden spätestens Anfang 1991 wieder aufgenommen und auch durch die [X.]
AG bis [X.]nde 2000
fortgesetzt.
4
5
6
7
-
5
-

In der Region [X.] hatten seit den siebziger
Jahren Quotenabspra-chen
bestanden, die engmaschig überwacht worden
waren. Nach der 1990 ge-troffenen Grundentscheidung wurde in der Folge versucht, die vereinbarte
[X.]regelung weiterzuführen. Die [X.]
AG als Marktführerin versuchte dies
durchzusetzen, was ihr allerdings nur teilweise gelang. Nachdem die [X.]
GmbH
ein Werk in der Region erworben hatte, beteiligte sie sich ab 1998
eben-falls
an einer dann getroffenen Absprache fester
Quoten
(diese Absprache
ist nach Rücknahme der [X.]insprüche
nicht mehr Gegenstand des gerichtlichen Ver-fahrens).

In der Region [X.] kam es nach der grundlegenden [X.]ini-gung gleichfalls zur [X.]rneuerung von
Absprachen, die in diesem [X.] bereits
vorher
bestanden hatten. Beteiligt waren
hieran die [X.]
AG, die [X.]
und die [X.]wenk
KG. Dabei wurden im Wesentlichen die im gesamten süddeutschen Raum
bestehenden Marktanteile
zugrunde gelegt. Insbesondere diese Nebenbetroffenen, die als die Großen Drei

galten, [X.] sich, die Marktanteile stabil zu halten. Später wurde die [X.]
GmbH
einbezogen, wobei sich allerdings insoweit nur feststellen ließ, dass für diese Nebenbetroffene eine ihr zugedachte Quote von 4% akzeptiert wurde. Das Kar-tell, das immer wieder wegen billiger [X.]infuhren aus [X.]europa interne [X.] traf, endete 2002.

In der [X.] waren die Marktverhältnisse nach der [X.] unklar. Zunächst wurden zwischen den großen Herstellern (Readymix sowie [X.], [X.] und [X.]wenk)
die alten Quoten aus der [X.] fortgeschrieben. In der Folgezeit trafen sich die Vertreter [X.]r Unternehmen zu Besprechungen und überwachten die [X.]inhaltung der [X.], wobei bei der [X.]
AG eine Gesamtliste über die Marktstruktur ge-führt wurde. Diese Treffen endeten 2001. Die [X.]
AG wurde 1992 einbezo-gen und erhielt von den Großen Vier

rückwirkend eine Quote zugeteilt. Glei-8
9
10
-
6
-
ches galt für
die [X.], nachdem sie von einem in [X.] erworbenen Werk aus und aus [X.] in den regionalen Markt [X.]. [X.]benso wurde mit den mittelständischen Unternehmen eine entsprechende Vereinbarung gesucht. [X.]s gelang in der Folgezeit jedoch nur eingeschränkt, diese in das Quotensystem einzubeziehen. Die [X.] verschwieg zwi-schen 1993 und 1997
erhebliche Mengen, die sie
nicht zu den geführten [X.] anmeldete. In der Folgezeit kam es darauf zu Gesprächen
mit dem Ziel, Readymix zu bewegen,
wieder zu den vereinbarten Quoten zurückzukeh-ren und eventuell Ausgleichsleistungen zu erbringen. An diesen Gesprächen nahm auch der Betroffene [X.]d.
[X.]. als persönlich haftender Gesellschafter
der [X.]wenk
KG
teil.
I[X.] Das [X.] hat das Verhalten des Betroffenen sowie der für die Nebenbetroffenen handelnden Leitungspersonen als Ordnungswidrigkei-ten gemäß §
38 Abs.
1 Nr.
1,
§
1 [X.] 1990 und ab 1.
Januar 1999 nach §
81 Abs.
1 Nr.
1,
§
1 [X.] 1999 angesehen. Die Quoten-
und [X.]n und ihre
(jedenfalls weitgehende) Vollziehung erfüllten den Tatbestand
beider Bußgeldvorschriften
und seien
den Nebenbetroffenen nach §
30 OWiG zuzu-rechnen. Hinsichtlich
der [X.]
AG könne eine Geldbuße auch für das [X.] ihrer Rechtsvorgängerinnen
festgesetzt werden, weil sie insoweit eine Gesamtrechtsnachfolge angetreten habe. Gegen die [X.]wenk
KG
dürfe eine Geldbuße ungeachtet dessen verhängt werden,
dass der persönlich haftende Gesellschafter (Dr.
[X.]b.
[X.].) zunächst dauernd verhandlungsunfähig
gewe-
sen und schließlich verstorben sei.
Keine
der beiden Ursachen stelle einen rechtlichen Grund
nach §
30 Abs.
4
Satz
3
OWiG
dar, der
die Verhängung ei-nes Bußgeldes ausschlösse.
Die [X.]inzelabsprachen seien
zu einer Bewertungseinheit zusammenzu-fassen, soweit sie die Durchführung derselben [X.] beträfen. Inso-weit habe zwar kein bundesweites Kartell bestanden, weil die [X.] bei 11
12
-
7
-
dem
Spitzengespräch
im Präsidium des Bundes der Deutschen Zementindust-rie
am 13.
März 1990
zu vage geblieben sei. Mit Ausnahme des [X.], der in regionale Teilkartelle unterteilt und durch die [X.] geprägt gewesen sei, hätten aber für die übrigen Märkte Süd, [X.] und [X.] einheitliche [X.]n bestanden. [X.]twas anderes gelte nur hinsichtlich der immer neu zu organisierenden
Abwehr von [X.], die als
jeweils
eigen-ständige Tat zu behandeln sei. Zwar habe das [X.] seinen [X.]bescheiden
eine andere Sicht
zugrunde gelegt, weil es von einem wesent-lich engeren Tatbegriff ausgegangen sei. Dies hindere aber nicht, innerhalb der Bewertungseinheit den Sachverhalt umfassend zu prüfen, selbst wenn für ein-zelne
-
vom [X.]
zu Unrecht als selbständig angesehene
-
Taten der [X.]inspruch mittlerweile zurückgenommen sei. Die Rücknahme des [X.] sei in diesem Umfang
unwirksam. Insoweit komme es auf die Sicht des entscheidenden Gerichts an.
Zur Bemessung der Bußgelder hat das [X.] ausgeführt, dass die Bußgelder lediglich Ahndungszwecken dienten und keinen Abschöp-fungsanteil enthielten. Von der Abschöpfung eines kartellbedingten [X.] sei schon deshalb abzusehen, weil unklar sei, in welchem Umfang Dritte
[X.]a-densersatzansprüche geltend machen
würden. Gleichwohl sei die [X.]rmittlung des [X.] geboten, weil er für die Bestimmung des [X.]s nach §
81 Abs.
2 [X.] 1999 maßgebend sei. Dass durch die jeweiligen Kartelle ein Mehrerlös entstanden sei, stehe
außer Frage. Hierfür spreche ein
wirt-schaftlicher
[X.]rfahrungssatz; aufgrund ihrer langen Laufzeit und ihrer flächende-ckenden Durchführung lasse sich ausschließen, dass die Kartelle ohne Rendite praktiziert
worden seien.
Die Höhe der [X.] hat das [X.] nach sachverstän-diger Beratung geschätzt. Nach den überzeugenden Darlegungen des Sach-verständigen könne kein Vergleich mit anderen räumlichen Märkten vorgenom-13
14
-
8
-
men werden, weil kartellfreie Vergleichsmärkte
nicht
hinreichend sicher identifi-zierbar gewesen seien. [X.] sei deshalb eine Zeitreihenanalyse als Grundlage für die Mehrerlösschätzung. Dabei müsse an die [X.] ab 2001 angeknüpft werden, wobei allerdings zu berücksichtigen sei, dass das Preisniveau zunächst noch durch die
Kartelle
beeinflusst gewesen sei. Der sich anschließende Preiskrieg könne
als Sonderentwicklung ebenfalls
keine Berück-sichtigung finden. Zudem müssten regionale Unterschiede berücksichtigt wer-den, die auf Sonderfaktoren (wie Marktdichte, Produktivität oder Billigimporte aus dem [X.]en) zurückzuführen seien. Von den
so ermittelten Zahlen, die einen kartellbedingten [X.] von knapp 10%
erbrächten,
sei noch ein [X.] in Höhe von 25%
vorzunehmen. Für die
[X.]e
[X.], [X.] und [X.] ergebe sich kein Mehrerlös. Im Übrigen hat das [X.]
den
kartellbedingten
Mehrerlös pro Tonne mit den abgesetz-ten Mengen multipliziert, wobei es mit Rücksicht auf kartellbedingte [X.], die sich auch bei dem an sich wenig preiselastischen Gut Zement ein-stellten, einen
Abzugsfaktor
berücksichtigt hat.
Das [X.] hat jeweils geprüft, ob der [X.] des §
81 Abs.
4 [X.] 2005 als milderes Gesetz anzuwenden ist. Auch nach diesem Gesetz seien die [X.]n mit Bußgeld bedroht. Die 7.
[X.]-Novelle sei zwar nach ihrem
Wortlaut am 1.
Juli 2005 in [X.] gesetzt worden, obwohl sie
erst am 12.
Juli 2005 verkündet worden sei. Dies führe aber nur dazu, dass die Novelle am Tag nach ihrer
Verkündung in [X.] getreten
sei, nicht dagegen
zu einem
gänzlich
bußgeldfreien Zustand. Das [X.] sei auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit verfassungswidrig. Abgesehen davon, dass ein solcher Mangel nur zu einer Fortgeltung des alten Rechts führen würde, sei die an den
Gesamtumsätzen
des Unternehmens orientierte [X.] in-haltlich hinreichend bestimmt;
sie ermögliche eine ausreichende Berücksichti-gung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens.
15
-
9
-
Der [X.] des §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005 sei aber als mil-deres Recht nur hinsichtlich der [X.]wenk
KG
im Hinblick auf die [X.] in den südlichen Bundesländern anzuwenden. Im Übrigen stelle
§
81 Abs.
2 Satz
1
[X.] 1999 bzw. §
38 Abs.
4 Satz
1
[X.] 1990
das mildere Recht
dar, das daher für die [X.] maßgeblich sei. Da für jede Ord-nungswidrigkeit eine gesonderte Geldbuße festzusetzen sei und die [X.]inzel-geldbußen addiert werden müssten, seien die Belastungen, die durch das Addi-tionsgebot entstünden, zugunsten der Nebenbetroffenen berücksichtigt worden. [X.]benso habe
es
sich mildernd ausgewirkt, dass
die Nebenbetroffenen teilweise Aufklärungshilfe geleistet hätten
und
sich das Verfahren so lange hingezogen habe. [X.]ine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung bestehe allerdings nur für einige Monate während des gerichtlichen Verfahrens. Hierfür bedürfe es keiner Kompensation.
B.
[X.] haben nur insoweit [X.]rfolg, als die nach [X.]rlass des angefochtenen Urteils eingetretenen Verfahrensverzögerungen durch eine Herabsetzung der Geldbußen kompensiert werden müssen.
[X.] [X.]s liegen keine
[X.] vor, die dem [X.] eine Ahndung
der Taten
in dem von ihm vorgenommenen Umfang verwehrt hätten.
1.
[X.]in Verfahrenshindernis des (teilweisen) Ahndungsverbrauchs
liegt nicht vor.
[X.] machen geltend, es bestehe ein aus dem Ver-bot der [X.] gemäß Art.
103 Abs.
3 [X.] (ne bis in idem) abzulei-tendes Verfahrenshindernis.
Das [X.] habe Sachverhalte in die 16
17
18
19
20
-
10
-
Ahndung einbezogen, die nach [X.]inspruchsrücknahme Gegenstand einer
[X.]skräftigen Bußgeldfestsetzung
seien. Damit dringen die Rechtsbeschwer-den nicht durch. Das [X.] hat die Rücknahme der [X.]insprüche gegen die [X.] zu Recht als teilweise unwirksam angesehen.

a) Das [X.] hat die prozessuale Tat im Sinne des §
264 [X.], die im Ordnungswidrigkeitenverfahren der Bußgeldbescheid ebenso wie im Strafprozess die
Anklageschrift hinreichend konkret
beschreiben muss ([X.], Beschluss vom 8.
Oktober 1970
-
4
StR
190/70, [X.]St
23, 336, 339),
zutreffend unabhängig von der Beurteilung des [X.]s
bestimmt. [X.]ine einheitliche prozessuale Tat unterliegt der umfassenden richterlichen Kog-nition. Solange die [X.]ntscheidung über eine einheitliche
Tat nicht hinsichtlich al-ler Teilakte
bestandskräftig geworden ist, ist die Rücknahme des [X.]inspruchs gegen einzelne [X.], die solche [X.]inzelhandlungen ahnden, unwirksam. Dies folgt
-
wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat
-
aus dem Grundsatz, dass eine Rechtsmittelbeschränkung nur zulässig ist, so-weit der abgetrennte Teil noch selbständig überprüfbar bleibt.
Bei einer einheitlichen Tat kann das Rechtsmittel nicht auf die rechtliche Bewertung einzelner Geschehnisse beschränkt werden ([X.],
Urteil vom 17.
Oktober 1995 -
1
StR
372/95, [X.], 203; Beschluss vom 17.
April 1984 -
2
StR
63/84, [X.], 566). Dieser Grundsatz findet auch im [X.]verfahren Anwendung (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Mai 1988
-
KRB
1/88, [X.]R OWiG §
85 Abs.
1 Zulässigkeit
1). Die Regelung des §
67 Abs.
2 OWiG,
der zufolge
der [X.]inspruch gegen einen Bußgeldbescheid auf bestimmte
Be-schwerdepunkte beschränkt werden kann, setzt gleichfalls voraus, dass die einzelnen Beschwerdepunkte trennbar sind ([X.] in [X.], OWiG,
16.
Aufl., §
67 Rn.
34d, 34f). Bei der hier vorliegenden Fallkonstellation, dass zunächst gegen sämtliche [X.] [X.]inspruch eingelegt wird, dieser dann aber teilweise wieder zurückgenommen wird, ist deshalb zu prüfen, ob selb-21
22
-
11
-
ständige, gesondert anfechtbare Taten vorliegen. Nur soweit die [X.] materiell-rechtlich selbständige Taten betrifft, ist sie wirksam. Denn der in Art.
103 Abs.
3 [X.] niedergelegte Grundsatz der [X.]inmaligkeit des Straf-verfahrens steht der Verfolgung nur
bei einem vollständigen Abschluss des Bußgeldverfahrens entgegen
(zur Anwendbarkeit
auf Ordnungswidrigkeiten vgl. [X.] in [X.], [X.], 6.
Aufl., Art.
103 Rn.
80 mwN). Daran fehlt es, wenn über die Tat noch nicht abschließend entschieden worden
und das Gericht
sei-ner Kognitionspflicht noch nicht umfassend nachgekommen ist
(vgl. [X.], Urteil vom 30.
August 1978
-
2
StR
323/78, [X.]St
28, 119, 121).
b) Nach der Rechtsprechung des [X.] begründen [X.]inzel-absprachen, die lediglich eine kartellrechtswidrige Grundabsprache [X.], regelmäßig keine selbständigen Taten. Solche
[X.]inzelabsprachen
stellen keine mehrfache Verletzung desselben Tatbestandes dar; vielmehr werden sie schon vom gesetzlichen Tatbestand zu einer Bewertungseinheit verbunden (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
Dezember 1995 -
KRB
33/95, [X.]St
41, 385, 394). Die konkretisierenden [X.] erfüllen den Tatbestand des Sichhinwegsetzens nach §
38 Abs.
1 Nr.
1 [X.] 1990 und stehen sämtlich in Beziehung zu der unwirksamen -
gegen §
1 [X.]
1990 verstoßenden -
Verein-barung, wodurch sie mit dieser zu einer Bewertungseinheit verbunden werden (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
November 2003 -
KRB
20/03, [X.]/[X.] D[X.]-R 1233, 1234 -
Frankfurter Kabelkartell). Auch der Wegfall des zusätzlichen Tat[X.]smerkmals des Sichhinwegsetzens in §
81 Abs.
1 Nr.
1 [X.] 1999 hat nichts daran geändert, dass die kartellbegründende Vereinbarung und die [X.] bezogenen Abreden zu einer einheitlichen bußgeldrechtlichen Bewertung verbunden sind (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
Juni 2005 -
KRB
2/05, [X.]/[X.] D[X.]-R 1567, 1568 -
Berliner Transportbeton
I). Mithin gilt, dass [X.]inzelabspra-chen, die sich auf eine kartellrechtswidrige Grundabsprache beziehen, sowohl unter Geltung des §
38 Abs.
1 Nr.
1, §
1 [X.] 1990 als auch unter der des §
81 Abs.
1 Nr.
1 [X.] 1999 eine Bewertungseinheit bilden, wobei hiervon auch [X.]
-
12
-
sprachen umfasst sind, durch die neue Mitglieder in das Kartell einbezogen werden ([X.] ebd.).
c) Maßgeblich für die Überprüfung
in der
Rechtsbeschwerdeinstanz ist, ob das [X.] die Selbständigkeit der Handlungen, die den einzel-nen [X.] zugrunde liegen, rechtsfehlerfrei beurteilt hat. [X.] steht dem Tatrichter
-
wie generell bei der Beurteilung der Konkurrenzver-hältnisse
-
ein gewisser Beurteilungsspielraum zu ([X.], Urteil
vom 19.
April 2007
-
4
StR
572/06, [X.], 235; Urteil vom 25.
September 1997
-
1
StR
481/97, [X.], 68, 69). Dies gilt in
besonderem Maße für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen [X.]inzelhandlungen im [X.] zu einer natürlichen Handlungseinheit oder einer Bewertungseinheit ver-knüpft sind.
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs ist die vom
[X.]
vorgenommene Bestimmung der jeweils einheitlichen Taten im Sinne des §
264 [X.] aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden.
aa) Das [X.] hat rechtsfehlerfrei die Übereinkunft in der Präsidiumssitzung des
Bundes der Deutschen Zementindustrie
vom 13.
März 1990 noch nicht als bundesweit wirkende Grundabsprache angesehen. Als sol-che war sie inhaltlich nicht ausreichend konkret und vor allem nicht auf die rele-vanten Regionalmärkte bezogen, die neben den
Absatzstrukturen und der his-torischen [X.]ntwicklung die Wettbewerbsbedingungen maßgeblich
bestimmten. Deshalb bilden
die jeweils auf die Regionalmärkte [X.], [X.] und Süd bezoge-nen [X.]n -
wie das
[X.] zutreffend ausführt
-
ein-heitliche prozessuale Taten
im Sinne des §
264 [X.], die auf die für dieses [X.] maßgebende
Grundabsprache zurückgehen. Sämtliche weiteren [X.], Kontrollmaßnahmen zur [X.]inhaltung des [X.] und
Ausgleichsver-einbarungen erfolgten
im Vollzug der [X.] und bilden
daher mit 24
25
26
-
13
-
dieser eine Bewertungseinheit. Anderes gilt nur für die Region Nord. Dort hat
das [X.] kein flächendeckendes Kartell festgestellt. [X.]s hat ledig-lich
für
die [X.]e [X.], [X.] und links der [X.] sowie
-
im Blick auf die einliefernden [X.]n Mittelständler
-
für das [X.] südliches Nieder-sachsen
gesonderte Kartellvereinbarungen
angenommen und wie die [X.] zwischen [X.] und Nordcement
als selbständige Handlungen angesehen.
Diese vom [X.] vorgenommene differenzierte Be-trachtung des [X.] lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erken-nen.
[X.]) Auch die weitere vom [X.] vorgenommene Unter-scheidung
der verschiedenen [X.] hält der rechtlichen [X.] stand. Das [X.]
hat eine Bewertungseinheit auch insoweit verneint, als einzelne Kartellteilnehmer [X.]inlieferungen in den kartellierten Markt unterbinden sollten. Solche Abwehrmaßnahmen gegen unvorhergesehene Störungen

der Quotenaufteilung hat das [X.] als selbständige Handlungen qualifiziert, weil in diesen Fällen jeweils neu habe entschieden werden müssen, wer
in welcher Form eingreife und wie anfallende Kosten [X.] seien. Zwar ließen sich auch solche Abwehrabsprachen gegen Drittan-bieter noch als Bestandteil der Grundabsprache verstehen und damit als un-selbständige [X.]inzelhandlungen im Rahmen der Bewertungseinheit einordnen, zumal in Gestalt des von den Kartellteilnehmern so bezeichneten Moneykarus-sells

ein verabredeter Ausgleichsmechanismus existierte. Die Auffassung des [X.]s hält sich aber noch
im Bereich des dem Tatrichter zuzubilli-genden [X.]. Für diese Würdigung durch das Oberlandesge-richt spricht immerhin, dass die [X.] eher defensiv ausgerichtet waren, weil grundsätzlich zunächst nur auf vorstoßenden Wettbewerb

verzich-tet werden sollte und die tradierten
Marktanteile fortgeschrieben werden sollten. Unter diesem Gesichtspunkt ist es jedenfalls vertretbar, dass das [X.] Maßnahmen gegen Drittanbieter als eigenständige Handlungen und [X.]
-
14
-
soweit auch die Rücknahme der [X.]insprüche als wirksam angesehen hat. So-weit die Rechtsbeschwerden die tatrichterlichen Feststellungen angreifen, die dieser
Würdigung des [X.]s zugrunde liegen, sind die [X.] unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
2.
Die Taten sind nicht
-
auch nicht teilweise -
verjährt. Für die Prüfung der Verjährung
ist die jeweilige Bewertungseinheit maßgeblich. [X.]ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerden kommt es nicht auf die einzelnen Hand-lungen des Organs an, die der jeweiligen Nebenbetroffenen zugerechnet wer-den. Maßgeblich ist vielmehr die Beendigung der Tat insgesamt (vgl. [X.],
[X.]/[X.] D[X.]-R 1567, 1568
-
Berliner Transportbeton
I). Ist die Verjährung [X.] hinsichtlich nur eines Betroffenen, dessen Verstoß der Nebenbetroffenen zugerechnet wird,
rechtzeitig unterbrochen, erfasst diese Unterbrechung die gesamte Tat ([X.] ebd.; vgl. auch [X.], Beschluss vom 5.
Juli 1995
-
KRB
10/95, [X.]/[X.] [X.]
3015, 3016
-
Unternehmensgeldbuße). Da sich die Bußgeldbescheide jeweils auch gegen die nach §
30 OWiG verantwortlichen [X.] der Nebenbetroffenen
richten, sind die Taten nicht verjährt, weil die entsprechenden Bußgeldbescheide die Verjährung unterbrochen
haben.
3.
Kein Verfahrenshindernis besteht auch in Bezug auf die [X.]wenk
KG, deren persönlich haftender Gesellschafter Dr.
[X.]b.
[X.]. im Laufe
des Verfahrens verstorben ist, nachdem er zuvor bereits
dauernd verhand-lungsunfähig war. Das [X.] hat darin
zu Recht keine rechtliche Unmöglichkeit einer Bußgeldfestsetzung nach §
30
Abs.
4 Satz
3 OWiG gese-hen.
Weder der Tod
noch die dauernde Verhandlungsunfähigkeit stellen einen Unmöglichkeitsgrund im Sinne dieser Bestimmung dar. [X.]s handelt sich dabei vielmehr um
tatsächliche Umstände, die eine Fortführung des Verfahrens nicht erlauben und an die lediglich die rechtliche Folge der Verfahrensbeendigung 28
29
30
-
15
-
geknüpft ist ([X.] in [X.]/[X.], OWiG, 2.
Aufl.,
§
30 Rn.
71; [X.] in KK OWiG, 3.
Aufl., §
30 Rn.
169; [X.] in [X.], OWiG, 16.
Aufl., §
27 Rn.
6
und
§
30 Rn.
42). Dies entspricht
dem Sinn des [X.], der eine Verfolgung der hinter dem Täter stehenden juristischen Person dann ausschlie-ßen soll, wenn die Rechtsordnung die Ahndung des [X.] nicht mehr zulässt und ihm letztlich auch die Vorteile aus der Ordnungswidrigkeit belässt. Diese Voraussetzung liegt bei tatsächlichen Umständen, die in der Person des Be-troffenen liegen, nicht vor. Sie legitimieren mit Blick auf
die dahinterstehende ju-ristische Person nicht nachträglich den verbleibenden Nutzen aus der Ord-nungswidrigkeit.
I[X.] Die Verfahrensrügen sind aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] erfolglos im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.]. Der [X.]rörte-rung bedarf lediglich die Rüge der [X.], ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch die Verwertung des Memorandums
des gerichtli-chen Gutachters
vom 11.
Juni 2009 in den Urteilsgründen verletzt worden, da dieses nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei. Diese Rüge ist nicht in der gebotenen Form ausgeführt (§
344 Abs.
2 Satz
2 [X.]).
1.
Nach der Bestimmung des §
344 Abs.
2 Satz
2 [X.], die
gemäß §
79 Abs.
3 Satz
1 OWiG auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Ordnungs-widrigkeitengesetz gilt, müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen in der Rechtsbeschwerdebegründung angegeben werden. Sie
müssen vollständig und so genau vorgetragen werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein auf-grund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt. Dabei folgt aus dem Gebot
vollständigen Vortrags ebenfalls, dass es [X.] sein kann, auch Tatsachen vorzutragen, die dem [X.]rfolg der Rüge (möglich-erweise) entgegenstehen (Cirener, NStZ-RR 2013, 1, 4; vgl. auch [X.], [X.] vom 12.
August 1999
-
3
StR
277/99, [X.], 49, 50).
31
32
-
16
-
2.
Der Vortrag der Rechtsbeschwerde zu dieser Verfahrensrüge
ist nicht vollständig. Die Rechtsbeschwerde, die schon den
vorherigen Verfahrensgang mit der Gutachtenerstellung einschließlich der ergänzenden Berechnungen des Sachverständigen und seiner mündlichen Anhörung nur bruchstückhaft wieder-gibt, teilt nicht mit, dass
der Nebenbetroffenen das Zahlenwerk am 12.
Juni 2009 per [X.]-Mail samt einer [X.]rklärung
zugeleitet worden ist,
worin die [X.] bestanden. Sie hat zwar ihrer Rechtsbeschwerdebegründung ein Anlagen-verzeichnis beigefügt, in dem vermerkt ist, dass diese Anlage ihr per [X.]-Mail am 12.
Juni 2009 zugesandt worden ist. Auf dieses Anlagenverzeichnis ist in dem [X.] aber weder verwiesen noch wird der erklärende Begleittext [X.], der dem Memorandum beigefügt war.
Die Rechtsbeschwerdeführerin verschweigt weiter, dass dieses [X.] auch insoweit Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19.
Juni
2009 war, als Rechtsanwalt Dr.
D.

dort eine [X.]rklärung für die Heidelberg-
Cement AG
abgegeben hat, die sich auf die Daten aus dem Memorandum be-zog. Hierzu hätte mit der Rechtsbeschwerde vorgetragen werden müssen;
denn der Umstand, dass die Nebenbetroffene dieses Zahlenwerk erhalten und hierzu in der mündlichen Verhandlung Stellung genommen hat, ist für die Frage von Bedeutung, ob ihr in ausreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt worden ist.
3.
Das [X.] der
[X.]
ist aber auch dann nicht ausreichend, wenn man diese Beanstandung zugleich als Rüge einer Ver-letzung des
§
261 [X.] auslegt, mit der geltend gemacht wird, es sei
ein nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführtes Beweismittel zum Ge-genstand der Urteilsfindung gemacht worden.
Ob eine solche Umdeutung der Rüge
überhaupt möglich ist, erscheint zweifelhaft, weil die Rechtsbeschwerde innerhalb der Rechtsbeschwerdefrist deutlich machen muss, welchen
Verfah-rensmangel
sie geltend macht, wenn mehrere Verfahrensfehler in Betracht 33
34
35
-
17
-
kommen ([X.], Beschluss vom 14.
Juni 1998
-
4
StR
253/98, [X.], 636).
Hier hat die Nebenbetroffene die Verwertung des Memorandums unter dem Gesichtspunkt der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt.
Aber auch bei Annahme
einer Beanstandung des §
261 [X.]
wäre der [X.] eine für das [X.] notwendige Beurteilungsgrundlage gewesen, um das [X.] richtig einordnen zu können. Gleiches gilt für das Begleitschreiben zum Memorandum vom 11.
Juni 2009.
Im Bußgeldverfahren
ist die
Verwertung von [X.]riftstücken
gegenüber dem Strafverfahren erleichtert. So reicht
es nach §
78 Abs.
1 Satz
2 OWiG aus, wenn die Verfahrensbeteiligten Kenntnis von einem [X.]riftstück genommen haben, was im Protokoll festzustellen ist. Deshalb hätte die Rechtsbeschwerde
-
um dem Rechtsbeschwerdegericht eine umfassende Prüfung der Rüge auch unter dem Gesichtspunkt der Nichteinführung
einer
in den Urteilsgründen ver-werteten Urkunde zu ermöglichen
-
auf die Geschehnisse in der
mündlichen Verhandlung vom 19.
Juni 2009 eingehen müssen. Dabei hätte nicht nur die ei-gene Stellungnahme mitgeteilt,
sondern auch dargelegt werden müssen, ob und wie sich gegebenenfalls andere Verfahrensbeteiligte zu dem ausweislich des Akteninhalts allen Verfahrensbeteiligten per [X.]-Mail zugeleiteten Zahlenwerk eingelassen haben.
Da es sich um ersichtlich geringfügige Korrekturen handel-te, die sich überdies zugunsten der
[X.]
auswirkten, liegt es nahe, dass über diese Korrekturen [X.]inverständnis erzielt worden ist, was eine förmliche [X.]inführung des [X.]riftstücks entbehrlich gemacht hätte. Deshalb hät-te auch
hierzu vorgetragen werden müssen.
4.
Im Übrigen würde
das Urteil -
selbst wenn ein entsprechender
Verfah-rensfehler vorläge -
nicht darauf beruhen. Das Memorandum vollzieht lediglich rechnerisch die in der Anhörung des Sachverständigen herausgearbeiteten Grundannahmen nach. Dieses Zahlenwerk bildete für die Mehrerlösfeststellung 36
37
-
18
-
die [X.]ätzungsgrundlage. Dass die [X.]ätzung hiervon
beeinflusst gewesen sein könnte, lässt sich ausschließen. Die geringfügigen [X.] ohnehin aufgrund des bestehenden Zahlenwerks nachvollzogen werden können. Sie haben die [X.]
im Übrigen begünstigt; dass sie unrichtig wären, legt sie selbst nicht dar.
5.
Soweit die [X.]
AG und die [X.]
GmbH
die Verwertung des Memorandums vom 11.
Juni 2009 gleichfalls gerügt haben, sind diese [X.] bereits deshalb im Sinne des §
344 Abs.
2 Satz
2 [X.] unzulässig, weil sie den Inhalt des Memorandums nicht mitgeteilt haben.
II[X.] [X.] zeigen mit ihren sachlich-rechtlichen Bean-standungen ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
1.
Die [X.]uldsprüche und die ihnen zugrundeliegende Beweiswürdigung halten rechtlicher Überprüfung stand.
a) Allerdings ist die Darstellung in den Urteilsgründen hierzu insoweit mängelbehaftet, als das [X.] an einer Vielzahl von Stellen auf den Akteninhalt
und
die darin befindlichen Beweismittelordner verweist. Derartige
Verweisungen
sind -
mit Ausnahme des Verweises auf A[X.]ildungen (§
267 Abs.
1 Satz
3 [X.])
-
nicht nur im Strafurteil (vgl. [X.], Urteile
vom 25.
Februar 1987
-
3
StR
552/86, [X.], 374
und vom 2.
Dezember 2005
-
5
StR
268/05, [X.], 22), sondern auch im Urteil im Bußgeldverfahren unzulässig ([X.] in [X.], OWiG, 16.
Aufl.,
§
71 Rn.
42). [X.]in Verstoß hiergegen gefähr-det den Bestand
des Urteils. Im vorliegenden Fall
kann der [X.]
aber
bei Au-ßerachtlassen
der
Verweisungen die
[X.]rwägungen des [X.]s noch hinreichend nachvollziehen, so
dass das Urteil auch ohne die Verweisungen
aus sich heraus verständlich ist.
38
39
40
41
-
19
-
b) Die Urteilsgründe sind
-
entgegen der Auffassung der Rechtsbe-schwerden
-
nicht deshalb lückenhaft, weil nicht jede einzelne Absprache näher konkretisiert worden ist. [X.]ntscheidend ist allein, dass die Urteilsgründe eine um-fassende Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht ermöglichen (vgl. [X.], Urteil vom 29.
November 2007 -
4
StR
386/07, [X.], 83, 84). Dies ist hier der Fall.
Hierfür ist ausreichend, dass die Urteilsgründe die die Verurteilung tra-genden Tatsachen mitteilen. Da das [X.] -
wie dargestellt (s. oben Rn.
25
ff.) -
rechtsfehlerfrei von einer Bewertungseinheit ausgegangen ist, genügte es insoweit, die die jeweilige Tat konkretisierende [X.], die Dauer des [X.] und seine Handhabung durch die [X.] mitzutei-len. Soweit Taten vor dem Inkrafttreten der 7.
[X.]-Novelle
betroffen sind, musste
der Tatrichter weiter mitteilen, worin er die [X.]rfüllung des [X.] des Sichhinwegsetzens
sieht. Die hierfür notwendigen Feststellungen sind der [X.] zu entnehmen.
c) Die übrigen Beanstandungen der Rechtsbeschwerden zur Urteilsab-fassung und Beweiswürdigung sind offensichtlich unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
2.
Die Festlegung des jeweils anzuwendenden [X.]s für die Ahndung der Nebenbetroffenen hält rechtlicher Überprüfung stand. Das Ober-landesgericht hat zunächst die [X.] entstandenen
-
für den [X.]rahmen maßgeblichen
-
[X.] bestimmt und sodann
-
für jede der den Nebenbetroffenen zugerechneten Ordnungswidrigkeiten
getrennt
-
den nach §
4 Abs.
3 OWiG für die Nebenbetroffenen günstigsten [X.] ermittelt. [X.]s hat hierzu die [X.] nach §
81 Abs.
2 [X.] 1999 mit denen nach §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005 verglichen
und ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Regelungen der 7.
[X.]-Novelle 42
43
44
45
-
20
-
über die [X.] nicht wegen Verfassungswidrigkeit nichtig sind
(vgl. inzident von der Verfassungsmäßigkeit der Norm ausgehend [X.], [X.] vom 19.
Juni 2007 -
KRB
12/07, [X.]St 52, 1
Rn.
24
ff.
-
Papiergroß-handel und vom 10.
August 2011 -
KRB
2/10, [X.], 152
Rn.
26
ff.
-
Transportbeton
II; offengelassen in
BVerfG, Beschluss vom 19.
Dezember 2012 -
1
BvL
18/11, [X.]/[X.] D[X.]-R
3765 Rn.
95). Sie verstoßen weder wegen der nach ihrem Wortlaut rückwirkenden Inkraftsetzung noch wegen mangelnder Bestimmtheit gegen das Grundgesetz. Damit kann offenbleiben, ob -
wie das [X.] hervorhebt -
eine angenommene Verfassungswidrigkeit der Neuregelung zu einem gänzlichen Wegfall der Zumessungsnormen führte
oder stattdessen
das alte Recht fortbestünde.
a) Das Rückwirkungsverbot ist nicht verletzt.
Allerdings trifft es zu, dass die 7.
[X.]-Novelle, die in §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] die umsatzabhängige [X.] eingeführt
hat, in der Fassung vom 7.
Juli 2005, verkündet im Bundesgesetzblatt
am 12.
Juli 2005, insgesamt die rückwirkende Geltung der Novelle zum 1.
Juli 2005 angeordnet hat
([X.]
I
S.
1954). Da wegen des ver-fassungsrechtlich normierten Rückwirkungsverbots (Art.
103 Abs.
2 [X.]) die rückwirkende Inkraftsetzung eines [X.]s verfassungsrechtlich unzulässig ist, wird von Teilen der Literatur ([X.], ZWeR
2010, 138
ff.; vgl. auch [X.], [X.], 6.
Aufl., §
81 Rn.
2
und
5.
Aufl., §
81 Rn.
1a; [X.],
NJW
2008, 3271) vertreten, dass mit Verkündung
-
jedenfalls bis zur Neube-kanntmachung der Norm im Rahmen der zum 22.
Dezember 2007 in [X.] ge-tretenen [X.] ([X.]
I S.
2966)
-
ein sanktionsloser Zu-stand bestanden habe.
Diesem
Ansatz ist das [X.] zu Recht nicht gefolgt
(ebenso [X.]/[X.] in [X.]/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: [X.], 4.
Aufl., §
81 Rn.
3; Raum in [X.]/[X.], Kartellrecht, 11.
Aufl., §
81 [X.] Rn.
4). Dabei kann dahinstehen, ob ein zwischenzeitlich sanktionsloser Zustand 46
47
-
21
-
überhaupt die bußgeldrechtliche Ahndung auszuschließen vermag, wenn die Tat sowohl bei Begehung geahndet werden konnte
als auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen [X.]ntscheidung geahndet werden kann (vgl. BVerfG[X.] 81, 132
ff.). Denn Art.
4 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbe-werbsbeschränkungen ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass [X.] die Neufassung des §
81 [X.] nicht vor Verkündung des Gesetzes und damit nicht rückwirkend in [X.] getreten ist.
Zweifel
im Hinblick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Gesetzes sind für sich genommen grundsätzlich nicht geeignet, dessen Gültigkeit in [X.] zu stellen. Auch insoweit kommen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze zur Anwendung. Danach genügt es, wenn sich der Termin des Inkrafttretens hiernach ermitteln lässt (BVerfG[X.] 42, 263, 285
f.).
Der erkennbare Wille des Gesetzgebers ging nicht dahin, die Bußgeld-vorschrift rückwirkend in [X.] zu setzen. Vor dem Hintergrund des vorzeitigen [X.]ndes der Legislaturperiode und
der Notwendigkeit eines Vermittlungsverfah-rens bestand erheblicher
terminlicher Druck. Der [X.] und der Bundesrat nahmen die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses am 16. und 17.
Juni 2005 an
(vgl. [X.]
in [X.]/[X.], Kartellrecht, 11.
Aufl., [X.]inführung zum [X.] Rn.
26).
Damit war der gesetzgeberische [X.]ntscheidungsprozess be-endet. Daran schloss sich die Ausfertigung des Gesetzes an. Im Laufe dieses Prozesses
ist der im Gesetzgebungsverfahren vorgesehene Zeitpunkt für das Inkrafttreten -
der 1.
Juli 2005 -
verstrichen. Angesichts dieses Ablaufs besteht kein Zweifel daran, dass mit dem geänderten [X.] (der als Blan-kettnorm auch die in Bezug genommenen Bestimmungen erfasst) das beste-hende [X.] alsbald, aber nicht rückwirkend reformiert werden sollte.
Die gesetzliche Neuregelung
kann deshalb nicht
-
wie das [X.] zutreffend ausführt
-
in einen (wirksamen)
Teil der Aufhebung des [X.] und einen
(unwirksamen) Teil der [X.]inführung des Neurechts aufgespal-48
49
-
22
-
ten werden. Vielmehr ergibt die Auslegung des Willens des Gesetzgebers, dass die Norm baldmöglichst in [X.] gesetzt werden
und mit ihrem Inkrafttreten die [X.] ablösen
sollte.
Ob dies am Tag nach der Verkündung oder gemäß Art.
82 Abs.
2 Satz
2 [X.] vierzehn Tage später
geschah, ist im Streitfall für die [X.]ntscheidung ohne Bedeutung, weil
in beiden Fällen §
81 [X.] 2005 die [X.] des §
81 [X.] 1999
-
entsprechend dem Willen des Ge-setzgebers
-
ohne zeitliche Lücke ersetzt hat.

b) Die Neuregelung ist auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirk-sam.
Die [X.]inführung einer umsatzbezogenen Begrenzung der Geldbuße
ver-stößt nicht gegen Art.
103 Abs.
2 [X.], der
auch für das Bußgeldverfahren gilt. Von Teilen der Literatur wird §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005 unter Bezugnahme auf das Urteil des [X.]s
zur Verfassungswidrigkeit der Vermögensstrafe (§
43a StGB) vom 20.
März 2002 (BVerfG[X.] 105, 135) als zu unbestimmt erachtet
([X.] in [X.], [X.]
2005
§
81 Rn.
246
ff.; [X.]/[X.], Gesetzliche Orientierung im
deutschen
Recht der Kartellbußen
und das Grundgesetz, S.
16
ff.;
[X.]/[X.] in [X.]/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: [X.], 4.
Aufl., §
81 Rn.
346
ff.; [X.], [X.], 6.
Aufl., §
81 Rn.
26;
[X.] in [X.], OWiG,
16.
Aufl.,
§
17 Rn.
48c).
Dies trifft jedoch
nicht zu
([X.] in [X.].[X.], §
81 Rn.
97
ff.; Raum in [X.]/[X.], Kartellrecht, 11.
Aufl., §
81 [X.] Rn.
150; [X.], [X.] 2007, 458, 465; [X.] in [X.]/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 5.
Aufl., §
57 Rn.
150).
[X.]ine verfassungskonforme Auslegung der Bestimmung ist mög-lich, nach der §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005 die Obergrenze des gesetzlichen [X.]s hinreichend bestimmt definiert und damit
das Bestimmtheits-erfordernis des Art.
103 Abs.
2 [X.] wahrt.
50
51
-
23
-
aa) Mit [X.]inführung einer umsatzbezogenen Höchstgrenze bei Geldbußen gegen Unternehmen wollte der Gesetzgeber eine Angleichung an den [X.] Rechtszustand erreichen
(BT-Drucks. 15/5049,
S.
50). Die Regelung ist in wesentlichen Teilen der Vorschrift des Art.
23 Abs.
2 VO
([X.]G) Nr.
1/2003 nachgebildet
(zur hinreichenden Bestimmtheit aus Sicht des Unionsrechts vgl. [X.]uGH, Urteil vom 22.
Mai 2008
-
C-266/06, [X.]/[X.] [X.]U-R 1451
ff.
-
[X.]vonik De-gussa).
Im Unionsrecht wird der gemäß Art.
23 Abs.
2 Satz
2 der Verordnung
([X.]G)
Nr.
1/2003 zu ermittelnde Höchstbetrag als eine Kappungsgrenze ver-standen, die bei der Festlegung der Bußgelder gegen Unternehmen
nicht über-schritten werden darf (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: [X.]U,
5.
Aufl.,
Art.
23 VO
([X.]G) Nr.
1/2003
Rn.
115; Sura in [X.]/[X.], Kartellrecht,
11.
Aufl., Art.
23 VO
([X.]G) Nr.
1/2003 Rn.
34
ff.). Das im [X.]inzelfall zu verhängende Bußgeld bestimmt die [X.]. Sie [X.] hierbei von ihr erlassene Richtlinien an, die eine Bewertung des Verstoßes ermöglichen sollen. Übersteigt das nach diesem System zu verhängende [X.] die errechnete Grenze von 10%
des Gesamtjahresumsatzes des [X.], wird das Bußgeld auf diesen
Höchstbetrag gekürzt. Die gerichtliche Kontrolle der Höhe der Bußgelder ermöglicht zwar gemäß Art.
31 VO
([X.]G) Nr.
1/2003 eine uneingeschränkte Nachprüfung der Bußgeldentscheidung durch den Gerichtshof.
Nach der [X.] beschränkt sich
seine Überprüfung der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die [X.] aber notwendig auf die Fragen, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zu-treffend festgestellt wurde und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler und kein [X.]rmessensmissbrauch vorliegen ([X.]uGH, Urteil vom 28.
Mai 1998
-
C-7/95, Slg.
1998,
I-3111 = [X.]/[X.]
[X.]U-R
75
Rn.
34 -
Deere; [X.]uG, Urteil vom 26.
April 2007

T-109/02, Slg.
2007, II-947 Rn.
664
-
Balloré).
[X.]) In welchem Umfang der Gesetzgeber bei der Novellierung des §
81 Abs.
4 [X.] die Grundsätze des Unionsrechts zur [X.] über-52
53
-
24
-
nehmen wollte, bleibt unklar. Der Wortlaut des §
81 Abs.
4 [X.] 2005 gibt hier-über keinen eindeutigen Aufschluss. Zwar ermächtigt §
81 Abs.
7 [X.] 2005 das [X.], allgemeine Verwaltungsgrundsätze über die Ausübung seines [X.]rmessens bei der Bemessung der Geldbuße, insbesondere für die Feststellung der [X.],
festzulegen. Der Begriff der Kappungsgrenze

wird aber nur in den Gesetzesmaterialien verwandt. Zur gerichtlichen Kontrolle von [X.] auf der Grundlage von §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005 finden sich weder in der gesetzlichen Regelung Anhaltspunkte noch [X.] in den Gesetzesmaterialien.
Sowohl im Straf-
als auch im Ordnungswidrigkeitenrecht ist als Grund-satz der Sanktionszumessung und wesentliches rechtsstaatliches [X.]lement an-erkannt, dass der [X.] innerhalb eines vom Gesetz vorgegebenen Rahmens seine Zumessungsentscheidung eigenständig nach Maßgabe der durch das Gesetz selbst festgelegten [X.] trifft. Hätte der Gesetzgeber für den Bereich der Kartellordnungswidrigkeiten bei der Sanktionierung von Unter-nehmen eine andere gesetzliche Regelung einführen wollen, hätte eine [X.] Normierung nahegelegen, aus der sich der normative Paradigmen-wechsel bei der [X.] zweifelsfrei ergeben hätte (zu den [X.] gegen die Annahme einer Kappungsgrenze vgl. auch [X.] in [X.], [X.]
2005,
§
81 Rn.
246
ff.; [X.] in [X.], OWiG, 16.
Aufl., §
17 Rn.
48c). [X.]in eindeutiger Niederschlag fehlt im [X.] indessen ebenso wie die [X.], in welcher Form eine nicht mehr an einen
Rahmen gebundene Bußgeld-bemessung erfolgen sollte.
cc) Der [X.] kann offenlassen, ob der Gesetzgeber im Rahmen der 7.
[X.]-Novelle tatsächlich ein sich mit dem Gemeinschaftsrecht deckendes Regelungssystem einführen
wollte. Jedenfalls ergibt eine verfassungskonforme Auslegung, dass §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] nicht als Kappungsgrenze, sondern als Obergrenze eines [X.]s zu verstehen ist.

54
55
-
25
-
(1) Die Festlegung einer Unter-
und Obergrenze des Sanktionsrahmens schafft
die Fixpunkte für die tatrichterliche [X.]ntscheidung im konkreten [X.]inzelfall. Sie stellt
den unverzichtbaren Orientierungsrahmen für die richterliche Abwä-gung dar (BVerfG[X.]
105, 135, 156). Dieses [X.]rfordernis erfüllt eine bloße [X.] nicht. Sie entspricht nämlich nicht einmal annähernd
dem denkbar schwersten Fall, für den allein
-
wie auch im Strafrecht (Fischer, StGB, 60.
Aufl., §
46 Rn.
16; vgl. auch [X.], Beschluss vom 30.
August 1983
-
5
StR
587/83, [X.] 1984, 152)
-
grundsätzlich die höchste Sanktion verhängt werden darf.
[X.]s kommt hinzu, dass mangels gesetzlicher Vorschriften zu den Kriterien einer von einem festen Sanktionsrahmen
unabhängigen Bußgeldzumessung und deren
konkreter
Bewertung auch sonst jeder gesetzliche Maßstab fehlte, an dem sich die [X.] im [X.]inzelfall orientieren könnte. [X.]s ist [X.] Aufgabe des Gesetzgebers, über die allgemeinen Kriterien zu befinden, die den konkreten [X.] leiten (BVerfG[X.]
105, 135, 155). [X.]in sol-cher gesetzlicher Maßstab kann auch nicht durch Leitlinien des Bundeskartell-amts oder der [X.]uropäischen [X.] ersetzt werden, an deren Leitlinien sich das [X.] weitgehend angelehnt hat. Würde die Bußgeldober-grenze als Kappungsgrenze verstanden, wäre die -
mangels eines zur [X.] dienenden Ahndungsrahmens noch dringender notwendige -
normative Vorprägung des richterlichen Ahndungsprozesses nicht gewährleistet. Zwar be-stimmt
§
81 Abs.
4 Satz
4 [X.] 2005,
dass bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl die
[X.]were der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen sind. Ist aber kein fester Ahndungsrahmen vorhanden, fehlt auch diesen [X.] das sie einordnende Bezugssystem. Dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot ist deshalb nur genügt, wenn die Regelung des §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005 als umsatzabhängige Obergrenze verstanden wird. Nur dann besteht für die Bußgeldzumessung ein hinreichend bestimmter Rahmen, innerhalb dessen anhand der allgemeinen Zumessungs-kriterien das zu verhängende Bußgeld im [X.]inzelfall festgelegt werden kann.
Die 56
57
-
26
-
Leitlinien des [X.]s, die kein materielles Gesetz darstellen und an die das Gericht nicht
gebunden
ist, können den gebotenen normativen Rahmen nicht ersetzen.
Für das gerichtliche Bußgeldverfahren
-
ebenso wie für das Strafverfah-ren
-
gilt
vielmehr, dass der [X.] die Sanktion
selbständig
innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens zu finden hat. Dabei hat er die schärfenden und mildernden Faktoren gegeneinander abzuwägen und anhand der gesetz-lich vorgegebenen Bemessungskriterien gemäß §
17 Abs.
3 OWiG das Bußgeld festzusetzen. Dies stellt einen eigenständigen [X.]rkenntnisakt des zur [X.]ntschei-dung berufenen Gerichts dar, das
nicht nur den Bußgeldbescheid auf seine An-gemessenheit zu überprüfen hat. Dies folgt schon daraus, dass die gerichtliche Hauptverhandlung im Bußgeldverfahren nicht etwa lediglich eine Verhandlung über die im Bußgeldbescheid enthaltenen tatsächlichen (und rechtlichen) An-gaben ist. Sie dient vielmehr der eigentlichen Untersuchung des ordnungswidri-gen Verhaltens des Betroffenen und der Aufklärung der wahren Beschaffenheit
der Tat ([X.]St 23, 336, 341). Dies schließt auch deren
Ahndung
ein.
Um dem [X.] eine eigenständige Ahndung zu ermöglichen, bedarf es neben einer Un-tergrenze einer festen, wenngleich auch erst über den Umsatz zu bestimmen-den Obergrenze. Als solche ist in verfassungskonformer Auslegung §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005 zu verstehen.

(2) Mit einer solchen umsatzabhängigen Obergrenze verstößt der [X.]rahmen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des
Art.
103 Abs.
2 [X.]. [X.]r
widerspricht insbesondere nicht den Grundsätzen, die das Bundesverfassungs-gericht
zur Vermögensstrafe nach §
43a StGB aufgestellt hat.
Dort hat das [X.] die Festlegung eines Rahmens verlangt, dem so-wohl grundsätzlich das Mindestmaß einer Strafe als auch eine Sanktionsober-grenze zu entnehmen sein müsse (BVerfG[X.]
105, 135, 156).
58
59
-
27
-
Die Ausführungen des [X.]s
lassen sich
wegen der Unterschiedlichkeit der Rechtsinstitute nicht ohne weiteres auf die [X.] gegen Unternehmen übertragen.
Während die Vermögensstrafe als zusätz-liche Sanktionsform neben das tradierte
System der (Haupt-) Strafen treten soll-te, ist die Verhängung von Bußgeldern die zentrale Sanktion bei [X.]. Für den Fall der Kartellordnungswidrigkeit tritt als Besonderheit hinzu, dass
der wirtschaftliche Vorteil
bei [X.], die häufig das [X.] Gefüge
in ganz erheblichem Umfang stören und große
volkswirt-schaftliche [X.]äden verursachen können, in
der
Regel bei dem Unternehmen eintritt. [X.]s bedarf deshalb der Androhung einer auch für Großunternehmen empfindlichen Geldbuße.
Damit
ist von vornherein ein weiter Rahmen
notwendig, wenn die [X.] sowohl kleine
als auch weltweit
tätige Unternehmen erfassen und Zuwi-derhandlungen gegen das Kartellverbot nach ihrer jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ahnden soll. Die Anknüpfung an Indikatoren, die eine [X.] Aussagekraft hinsichtlich der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit des [X.] aufweisen, ist deshalb unumgänglich, wenn der Gesetzgeber die
gleichermaßen der Verfassung zu entnehmenden
Gebote
des angemessenen Sanktionierens und der Wahrung
der [X.]inzelfallgerechtigkeit umsetzen will.
Dass der Gesetzgeber
-
insoweit in Anlehnung an das Gemeinschafts-recht
(Art.
23 VO
([X.]G)
Nr.
1/2003)
-
die Umsatzzahlen als maßgebliche [X.] bestimmt hat, begegnet vor diesem Hintergrund keinen Bedenken.
Die Umsatzzahlen sind aussagekräftig im Hinblick auf die Größe des [X.]. Aus ihnen lassen sich Rückschlüsse auf seine Stellung
am Markt und seine Möglichkeiten
ziehen, durch ein gegen die Bußgeldnormen des [X.] Verhalten rechtswidrige Vorteile im Wettbewerb zu erzie-len. Zudem sind die Umsatzzahlen Werte, die sich aufgrund der betrieblichen Finanzbuchhaltung relativ leicht feststellen lassen, zumal die in Betracht kom-60
61
62
-
28
-
menden Unternehmen im Regelfall publizitätspflichtig sein werden (§
325 HGB). Da zu
dem zu veröffentlichenden Jahresabschluss
auch eine Gewinn-
und Ver-lustrechnung zählt (§
264 HGB), die auf den Umsatzerlösen aufbaut (§
275 HGB; für den Konzern §
313 HGB), werden die notwendigen Daten ohne große [X.]wierigkeiten zu erheben sein. Für die betroffenen Unternehmen sind diese aus ihrer Sphäre stammenden Angaben ebenfalls transparent;
mithin ist das Höchstmaß der in Betracht kommenden Geldbuße berechenbar. Für die mög-licherweise von der Geldbuße betroffenen Unternehmen ist das Höchstmaß zu-dem deutlich leichter als der Mehrerlös nach §
81 Abs.
2 [X.] 1999 zu [X.], dessen dreifache Höhe nach dem früheren Rechtszustand die Obergrenze bildete. Die umsatzabhängig zu bestimmende Obergrenze
ist damit auch in ei-nem weit höheren Umfang vorhersehbar.
Die umsatzabhängig zu bestimmende Obergrenze erlaubt deshalb inner-halb eines transparenten Berechnungsrahmens eine auf die Finanzausstattung und wirtschaftliche Potenz des Unternehmens wesentlich besser [X.],
als dies die frühere Regelung oder ein starres [X.]ystem mit betragsmäßig bestimmten Obergrenzen ermöglichte. Starre Obergrenzen, wenn sie noch eine angemessene Ahndung auch für sehr große Unternehmen gewährleisten sollen, müssten
nämlich aus der Sicht kleinerer Unternehmen sehr weite [X.]
zur Folge haben. Zudem führte ein solcher notwen-digerweise sehr weiter Rahmen dazu, dass für kleinere und mittlere Unterneh-men die Vorhersehbarkeit einer möglichen zukünftigen Ahndung deutlich gerin-ger wäre, weil
die Obergrenze sich in Bereichen bewegte, die in keinem Zu-sammenhang mehr mit der eigenen Finanz-
und Wirtschaftskraft stünden
(zu-treffend [X.],
[X.] 2007, 458, 465).
Gleiches würde im Übrigen gelten, wenn neben der umsatzbezogenen Obergrenze eine zweite zu beachtende betragsmäßig feststehende Grenze eingeführt würde (vergleichbar der [X.] bei der Geldstrafe gemäß 63
64
-
29
-
§
40 Abs.
2 Satz
3 StGB). Diese müsste so hoch sein,
dass ihr allenfalls noch Alibicharakter zukäme. Wäre sie niedriger, kämen wiederum nur sehr große Un-ternehmen in den Genuss einer zusätzlichen Deckelung. Dass dies unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots nach Art.
103 Abs.
2 [X.] erforderlich
sein sollte
(so aber wohl [X.]/[X.] aaO S.
42), ist nicht erkennbar.
[X.]benso wenig ist
es
aus verfassungsrechtlichen Gründen zu [X.], dass
nicht
an die Umsatzzahlen zur Tatzeit angeknüpft wird. Die [X.] einer solchen Regelung ergibt sich schon aus dem allgemeinen Grundsatz, dass für die Ahndung die der [X.]ntscheidung sachnächsten Zahlen zugrunde zu legen sind (vgl. zur Geldstrafe [X.], Beschluss vom 27.
März 1979
-
1
StR
503/78, [X.]St 28, 360, 362). [X.]in Verstoß gegen den [X.]uldgrundsatz oder das Bestimmtheitsgebot ist hierin nicht zu sehen
(so aber wohl [X.]
in [X.], OWiG, 16.
Aufl., §
17 Rn.
48c).
c) Ohne Rechtsverstoß hat das [X.] bei der Berechnung der umsatzabhängigen Obergrenze nicht nur den Umsatz der jeweiligen Ne-benbetroffenen, sondern des Konzerns zugrunde gelegt, indem es sämtliche Umsätze der im Sinne des §
36 Abs.
2 [X.]
verbundenen Unternehmen [X.] hat.
Allerdings bestimmte §
81 Abs.
4 Satz
2 [X.] 2005 in der bis zum 21.
Dezember 2007 geltenden Fassung, dass das Bußgeld für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder
jede beteiligte
Unternehmens-vereinigung über Satz
1 hinaus 10 vom
Hundert
seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen

darf. [X.]rst durch die [X.] vom 18.
Dezember 2007 ([X.]
I S.
2966) wurde (mit Wirkung zum
22.
Dezember 2007) ein Satz
3 eingefügt, wonach bei der [X.]rmittlung des Gesamtumsatzes der weltweite Umsatz aller na-65
66
67
-
30
-
türlichen und juristischen Personen zugrunde zu legen ist, die als wirtschaftliche [X.]inheit operieren. Hierdurch
sollte
-
so die Materialien zur Preismissbrauchsno-velle (BT-Drucks.
16/7156, S.
11)
-
nur klargestellt werden, dass eine solche Umsatzzurechnung im Konzern auch im Rahmen der Kappungsgrenze

des §
81 Abs.
4 [X.] 2005 zu erfolgen
hat und hierzu entsprechend der [X.] Rechtslage auf den Begriff der wirtschaftlichen [X.]inheit abzustellen ist.
Aus dieser Gesetzesänderung folgt nicht, dass zuvor ein anderer Be-zugsmaßstab gegolten hat. Vielmehr wollte der Gesetzgeber
-
wie der
Begriff Klarstellung

verdeutlicht
-
vor dem Hintergrund des Streits in der Literatur (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: [X.], 4.
Aufl., §
81 Rn.
342 mwN) seinen ursprünglichen
gesetzgeberischen Willen weiter präzisieren, um
Missverständnisse auszuräumen. Dieses Normverständ-nis hat auch im Wortlaut des Gesetzes Ausdruck gefunden.
Sowohl aus dem Begriff Unternehmen

als auch aus dem Merkmal Ge-samtumsatz

lässt sich schließen, dass eine Bezugseinheit angesprochen sein sollte, die über die Rechtsfigur der juristischen Person hinausgreift, die für die Begründung der bußgeldrechtlichen Verantwortlichkeit maßgebend ist (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
August 2011
-
KRB
55/10, [X.]St 57, 193
= [X.]/[X.] D[X.]-R
3455 -
Versicherungsfusion).
Der Begriff des Unternehmens impliziert vielmehr im Gegensatz hierzu die wirtschaftliche [X.]inheit, zu der die verbunde-nen Unternehmen hinzuzurechnen sind, die in einem Konzernverbund (§
18 AktG) unter einheitlicher Leitung stehen. Bestätigt wird dieses [X.]rgebnis durch das weitere Merkmal des Gesamtumsatzes. Dieses
impliziert notwendigerweise die rechnerische Zusammenfassung von Umsätzen. Das deutet darauf hin, dass neben dem Jahresumsatz der originär verantwortlichen juristischen Per-son auch weitere
Umsätze

naheliegend die Umsätze der zu ihr im Konzern-verbund stehenden Gesellschaften

hinzugerechnet werden müssen.
68
69
-
31
-
Dieses Auslegungsergebnis entspricht auch dem Gesetzeszweck, eine Ahndung in Abhängigkeit zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sicherzustellen. [X.]r
verlangt eine Anknüpfung an wirtschaftliche Indikatoren, die in den Begriffen Unternehmen

und Gesamtumsatz

zum Ausdruck kommen. Da es für die wirtschaftliche Bewertung entscheidend auf das Unternehmen als [X.] [X.]inheit ankommt, muss auch dessen Gesamtumsatz den Bezugspunkt [X.]. Die Ahndungsempfindlichkeit und der sich hieraus ergebende Abschre-ckungseffekt bestimmen
sich nämlich nicht nach den wirtschaftlichen Daten der juristischen Person, für die gehandelt wurde, sondern nach denjenigen des Ge-samtunternehmens. Im Übrigen kann nur so wirksam [X.] innerhalb des Gesamtkonzerns entgegengewirkt werden (BT-Drucks.
16/7156, S.
11).
Der vorliegende Fall nötigt nicht zu einer vertieften Betrachtung, welche Grenzen für eine Umsatzzurechnung nach §
81 Abs.
4 [X.] 2005 bestehen. Nach den Urteilsfeststellungen handelt es sich bei den zur wirtschaftlichen [X.]in-heit gezählten Töchtern jeweils um 100-prozentige Beteiligungen. Lediglich hin-sichtlich der [X.]
AG hat das [X.] auch eine nur 89-prozentige Beteiligung der [X.] Beteiligungsgesellschaft
mbH, die wiederum eine 100-prozentige Tochter der [X.] [X.]weiz ist, als ausreichend angesehen. Dies begegnet angesichts dessen, dass zwischen der [X.]
AG und der [X.] Be-teiligungsgesellschaft
mbH ein Gewinnabführungsvertrag besteht und sämtliche [X.] Gesellschaften durch die Mitglieder der Geschäftsleitung
der [X.] Holding
unter regionaler Aufteilung der Zuständigkeiten
einheitlich geführt wer-den, keinen Bedenken.
d) Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das [X.] als maßgebliches Jahr für die Feststellung des Umsatzes das Jahr vor der [X.]entscheidung angesehen hat.
70
71
72
-
32
-
Diese
Regelung wurde zwar erst durch
die [X.] vom 18.
Dezember 2007 eingeführt. Sie war auch
-
anders als die Konkretisierung der zugrundezulegenden Umsätze
-
nicht nur klarstellender Natur (vgl. auch BT-Drucks. 16/7156, S.
11);
zuvor galt -
wie bereits oben ausgeführt (Rn.
65) -
der allgemeine Grundsatz, dass es für die Feststellung der Umstände, die für die Ahndungshöhe relevant sind, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der gerichtli-chen [X.]ntscheidung ankommt. [X.]s beschwert aber die Nebenbetroffenen nicht, dass das [X.] von dem Geschäftsjahr vor
[X.]rlass des [X.] ausgegangen ist. Nach den Feststellungen waren die Umsätze in [X.] bei allen Nebenbetroffenen niedriger. Insoweit war die Fassung des §
81 Abs.
4 [X.] 2007 für die Nebenbetroffenen das mildere Gesetz (§
4 Abs.
3 OWiG).
e) Die nach dem [X.] des §
81 Abs.
2 [X.] vorgenommene
Feststellung des
[X.]
hat das [X.] rechtsfehlerfrei getrof-fen.
aa) [X.]ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerden war für die Mehr-erlösfeststellung kein zweistufiges Verfahren dergestalt erforderlich, dass [X.] die Frage des Vorliegens
eines [X.] zu klären war und erst da-nach
-
in einem zweiten [X.]ritt
-
die Beauftragung eines Sachverständigen er-folgen durfte, der die für die [X.]ätzung des [X.] erforderlichen Anknüp-fungstatsachen ermitteln sollte.
Nach den
Umständen des Streitfalls musste das [X.] keine Zweifel am [X.]ntstehen eines [X.] haben. [X.]s
konnte vielmehr sogleich in die Prüfung der Höhe der [X.] eintreten. Wie der [X.] bereits in seiner [X.]ntscheidung vom 28.
Juni 2005 (KRB
2/05,
[X.]/[X.] D[X.]-R 1567, 1569
-
Berli-ner Transportbeton
I) ausgeführt hat, besteht ein wirtschaftlicher Grundsatz, dass die Gründung eines [X.] grundsätzlich der Steigerung des Gewinns 73
74
75
76
-
33
-
der im Kartell beteiligten Unternehmen dient. Deshalb spricht eine hohe Wahr-scheinlichkeit dafür, dass das Kartell gebildet und erhalten wird, weil es höhere als am Markt erzielbare Preise erbringt.
Im vorliegenden Fall wird dieser [X.]rfahrungssatz durch die über zehnjäh-rige Dauer des [X.] bestätigt, zumal es aus der Angst vor Preisverfall nach einer kurzen kartellfreien Phase gegründet wurde. Zudem hätten
es die [X.]rmitt-lungen zur Höhe des [X.] aufgedeckt, wenn tatsächlich kein Mehrerlös entstanden oder dies jedenfalls nicht ausschließbar gewesen wäre. [X.] hat das [X.] auf der Grundlage des Befundes des Gutachters
für die
[X.]e
Niedersachsen, [X.] und [X.] keinen Mehr-erlös feststellen können, sondern nur einen durch die kartellbedingte Abschir-mung durch die kartellierten Märkte in Norddeutschland
bedingten Mehrerlös
in [X.]leswig-Holstein
angenommen. Aus dem Umstand, dass für die [X.]ntstehung eines [X.] Gewissheit erforderlich ist ([X.],
[X.]/[X.] D[X.]-R 1567, 1569 -
Berliner Transportbeton
I), während die Höhe des [X.] geschätzt wer-den darf, folgt nicht, dass sich das Gericht diese volle Gewissheit verschaffen muss, bevor es die Höhe des [X.] ermittelt.
[X.]) Die Feststellungen zu den erzielten [X.]n sind rechtsfehlerfrei. [X.]s ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] keine tataktuellen Vergleichsmärkte herangezogen hat. Dies ist nämlich nur dann angängig, wenn die in die [X.] einzubeziehenden
Märkte ihrerseits kartellfrei sind ([X.]St 52, 1
Rn.
19
f.
-
Papiergroßhandel), was das [X.] hinsichtlich der in Betracht gezogenen ausländischen Märkte nicht hat [X.] können.
Bei der von ihm vorgenommenen wirtschaftlichen Analyse hat
das [X.]
den Anforderungen des Vergleichsmarktkonzepts Rechnung getragen, indem es die Preisentwicklung
auf den
später nicht mehr kartellierten Märkten
zugrunde gelegt und bewertet hat. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
77
78
-
34
-
cc) Gegen die vom [X.] vorgenommene [X.]ätzung, deren Grundlagen und Berechnungsschritte in den Urteilsgründen eingehend darge-legt sind, ist aus Rechtsgründen nichts
zu erinnern. Die insoweit vorgebrachten Angriffe, die teilweise auf urteilsfremden Umständen beruhen, sind unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.]. Dass das [X.] sowohl bei den einzelnen [X.]ätzungsgrundlagen als auch bei dem [X.]ätzungsergebnis sehr weitgehende Abschläge vorgenommen hat, beschwert die Nebenbetroffenen nicht (vgl. [X.]St 52, 1
Rn.
22
f.
-
Papiergroßhandel).
3.
Die [X.] hält der Nachprüfung im Rechtsbeschwerde-verfahren stand.
a) Das [X.] durfte die von den Rechtsvorgängern der [X.]
AG begangenen [X.]n bußgelderhöhend berücksichtigen. Insoweit setzte es
sich nicht in Widerspruch zu den
-
nach [X.]rlass des angefochtenen Ur-teils ergangenen
-
[X.]sentscheidungen vom 10.
August 2011 (KRB
2/10,
wistra
2012, 152
-
Transportbeton
II;
KRB
55/10,
[X.]St
57, 193
-
Versiche-rungsfusion).
Danach darf gegen einen Gesamtrechtsnachfolger ein Bußgeld nur dann verhängt werden, wenn zwischen der früheren und der neuen Vermögensver-bindung nach wirtschaftlicher Betrachtung nahezu Identität besteht. Vorausge-setzt wird
hierfür, dass das Vermögen der ursprünglich haftenden juristischen Person einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens der neuen juristischen Person ausmacht. [X.]ine Fusion unter Gleichen oder nahezu Gleichen erfüllt [X.] Voraussetzung nicht
([X.]St ebd.
Rn.
19).
Feststellungen zu den wirtschaftlichen Größenverhältnissen der aufge-nommenen Gesellschaften ([X.], Alsen-Breitenburg Zement-
und Kalkwerk GmbH) und der aufnehmenden Gesellschaft ([X.], die später in 79
80
81
82
83
-
35
-
die [X.]
AG umfirmiert wurde) hat das [X.] nicht getroffen. Dies war auch entbehrlich. Der entscheidende Unterschied zu der [X.], die den vorgenannten [X.]sentscheidungen zugrunde liegt, ist hier, dass die [X.] von der aufnehmenden Gesellschaft fortgesetzt wurde. Damit hat die aufnehmende Gesellschaft
-
soweit sie
nicht schon vorher in das Absprachengeflecht einbezogen war (wie im Fall der Absprache mit der Teuto-nia)
-
durch eigene Leitungsorgane im Sinne des §
30 OWiG den Bußgeldtat-bestand verwirklicht. Da die einzelnen Absprachen über die gesamte Zeitdauer
des Bestehens des [X.]
-
wie oben ausgeführt
-
zu einer Bewertungseinheit verbunden sind, ist hierdurch eine eigenständige bußgeldrechtliche [X.] der
[X.]
AG
begründet worden. Die vom [X.] aus dem
Analogie-verbot (Art.
103 Abs.
2 [X.]) abgeleiteten Bedenken gegen eine
bußgeldrechtli-che
Haftung für eine andere Person, die sich auf den engen Wortlaut des §
30 OWiG
stützen, der nur eine bußgeldrechtliche Haftung derjenigen juristischen Person erlaubt, für die der Verantwortliche gehandelt hat, bestehen bei dieser Sachverhaltskonstellation nicht.
Dass sich das Verhalten der aufgenommenen Gesellschaften in den festgestellten [X.]n und damit in der
Bemessung der Bußgelder nieder-geschlagen hat, begegnet keinen Bedenken. [X.]s war
-
zumal der aufnehmenden Gesellschaft etwaige Renditen und wettbewerbliche Vorteile aus dem Kartell verblieben sind
-
sogar geboten,
dies im Rahmen der Zumessung der [X.] zu berücksichtigen. Die [X.]
AG als aufnehmende Gesellschaft wird hierdurch auch nicht unbillig belastet. Wenn sie von der [X.] nicht schon aus eigener Beteiligung Kenntnis hatte,
nahm
sie diese jedenfalls ab
dem Zeitpunkt, zu dem sie die Absprachen fortsetzte, in ihren
Willen auf.
Auch hinsichtlich der [X.]
GmbH
ist die
Zurechnung
der
[X.]
ihres Tochterunternehmens rechtsfehlerfrei. Das [X.] durfte die [X.] einbeziehen, die bei der [X.] Zement Karsdorf
GmbH
seit
1994 84
85
-
36
-
angefallen waren.
Diese
Gesellschaft wurde
eine 100-prozentige Tochter der
[X.]
GmbH,
wobei ab dem [X.] ein Gewinnabführungsvertrag [X.]. Insoweit hat das [X.] darauf abgestellt, dass
die Vorteile aus der rechtswidrigen Praxis bei dem Mutterunternehmen angefallen
sind. Dies durfte bei der Bemessung des [X.] jedenfalls deshalb zu ihren Las-ten berücksichtigt werden, weil die [X.]
GmbH
nicht nur Kenntnis von den Absprachen hatte, sondern ihre Tochtergesellschaft ausdrücklich in die Quoten-festlegung einbezog.
b) Auch im Übrigen ist die Bemessung der einzelnen Bußgelder aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das [X.] hat bei der Fest-legung der einzelnen Bußgelder auch die sich aus dem Additionsgrundsatz des §
20 OWiG ergebenden Härten berücksichtigt. Wegen der nicht allzu erhebli-chen Verzögerung des Verfahrens musste das [X.] keine teilwei-se Anrechnung festlegen, zumal die Nebenbetroffene aus der verspäteten [X.]nt-scheidung den Vorteil eines weiteren Kapitalnutzens ziehen konnte.
[X.] Allerdings ist
für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ei-ne Kompensation in Gestalt einer Anrechnung auf die verhängten Geldbußen vorzunehmen. Das Verfahren wurde nach [X.]
rechtsstaatswidrig ver-zögert.
Das Urteil
des [X.]s datiert
vom 26.
Juni 2009.
Die Rechts-beschwerdebegründungen waren bis [X.]nde 2009 eingegangen;
ergänzende Ausführungen zu den erhobenen Sachrügen
erfolgten
bis April 2010. Dem Ge-neralbundesanwalt wurden die Akten erst im Dezember 2011
vorgelegt. Die Verzögerung
beruhte im Wesentlichen darauf, dass die
Generalstaatsanwalt-schaft [X.] und das [X.] gemeinsam eine
über 800 Seiten umfassende Gegenerklärung ausgearbeitet haben, die erst am 2.
Dezember 86
87
88
-
37
-
2011 fertiggestellt wurde.
[X.]ine derart lange Bearbeitungszeit ist unangemessen und begründet eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung.
Nach §
79 Abs.
3 Satz
1 OWiG, §
347 Abs.
1 [X.] beträgt die für die Gegenerklärung zu beachtende Frist grundsätzlich eine Woche.
[X.] geltend gemacht, ist die Staatsanwaltschaft gehalten, innerhalb dieser Frist eine Gegenerklärung abzugeben (Nr.
162 Abs.
2 [X.]), um für das Rechtsbeschwerdegericht die zugrundeliegenden [X.] auf-zubereiten. Dies hat die Generalstaatsanwaltschaft hier in vorbildlicher Weise getan. Nicht erforderlich sind dagegen Stellungnahmen zur Sachrüge (Nr.
162 Abs.
1 [X.]), insbesondere im hier vorliegenden Umfang. Die Frist
von einer Woche mag sich zwar, wenn
-
wie hier
-
umfangreiche Verfahrensbeanstan-dungen vorliegen,
verlängern können (vgl. [X.], [X.], 55.
Aufl., §
347 Rn.
2). [X.]ine knapp zweijährige Bearbeitungsdauer für die [X.] lässt sich
jedoch
unter keinem denkbaren Gesichtspunkt
rechtfertigen.
Damit ist das auch im Bußgeldverfahren nach Art.
6 Abs.
1 Satz
1 MRK geltende Beschleunigungsgebot verletzt (vgl. [X.], [X.]/[X.] D[X.]-R 1233, 1235
f.
-
Frankfurter Kabelkartell). Der [X.] sieht es hier als erforderlich an, eine Kompensation
anzuordnen. Dies hat dadurch
zu erfolgen, dass ein Teil
der Ge-samtgeldbußen als vollstreckt
angerechnet wird
(vgl. [X.], Beschluss vom 17.
Januar 2008
-
GSSt
1/07, [X.]St
52, 124).
Über den Umfang der Kompensation kann das Rechtsbeschwerdegericht selbst befinden ([X.], Beschluss vom 27.
November 2008 -
5
StR
495/08, NStZ
2010, 94). Der [X.] hält im Hinblick auf die Dauer und das Gewicht der Verfahrensverzögerung jeweils eine Anrechnung von 5%
der festgelegten Geldbußen für angemessen. Anders als im Strafrecht, wo die Kompensation nur nach der individuellen Belastung des Betroffenen
und nicht in Abhängigkeit von
[X.]uldschwere und Strafhöhe
zu bestimmen ist ([X.], Urteil vom 27.
Au-89
90
91
-
38
-
gust 2009
-
3
StR
250/09, [X.]St
54, 135
Rn.
8;
Beschluss vom 13.
April 2012
-
5
StR
442/11, [X.], 2370
Rn.
12), kann bei Geldbußen gegen [X.] ein prozentualer Abschlag vorgenommen werden. Die Belastung von Unternehmen besteht in dem [X.] für die verhängten [X.]n, der sich nach ihrer jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unter-schiedlich auswirkt. Da die Höhe der Geldbußen ebenfalls im Wesentlichen durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der geahndeten Unternehmen [X.] ist, erscheint als Kompensation eine entsprechende prozentuale [X.] sachgerecht. Hinsichtlich des Betroffenen [X.]d.
[X.].
setzt der [X.]
den als vollstreckt anzurechnenden Betrag auf 10.000

-
39
-
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
79 Abs.
3 OWiG, §
473 Abs.
1
und
4
[X.]. Der geringfügige [X.]rfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, von einer vollständigen Überbürdung der
Kostenlast
auf die Rechtsbeschwerdeführer
ab-zusehen.
Bornkamm
Meier-Beck
Raum

Strohn
Deichfuß

Vorinstanz:
OLG [X.], [X.]ntscheidung vom 26.06.2009 -
VI-2a Kart 2-6/08 -

92

Meta

KRB 20/12

26.02.2013

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2013, Az. KRB 20/12 (REWIS RS 2013, 7849)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7849

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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