Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2000, Az. V ZR 356/99

V. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 900

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESVERSÄUMNISURTEIL[X.]Verkündet am:13. Oktober 2000K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja-----------------------------------ZPO § 540Hält das Berufungsgericht ein Teilurteil des [X.] zu Unrecht für zulässigund zieht den dort noch anhängigen Streitteil nicht zu sich herauf, kann das Revisi-onsgericht unter Aufhebung des Berufungsurteils die Sache an das Berufungsge-richt zurückverweisen, wenn dessen Entscheidung über den gesamten [X.] im Sinne des § 540 ZPO ist.[X.], [X.]. v. 13. Oktober 2000 - [X.] - [X.] -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 13. Oktober 2000 durch [X.] [X.] und [X.] Tropf, [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Kläger wird das [X.]eil des [X.] des[X.]s [X.] vom 30. August 1999 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Das [X.]eil ist vorläufig vollstreckbar.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 1. September 1997 erwarben die Kläger vonder Beklagten ein Grundstück "wie besichtigt, ohne Gewähr für Größe, Güteund Beschaffenheit ...", das mit einem 1973 im vorderen Teil errichteten Mehr-familienhaus und einem älteren Hintergebäude bebaut ist. Die Baugenehmi-gung für das Vordergebäude war der Beklagten und ihrem Großvater mit der- rechtskräftigen - Auflage erteilt worden, das Hintergebäude spätestens achtMonate nach der Schlußabnahme zu beseitigen. Nach einer vom [X.] -eingeholten amtlichen Auskunft ist das Hintergebäude formell und [X.], die Wahrscheinlichkeit einer Vollstreckung der [X.] abersehr gering.Die Kläger haben auf den Kaufpreis von 750.000 [X.] bezahlt. Den Restbetrag von 175.100 DM behalten sie mit der Be-hauptung ein, die Beklagte habe ihnen die [X.] arglistig verschwie-gen. Nachdem die Beklagte wegen des Restkaufpreises die [X.] aus der [X.] eingeleitet hatte, haben die [X.] erhoben und (neben einem Hilfsantrag) beantragt,1. die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären,2. festzustellen, daß sie zur Kaufpreisminderung um 175.100 DM be-rechtigt [X.] die Beklagte zu verurteilen, den beurkundenden Notar zur [X.] anzuweisen [X.] festzustellen, daß die Beklagte zur Zahlung der Abrißkosten ver-pflichtet sei, wenn die Kläger aufgrund behördlicher Anweisung [X.] abreißen lassen müßten.Das [X.] hat mit seiner als "Grundurteil" bezeichneten Entschei-dung dem Klageantrag zu 2 dem Grunde nach und zu 4 uneingeschränkt statt-gegeben; im übrigen hat es eine Beweisaufnahme über die Minderung [X.] durch die [X.] angeordnet. Auf die Berufung [X.] hat das [X.] die Klageanträge zu 2 und 4 abgewiesen.- 4 -Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie in erster Linie [X.] des landgerichtlichen [X.]eils, hilfsweise die Zurückverwei-sung des Rechtsstreits an das [X.] begehren.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht sieht die landgerichtliche Entscheidung als Teil-Grundurteil (Klageantrag zu 2) und Teil-Endurteil (Klageantrag zu 4) an. [X.] sie für zulässig, weil die Gefahr einander widersprechender Entscheidun-gen nicht bestehe; denn die Klageanträge zu 1 und 3 stützten sich materiell-rechtlich auf den mit dem Teil-Grundurteil zuerkannten Anspruch, das [X.] sei nach § 318 ZPO an dieses [X.]eil und an die insoweit ergehenderechtskräftige Entscheidung des Rechtsmittelgerichts gebunden.In der Sache verneint das Berufungsgericht ein arglistiges Handeln [X.].II.Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.1. Die Beklagte war trotz ordnungsgemäßer Ladung im [X.] nicht vertreten. Deshalb ist über die Revision durch Versäumnisurteil zuentscheiden, obwohl das [X.]eil inhaltlich nicht auf der [X.] beruht- 5 -(vgl. [X.]Z 37, 79, 81 ff; [X.]. v. 6. Juni 1986, [X.], NJW 1996,3086).2. Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die vom [X.] gewählteVerfahrensweise der teilweisen Entscheidung des Rechtsstreits für zulässig.Die Voraussetzungen für den Erlaß eines [X.] (§ 301 ZPO) lagen nämlichnicht vor.Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] darf ein [X.] nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest desgeltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so daß die [X.] widersprechender Entscheidungen - auch infolge einer abweichendenBeurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (s. nur [X.]Z107, 236, 242; 120, 376, 380; [X.], [X.]. v. 26. September 1996, [X.], 453, 455; [X.]. v. 12. Januar 1999, [X.], [X.], 1035;[X.]. v. 24. Februar 1999, [X.], [X.], 1718, 1719 - jeweilsm.w.N. -). Das gilt nach § 301 Abs. 1, 1. Alt. ZPO auch für den - hier gegebe-nen - Fall, daß von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchennur ein Teil entscheidungsreif ist ([X.], [X.]. v. 12. Januar 1999, [X.] liegt die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen wegender abweichenden Beurteilung der Frage der Arglist durch das Rechtsmittelge-richt geradezu auf der Hand. Denn alle Klageanträge stützen sich auf [X.], nämlich die von den Klägern behauptete arglistige Täuschungdurch die Beklagte (§ 463 Satz 2 BGB). Auch die Begründetheit der noch nichtbeschiedenen Klageanträge setzt voraus, daß die Kläger von der [X.] getäuscht wurden; nur dann wäre der restliche Kaufpreisanspruch der- 6 -Beklagten durch Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch der Klägererloschen.3. [X.] einander widersprechender Entscheidungen kann auchnicht mit dem vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsatz der Eigenbin-dung der Gerichte nach § 318 ZPO beseitigt werden. Denn die Bindung er-streckt sich nur auf den [X.]eilsausspruch, nicht dagegen auf die in den [X.] dafür angegebene rechtliche Begründung und die [X.] festgestellten Tatsachen ([X.], [X.]. v. 21. Februar 1994,II [X.], NJW 1994, 1222 f; Musielak, ZPO, § 318 Rdn. 2). [X.] das [X.] bei seiner Entscheidung über die Klageanträge zu 1und 3 die Frage der Arglist durchaus anders beurteilen als bisher. Dies über-sieht das Berufungsgericht und erkennt deswegen nicht, daß seine Auffassungauf das Ergebnis hinausläuft, daß jedes Teilurteil gerechtfertigt wäre.[X.] Unzulässigkeit des [X.] führt zur Aufhebung des angefochte-nen [X.]eils (§ 564 Abs. 1 ZPO). Eine abschließende Entscheidung (§ 565Abs. 3 Nr. 1 ZPO) ist dem Senat nicht möglich. Er kann den noch nicht be-schiedenen Teil des Rechtsstreits nicht an sich ziehen und anstelle des [X.]s gemäß § 540 ZPO darüber entscheiden (vgl. [X.]/[X.], 2. Aufl., § 565 Rdn. 28), weil die Nachprüfung des Berufungsurteilsdurch die Revisionsanträge begrenzt wird (§ 559 Abs. 1 ZPO). Da aber [X.] so verfahren kann (vgl. [X.], [X.]. v. 19. November 1959,VII [X.], NJW 1960, 339, 340; v. 12. Januar 1999, [X.], [X.], 1035, 1036 m.w.N.), ist die Sache nicht an das [X.], sondern an- 7 -das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dessen Entscheidung ist sachdien-lich, weil der Sachverhalt geklärt ist, das Berufungsgericht die erforderlichenFeststellungen getroffen hat, weitere Feststellungen durch das [X.]nicht mehr zu erwarten sind und ein arglistiges Handeln der Beklagten danachnicht vorliegt.1. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß das den Klägern ver-kaufte Grundstück mit einem Fehler behaftet ist, weil das Hintergebäude bau-rechtlich formell und materiell illegal ist. Ob die zuständige Behörde den bau-rechtswidrigen Zustand weiter - wie bisher - duldet, ist unerheblich. Mangelfreiwäre das Grundstück nur dann gewesen, wenn bei Gefahrübergang einerechtsverbindliche behördliche Erklärung vorgelegen hätte, die den Klägern [X.] die gesicherte Befugnis gegeben hätte, das Hintergebäude stehen zulassen (vgl. [X.]. v. 20. März 1987, [X.], NJW 1987, 2511, 2512).Das war nicht der Fall, denn nach der vom [X.] eingeholten amtlichenAuskunft ist lediglich die Wahrscheinlichkeit einer Vollstreckung der Beseiti-gungsauflage sehr gering.2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.]s, die Parteien hätten in dem Kaufvertrag einen umfassenden Ge-währleistungsausschluß vereinbart.Der Umfang der Haftungsfreizeichnung ist durch Auslegung zu ermitteln.Da das Berufungsgericht dies unterlassen hat und weitere Feststellungen nichtin Betracht kommen, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen ([X.]Z65, 107, 112; 121, 284, 289). Dafür ist in erster Linie vom Wortlaut der [X.] auszugehen. Soll die Haftung für jeden Mangel ausgeschlossen [X.] dies eindeutig und für den Käufer verständlich formuliert werden (Senats-urt. v. 27. Mai 1964, [X.], [X.], 853, 854). Das ist hier [X.]. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß die Anknüpfung an eine vorausge-gangene Besichtigung des Grundstücks durch die Kläger auf eine [X.] auf erkennbare Mängel hindeutet, zu denender baurechtswidrige Zustand des Grundstücks nicht gehört. Aber die [X.] "verkauft wie besichtigt" wird durch den Nachsatz "ohne Gewähr [X.], Güte und Beschaffenheit ergänzt. Dies ist eindeutig in dem Sinn, daßdie Haftung für alle Mängel, also auch für verborgene, ausgeschlossen seinsoll (vgl. [X.]. v. 27. Mai 1964, aaO). Daß sich der baurechtswidrige Zu-stand auf die Beschaffenheit des Grundstücks auswirkt, ist - entgegen [X.] der Revision - nicht zweifelhaft.3. Zu Recht verneint das Berufungsgericht ein arglistiges Handeln [X.].Die Darlegungs- und Beweislast für die Arglist der Beklagten liegt beiden Klägern. Sie müssen beweisen, daß die Beklagte seinerzeit von der [X.] sie gerichteten Baugenehmigung, in der die [X.] enthaltenwar, Kenntnis genommen hat. Das bloße Bestreiten des anderslautenden [X.] der Beklagten reicht nicht aus. Die Beweislast läßt sich insoweit nicht [X.] Beklagte verlagern. Eine Beweislastumkehr muß auf die Fälle beschränktbleiben, in denen nach anerkannten methodischen Grundlagen eine Abwei-chung von der Grundregel, daß der Anspruchsteller die Beweislast für dierechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale trägt, erforderlich erscheint. Das isthier nicht der Fall. Auch eine Beweiserleichterung nach den Grundsätzen überden Anscheinsbeweis kommt nicht in Betracht. Es gibt nämlich grundsätzlich- 9 -keinen Beweis des ersten Anscheins für individuelle Verhaltensweisen vonMenschen in bestimmten Lebenslagen ([X.]Z 123, 311, 316 m. umfangr.Nachw.). Der vorliegende Sachverhalt rechtfertigt keine abweichende Beurtei-lung.Auf die Hilfserwägung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die [X.] vergessen, kommt es nach alledem nicht an.Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO. Die Ent-scheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708Nr. 2 ZPO.[X.] Tropf Schnei-derKlein [X.]

Meta

V ZR 356/99

13.10.2000

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2000, Az. V ZR 356/99 (REWIS RS 2000, 900)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 900

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.