Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.11.2013, Az. 5 StR 487/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 1336

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Gegenstand

Jugendstrafverfahren: Anrechnung der Heimunterbringung auf die angedrohte Jugendstrafe


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] vom 22. April 2013, soweit es ihn betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO insofern aufgehoben, als eine Entscheidung über die Anrechnung des Aufenthalts des Angeklagten in der „[X.] Unterbringung“ unterblieben und soweit die Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Seine weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen.

Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten Kosten und Auslagen des Rechtsmittels aufzuerlegen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen Hehlerei und Nötigung unter Einbeziehung eines Urteils zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Es hat die in beiden Verfahren erlittene Freiheitsentziehung auf die Jugendstrafe angerechnet, hierbei aber ausschließlich Untersuchungshaft berücksichtigt ([X.]). Eine Entschädigungsentscheidung hat das [X.] nicht getroffen. Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie aus den in der Antragsschrift des [X.] vom 16. Oktober 2013 angeführten Gründen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die Revision rügt zu Recht, dass bei der Entscheidung über die Anrechnung vom Angeklagten erlittener Freiheitsentziehung der durch den Haftverschonungsbeschluss vom 2. Juli 2012 seit diesem Tag bis 17. Dezember 2012 angeordnete Aufenthalt in der „[X.] Unterbringung“ ([X.]) nicht mit in den Blick genommen worden ist. Denn einer Einstufung als „andere Freiheitsentziehung“ im Sinne des § 52a Satz 1 [X.] steht nicht entgegen, dass dieser Unterbringung kein vollstreckbarer Unterbringungsbefehl nach § 72 Abs. 4 Satz 1, § 71 Abs. 2 [X.] – wonach sie ohne Weiteres anrechenbar gewesen wäre (vgl. [X.], [X.], 16. Aufl., § 71 Rn. 14c, § 52 Rn. 8; Richtlinien zum [X.] Nr. 1 zu §§ 52, 52a [X.]; Entwurf eines [X.] zur Änderung des [X.]es, BT-Drucks. 11/5829, [X.]) – zugrunde lag, sondern sie „freiwillig“ aufgrund einer Weisung gemäß § 116 Abs. 1 StPO erfolgt ist, da dem Angeklagten bei deren Nichtbefolgung der Vollzug der Untersuchungshaft drohte (vgl. [X.], [X.], 570; [X.], aaO, § 52 Rn. 8; [X.] in Diemer/[X.]/Sonnen, [X.], 6. Aufl., § 52 Rn. 8; [X.] in [X.], [X.], 9. Aufl., § 52 Rn. 5). Bei wertender Betrachtung steht sie mithin in ihren Wirkungen, auf die es maßgeblich ankommt, einer einstweiligen Unterbringung nach § 72 Abs. 4 Satz 1, § 71 Abs. 2 [X.] gleich.

3

2. Es liegt zwar nahe, dass das [X.] aus erzieherischen Gründen (vgl. [X.]) die Anrechnung des in Rede stehenden Aufenthalts auf die Jugendstrafe nach § 52a Satz 2 [X.] versagt hätte. Dem [X.] ist aber eine eigene Sachentscheidung aufgrund des dem Tatgericht insofern eingeräumten Ermessens nicht möglich. Sollte das Tatgericht den Aufenthalt in der „[X.]“ vollständig auf die verhängte Jugendstrafe anrechnen, so könnte diese nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, da kein zu vollstreckender Rest verbliebe (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Mai 2003 – 4 [X.], [X.]R StGB § 56 Aussetzung 1 mwN). Der [X.] hebt deshalb auch die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung auf, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu geben, hierüber – unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) – neu zu befinden.

4

3. Mit der [X.] wird die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die unterbliebene Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch für die erlittenen, die Dauer der verhängten Jugendstrafe übertreffenden Freiheitsentziehungen gegenstandslos (vgl. [X.], Urteile vom 11. April 2002 – 4 StR 585/01 – und vom 25. April 2013 – 4 StR 551/12; [X.], [X.], 8. Aufl., § 8 Rn. 60). Über eine – in der Sache freilich gänzlich fernliegende – Entschädigung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 [X.] hat das neue Tatgericht zu befinden.

Basdorf                   Sander                       Schneider

                Dölp                      [X.]

Meta

5 StR 487/13

07.11.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 22. April 2013, Az: 617 KLs 18/12

§ 52a S 1 JGG, § 116 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.11.2013, Az. 5 StR 487/13 (REWIS RS 2013, 1336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1336

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 602/14

5 StR 487/13

Zitiert

4 StR 551/12

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