Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.05.2013, Az. 25 W (pat) 525/11

25. Senat | REWIS RS 2013, 5527

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren "Gemcin/Gencin" – Rückzahlung der Beschwerdegebühr -


Tenor

In der Beschwerdesache

gegen die Marke 30 2008 024 262

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 27. Mai 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 14. April 2008 angemeldete Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 30. Mai 2008 für Waren der [X.] unter der Nr. 30 2008 024 262 eingetragen worden und nach Teillöschung mit Wirkung vom 21. November 2011 noch für

4

pharmazeutische Erzeugnisse und Arzneimittel, nämlich Zytostatika mit dem Wirkstoff Gemcitabin,

5

geschützt. Gegen die Eintragung der Marke hat die Inhaberin der älteren, am 17. Mai 1996 unter der Nummer 395 48 446 für die Waren der [X.]

6

pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Chemotherapeutika zur

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parenteralen Anwendung,

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eingetragene Marke

9

[X.],

Widerspruch erhoben. Als Inhaberin der Widerspruchsmarke war im Markenregister vor der Widersprechenden von Dezember 2003 bis November 2007 die [X.] GmbH eingetragen.

Im Verfahren vor dem [X.] hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke zunächst uneingeschränkt bestritten und sodann, nachdem die Widersprechende zur Markenbenutzung vorgetragen und Unterlagen eingereicht hatte, die Verwendung der Widerspruchsmarke durch die [X.] GmbH zwischen 2004 und 2007 für „verschreibungspflichtiges zu injizierendes Antibiotikum mit dem Wirkstoff [X.]“ zugestanden. Die Widersprechende hatte mit Schriftsatz vom 13. März 2009 unter Angabe des Aktenzeichens „302008024262.0 [X.]“ eine eidesstattliche Versicherung des [X.] der [X.], Herrn [X.], mit Datum 19. Februar 2009 „zur Vorlage im Widerspruchsverfahren gegen die [X.] 30200824261.2 „Gemin“ der [X.]“ eingereicht. Tatsächlich ist zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke auch eine Marke „Gemin“ ebenfalls für Waren der [X.] geschützt. In der vorgenannten eidesstattlichen Versicherung waren in [X.] generierte Umsätze von mit der Marke „[X.]“ gekennzeichneten Produkten im Zeitraum 2003 bis 2008 abnehmend von [X.] bis [X.] angegeben und auf ihr beigefügte Verpackungen, Broschüren und Katalogseiten der [X.] GmbH versehen mit der Bezeichnung „[X.]“ Bezug genommen worden. Außerdem hatte die Widersprechende mit demselben Schriftsatz Umsatzlisten und Rechnungen der [X.] GmbH aus den Jahren 2003 bis 2007 zur Akte gegeben.

Die Markenstelle für [X.] des [X.]s hat den Widerspruch durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes mit Beschluß vom 13. Dezember 2010 mangels Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke zurückgewiesen. Die von ihr vorgelegte eidesstattliche Versicherung des [X.] der [X.] KG sei zur Glaubhaftmachung hierfür nicht geeignet, da sie sich auf die unter der Nr. 30 2008 024 261 registrierte Marke „Gemin“ und nicht auf die vorliegend angegriffene Marke beziehe. Daher könne dahingestellt bleiben, ob es eine Rolle spiele, dass die Widersprechende ausschließlich Rechnungen und Verpackungen ihrer Rechtsvorgängerin vorgelegt habe. Da die Widersprechende durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 11. Dezember 2009 mitgeteilt habe, dass keine weitere Stellungnahme abgegeben und damit auch kein weiterer Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegt werde, hätte von der Markenstelle auch kein Hinweis an die Widersprechende erteilt werden müssen.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde erhoben. Im [X.] hat sie weiter zur rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke vorgetragen sowie eine eidesstattliche Versicherung des Herrn [X.] mit Datum vom 17. Oktober 2011 vorgelegt.

Nach Hinweis des Senats mit Verfügung vom 9./10. April 2013 zur voraussichtlichen Erfolgsaussicht der Beschwerde hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 25. April 2013, der am 26. April 2013 beim [X.] eingegangen ist, auf die angegriffene Marke verzichtet.

Die Widersprechende beantragt zuletzt noch (sinngemäß),

die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden war zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthaft. Die Beschwerde ist in der Hauptsache erledigt, nachdem die Markeninhaberin auf den Schutz der mit dem Widerspruch angegriffenen Marke verzichtet hat, so dass nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens und den Antrag der Widersprechenden auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zu entscheiden war.

1.

Ein in einem anhängigen Widerspruchsverfahren erklärter Verzicht auf die angegriffene Marke entfaltet in dem fraglichen Verfahren unmittelbare Rechtswirkung (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 48, Rdn. 5, 8 mit Rechtsprechungsnachweisen) und führt im Widerspruchsverfahren grundsätzlich zur Erledigung in der Hauptsache (vgl. zum Widerspruchsverfahren: [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 48, Rdn. 9). Bei Anhängigkeit der [X.] im Beschwerdeverfahren hat der Verzicht die Erledigung des Beschwerdeverfahrens in der Hauptsache zur Folge. Dabei bedarf es einer Feststellung der Erledigung des Beschwerdeverfahrens durch entsprechenden Ausspruch im Tenor nicht, ein solcher hätte auch nur klarstellende Wirkung.

2.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 71 Abs. 3 [X.] anzuordnen. Zwar handelt es sich insoweit um einen Ausnahmetatbestand, der nicht schon bei jeder fehlerhaften Rechtsanwendung erfüllt ist (vgl. hierzu [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 71, Rdn. 43). Vorliegend beruht die fehlerhafte Entscheidung der Markenstelle aber auf einer verfahrensrechtlich wenig nachvollziehbaren Sachbehandlung, u. a. auf der Nichtberücksichtigung wesentlicher Tatsachen.

Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ohne zeitliche Differenzierung bestritten hatte, war von einer Nichtbenutzungseinrede auszugehen, die sich auf beide Zeiträume nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] bezog. Der erste Benutzungszeitraum erstreckte sich vom 4. Juli 2003 bis 4. Juli 2008 und der zweite Zeitraum – zum Zeitpunkt der Entscheidung der Markenstelle – vom 10. Dezember 2005 bis 10. Dezember 2010. Da der Zeitraum vom 10. Dezember 2005 bis 4. Juli 2008 demzufolge in beide Benutzungszeiträume fiel, hätte eine Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für diesen Zeitabschnitt bzw. einen relevanten Teil hiervon genügt, um beide Benutzungszeiträume abzudecken. Einer solchen Glaubhaftmachung bedurfte es zum Entscheidungszeitpunkt durch das Patentamt am 13. Dezember 2010 aber schon nicht, da die Inhaberin der angegriffenen Marke für die Jahre 2004 bis 2007 – dieser erfasst einen relevanten Teil beider Benutzungszeiträume, nämlich den vom 10. Dezember 2005 bis 2007 - die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke durch die [X.] GmbH für ein „verschreibungspflichtiges zu injizierendes Antibiotikum mit dem Wirkstoff [X.]“ zugestanden hatte, das unter den eingetragenen Warenbegriff „pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Chemotherapeutika zur parenteralen Anwendung“ fällt. Denn Chemotherapeutika umfassen sowohl Medikamente in der Krebstherapie (z. B. Zytostatika) als auch sog. Antiinfektiva, nämlich Antibiotika, [X.], [X.], [X.] u. a. (siehe hierzu [X.], 4. Aufl., [X.], diese Unterlagen sind den Beteiligten mit Verfügung vom 9./10. April 2013 als Anlage 1 übersandt worden). In dem relevanten Zeitraum Dezember 2005 bis 2007 war Inhaberin der Widerspruchsmarke nicht die Widersprechende, sondern die [X.] GmbH, so dass daher die Widerspruchsmarke von dieser rechtserhaltend benutzt werden konnte.

Diese wesentlichen Tatsachen sind von der Markenstelle in dem angefochtenen Beschluss nicht berücksichtigt worden. Stattdessen hat die Prüferin wenig nachvollziehbar einen formalen Standpunkt eingenommen, mit dem eine Zurückweisung des Widerspruchs auch nicht begründbar war. Sie hat gemeint, dass die zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegte eidesstattliche Versicherung wegen der Anmerkung „zur Vorlage im Widerspruchsverfahren gegen die [X.] 30200824261.2 „Gemin“ der [X.]“ für das vorliegende Widerspruchsverfahren unbeachtlich sei, weil diese Anmerkung sich auf eine andere als die angegriffene Marke bezog. Hierbei hätte die Markenstelle aber zum einen in Betracht ziehen müssen, dass es sich um ein bloßes Versehen handelte, was sie durch entsprechende Nachfrage hätte aufklären können. Zum anderen kam dem genannten Passus in der eidesstattlichen Versicherung letztlich gar keine verfahrensrechtliche Relevanz zu, selbst wenn davon auszugehen war, dass es noch einer Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung bedurft hätte. Es konnte nämlich schon nicht ernsthaft angenommen werden, dass die eidesstattliche Versicherung nicht für das vorliegende Widerspruchsverfahren bestimmt und auch geeignet war. Denn der Schriftsatz der Widersprechenden, mit dem die Unterlagen vorgelegt worden sind, betraf ohne Zweifel das Widerspruchsverfahren gegen die angegriffene Marke „[X.]“ registriert unter der Nr. 30 2008 242 262, jedenfalls ist diese Marke im [X.] angegeben. Daher kam es in Bezug auf den Inhalt der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung allein darauf an, welche Tatsachen für eine rechtserhaltende Benutzung der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Widerspruchsmarke an Eides Statt versichert worden waren. Die angegriffene Marke war in diesem Zusammenhang ohne Belang, auf sie bezog sich die zur Glaubhaftmachung von Tatsachen abgegebene Erklärung auch gar nicht.

Nach alledem entspricht es der Billigkeit, dass der Widersprechenden die Beschwerdegebühr zurückerstattet wird.

3.

Es sind keine Gründe gegeben, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Von dem nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] geltenden Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat, der gemäß § 71 Abs. 4 [X.] auch bei Löschung der beschwerdegegenständlichen Marke wegen Verzichts anzuwenden ist, ist nur unter besonderen Umständen abzuweichen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 71, Rdn. 12). Der Verfahrensausgang für sich genommen reicht zur Kostenauferlegung zu Lasten des Unterlegenen nicht aus (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 71, Rdn. 11). Es liegen aber auch keine besonderen Umstände vor, die Anlass geben könnten, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Meta

25 W (pat) 525/11

27.05.2013

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.05.2013, Az. 25 W (pat) 525/11 (REWIS RS 2013, 5527)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5527

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