Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az. 2 C 24/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 334

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Tatbestand

1

Der Kläger ist [X.] in Diensten des [X.]. Er erhielt bis zum Ende des Jahres 2009 die abgesenkte Besoldung nach der [X.] aus der Besoldungsgruppe [X.] Seine Klage auf volle Besoldung für die [X.] und 2009 hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen auf Folgendes abgestellt:

2

Es sei nicht gleichheitswidrig, dass die Besoldung bis zur Besoldungsgruppe [X.] bereits mit Wirkung ab Januar 2008, die Besoldung der höheren Besoldungsgruppen aber erst zwei Jahre später mit Wirkung ab Januar 2010 auf das volle [X.] angehoben worden sei. Diese Unterscheidung sei gerechtfertigt, weil sie in Anlehnung an das Tarifrecht vorgenommen worden sei.

3

Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des [X.] vom 18. September 2012 und Abänderung des Urteils des [X.] vom 24. August 2010 festzustellen, dass die Bezüge des [X.] im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 verfassungswidrig zu niedrig bemessen waren.

4

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision des [X.], über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 141 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, denn die Beibehaltung der abgesenkten Besoldung nach der [X.] über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit [X.] - 2. [X.] - vom 21. Juni 1991 ([X.] 1345, letztmalig geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, [X.] 160 <462>) für die Beamten der [X.] und höher in den Jahren 2008 und 2009 verletzte ihn nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

6

Die Entscheidung des [X.] Besoldungsgesetzgebers, im streitgegenständlichen Zeitraum die von ihm vorgefundene bundesgesetzliche Regelung beizubehalten, die differenziert zwischen der Besoldung bei Beamten mit einem Amt bis zur Besoldungsgruppe [X.] einerseits und bei Beamten und [X.]n mit einem höherem Amt andererseits (§ 12 Abs. 2 der 2. [X.], § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25 zum SächsBesG; § 14 Abs. 3 der 2. [X.], § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39 zum SächsBesG), und diese Regelung auch mit ihren Friktionen bis zum Ablauf des in § 14 Abs. 3 der 2. [X.] bereits bestimmten Übergangszeitraums fortzuführen, ist im Ergebnis mit dem Grundgesetz noch vereinbar. Die um zwei Jahre hinausgeschobene differenzierte Angleichung ist durch die besondere und einmalige Situation gerechtfertigt, in der sich der [X.] Besoldungsgesetzgeber im Jahr 2008 gegen Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der [X.] Einheit befand.

7

Mit Wirkung ab Januar 2008 hat sich der [X.] Besoldungsgesetzgeber das Regelungssystem des Bundesbesoldungsgesetzes und der 2. [X.] zu eigen gemacht ([X.] [X.] vom 17. Januar 2008, Sächs[X.]).

8

Mit dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 vom 10. September 2003 ([X.] 1798) hatte der Bundesgesetzgeber die Geltungsdauer der [X.] bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009 verlängert (§ 14 Abs. 3 der 2. [X.]) und die Anwendung des die Höhe der abgesenkten Besoldung regelnden § 2 Abs. 1 der 2. [X.] - ab dem 1. Januar 92,5 % der für das bisherige [X.] geltenden Dienstbezüge - für die Beamten der [X.] bis [X.] auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 beschränkt (§ 12 Abs. 2 der 2. [X.]).

9

In der Gesetzesbegründung heißt es u.a.: "Die Verlängerung orientiert sich an der Zielsetzung des Tarifabschlusses, die Angleichung bis spätestens 31. Dezember 2009 abzuschließen" (BTDrucks 15/1186, [X.]) und "Mit dem neu eingefügten Absatz 2 wird die nicht kündbare tarifliche Vereinbarung vom 9. Januar 2003, wonach die Angleichung für die [X.] bis [X.] bis zum 31. Dezember 2007 abzuschließen ist, für die entsprechenden Besoldungsgruppen übernommen. (...) Für die übrigen Besoldungsgruppen tritt die Verordnung mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer [X.]" (BTDrucks 15/1186, S. 68).

Der [X.] und -verordnungsgeber hatte damit den Tarifabschluss mit der nach Vergütungsgruppen zeitlich gestuften Angleichung an die "[X.]" auf die Beamten übertragen und deshalb eine nach Besoldungsgruppen zeitlich gestufte Angleichung an die "West-Besoldung" angeordnet.

Dies hat der [X.] Landesgesetzgeber bis zum Auslaufen der [X.] in sein Landesrecht übernommen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG als Teil des [X.] [X.] vom 17. Januar 2008, [X.]). In den Anlagen zum [X.] finden sich demzufolge die [X.] sowohl für die Empfänger abgesenkter Besoldung (Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39) als auch für die Empfänger nicht abgesenkter Besoldung (Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25). Dabei gehören zu Letzteren auch die [X.] bis [X.], für die nach § 12 Abs. 2 der 2. [X.] schon zum Jahresbeginn 2008 die Absenkung gegenüber der [X.] beendet worden ist.

Zwar sind Maßstab bei der Gleichheitsprüfung (Art. 3 Abs. 1 GG) für die Besoldung der [X.] Beamten und [X.] nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder nunmehr die Verhältnisse in [X.]. Der Gesetzgeber kann und muss Gleichheit nur innerhalb seiner Zuständigkeit gewähren (vgl. [X.], [X.] vom 15. Dezember 2009 - 2 BvR 1978/09 - [X.]K 16, 444 <448> unter Hinweis auf [X.]E 21, 54 <68> und [X.]E 79, 127 <158>). Allerdings war die Übernahme des Regelungsmodells der [X.] in das [X.] Besoldungsrecht nur bei Fortbestehen seiner inneren Rechtfertigung - die zwischen dem bisherigen [X.] und dem Beitrittsgebiet unterschiedlichen allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse - zulässig. Diese war auch für die [X.] und 2009 gegeben, weil sich nach [X.] Erkenntnissen die insoweit maßgeblichen Indikatoren betreffend die weitere Entwicklung des [X.] auch in diesem Zeitraum nicht wesentlich geändert haben (vgl. nur die allgemein zugänglichen, insbesondere auf der Homepage des [X.], Bau und Stadtentwicklung abrufbaren Jahresberichte der Bundesregierung zum Stand der [X.] für die [X.] und 2009; Senatsurteil vom heutigen Tag - BVerwG 2 [X.] 49.11 - Rn. 21 und 31).

Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses auch für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber sowohl bei strukturellen Neuausrichtungen im Besoldungsrecht als auch bei der kontinuierlichen Fortschreibung der [X.] über die Jahre hinweg im Wege einer Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und anhand einer Gegenüberstellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichsgruppen Rechnung tragen ([X.], Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - [X.]E 130, 263 <292 f.> m.w.N.).

Die durch Art. 33 Abs. 5 GG geforderte Amtsangemessenheit der Regelalimentation beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen der Beamten. Ob das jährliche Nettoeinkommen der Beamten den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG genügt, hängt von der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse ab. Maßgebend ist vor allem der Vergleich mit den Nettoeinkommen der tariflich Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Daneben kommt es auf die Entwicklung derjenigen Einkommen an, die für vergleichbare Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Der Gesetzgeber darf die Beamtenbesoldung von der allgemeinen Entwicklung nur ausnehmen, wenn dies durch spezifische, im Beamtenverhältnis wurzelnde Gründe gerechtfertigt ist. Den Beamten dürfen keine Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Die Besoldung ist nicht mehr amtsangemessen, wenn die finanzielle Ausstattung der Beamten greifbar hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleibt (stRspr, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 [X.] 49.07 - BVerwGE 131, 20 = [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 25 f. m.w.N.).

Die durch das Leistungsprinzip, Art. 33 Abs. 2 GG, und das Alimentationsprinzip, Art. 33 Abs. 5 GG, gewährleistete amtsangemessene Besoldung ist eine nach dem Amt abgestufte Besoldung. Die Besoldung des Beamten ist seit jeher nach seinem Amt und der mit diesem Amt verbundenen Verantwortung abgestuft worden. Es gehört daher zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt in der Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden sind (stRspr; vgl. [X.], Urteil vom 1. Dezember 1954 - 2 [X.]/54 - [X.]E 4, 115 <135>; Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 u.a. - [X.]E 8,1 <14>, vom 14. Juni 1960 - 2 BvL 7/60 - [X.]E 11, 203 <215>, vom 4. Juni 1969 - 2 BvR 343/66 - [X.]E 26, 141 <158>, vom 4. Februar 1981 - 2 BvR 570/76 u.a. - [X.]E 56, 146 <164 f.> und vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02 - [X.]E 110, 353 <364>). Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Jedem Amt ist eine Wertigkeit immanent, die sich in der [X.] widerspiegeln muss. [X.] Gehälter sind daher so zu bemessen, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht. Die "amts"-angemessene Besoldung ist deshalb notwendigerweise eine abgestufte Besoldung (vgl. [X.], Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - [X.]E 114, 258 <293>, vom 6. März 2007 - 2 BvR 556/04 - [X.]E 117, 330 <355> und vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - [X.]E 130, 263 <293>).

Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum politischen Ermessens (stRspr; vgl. nur [X.], Beschluss vom 4. Juni 1969 a.a.[X.] 158 f.), innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Den Gerichten ist die Überprüfung verwehrt, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Das [X.] kann, sofern nicht - wie hier möglicherweise Art. 33 Abs. 2 und 5 GG mit dem aus dem Leistungsprinzip und aus dem Alimentationsprinzip folgenden [X.] - von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (stRspr; [X.], Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - [X.]E 107, 218 <244>; vgl. auch Beschlüsse vom 6. Oktober 1983 - 2 BvL 22/80 - [X.]E 65, 141 <148 f.> und vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - [X.]E 103, 310 <319 f.>). Jede Besoldungsordnung enthält unvermeidbare Härten und mag aus Sicht der Betroffenen fragwürdig sein. Solche Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Regelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (Beschlüsse vom 6. Mai 2004 a.a.[X.] 364 f. und vom 4. Februar 1981 a.a.[X.] 161 ff.; aus der Rechtsprechung des [X.] vgl. statt aller Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 [X.] 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313> = [X.] 240 § 72a [X.] Nr. 1, S. 4 m.w.N.).

Das [X.] zwingt den Gesetzgeber nicht, einen einmal festgelegten Abstand zwischen den Besoldungsgruppen absolut oder relativ beizubehalten. Der Gesetzgeber kann ein bestehendes Besoldungssystem neu strukturieren und auch die Wertigkeit von Besoldungsgruppen zueinander neu bestimmen ([X.], Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - [X.]E 130, 263 <295> m.w.N.). Hingegen dürfen die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen infolge von Einzelmaßnahmen nicht nach und nach eingeebnet werden. Solche Maßnahmen können unterschiedlich hohe lineare Besoldungsanpassungen etwa für einzelne Besoldungsgruppen sein. Auch regelmäßige, mehr als geringfügige zeitliche Verzögerungen bei den Besoldungsanpassungen für höhere Besoldungsgruppen können zu einer solchen Einebnung beitragen. Da der Abstand im Hinblick auf das Alimentationsprinzip relativ zu bemessen ist - ein absolut gleichbleibender Abstand verliert durch die Inflation an Wert und vermittelt entsprechend weniger Kaufkraft zur Bestreitung des "amtsangemessenen" Unterhalts -, gilt dies auch für die völlige oder teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Ob eine der genannten Maßnahmen eine mit dem [X.] unvereinbare Einebnung des Besoldungsgefüges zur Folge hat, erschließt sich in der Regel nicht durch die Betrachtung allein der konkreten Maßnahme, sondern nur durch eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung früherer Besoldungsanpassungen.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich für den vorliegenden Fall:

Dauer und Umfang der verzögerten Besoldungsanpassung sind hier schwerwiegend (zwei Jahre; 7,5 Prozent). Eine angespannte Haushaltslage rechtfertigt für sich alleine keine Ungleichbehandlung zu Lasten einzelner Besoldungsgruppen. Daran ändert auch nichts, dass sich die besoldungsrechtliche Regelung an Entgeltvereinbarungen eines Tarifvertrages anlehnt. Zwar sind die Regelungen eines Tarifvertrages ein maßgeblicher Indikator bei der Frage, ob eine Abkopplung des Besoldungsniveaus von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu besorgen ist ([X.], Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - [X.]E 114, 258 <288 ff.>; Beschluss vom 27. September 2007 - 2 BvR 1673/03 u.a - DVBl 2007, 1435 <1438 f.>; BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 [X.] 34.01 - BVerwGE 117, 305 <309> = [X.] 240 § 14a [X.] Nr. 1 S. 4 und vom 23. Juli 2009 - BVerwG 2 [X.] 76.08 - [X.] 11 Art 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 6 f.). Wegen der strukturellen Unterschiede zwischen dem Tarifvertrags- und dem Besoldungsrecht (dort von den Tarifvertragsparteien frei ausgehandelte Entgelte, hier Entscheidung des Gesetzgebers in Erfüllung grundgesetzlicher Verpflichtungen) können Tarifverträge aber dann nicht als Richtschnur für Besoldungsanpassungen dienen, wenn sie ihrem Inhalt nach mit Strukturprinzipien des Besoldungsrechts kollidieren, wie hier mit der Notwendigkeit eines angemessenen Abstands zwischen den Besoldungsgruppen. [X.] Vereinbarungen können ein Abrücken von den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Strukturprinzipien der Beamten- und [X.]besoldung nicht rechtfertigen.

Des Weiteren rechtfertigt auch die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beamten die Ungleichbehandlung höherer Besoldungsgruppen grundsätzlich nicht. Zwar kann bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eine Ungleichbehandlung im Bereich des beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatzes zulässig sein (Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 [X.] 36.02 - BVerwGE 118, 277 <284> = [X.] 237.6 § 87c [X.] Nr. 1 S. 7 und vom 20. März 2008 - BVerwG 2 [X.] 49.07 - BVerwGE 131, 20 = [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 18). Im Besoldungsrecht jedoch kann die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Hinblick auf das [X.] lediglich kurzzeitige Verschiebungen von Besoldungserhöhungen für einzelne Besoldungsgruppen rechtfertigen, wie im vorliegenden Fall die viermonatige Verschiebung der Besoldungsanpassung im Jahr 2008 für die Besoldungsgruppen ab [X.] (§ 20 Abs. 3 SächsBesG i.d.F. des [X.] [X.] vom 17. Januar 2008, GVBl. S. 3). Bei längeren oder substantiellen Verschiebungen - wie hier bei einem Prozentsatz von 7,5 % für zwei Jahre - kommt eine Rechtfertigung allenfalls dann in Betracht, wenn davon nur die [X.] im höheren Dienst betroffen sind (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Juni 2001 - 2 BvR 571/00 - DVBl. 2001, 1667). Eine Verschiebung um zwei Jahre ist weder kurzzeitig noch sind Besoldungsgruppen ab [X.] höhere Besoldungsgruppen oder gar [X.] in diesem Sinn.

Die hier angegriffene Ungleichbehandlung der Besoldungsempfänger ab der [X.] ist vielmehr nur im Hinblick auf die besondere, einmalige Situation, in der sich der [X.] Landesgesetzgeber im [X.] befand, noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der [X.] Landesgesetzgeber fand bei Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit für das Besoldungsrecht die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Abstufung der Besoldungsangleichung vor. Er stand vor der Wahl, entweder die Besoldung für alle Besoldungsgruppen zum 1. Januar 2008 auf das im bisherigen [X.] geltende Niveau anzuheben oder die Angleichung für alle Besoldungsgruppen zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen oder schließlich die bereits bundesrechtlich vorgesehene gestufte Angleichung beizubehalten. Im ersten Fall hätte er sich neue finanzielle Lasten aufgebürdet. Im zweiten Fall wäre den geringer besoldeten Beamten bis Besoldungsgruppe [X.] die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Angleichung versagt geblieben. Im dritten Fall, den er gewählt hat, musste er die vorübergehende Einebnung des [X.] zwischen den Besoldungsgruppen in Kauf nehmen. Dass er sich in dieser Situation für die dritte Variante entschieden hat, ist von seinem besonders großen Gestaltungsspielraums bei der Bewältigung der Folgen der [X.] Einheit gedeckt (vgl. zum gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum im Zusammenhang mit der [X.] Einheit: [X.], Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - [X.]E 107, 218 <246>; vgl. auch Beschluss vom 12. November 1996 - 1 BvL 4/88 - [X.]E 95, 143 <155 f., 157 f.>; Urteile vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - [X.]E 100, 1 <38> und vom 14. März 2000 - 1 BvR 284, 1659/96 - [X.]E 102, 41 <55>; Beschlüsse vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - [X.]E 103, 310 <324 f.> und vom 21. November 2001 - 1 BvL 19/93 u.a. - [X.]E 104, 126 <147>).

Entscheidend dafür ist, dass die Verschiebung der Besoldungsangleichung für die Besoldungsgruppen höher als [X.] zwar weder geringfügig noch kurzfristig, aber immerhin nur vorübergehend war. Sie führte insbesondere nicht zu einer geringeren Basis für spätere Besoldungserhöhungen; die Beamten und [X.] dieser Besoldungsgruppen wurden nach Auslaufen der Absenkung in die bereits bestehende und für die Besoldung der aus dem früheren [X.] stammenden Beamten und [X.] sowie der Beamten und [X.] mit Anspruch auf einen Zuschuss nach § 4 der 2. [X.] maßgeblichen Anlage 21 zum [X.] integriert. Die vorübergehende, wenn auch gravierende Einebnung des [X.] wirkte sich letztlich nicht auf das dauernde Besoldungsgefüge aus und wiegt damit weniger schwer als etwa die teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen.

Zudem hat der Landesgesetzgeber mit der [X.] in § 22 SächsBesG ein Absinken der - noch nicht angeglichenen - nach der Besoldungsgruppe [X.] besoldeten Beamten unter die Besoldung der - schon angeglichenen - vergleichbaren nach der Besoldungsgruppe [X.] besoldeten Beamten verhindert. Eine höhere Zulage war in dieser Übergangsphase nicht verfassungsrechtlich zwingend geboten, zumal sie - wenn sie dem [X.] substanziell hätte Rechnung tragen wollen - in die Nähe der vollständigen Angleichung schon zum 1. Januar 2008 hätte kommen müssen.

Meta

2 C 24/12

12.12.2013

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 18. September 2012, Az: 2 A 736/10, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az. 2 C 24/12 (REWIS RS 2013, 334)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 334


Verfahrensgang

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Az. 2 BvR 883/14, 2 BvR 905/14

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 883/14, 2 BvR 905/14, 23.05.2017.


Az. 2 C 24/12

Bundesverwaltungsgericht, 2 C 24/12, 12.12.2013.


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2 BvL 16/02

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2 BvR 556/04

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