Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2001, Az. 1 StR 295/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1661

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[X.]/01vom9. August 2001in der Strafsachegegenwegen Mordes- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 9. August 2001 [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Februar 2001 aufgehoben, soweit diebesondere Schwere der Schuld des Angeklagten festgestelltworden ist.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammerdes [X.] zurückverwiesen.Gründe:Dem Angeklagten liegt zur Last, seine Ehefrau aus Habgier getötet zuhaben, um die von ihm befürchteten wirtschaftlichen Nachteile der angedrohtenScheidung und die Auswirkungen auf sein Leben mit seiner Geliebten zu ver-hindern. Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslangerFreiheitsstrafe verurteilt. Es hat darüber hinaus die besondere Schwere [X.] festgestellt. Mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge ge-stützten Revision wendet er sich gegen den Ausspruch über die [X.].[X.] wirksam beschränkte Rechtsmittel hat aufgrund der Sachrüge [X.]; auf die Verfahrensrüge kommt es nicht mehr an.- 3 -1. Das [X.] hat die besondere Schuldschwere damit begründet,das gesamte Verhalten des Angeklagten habe auf eine ungewöhnlich hohekriminelle Energie hingewiesen, die ihren Ausdruck nicht nur in dem bis aufsKleinste geplanten Mord sondern auch darin fand, daß der Angeklagte [X.] zurückschreckte, seine Geliebte, eine [X.] Staatsangehörige,wiederholt zu falschen Angaben gegenüber Ermittlungsbehörden zu verleiten.Als [X.] hat das Schwurgericht empfunden, der Angeklagtehabe die Zeugin durch den Kassiber veranlaßt, das Andenken seiner Ehefrau,mit der er über dreißig Jahre verheiratet war, zu verunglimpfen. Entsprechendden Anweisungen habe seine Geliebte in einer schriftlichen, vor einem [X.] Notar abgegebenen, Erklärung wahrheitswidrig behauptet, das Tatop-fer habe sich bei ihrem Aufenthalt in [X.] gegenüber einheimischen jungenMännern sexuell sehr freizügig verhalten. Ein solches Verhalten sei dem Ta-topfer völlig fremd gewesen, was der Angeklagte auf Vorhalt auch eingeräumthabe. In Abwägung aller vorstehenden Umstände, bei der nicht verkannt [X.] sei, daß der nicht vorbestrafte Angeklagte die Tat zumindest teilweise ein-geräumt habe, sei das Schwurgericht zu dem Ergebnis gekommen, die [X.] Angeklagten wiege besonders schwer.2. Die Begründung der besonderen Schuldschwere hält [X.] nicht stand. Nach den Grundsätzen von [X.]St ([X.]) 40, 360, 370hat der Tatrichter die schuldrelevanten Umstände zu ermitteln und zu gewich-ten. [X.] hat er im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von [X.] die Schuld daraufhin zu bewerten, ob sie nach seinerAuffassung besonders schwer ist. Es dürfen allerdings nur solche Umständeherangezogen werden, fidie Gewicht haben". Dabei ist zu bedenken, daß sol-che Umstände nicht ohne weiteres, sondern nur im Rahmen der [X.] zur Annahme der besonderen Schwere der Schuld führenkönnen.a) Das [X.] hat es mit Recht als gewichtige Umstände angese-hen, daß der Angeklagte die Tötung seiner Ehefrau bis ins Kleinste geplantund dabei eine ungewöhnlich hohe kriminelle Energie aufgewandt hat. [X.] es auch zählen, daß der Angeklagte seine Geliebte wiederholt zu [X.] Angaben gegenüber Ermittlungsbehörden verleitet hat.b) Dagegen läßt die Formulierung der Schwurgerichtskammer, sie [X.] als [X.] angesehen, daß der Angeklagte das Andenkendes [X.] verunglimpft habe, besorgen, daß sie insoweit den Begriff fiUm-stände von besonderem Gewichtfl verkannt hat. Nach den Urteilsgründen ginges dem Angeklagten nicht in erster Linie um eine Herabsetzung des [X.].Er wollte damit seine Tatversion stützen, es habe sich nicht um ein geplantesVerbrechen, sondern um eine Affekttat gehandelt. Dies hat der [X.] eingeräumt, nachdem ihm in der Hauptverhandlung der Kassiber mit [X.] vorgehalten worden war. Der Aussage der Zeugin und der notari-ellen Urkunde kamen damit kein Beweiswert mehr zu.Nicht zweifelhaft ist, daß sich der Angeklagte für die "angriffsweise" vor-gebrachte ehrverletzende Behauptung nicht auf sein Recht auf Verteidigungoder die Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) berufen kann(vgl. [X.], 78). Bei der Bewertung der Ehrverletzung hätte [X.] aber berücksichtigen müssen, daß sich deren Maß inGrenzen gehalten hat, weil sie nicht für die gesamte Öffentlichkeit, sondern [X.] auf das Strafverfahren bezogene Öffentlichkeit bestimmt war. Der Ehrver-letzung wurde der Boden entzogen, als der Angeklagte die Unwahrheit ein-räumte. Auch hätte die Strafkammer bedenken müssen, daß die Aussage das- 5 -Verteidigungsvorbringen des Angeklagten untermauern sollte, er sei von [X.] sein ehewidriges Verhalten gestützten Scheidungsverlangen seiner Ehe-frau überrascht und dadurch zu einer Affekttat hingerissen worden (vgl. [X.] von Verteidigungsverhalten bei § 57a StGB [X.], [X.]. vom23. Mai 2000 - 1 StR 193/00 - und [X.]. vom 13. Februar 2001 - 4 StR562/00 -). Somit hätte das [X.] auch unter Beachtung des [X.] aus § 258 Abs. 5 StGB näher darlegen müssen, weshalb es [X.] unwahre Behauptung als so gewichtig angesehen hat, daß es hierin einenUmstand von besonderem Gewicht gesehen hat, auf den es maßgeblich [X.] über die besondere Schwere der Schuld gestützt hat.II.Der [X.] kann nicht - wie von der Revision beantragt - in der [X.] entscheiden, da er sonst seine Wertung an die Stelle der vom [X.] Gesamtwürdigung setzen würde ([X.] NStZ 1999, 243 m. w.Nachw.).- 6 -Die Feststellungen können bestehen bleiben, da es sich um einen Wer-tungsfehler handelt. Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht wi-dersprechen, sind allerdings zulässig.[X.] Boetticher Hebenstreit

Meta

1 StR 295/01

09.08.2001

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2001, Az. 1 StR 295/01 (REWIS RS 2001, 1661)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1661

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