Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2000, Az. 3 StR 389/00

3. Strafsenat | REWIS RS 2000, 481

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[X.]/00vom17. November 2000in der Strafsachegegenwegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringerMenge- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des [X.] und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. [X.] gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. April 2000 wird als unbegründet [X.].Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zutragen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen unter Einbe-ziehung der Einzelstrafen eines gesamtstrafenfähigen weiteren Urteils zu einerGesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der erdas Verfahren beanstandet und die Sachrüge erhebt.Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Überprüfung des Urteils auf-grund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil [X.] ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Dies hat bereits der Generalbun-desanwalt in seiner Antragsschrift vom 29. September 2000 im wesentlichenzutreffend dargelegt. Der näheren Erörterung bedürfen jedoch einige Verfah-rensrügen:- 3 -1. Die mit Verfahrensrüge Nr. 5 geltend gemachte Verletzung [X.] 240, 338 Nr. 8 StPO hat im Ergebnis keinen Erfolg.Die Revision beanstandet allerdings zu Recht, daß der Strafkammervor-sitzende in der Hauptverhandlung vom 14. März 2000 eine Frage des [X.] an den einzigen Belastungszeugen [X.], dessen Glaubwürdigkeit undderen Überprüfung im Mittelpunkt der gesamten Beweisaufnahme stand, [X.] und das [X.] die Zurückweisung der Frage durch [X.] hat, ohne diesen Beschluß zu begründen. Zwar können gemäß § 241Abs. 2 StPO ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen eines Ver-teidigers vom Vorsitzenden zurückgewiesen werden, auch hat das [X.] § 242 StPO bei Zweifeln über die Zulässigkeit einer Frage zu entschei-den. Der [X.], mit dem eine Frage zurückgewiesen wird, ist [X.] zu begründen (vgl. [X.] in [X.]. § 241 Rdn. 7). Das Gerichtmuß insbesondere darlegen, ob es eine Frage als ungeeignet oder nicht [X.] gehörig ansieht und worauf sich seine Bewertung stützt, da die Gründefür eine solche Wertung je nach Sachlage von ganz verschiedener Art seinkönnen. Die Beteiligten gewinnen erst durch die Mitteilung der für das Gerichtmaßgebenden Gründe die erforderliche Klarheit und werden gegebenenfalls indie Lage versetzt, ihr Ziel, etwa wie hier, die Überprüfung der [X.], durch eine neue - zulässige - Frage weiter zu verfol-gen. Auch das Revisionsgericht wird erst durch eine Begründung, die sich nichtin der bloßen Wiedergabe des Gesetzeswortlauts erschöpfen darf, in die [X.] zu beurteilen, ob der Tatrichter die Rechtsbegriffe der [X.] der nicht zur Sache gehörenden Frage rechtsirrtumsfrei angewendet hat(vgl. [X.]St 2, 284, 286 ff.; 13, 252, 255). Ausweislich des Protokolls hat wederder Strafkammervorsitzende seine Beanstandung der Frage (vgl. dazu [X.] 4 -dorf aaO § 241 Rdn. 5) noch das Gericht seinen die Zurückweisung bestäti-genden Beschluß begründet. Damit liegt ein Verstoß gegen § 241 Abs. 2,§ 242 StPO vor.Gleichwohl kann der Senat ausschließen, daß die Verteidigung des [X.] hier in einem für die Verurteilung wesentlichen Punkt unzulässig be-schränkt worden ist. Die Befragung des Zeugen [X.] hat sich über insge-samt sieben Verhandlungstage erstreckt. Der Verteidiger hat dabei von seinemFragerecht ausführlich Gebrauch machen können und auch Gebrauch [X.], insbesondere hat er die Befragung des Zeugen nach der Zurückwei-sung der Frage fortsetzen können, auch noch an dem nächstfolgenden [X.]. Bei einer derart langwierigen Befragung eines Zeugen, die sichim wesentlichen mit seiner Glaubwürdigkeit und seinem denkbaren Motiv füreine Falschbelastung des Angeklagten befaßte, hat der Senat keine Zweifel,daß der Angeklagte und sein Verteidiger ausreichend Gelegenheit hatten, fürdie Überprüfung der Glaubwürdigkeit geeignete und der Wahrheitsfindung die-nende Fragen an den Zeugen zu stellen. Das schließt die Annahme einer Be-einträchtigung der Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichenPunkt [X.]. § 338 Nr. 8 StPO hier aus (vgl. zur Beschränkung der Verteidigungdurch die Nichtzulassung weiterer Fragen [X.] NStZ 1982, 158, 159).2. Die auf einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3 und Abs. 2 StPO gestützteVerfahrensrüge Nr. 10 greift schon deshalb nicht durch, weil der Zeuge[X.], wie die schriftlichen Urteilsgründe belegen, sich zwar zunächst [X.] in Bezug auf Gespräche mit der ebenfalls von ihm des un-erlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln beschuldigten, anderweitigverfolgten Zeugin [X.]berief, auf Vorhalt des Vorsitzenden jedoch [X.] 5 -selben Angaben machte, wie in dem Verfahren gegen die Zeugin [X.](vgl. [X.]). Daß der Zeuge [X.] sich zunächst fälschlich auf Erinne-rungslücken berufen hat, war damit bereits aufgrund seiner eigenen [X.] der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten erwiesen. Da das [X.] zudem in seiner Beweiswürdigung davon ausgeht, daß der Zeuge [X.] die Unwahrheit gesagt hat, kann das Urteil auf einem möglichenVerfahrensfehler auch nicht beruhen.Im übrigen ist ergänzend darauf hinzuweisen, daß die [X.] und 22, die sich ebenfalls mit den Angaben des Zeugen [X.] in [X.] gegen die Zeugin [X.]befassen, wegen unzutreffenden [X.] unzulässig sind. Ausweislich des [X.] vom 23. März 2000wurde die Zeugin [X.]nach § 55 StPO belehrt, machte aber - entgegendem Revisionsvorbringen und den Behauptungen in den Beweisanträgen [X.] [X.] vom 23. März 2000 und [X.] vom 5. April 2000 - von ihrem Aus-kunftsverweigerungsrecht keinen Gebrauch, sondern sagte zur Sache aus.3. [X.], mit der eine Verletzung des § 244 Abs. 3 und Abs. 2StPO geltend gemacht wird, ist, soweit sie die Ablehnung der [X.] des Urteils des [X.] gegen [X.] vom5. Juni 1997 betrifft, zwar zulässig, aber unbegründet.Der Verteidiger hatte mit seinem Antrag V vom 23. März 2000 [X.] des Umstandes, daß der Zeuge [X.] in der [X.] den Angeklagten falsch ausgesagt habe, die Verlesung des genanntenUrteils beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, daß der Zeuge [X.] in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten behauptet hatte, den [X.], mit dem er ebenfalls in der Vergangenheit [X.], letztmalig im August 1996 gesehen zu haben. Demgegenüber habe [X.] in dem Urteil gegen [X.]vom 5. Juni 1997 [X.], daß der Zeuge [X.] im Januar 1997 [X.]veranlaßt hat, ihn [X.] aus [X.]in einem [X.] Café abzuholen undmit einem Pkw zum [X.]. zu fahren, wo [X.] denbeiden Heroinkäufern 200 bis 300 Gramm Heroin übergab. Auf Vorhalt dieserFeststellungen habe der Zeuge [X.] diese als nicht zutreffend bezeichnet.Die Verlesung des Urteils hat das [X.] mit der Begründung abgelehnt,die Verlesung eines Urteils sei kein geeignetes Beweismittel, die Falschaussa-ge eines Zeugen zu beweisen, das Gericht habe nach pflichtgemäßem Ermes-sen auch keine Veranlassung, dem Antrag nachzugehen. Diese Begründungläßt besorgen, daß das [X.] die Reichweite der Beweismöglichkeitendurch Verlesung eines früher ergangenen Strafurteils im Rahmen des § 249Abs. 1 StPO verkannt hat.[X.] sind Urteile gegen den Angeklagten und gegen Dritte (vgl.[X.]/[X.], [X.]. § 249 Rdn. 9 m.w.Nachw.). [X.] rechtskräftiger Urteile zu früheren Tatgeschehen oder zur Strafzu-messung einschließlich der [X.], die in einem späteren Verfahrenvon Bedeutung sein können, binden zwar den neuen Tatrichter nicht, sie [X.] jedoch im Wege des [X.] gemäß § 249 Abs. 1 StPO ein-geführt und verwertet werden ([X.]St 43, 106, 107 f. m.w.Nachw., vgl. auch[X.]St 31, 323, 332). Die Gründe eines verlesbaren Urteils beurkunden aller-dings unmittelbar nur, daß das damals mit der Sache befaßte Gericht z. B. derÜberzeugung war, daß etwa ein Angeklagter sich in einem bestimmten Sinnegeäußert oder daß ein bestimmtes Ereignis an einem bestimmten Tattag statt-- 7 -gefunden hat. Der jetzige Tatrichter kann jedoch nach dem Grundsatz derfreien Beweiswürdigung bei der Bildung seiner eigenen, aus dem Inbegriff [X.] geschöpften Überzeugung zumindest die Tatsache mitver-werten, daß [X.] eines anderen Strafverfahrens zu einem [X.] gekommen sind (vgl. [X.]St 6, 141, 142; vgl. auch [X.] inKK StPO § 249 Rdn. 17), das für das jetzige Verfahren von Bedeutung ist. [X.] in diesem Sinne war der Umstand, daß das [X.] inseinem Urteil vom 5. Juni 1997 die Überzeugung gewonnen hatte, daß es [X.] Januar 1997 zu einem persönlichen Zusammentreffen des damaligen [X.] [X.]mit dem Zeugen [X.] gekommen ist, ein im Rahmen [X.] verwertbares Indiz, das zu der Behauptung des Zeugen [X.], [X.]letztmalig im August 1996 gesehen zu haben, in [X.]. Insoweit war die förmliche Verlesung des Urteils auch ein geeignetesBeweismittel, den Zeugen [X.] in diesem Punkt der Unwahrheit und damiteiner Falschaussage in der Hauptverhandlung vor dem [X.] zu über-führen.Das Urteil beruht jedoch nicht auf der fehlerhaften Ablehnung der förmli-chen Verlesung des Urteils, da die Tatsache, daß das [X.]in seinem Urteil vom 5. Juni 1997 ein persönliches Zusammentreffen [X.] dem Zeugen [X.] im Januar 1997 im Zusammenhang mit der [X.] eines Betäubungsmittelgeschäfts festgestellt hat, bereits durch [X.] entsprechenden Urteilsfeststellungen an den Zeugen [X.] in [X.] eingeführt worden war und damit auch Gegenstand der Be-weisaufnahme war. Dies ergibt sich schon aus der Antragsbegründung unddem Vorbringen der Revision. Zwar befassen sich die Urteilsgründe nicht mitdem Umstand, daß der Zeuge [X.] hinsichtlich des letzten [X.] -treffens mit dem Zeugen [X.] möglicherweise die Unwahrheit gesagt hat.Dies gefährdet den Bestand des Urteils jedoch nicht, da das [X.] sichin seiner Beweiswürdigung zur Glaubwürdigkeit des Zeugen [X.] aus-drücklich damit auseinandersetzt, daß dieser bei seiner Vernehmung in [X.] auch unzutreffende Angaben, unter anderem auch in bezugauf den Zeugen [X.], gemacht hat (vgl. [X.] f.).Kutzer Rissing-van Saan [X.] Becker

Meta

3 StR 389/00

17.11.2000

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2000, Az. 3 StR 389/00 (REWIS RS 2000, 481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 481

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