OLG Frankfurt, Urteil vom 06.02.2020, Az. 1 U 83/19

1. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 12131

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Gegenstand

Keine Haftung der BaFin gegenüber einzelnen Anlegern wegen vermeintlich unzulässiger Bankgeschäfte


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.04.2019 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

1

Der Kläger nimmt die [X.]eklagte [X.] (nachfolgend: [X.] oder [X.]eklagte) wegen unterlassener Unterbindung vermeintlich unzulässiger [X.]ankgeschäfte und fehlerhafter [X.]illigung von [X.] auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Am 24.11.2017 schloss der Kläger mit der [X.] (nachfolgend: [X.]), über deren Vermögen im [X.] 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, einen Kauf- und Mietvertrag zu deren Angebot ... ab. Vereinbart wurden der Erwerb von 32 [X.]ontainer durch den Kläger zu einem Einzelpreis von jeweils 1.415 € (insgesamt 44.480 €), die anschließende Vermietung dieser [X.]ontainer an die [X.] und eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren. Den Verkaufsprospekt zum Angebot 5004 hatte die [X.]eklagte genehmigt.

3

Auf Seite 35 dieses Verkaufsprospekts heißt es unter “5. Risiken der Vermögensanlage“, “Maximales Risiko“ u.a.:

4

„Das maximale Risiko des Anlegers kann eintreten, wenn es nicht zum Rückkauf der Standardcontainer zum Ende der Laufzeit des Kauf- und Mietvertrages durch die Emittentin kommt und der Anleger die Standardcontainer bis zum Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Erschöpfung in seinem [X.]estand halten müsste und der Anleger hinsichtlich der Wartung, Pflege und der weiteren [X.]ewirtschaftung der Standardcontainer mit zusätzlichen Kosten belastet ist, die er aus seinem sonstigen Vermögen bedienen muss.“

5

Auf Seite 36 dieses Verkaufsprospekts heißt es:

6

„Fehlender Rückkauf der Standardcontainer
Es besteht das Risiko, dass die Emittentin nicht in der Lage ist, die Standardcontainer vom Anleger zum Ende der Laufzeit des Kauf- und Mietvertrages zurückzukaufen.“ (…)

7

Der Kläger verlangt von der [X.]eklagten Ersatz des von ihm an die [X.] gezahlten [X.]etrages in Höhe von insgesamt 44.480 €. Er hat geltend gemacht, die [X.]eklagte habe gegen die §§ 5b, 7 und 8 Abs. 1 Satz 3 Vermögensanlagegesetz verstoßen und dadurch eine ihn schützende Amtspflicht verletzt. Infolge der Amtspflichtverletzung habe er investiert und sein Investment verloren. Weil andere [X.] nicht gegeben seien, sei § 4 Abs. 4 [X.] ([X.]) nicht mit dem Europarecht vereinbar. Ferner habe er gegen die [X.]eklagte einen europarechtlichen Staatshaftungsanspruch, weil der Mitgliedsstaat gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinie 2013/36, verstoßen habe.

8

Die [X.]eklagte hat die Ansicht vertreten, § 4 Abs. 4 [X.] habe keine drittschützende Wirkung. Es fehle ferner an einem Verschulden und einem auf einer Amtspflichtverletzung der [X.]eklagten beruhenden Schaden. Der Kläger habe auch keinen europarechtlichen Haftungsanspruch wegen [X.] Unrecht, da die Richtlinien, insbesondere die Richtlinie 2013/36/[X.] zutreffend umgesetzt seien. Zudem sei diese Richtlinie auf den Kläger als Käufer nicht anwendbar. Sie, die [X.]eklagte, sei als Aufsichtsbehörde nicht passivlegitimiert. [X.] Unrecht liege nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

9

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Es hat einen Anspruch aus § 839 Abs. 1 [X.]G[X.] i.V.m. Art. 34 [X.] unter Hinweis auf die Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs mit der [X.]egründung verneint, der Gesetzgeber habe in § 4 Abs. 4 [X.] bestimmt, dass das [X.]undesaufsichtsamt die ihm nach diesem Gesetz und nach anderen Gesetzen zugewiesenen Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnehme. Diese Entscheidung des Gesetzgebers verletze auch nicht höherrangiges Recht. Insbesondere stehe Europäisches Gemeinschaftsrecht den in § 6 Abs. 4 [X.] und § 4 Abs. 4 [X.] getroffenen Regelung nicht entgegen. § 4 Abs. 4 [X.] verletze auch keine Grundrechte.

10

Einen europarechtlichen Amtshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts hat das [X.] wegen fehlender Passivlegitimation der [X.]eklagten verneint. Es hat zudem die Auffassung vertreten, dass auch die Voraussetzungen für einen europarechtlichen Amtshaftungsanspruch wegen administrativen Unrechts nicht vorlägen. Die in [X.]etracht kommende Richtlinie 2013/36 sei auf den Kläger schon nicht anwendbar, weil seine Vertragspartnerin kein Kreditinstitut im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 2013/36 gewesen sei. Die [X.] habe nicht Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegengenommen und keine Kredite für eigene Rechnung gewährt, sondern mit dem Kläger einen Kauf- und Mietvertrag geschlossen. Wegen der Einzelheiten der [X.]egründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

11

Mit der [X.]erufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren sowie die erstinstanzlich gestellten Anträge auf Vorlage an den [X.] weiter. Er rügt, das [X.] habe seine umfangreichen Anträge auf Vorlage an den [X.], die er neben dem Sachantrag gestellt habe, nicht inhaltlich verbeschieden. Er wendet sich gegen die Auffassung des [X.]s, die Richtlinie 2013/36 sei auf den streitgegenständlichen Fall nicht anwendbar, und er vertritt die Ansicht, das [X.] sei nicht befugt gewesen, einen solche Aussage zu treffen, ohne zuvor die Rechtsauffassung des [X.] im Wege des Vorlageverfahrens zu erfragen. [X.]ei zutreffendem Vorgehen hätte das [X.] das Vorliegen eines „Einlagengeschäfts“ bejahen, mithin unzulässige [X.]ankgeschäfte auf Seiten der [X.] und eine Pflicht der hiesigen [X.]eklagten zum Einschreiten dagegen annehmen und auf dieser Grundlage der Amtshaftungsklage stattgeben müssen. Insoweit führt der Kläger aus, bei den Aktivitäten von [X.] habe es sich um „[X.]" bzw. „Geschäfte mit rückzahlbaren Geldern des Publikums“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der [X.]/[X.] und im Sinne des [X.] § 1 Abs. 1 Kreditwesengesetz gehandelt, die ohne behördliche Genehmigung nicht hätten betrieben werden dürfen. Der Schutzzweck der Richtlinie 2013/36/[X.] - insbesondere deren Erwägungsgrund 14 - gebiete eine weite Auslegung der [X.]egriffe „Einlagengeschäft“ bzw. „Geschäfte mit rückzahlbaren Geldern des Publikums“. Der zweitgenannte [X.]egriff sei zudem seiner Formulierung nach als Auffangtatbestand zu verstehen, welchem aus Gründen der Rechtssicherheit ein weiter Anwendungsbereich eingeräumt werden müsse. Nach den Worten des [X.]es beziehe sich der [X.]egriff der „anderen rückzahlbaren Gelder“ nicht nur auf Finanzierungsinstrumente, deren Wesensmerkmal die Rückzahlbarkeit sei, sondern auch auf solche, die dieses Merkmal nicht besitzen würden und bei denen die Rückzahlung der eingezahlten Gelder vertraglich vereinbart werde ([X.], U. v. 11.02.1999 - [X.]/97, [X.] 1999, 227). Auch der [X.]undesgerichtshof habe im Jahre 2005 die gewerbsmäßige Entgegennahme von sogenannten „Winzergeldern“ als Einlagengeschäft nach § 1 Abs. 1 [X.] qualifiziert ([X.]GHZ 197, 1).

12

Zentraler [X.]estandteil des Geschäftsmodells der [X.] sei gewesen, dass den Kunden nicht nur [X.]ontainer verkauft und diese [X.]ontainer sodann für die Kunden vermietet worden seien, sondern dass auch für den Rückkauf dieser [X.]ontainer gesorgt gewesen sei. Der Rückkauf der [X.]ontainer sei im Regelfall nach Ablauf von fünf Jahren vorgesehen gewesen. Mit Durchführung des [X.] hätten die Kunden den Löwenanteil des ursprünglich bezahlten Kaufpreises zurückerhalten und zwar - mit geringfügigen Abweichungen im Einzelfall - ca. 65 %. Allein aus steuerlichen Gründen sei das Thema „Rückkauf“ immer etwas verklausuliert in die Vertragswerke eingeflossen. Denn um, wie beabsichtigt und durchgeführt, beim Kunden abschreibungsfähige Erträge nach § 22 Nr. 3 EStG (Vermietung beweglicher Sachen) zu generieren, hätte der Rückkauf noch nicht verbindlich in die [X.] aufgenommen werden dürfen. Der [X.]ontainerrückkauf sei dem Kunden aber in [X.] und auch in öffentlichen Vorträgen zugesagt und das Versprechen sei auch 43 Jahre lang eingehalten worden. Also seien seitens der [X.] - und zwar bereits seit Gründung des Unternehmens im Jahre 1975 - unerlaubte [X.] betrieben worden. Entgegen der Ansicht des [X.]s komme es nicht darauf an, dass der Kläger einen Kauf- und Mietvertrag geschlossen und sodann [X.]ontainer vermietet hätte. Entscheidend sei, dass nach den Abreden zwischen den Parteien das Geld, das der Kläger investiert habe, an ihn habe zurückfließen sollen. Mithin hätten [X.] vorgelegen, und Art. 9 Abs. 1 der [X.] 2013/36 sei anwendbar. Hätte das [X.] dies zutreffend erfasst, so hätte es einen Verstoß der [X.]eklagten gegen ihre Pflicht zum Einschreiten bejahen und der Amtshaftungsklage stattgeben müssen.

13

Der Kläger habe auch nicht „den Erlass eines ihn schützenden Gesetzes“ begehrt, wie das [X.] ausgeführt habe, sondern er habe administratives Fehlverhalten auf Seiten der [X.]eklagten gerügt und den dadurch entstandenen Schaden im Wege des Amtshaftungsanspruches geltend gemacht. Die [X.]undesrepublik Deutschland sei ihren normativen Rechtsetzungsverpflichtungen, die für sie aus der [X.] 2013/36 folgten, insoweit nachgekommen, als sie die Finanzdienstleistungsaufsicht mit Eingriffsbefugnissen ausgerüstet habe, mit deren Hilfe diese ebenso wie zuvor das [X.]undesaufsichtsamt für Kreditwesen unerlaubte [X.] hätte unterbinden können. Auch die inhaltlichen [X.]edenken gegen die Tätigkeit von [X.] seien schon frühzeitig formuliert worden. [X.]ereits im Jahre 2004 habe es qualifizierte Hinweise in der Wirtschaftspresse gegeben, dass das Geschäftsmodell von [X.] intransparent und von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen her nicht nachvollziehbar sei. Im Jahre 2016 sei in der Fachpresse diskutiert worden, dass der Wirtschaftsprüfer von [X.] seine Testate nur noch mit gravierenden Einschränkungen erteile; erstmals tauche ausdrücklich der [X.]egriff „Schneeballsystem“ auf (….de v. [X.]). Im [X.] 2017 habe die Zeitschrift „[X.]“, eine Untermarke der [X.], eine „rätselhafte Lücke“ in den Zahlen von [X.] moniert und darauf hingewiesen, dass die „Aufsicht die Tragfähigkeit nicht“ prüfe ([X.] …/2017). Dass es in allen diesen Jahren - auch zum Ende hin - nicht zu einem Einschreiten seitens der [X.]eklagten gekommen sei, sei nicht verständlich und begründe einen Amtshaftungsanspruch.

14

Das [X.] habe ein Tatbestandsmerkmal von Art. 9 der [X.] 2013/36 zugunsten des [X.] bejaht und zutreffend angenommen, dass die [X.] kein Kreditinstitut im Sinne der [X.] 2013/36 gewesen sei. Es habe dann aber einen ganz entgegen gesetzten und völlig unzutreffenden Schluss dahingehend gezogen, die [X.] 2013/36 sei nicht anwendbar. Korrekterweise hätte das [X.] die Feststellungen treffen müssen, dass die [X.] 2013/36 anwendbar sei und deren Art. 9 Abs. 1 die Untersagung der [X.] geboten habe, die von der [X.] betrieben worden seien, weil die [X.] kein Kreditinstitut gewesen sei, und es hätte dem Amtshaftungsanspruch des [X.] stattgeben müssen.

15

Zu Unrecht habe das [X.] angenommen, der Ausschluss einer Amtshaftung der [X.]aFin in § 4 Abs. 4 [X.] stehe im Einklang mit Europarecht, und der [X.] habe die einschlägigen Fragen bereits in diesem Sinne entschieden. Mit der Argumentation des [X.] habe es sich nicht auseinandergesetzt. Der [X.] habe in der Entscheidung vom [X.]. [X.]-222/02 den Ausschluss der Staatshaftung als noch hinnehmbar beurteilt, weil er durch das [X.] Einlagensicherungssystem eine anderweitige Entschädigungsmöglichkeit der Anleger als gegeben angesehen habe. Eben diese Voraussetzung aber - eine anderweitige Entschädigungsmöglichkeit zugunsten der Anleger - sei im vorliegenden Falle nicht gegeben. Die [X.]-Anleger seien völlig schutzlos. Daher sei davon auszugehen, dass der [X.], wenn er nunmehr im Rahmen eines Vorlageverfahrens nach dem heutigen Art. 267 A[X.]V um [X.]eurteilung des [X.]- Sachverhaltes gebeten werde, aussprechen werde, dass der vollständige Ausschluss der Drittrichtung der Amtspflicht in § 4 Abs. 4 [X.] in Fällen wie dem vorliegenden nicht hinnehmbar sei.

16

Zu Unrecht habe das [X.] auch Ansprüche des [X.] aus dem originär gemeinschaftsrechtlichen Haftungsanspruch mit der [X.]egründung verneint, die Richtlinie 2013/36 verleihe dem Anleger keine individuellen Rechte. Zumindest hätte das [X.] diese Rechtsfrage im Rahmen des Vorlageverfahrens nach Art. 267 A[X.]V dem [X.] unterbreiten müssen. Die Richtlinie 2013/36 diene bei zutreffender [X.]etrachtungsweise sehr wohl dazu, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Sie diene zwar zum einen der Stabilität des Finanzsystems, also einem kollektiven Anliegen, zum anderen aber auch dem individuellen Anlegerschutz; in Erwägungsgrund 47 der Richtlinie werde der Anlegerschutz ganz ausdrücklich als Ziel der Richtlinie genannt. Dieser Erwägungsgrund laute: „Die [X.]eaufsichtigung von [X.] auf konsolidierter [X.]asis zielt darauf ab, die Interessen von Einlegern und Anlegern zu schützen und die Stabilität des Finanzsystems sicherzustellen." Dass die Stabilität des Finanzsystems an dieser Stelle als Kollektivinteresse mit in den Schutzbereich aufgenommen sei, stehe der Verleihung von subjektiven Rechten gegenüber einzelnen Anlegern durch Art. 9 der Richtlinie nicht entgegen.

17

Der [X.]eklagten seien außer dem jahrelange Nichteinschreiten gegen unerlaubte [X.]ankgeschäfte auch die mit der Klage gerügten konkreten Fehler bei der [X.] vorzuwerfen. Mit diesem zweiten [X.] habe sich das [X.] überhaupt nicht auseinandergesetzt. Der Kläger habe erst sehr spät, im Jahre 2017, bei [X.] investiert. Zu diesem Zeitpunkt, nämlich ab dem 01.01.2017, hätten die [X.]-Angebote der Pflicht zur Einholung einer [X.] durch die [X.]eklagte unterlegen. Die [X.]eklagte habe für das Angebot mit der Ordnungsnummer 5004, das der Kläger gezeichnet habe, eine solche ausdrückliche [X.] erteilt. Diese [X.] sei in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden und habe gegen die gesetzlichen Vorgaben, die die [X.]eklagte zu beachten habe, verstoßen. Mit Schriftsatz vom 08.01.2020 führt der Kläger zudem aus, bei verständiger Gesetzesauslegung unter [X.]eachtung der systematischen, teleologischen und historischen [X.]ezüge sei die [X.]eklagte aufgrund der seit dem 10.07.2015 geltenden Gesetzeslage durch den neu geschaffenen § 4 Abs. 1a [X.] verpflichtet, auch im Sinne des individuellen Anlegerschutzes tätig zu werden.

18

Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:

Das am 17.04.2019 verkündete und am [X.] zugestellte Urteil des [X.]s Frankfurt, [X.].: 2-04 O 337/18, wird aufgehoben. Die [X.]eklagte wird verurteilt, an den Kläger [X.]R 44.480,- nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem [X.]asiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

19

Zudem beantragt er, das Verfahren auszusetzen und dem [X.] gem. Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] (A[X.]V) die Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob (1.) die Geschäftstätigkeit der [X.] als „Annahme rückzahlbarer Gelder“ im Sinne der [X.] 2013/36 zu qualifizieren ist, ob (2.), sofern die erste Frage bejaht wird, die Richtlinie [X.] 2013/36 - insbesondere Art. 9 der Richtlinie - dahingehend auszulegen ist, dass sie dem Anleger ein Recht auf staatliches Unterbinden nicht zulässiger [X.]ankgeschäfte verleiht, wenn er selbst von derartigen nicht zulässigen [X.]ankgeschäften betroffen ist, ob (3.) das Recht der [X.] einer nationalen Vorschrift wie dem [X.] § 4 Abs. 4 [X.] ([X.]) entgegen steht, wonach die [X.] „ihre Aufgaben und [X.]efugnisse nur im öffentlichen Interesse“ wahrnimmt und ob (4.) ein so gestalteter, vollständiger Ausschluss einer Amtshaftung bei Fehlleistungen der [X.] auch dann noch mit dem Recht der [X.] vereinbar ist, wenn eine anderweitige Entschädigung geschädigter Privatanleger nicht gewährleistet ist, insoweit in Abgrenzung zu der Vorabentscheidung des [X.] im Verfahren [X.]- 222/02, Urteil vom 12.10.2004.

20

Die [X.]eklagte beantragt,

die [X.]erufung zurückzuweisen.

21

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung erstinstanzlichen Vorbringens.

[X.].

22

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte [X.]erufung hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht weder nach Amtshaftungsgrundsätzen gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] i.V.m. Art. 34 [X.] (dazu unter [X.]) noch nach den Grundsätzen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (dazu unter I[X.]) ein Schadensersatzanspruch gegen die [X.]eklagte zu. Eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens und Vorlage an den [X.] kommt nicht in [X.]etracht (dazu unter II[X.]).

23

[X.] 1. Dem Kläger steht kein Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] i.V.m. Art. 34 [X.] wegen vermeintlicher Verletzung der der [X.]eklagten nach dem [X.] obliegenden Pflichten zu.

24

a) Die [X.] hat im Zusammenhang mit der hier streitgegenständlichen Vermögensanlage bereits kein unerlaubtes [X.]ankgeschäft betrieben, so dass auch ein aufsichtsrechtliches Einschreiten der [X.]eklagten nicht geboten war.

25

aa) Nach § 32 [X.] bedarf der Erlaubnis, wer gewerbsmäßig [X.]ankgeschäfte betreibt. Zu den [X.]ankgeschäften gehört nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] auch die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird (Einlagengeschäft). Die [X.] kann gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 [X.] die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und die unverzügliche Abwicklung dieser Geschäfte gegenüber dem Unternehmen und den Mitgliedern seiner Organe anordnen, wenn ohne die nach § 32 erforderliche Erlaubnis [X.]ankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht werden.

26

Der [X.]egriff der Einlage im Sinne der ersten Alternative des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] ist gesetzlich nicht definiert. Es handelt sich nach allgemeiner Ansicht um einen bankwirtschaftlichen [X.]egriff, der nur unter [X.]erücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung bestimmt werden kann. Ein Unternehmen nimmt jedenfalls dann fremde Gelder als "Einlagen" entgegen, wenn von einer Vielzahl von Geldgebern auf der Grundlage typisierter Verträge - als Darlehen oder in ähnlicher Weise - laufend Gelder entgegengenommen werden, die ihrer Art nach nicht banküblich besichert sind (vgl. [X.]GH, Urteil vom 19. März 2013 - [X.]/12 -, [X.]GHZ 197, 1-15, Rn. 20, 21). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 [X.] fällt die Annahme unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums ebenfalls unter das Einlagengeschäft. Diese Alternative ist begrifflich weiter als die erste Alternative und hat somit eine Ausdehnung des aufsichtsrechtlichen Anwendungsbereichs zur Folge (sog. weites Einlagengeschäft). Im Unterschied zur ersten Alternative kommt es bei der zweiten Alternative nicht auf den Zweck der Mittelüberlassung an; es handelt sich bei dieser Alternative um einen Auffangtatbestand. Für die Feststellung, ob ein Einlagengeschäft besteht, kommt es demzufolge auf die Abgrenzung durch den weiten Einlagenbegriff im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 2 [X.] letztlich nicht mehr an (vgl. Langenbucher/ [X.]liesener/[X.], 3. Teil Wertpapier- und Anlagegeschäft 2. Auflage 2016, 35. Kapitel: Einlagengeschäft Rn. 10). Unbedingt ist die Rückzahlungspflicht nur dann, wenn die Verlustteilnahme ausgeschlossen ist. Nimmt die Einlage am Verlust teil, handelt es sich um eine bedingte Rückzahlbarkeit. Es liegt keine Einlage vor. Das gilt entsprechend für partiarische Darlehen, Genussrechte und Nachrangdarlehen, wenn die Rückzahlung vom Erfolg des Unternehmens abhängt (vgl. [X.]oos/[X.]/ Schulte-Mattler/[X.], 5. Aufl. 2016, [X.] § 1 Rn. 46).

27

bb) Nach diesen Maßgaben ist die Tätigkeit der [X.] im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Vermögensanlage nicht als [X.]ankgeschäft zu qualifizieren.

28

Dass das Angebot Nr. 5004 unter [X.]erücksichtigung der maßgeblichen Verkehrsauffassung eine im bankwirtschaftlichen [X.]ereich entwickelte und übliche Geldannahmeform und damit eine “Einlage“ im Sinne der ersten Alternative des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] darstellen könnte, behauptet der Kläger selbst nicht. Dieses Angebot erfüllt aber auch nicht die zweite Alternative dieser Vorschrift. Denn es fehlt an der - unbedingten - Rückzahlbarkeit des von der [X.] angenommenen Kapitals. Die im Verkaufsprospekt (Anlage [X.]12) enthaltenen Vertragsbedingungen begründen - worauf die [X.]eklagte schon erstinstanzlich zutreffend hingewiesen hat - keinen vertraglichen Rückzahlungsanspruch des Anlegers.

29

Die oben zitierten Risikohinweise auf den Seiten 35 und 36 des Verkaufsprospekts belegen, dass ein Rückkauf der [X.]ontainer nicht garantiert war und das Risiko bestand, dass der Anleger die [X.]ontainer in seinem [X.]estand halten muss. Das „Thema Rückkauf“ ist auch nicht aus steuerlichen Gründen „etwas verklausuliert“ in die Vertragswerke eingeflossen, obwohl dem Kunden der Rückkauf eindeutig zugesagt worden sei, wie dies der Kläger geltend macht. Vielmehr konnte ein Rückkauf gerade dann nicht bindend vereinbart werden, wenn - wie dies der Kläger selbst vorträgt - die Anleger nach dem Geschäftsmodell die Möglichkeit haben sollten, abschreibungsfähige Erträge nach § 22 Nr. 3 EStG zu generieren. Darüber hinaus lässt sich auch den übrigen Vertragsbedingungen kein Versprechen der [X.] entnehmen, den Anlegern die angenommenen Gelder zurückzuzahlen. In § 3 des Kauf- und Mietvertrages ([X.]latt 150 des Verkaufsprospekts) wird dem Anleger nicht etwa ein Rückkaufpreis in Höhe seiner Investition zugesichert. Vielmehr heißt es dort, dass die Emittentin bereit sei, den [X.]ontainer nach Ende der Laufzeit dieses Vertrages zurückzukaufen und „4 bis 8 Wochen vor Ablauf dieses Vertrages ein Kaufangebot zu einem noch zu vereinbarenden [X.]wert unterbreiten“ werde. Auch aus dieser [X.]estimmung ergibt sich, dass ein Rückzahlungsanspruch in Höhe des eingesetzten Kapitals nicht vereinbart war. Dementsprechend heißt es bereits unter 3.2 “Wesentliche Grundlagen und [X.]edingungen der Verzinsung und Rückzahlung“ auf Seite 14 des Verkaufsprospekts u.a.: „Die Emittentin verpflichtet sich im Rahmen des Kauf- und Mietvertrages, dem Anleger 4 bis 8 Wochen vor Ende der Laufzeit des Kauf- und Mietvertrages hinsichtlich der Standardcontainer ein Rückkaufangebot zu unterbreiten. Ein fester Rückkaufpreis oder [X.]wert steht hierzu allerdings noch nicht fest, weshalb eine rechtsverbindliche vertragliche oder auch nur vorvertragliche [X.]indung hinsichtlich des [X.] der Standardcontainer nicht vorliegt.“ Dass den Anlegern abweichend von diesem Verkaufsprospekt z.[X.]. „in Werbeprospekten“ der [X.]ontainerrückkauf - verbindlich - zugesagt worden sein soll, hat der Kläger zwar behauptet, diese [X.]ehauptung aber nicht mit einem nachvollziehbaren Sachvortrag untermauert. An dieser Einschätzung ändert auch das bereits erstinstanzlich als Anlage [X.] vorgelegte Werbedokument „FAQs [X.] [X.]ontainerinvestment“ ([X.]l. 200 ff. d. A.), das der Kläger mit der [X.]erufungsbegründung erneut zur Akte gereicht hat, nichts. [X.]ei dem hier streitgegenständlichen Angebot Nr. 5004 war eine Laufzeit von 5 Jahren vorgesehen und in dem vorgenannten Prospekt heißt es ausdrücklich: „Der exakte [X.]preis bereits bei Vertragsabschluss zum Laufzeitende war bei den 5-jährigen Investments, die steuerlich der Einkunftsart „Sonstige Einkünfte“ zuzuordnen waren, auch in der Vergangenheit nicht festgeschrieben oder garantiert“. Dass es in dem Prospekt weiter heißt, die in [X.]eispielrechnungen prospektierten [X.]werte seien seit über 40 Jahren immer auch so realisiert worden, begründet keine rechtsverbindliche vertragliche oder auch nur vorvertragliche Zusage.

30

b) Abgesehen davon, dass der [X.]eklagten keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, scheidet ein Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] i.V.m. Art. 34 [X.] auch deshalb aus, weil Amtspflichten der [X.]eklagten nicht gegenüber dem einzelnen Anleger bestehen.

31

aa) Sowohl § 839 [X.]G[X.] als auch Art. 34 Satz 1 [X.] setzen für eine Haftung voraus, dass der Amtsträger "die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht" verletzt hat. Nur der solchermaßen geschützte „Dritte“ kann Gläubiger des Amtshaftungsanspruchs sein. Ob im Einzelfall der Geschädigte zu dem [X.] im Sinn des § 839 [X.]G[X.] gehört, richtet sich danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch - den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschädigten wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden [X.]estimmungen sowie aus der besonderen Natur des [X.] ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen [X.]elange nach dem Zweck und der rechtlichen [X.]estimmung des [X.] geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Es kommt danach auf den Schutzzweck der Amtspflicht an. Dabei genügt es, dass die Amtspflicht neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch den Zweck verfolgt, die Interessen einzelner wahrzunehmen (vgl. [X.]GH, Urteil vom 06. Juni 2013 - [X.]/12 -, Rn. 14, juris; Urteil vom 20. Januar 2005 - [X.] -, [X.]GHZ 162, 49-66, Rn. 11 - 12; [X.]/[X.] (2013) [X.]G[X.] § 839, Rn. 168).

32

bb) In § 4 Abs. 4 [X.] ist ausdrücklich bestimmt, dass die [X.]eklagte ihre Aufgaben und [X.]efugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Durch diese Vorschrift sind Ansprüche einzelner Anleger aus Amtshaftung wegen behaupteter Pflichtverletzung der [X.]eklagten ausgeschlossen.

33

Nach der Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs, der der Senat folgt, bedeutet die Regelung in § 4 Abs. 4 [X.], die an die Stelle von § 6 Abs. 4 [X.] (und § 4 Abs. 2 WpHG) getreten ist, im Ergebnis, dass dieser [X.]ereich, soweit es nicht um Eingriffsbefugnisse gegenüber den beaufsichtigten Kreditinstituten und anderen Personen nach dem Kreditwesengesetz geht, dem amtshaftungsrechtlichen Schutz entzogen ist (vgl. [X.]GH, Urteil vom 20. Januar 2005 - [X.] -, [X.]GHZ 162, 49-66, Rn. 20). Der [X.]undesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung, auf die [X.]ezug genommen wird, auch näher begründet, dass die Regelungen in § 6 Abs. 4 [X.] und in § 4 Abs. 4 [X.] mit [X.] Gemeinschaftsrecht (vgl. hierzu auch die vom [X.]undesgerichtshof eingeholte Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Oktober 2004 - [X.]-222/02 -, juris) und mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

34

Der Anlegerschutz nach § 37 Abs. 1 Satz 1, § 32 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist mithin nicht individualisiert zu verstehen. Vielmehr wird der Kreis der Anleger im Sinne eines Anlegerpublikums in den Schutzzweck der §§ 37 Abs. 1 Satz 1, 32 Abs 1 Satz 1 [X.] einbezogen. Der einzelne Anleger wird durch die bankaufsichtsrechtliche Tätigkeit der [X.]eklagten lediglich mittelbar - als bloße reflexartige Folgewirkung der im öffentlichen Interesse gegenüber den beaufsichtigten Unternehmen ergriffenen Maßnahmen - geschützt (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - 8 [X.] 37/09 -, Rn. 18, juris, unter Hinweis auf [X.]TDrucks 10/1441 S. 20).

35

Dass in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.] als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 [X.]G[X.] zu Gunsten des einzelnen Kapitalanlegers angesehen wird (vgl. etwa [X.]GH, Urteil vom 05. Dezember 2013 - [X.]/12 -, Rn. 13, juris), gibt keinen Anlass zu einer abweichenden [X.]ewertung. Diese Einordnung betrifft allein das zivilrechtliche Verhältnis der [X.]etreiber von unerlaubten [X.]ankgeschäften oder Finanzdienstleistungen zu ihren Kunden. Zur Frage, welche Funktion dem Ein- und Anlegerschutz im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Verhältnisses der [X.]eklagten zu den der [X.]ankenaufsicht unterworfenen Unternehmen zukommt, verhält sich diese Rechtsprechung hingegen nicht (so zutreffend: [X.]VerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - 8 [X.] 37/09 -, Rn. 19, juris; missverständlich: [X.], [X.]anken- und Wertpapieraufsicht, 1. Aufl. 2015, Teil [X.], [X.],1. Rn. 11).

36

Anlass zu einer abweichenden [X.]ewertung besteht entgegen der Ansicht des [X.] auch nicht mit [X.]lick auf den durch das Kleinanlegerschutzgesetz mit Wirkung zum 10.07.2015 eingeführten § 4 Abs. 1a [X.]. Mit der Einführung dieser Vorschrift sollte der [X.] gestärkt und hierfür der kollektive [X.] als Ziel und als [X.]estandteil der Aufsichtstätigkeit nunmehr ausdrücklich gesetzlich verankert werden. Hierbei betont der Gesetzgeber ausdrücklich, dass es sich ausschließlich um den kollektiven [X.] handelt und nicht um individuellen [X.]. Der Gesetzgeber führt aus: „Die [X.] ist auch hinsichtlich des kollektiven [X.]es entsprechend der Regelung in § 4 Abs. 4 [X.] ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig. Dieses umfasst auch das kollektive [X.]. Kollektiv bedeutet dabei, dass die [X.] ausschließlich dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher in ihrer Gesamtheit verpflichtet ist. Die mögliche Verletzung individueller Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher, seien diese zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur, können auf diesem Wege nicht geltend gemacht werden. Es gibt keinen individuellen Anspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher auf ein Tätigwerden der [X.]. Dieses Vorgehen entspricht bewährter Aufsichtspraxis.“ Insoweit hat der Gesetzgeber § 4 Abs. 1a [X.] und § 4 Abs. 4 [X.] im Einklang miteinander erachtet. Letztlich zeigt auch diese Verankerung des kollektiven [X.]es in § 4 Abs. 1a [X.], dass weder heute noch vor der Normierung von § 4 Abs. 1a [X.] ein individueller Schutz Dritter durch die Aufsichtstätigkeit bezweckt ist oder war (vgl. Döhmel in: [X.]/[X.]/Mülbert, [X.], 7. Aufl. 2019, Vorbemerkungen zu §§ 6-11 WpHG Rn 50).

37

Es besteht auch kein Anlass, an das Ergreifen und an das Unterlassen von Aufsichtsmaßnahmen unterschiedliche haftungsrechtliche Folgen zu knüpfen, zumal ein und dieselbe Maßnahme für einen Kreis von gegenwärtigen Anlegern günstig und einen Kreis potentieller Anleger ungünstig sein kann oder umgekehrt. In beiderlei Hinsicht unterliegt das Verhalten der [X.]eklagten der [X.]estimmung des § 4 Abs. 4 [X.] (vgl. [X.]GH, Urteil vom 02. Juni 2005 - [X.]/03 -, Rn. 7, juris).

38

2. Der Kläger kann einen Amtshaftungsanspruch auch nicht mit Erfolg auf eine fehlerhafte Zulassung der Vermögensanlage oder eine vermeintlich fehlerhafte [X.]illigung von Verkaufsprospekten stützen.

39

§ 4 Abs. 4 [X.] stellt explizit die Wahrnehmung der Aufgaben und [X.]efugnisse der [X.] ganz allgemein in das öffentliche Interesse (vgl. [X.] in: [X.], Wertpapierprospektgesetz, 2. Aufl. 2014, -, Rn. 34) und findet nicht nur im [X.]ereich des [X.], sondern auf alle kapitalmarktrechtlichen [X.]estimmungen, die Aufgaben und [X.]efugnisse der [X.] vorsehen, Anwendung, d.h. auch auf die der [X.] im [X.]ereich des VermAnlG übertragenen Aufgaben und [X.]efugnisse (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/von Kopp-[X.]olomb, Wertpapierprospekt-gesetz/Vermögensanlagengesetz, 3. Aufl. 2017, § 3 [X.], Rn. 12); Amtshaftungsansprüche scheiden mangels drittschützenden [X.]harakters der Amtspflicht deshalb auch im [X.]ereich des VermAnlG aus. Zwar sind die Anleger von einer Entscheidung der [X.]eklagten mittelbar betroffen, etwa wenn der Verkaufsprospekt eines Anbieters nicht hätte gebilligt werden dürfen und der Anleger im Vertrauen auf diese Veröffentlichung eine [X.]eteiligung an dieser Vermögensanlage erwirbt. Der Zweck des Verkaufsprospekts erschöpft sich jedoch in der Sicherstellung des Anlegerschutzes für den gesamten Marktbereich der Vermögensanlagen auf Grund einer Darbietung von ausreichenden Informationen über die jeweils angebotene Vermögensanlage, und auch im [X.]ereich des VermAnlG erfolgt die Aufsichtstätigkeit der [X.]eklagten zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Marktes. Der Schutz des einzelnen Anlegers stellt sich lediglich als Reflex dieses Schutzes dar ([X.] in: [X.]/[X.]/von Kopp-[X.]olomb, Wertpapierprospekt-gesetz/Vermögensanlagengesetz, 3. Aufl. 2017, § 3 [X.], Rn. 11, 14).

40

I[X.] Die Klageforderung rechtfertigt sich auch nicht aus den Grundsätzen zum gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch.

41

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] (vgl. etwa Urteil vom 30. September 2003 - [X.]-224/01 -, juris, dem folgend etwa: [X.]GH, Urteil vom 20. Januar 2005 - [X.] -, [X.]GHZ 162, 49-66, Rn. 7) muss ein Mitgliedstaat Schäden, die einem Einzelnen durch Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind, ersetzen, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß ist hinreichend qualifiziert, und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.

42

2. Diese Haftungsvoraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.

43

Ein von dem Kläger im [X.]erufungsverfahren wiederholt geltend gemachter Verstoß gegen die Richtlinie 2013/36/[X.] des [X.] und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die [X.]eaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/[X.] und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/[X.] und 2006/49/[X.] (Richtlinie 2013/36/[X.]) liegt nicht vor. Deren Artikel 9 (Verbot der Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern des Publikums durch Personen oder Unternehmen, die keine Kreditinstitute sind) lautet im 1. Absatz :

44

„Die Mitgliedstaaten untersagen Personen oder Unternehmen, die keine Kreditinstitute sind, die Tätigkeit der Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern des Publikums gewerbsmäßig zu betreiben“.

45

Art. 9 Abs. 1 der [X.] 2013/36/[X.] war wortgleich in Art. 3 Satz 1 der [X.] 1989/646/[X.] enthalten, deren Umsetzung das Gesetz zur Umsetzung von [X.]-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22.10.1997, Art. 1: [X.] zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen ([X.]G[X.]l. I S. 2518 ff.), diente, mit dem zum 01.01.1998 der [X.]-rechtliche Ansatz der „Annahme rückzahlbarer Gelder des Publikums“ als Auffangtatbestand hinzugekommen ist (vgl. [X.]oos/[X.]/ Schulte-Mattler/[X.], a.a.[X.], § 1 Rn. 35). Durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2002/87/[X.] des [X.] und des [X.] ([X.]G[X.]l. I S. 3610) stellte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2005 dann klar, dass durch die zweite Alternative des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] lediglich „unbedingt“ rückzahlbare Gelder erfasst werden sollten.

46

Wenngleich die Einschränkung der „unbedingten“ Rückzahlbarkeit in Art. 9 Abs. 1 [X.] 2013/36/[X.] nicht enthalten ist, bestehen keine Zweifel, dass die streitgegenständliche Vermögensanlage - auch - kein Einlagengeschäft im Sinne des Art. 9 Abs. 1 [X.] 2013/36/[X.] ist, weil eine Rückzahlbarkeit - wie ausgeführt - vertraglich nicht vereinbart war, so dass ein Verstoß gegen Unionsrecht nicht feststellbar ist. Dass der [X.]egriff "andere rückzahlbare Gelder" in Art 3 der Zweiten Richtlinie 89/646/[X.] des Rates vom 15. Dezember 1989 zur Koordinierung des Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/[X.] dahin auszulegen ist, dass sich der [X.]egriff auch auf Finanzierungsinstrumente bezieht, die als Wesensmerkmal die Rückzahlbarkeit nicht besitzen, sondern bei denen die Rückzahlung der eingezahlten Gelder vertraglich vereinbart wird, hat der [X.] bereits entschieden ([X.], Urteil vom 11. Februar 1999 - [X.]/97 -, juris).

47

Abgesehen davon schaffen die [X.]estimmungen des europäischen [X.]ankenaufsichtsrechts keine subjektiven Rechtspositionen des einzelnen Kunden, die im Falle eines Verstoßes durch mitgliedstaatliche [X.]ehörden einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen würden, wie dies der [X.]GH zu den Vorgängerbestimmungen der [X.] 77/780/[X.], 89/299/[X.] und 89/646/[X.] entschieden hat ([X.], Urteil vom 12. Oktober 2004 - [X.]-222/02 -, [X.] 33, juris; [X.] in: [X.]/[X.]amberger, [X.] und europäisches [X.]ank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2017, § 90 Rn, 21).).

48

II[X.] Einer Aussetzung des vorliegenden Verfahrens und einer Vorlage an den [X.] bedarf es nicht.

49

Als Unionsgericht im funktionellen Sinn ist jedes mitgliedstaatliche Gericht verpflichtet, in den bei ihm anhängigen Verfahren die geltenden Rechtssätze des - vorrangigen - Unionsrechts in eigener Verantwortung auszulegen und anzuwenden (vgl. [X.]alliess/[X.]/[X.], 5. Aufl. 2016, A[X.]V Art. 267 Rn. 1). Art. 267 Abs. 1 A[X.]V begrenzt den möglichen Inhalt eines Vorab-entscheidungsersuchens. Danach ist dessen Gegenstand allein der [X.]estand und Inhalt von Unionsrecht, nicht dagegen von nationalem Recht. Aus Art. 267 Abs. 1 A[X.]V folgt für die Abgrenzung der Zuständigkeiten des [X.] und der nationalen Gerichte: Der [X.] kann weder über den Ausgangsrechtsstreit noch über die Anwendung unionsrechtlicher Vorschriften in diesem Rechtsstreit entscheiden. Er befindet auch nicht darüber, ob innerstaatliches Recht mit dem Unionsrecht vereinbar ist oder möglicherweise wegen Unionsrechtswidrigkeit außer Anwendung zu bleiben hat. Die Entscheidung dieser Fragen sowie die Anwendung unionsrechtlicher Vorschriften im konkreten Fall - wie die Feststellung der maßgeblichen Tatsachen - sind den nationalen Gerichten vorbehalten (vgl. [X.]/[X.]/[X.], 20. Aufl. 2020, A[X.]V Art. 267 Rn. 4 ff.).

50

Die Frage, wie der [X.]egriff “andere rückzahlbare Gelder“ auszulegen ist, hat der [X.] - wie ausgeführt - in [X.]ezug auf den wortgleichen Art. 3 Satz 1 der [X.] 1989/646/[X.] bereits entschieden. Die Frage, ob die Geschäftstätigkeit der [X.] den Tatbestand des Art. 9 Abs. 1 [X.] 2013/36/[X.] der Richtlinie erfüllt, ist vom Senat zu entscheiden; ein Vorabentscheidungsersuchen ist nicht zulässig.

51

IV. Der Kläger hat die Kosten der [X.]erufung zu tragen, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 2 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils aus §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZP[X.]

52

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche [X.]edeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des [X.] nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO). Im Streitfall stellen sich keine neuen Grundsatzfragen des nationalen Amtshaftungsrechts oder des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruches; vielmehr hatte der Senat die hierzu gesicherten Grundsätze auf einen Einzelfall anzuwenden.


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1 U 83/19

06.02.2020

OLG Frankfurt 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: U

§ 839 BGB

Zitier­vorschlag: OLG Frankfurt, Urteil vom 06.02.2020, Az. 1 U 83/19 (REWIS RS 2020, 12131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 12131


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. III ZR 41/20

Bundesgerichtshof, III ZR 41/20, 29.04.2021.


Az. 1 U 83/19

Oberlandesgericht Köln, 1 U 83/19, 27.03.2020.

OLG Frankfurt, 1 U 83/19, 06.02.2020.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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