Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. IV ZR 88/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4020

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 88/13

Verkündet am:

16. Juli 2014

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z:

ja

[X.]R: ja

BGB § 242 Ba; [X.] § 15 Abs. 2

1.
Gibt der Rechtsschutzversicherer bei einer Versicherung für fremde Rechnung zugunsten des Versicherten eine Deckungszusage ab, legt er sich hinsichtlich [X.] Leistungspflicht auf diesen fest. Bei einer Zahlung an den [X.] verstößt er gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, wenn er sich auf dessen gleichermaßen bestehende Verfügungsbefugnis beruft.

2.
Verlangt der Versicherte Befreiung von einer Honorarverbindlichkeit gegenüber seinem Rechtsanwalt, erbringt der Rechtsschutzversicherer mit einer Zahlung an den Versicherungsnehmer nicht die nach den [X.] geschuldete Leistung, so dass keine Erfüllung eintreten kann.

[X.], Urteil vom 16. Juli 2014 -
IV
ZR 88/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzen-de Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin
[X.] und [X.] Karczewski
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2014

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 2 des [X.] vom 7.
Februar 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist ehemaliger Geschäftsführer einer GmbH, die bei der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag unterhielt. Er begehrt als mitversicherte Person Versicherungsleistungen.

Die vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die [X.] ([X.]) sehen in § 15 Abs. 2 vor, dass für mitversicherte Personen die den Versicherungsnehmer betreffenden Bestimmungen sinngemäß gelten, der Versicherungsnehmer jedoch widersprechen
kann, wenn eine andere mitversicherte Person als sein ehelicher/einge-tragener
Lebenspartner Rechtsschutz verlangt.
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Über das Vermögen der GmbH wurde das Insolvenzverfahren [X.]. Es kam zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und andere Mitarbeiter der GmbH. Am
9. Dezember 2008 er-teilte die Beklagte eine Deckungszusage hinsichtlich eines "Straf-
bzw. Bußgeldverfahrens"
für die 1.
Instanz und bat den vom Kläger beauftrag-ten Anwalt dabei ausdrücklich:
"Namens und im Auftrag unseres Versi-

Interessen wahrzunehmen".

Der Insolvenzverwalter der GmbH forderte die Beklagte am 18.
Mai 2011 fernmündlich zur Auskehrung sämtlicher Erstattungsbeträge an die Insolvenzmasse auf. Am 18. Oktober 2011 stellte der Verteidiger des [X.] für seine Leistungen im Zeitraum 20. November 2008 bis 18. Ok-Rechnung. Vorausgegangen war eine Anfrage des Verteidigers zu einem Stundenhonorarsatz, die die Beklagte mit Schreiben vom 13.
Oktober 2010 beantwortet hatte; darin hatte sie erklärt, der Vereinbarung des gewünschten Stundenhonorars zuzustimmen und "einer detaillierten Ge-bührenrechnung gegenüber unserer Versicherungsnehmerin entgegen [zu sehen]". Auf die Honorarnote des Verteidigers hin teilte die Beklagte am 29. November 2011 mit, bedingungsgemäß eintrittspflichtig zu sein haben; der Verteidiger des [X.] wurde aufgefordert, seine Ansprüche zur Tabelle anzumelden.

Die Parteien streiten darüber, ob dieser Zahlung Erfüllungswirkung zukommt. Der Kläger ist der Auffassung, dass er als mitversicherte Per-son durch die Regelung des §
15 Abs. 2 [X.] verfügungsberechtigt sei und die Insolvenz der GmbH hieran nichts geändert habe. Einen Wider-3
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spruch des Insolvenzverwalters i.S.
des
§ 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] habe es nicht gegeben. Die Zahlung der Beklagten an den Insolvenzverwalter habe daher keine schuldbefreiende Wirkung gehabt. Die Beklagte macht geltend, dass durch die Insolvenz die der
Versicherungsnehmerin
zu-stehende Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergegangen und deshalb seinem Zahlungswunsch zu entsprechen gewesen sei.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung der vom Kläger begehrten Teilsumme aus der Honorarforderung seines Verteidigers verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Zahlung der [X.] keine Erfüllungswirkung zukomme. Der Kläger sei gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 [X.] aktivlegitimiert. Ihm stehe aus § 44 Abs.
1 [X.] das materielle Verfügungsrecht über die Forderung zu. §
44 Abs. 2 [X.] sei durch § 15 [X.] abbedungen. Zwar habe der Versicherungsnehmer
nach § 45 [X.] das formelle Verfügungsrecht, das nach dessen Insolvenz der Insolvenzverwalter ausübe. § 15 Abs. 2 [X.]
stelle aber die mitversicher-te Person dem Versicherungsnehmer
gleich. Dies führe dazu, dass das formelle Verfügungsrecht gemäß § 45 Abs. 1 [X.] und damit die [X.] dem Versicherten so lange zustehe, wie kein Widerspruch des Versicherungsnehmers ausgeübt worden sei; erst mit seinem Wider-6
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spruch erlange Letzterer
die Verfügungsbefugnis. Ein derartiger [X.] liege nicht vor. Die vom Insolvenzverwalter
abgegebene Erklä-rung habe nicht zum Inhalt gehabt, keine weitere Kostenübernahme durch die Beklagte herbeizuführen. Sie habe vor dem Hintergrund der vom Insolvenzverwalter vertretenen Auffassung, dass der [X.] der mitversicherten Person in die Insolvenzmasse falle, lediglich die Forderung zur Masse ziehen wollen. Ohne Ausübung des Widerspruchsrechts gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] existiere kein wider-streitendes Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters.

I[X.] Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
Allerdings ergibt sich die fehlende Erfüllungswirkung der von der Beklagten an den Insolvenzverwalter geleisteten Zahlung nicht aus der im Berufungsurteil gegebenen Begründung
fehlender Verfügungsbefug-nis des Versicherungsnehmers
(hierzu unter 1). Das angefochtene Urteil stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§
561 ZPO). Einer wirksamen Erfüllung steht zum einen das Verbot widersprüchlichen Ver-haltens in Bezug auf die zu Gunsten des [X.] erklärte [X.] entgegen (hierzu unter 2). Zum anderen war die Leistung der [X.] nicht auf den vertraglich geschuldeten Leistungsgegenstand in Form der Befreiung des [X.] von der Verbindlichkeit gegenüber sei-nem Verteidiger gerichtet (hierzu unter 3).

1. a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich allein durch die Insolvenz des Versicherungsnehmers an der materiellen Rechtsposition des Versicherten nichts ändert.
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Die hier abgeschlossene Versicherung für fremde Rechnung ist nach §§ 44, 45 [X.] gekennzeichnet durch die Spaltung der materiellen Inhaberschaft der Rechte aus dem Versicherungsvertrag beim [X.]n und der formell-materiellen Befugnis des Versicherungsnehmers, sie gerichtlich geltend zu machen und über sie zu verfügen (Rixecker in [X.], [X.] 4. Aufl. § 44 Rn. 1). Die Insolvenz des [X.] beeinträchtigt die Rechtsposition des Versicherten nicht, da der Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht zur Insolvenzmasse des Versicherungsnehmers, sondern der des Versicherten
gehört
([X.] [X.], [X.] 9. Aufl. § 44 Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 44 Rn. 11; [X.], Handbuch des [X.]). Bei der Insolvenz des [X.] kommt es lediglich zu einer Änderung hinsichtlich der Verfü-gungsberechtigung; diese steht nunmehr dem Insolvenzverwalter zu ([X.] [X.], [X.] 9. Aufl. § 45 Rn. 27; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 45 Rn. 15; vgl. [X.] NZV
1996, 412).

b) [X.] nicht zu beanstanden ist ferner die Ausle-gung des [X.], der Insolvenzverwalter habe keinen [X.] i.S.
des
§ 15 Abs. 2 Satz
2 [X.] erklärt.

Die tatrichterliche Auslegung der Erklärung des Insolvenzverwal-ters ist vom Revisionsgericht nur daraufhin zu überprüfen, ob Verstöße gegen anerkannte Auslegungsregeln, Verfahrensvorschriften, Denkge-setze oder Erfahrungssätze vorliegen und ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff umfassend und
widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat 11
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(Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2013 -
IV ZR 207/13, juris Rn. 12 m.w.[X.]).

Das Berufungsgericht hat das Zahlungsverlangen des [X.] vor dem Hintergrund dessen vorgerichtlich geäußerter
Rechtsauffassung, dass die Versicherungsleistung in die [X.] falle und daher an ihn auszukehren sei, gewürdigt und dahingehend die Erklärung eines Widerspruchs im Sinne der Ausübung eines [X.] Gestaltungsrechts verneint. Gegen diese Auslegung ist revisi-onsrechtlich nichts zu erinnern.

c) [X.] ist allerdings die Auslegung des Berufungsge-richts, § 15 Abs. 2 [X.] statuiere bis zur Erklärung des Widerspruchs durch den Versicherungsnehmer eine alleinige Verfügungsbefugnis des Versicherten.

aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammen-hangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkei-ten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche [X.] und damit -
auch -
auf seine Interessen an. Allgemeine Versi-cherungsbedingungen sind aus sich heraus zu
interpretieren. In erster Linie ist dabei vom Wortlaut auszugehen. Der verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 8. Mai 2013 -
IV ZR 84/12, [X.], 995 Rn. 10 m.w.[X.]).
Liegt -
wie hier -
eine Versicherung zugunsten Dritter vor, so kommt es daneben auch auf die 14
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Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter und ihre Inte-ressen an (Senatsurteile vom 22. Januar
2014 -
IV ZR 127/12, juris Rn.
13; vom 8. Mai 2013 -
IV ZR 233/11, [X.], 853 Rn. 40 m.w.[X.])

bb) Beide
durchschnittlicher
Versicherungsnehmer und durch-schnittlicher
Versicherter

werden der Formulierung in § 15 Abs. 2 Satz
1 [X.], für mitversicherte Personen
gelten
die den
Versicherungs-nehmer betreffenden Bestimmungen sinngemäß, zunächst entnehmen, dass die mitversicherte Person dem Versicherungsnehmer wenn auch nicht vollständig, so doch grundsätzlich gleichgestellt ist und folglich denselben Versicherungsschutz genießt. §
15 Abs. 2 Satz 2 [X.] offen-bart, dass diese Gleichstellung mit dem Widerspruch des [X.]
endet, soweit nicht ein ehelicher/eingetragener Lebenspartner Rechtsschutz verlangt. So lange diese Gleichstellung besteht, werden Versicherungsnehmer und Versicherte die mitversicherte Person als zur eigenständigen Geltendmachung des Rechtsschutzes berechtigt anse-hen. § 15 [X.] wird dementsprechend weithin als Abbedingung des § 44 Abs. 2 [X.] verstanden (Armbrüster in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 15 [X.] 2008/II Rn. 2; [X.] [X.], [X.] 9. Aufl. § 44 Rn. 38).

Entgegen der Ansicht des [X.] lässt sich der Klausel jedoch nicht entnehmen, dass der Versicherte bis zum Widerspruch
nach § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] unter Ausschluss der Verfügungsbefugnis des Versicherungsnehmers allein verfügungsberechtigt sein soll ([X.] [X.], [X.] 9. Aufl. §
44 Rn. 38). Der Wortlaut der Bestimmung spricht gegen einen derart weiten Umfang der Rechtsposition des [X.]. § 15 Abs. 2 [X.] bringt
nicht zum Ausdruck, dass der [X.] hinsichtlich des Versicherungsschutzes an die Stelle des Versiche-17
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rungsnehmers treten soll, sondern ordnet lediglich die sinngemäße An-wendung der den Versicherungsnehmer betreffenden Bestimmungen an; eine so weitgehende Beschränkung der Rechtsstellung des [X.] läge nicht in dessen Interesse.
Zudem können beim durchschnittlichen
Versicherungsnehmer
und beim durchschnittlichen Versicherten
im Allgemeinen keine Rechtskenntnisse vorausgesetzt wer-den (Senatsurteil vom 21. April 1999 -
IV ZR 192/98, [X.]Z 141, 214, 217). Sie werden ein alleiniges Verfügungsrecht des Versicherten zur
Wahrung seiner Interessen im Insolvenzfall des Versicherungsnehmers nicht in Betracht ziehen. Differenzierte insolvenzrechtliche
Überlegungen
etwa zu
Ersatzaussonderungen oder zu
Masseschulden
(vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. §
45 Rn. 15 m.w.[X.])
sind ihnen fremd.

[X.]) Es kann dahinstehen, wie sich die bis zum Widerspruch des Versicherungsnehmers nebeneinander bestehenden Verfügungsbefug-nisse von Versicherungsnehmer und Versicherten im Konfliktfall einander widersprechender Verfügungen zueinander verhalten (für die Geltung des Prioritätsprinzips: [X.] [X.], [X.] 9. Aufl. § 45 Rn. 9; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 45 Rn. 7; [X.], [X.] des Privatversicherungsrechts Band 3 S. 510 f.; für einen Vorrang der Verfügung des Versicherten: [X.] in [X.]/Pohlmann, [X.] 2. Aufl. § 44 Rn. 37; Sieg in [X.], [X.] 8. Aufl. §§ 75, 76 Rn. 37; [X.], Rechtswirkungen der Versicherung für fremde Rechnung unter besonderer Berücksichtigung des Innenverhältnisses zwischen Versi-chertem und Versicherungsnehmer, 2004 S. 87). Eine Verfügung des [X.] gibt es nicht. Unter einer Verfügung ist ein Rechtsgeschäft zu verstehen, durch das der Verfügende auf ein Recht unmittelbar einwirkt, es also entweder auf einen Dritten überträgt oder mit einem Recht belas-19
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tet oder das Recht aufhebt oder es sonst wie in seinem Inhalt ändert ([X.], Urteil vom 24. Oktober 1979 -
VIII ZR 289/78, [X.]Z 75, 221, 226). Das allein hier in Betracht kommende bloße Zahlungsverlangen
durch den Verteidiger des [X.]
genügt diesen Anforderungen nicht.

2. Eine Erfüllungswirkung
scheitert aber daran, dass sich die [X.] durch ihre
Deckungszusage dazu verpflichtet hat, allein zu Guns-ten des [X.] als mitversicherter
Person zu leisten.
Unter dem Ge-sichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens ist es ihr
daher gemäß §
242 BGB verwehrt,
sich gegenüber dem Kläger
auf die nach den [X.] bestehende Verfügungsbefugnis der
GmbH, die auf den Insolvenzverwal-ter übergangen ist, zu berufen.

a) Mit der Deckungszusage bestätigt der Rechtsschutzversicherer seine Leistungspflicht für einen bestimmten Versicherungsfall. Sie stellt die Grundlage für das weitere außergerichtliche und gerichtliche Vorge-hen dar und ist daher von wesentlicher Bedeutung ([X.], 791). Deshalb wird die Deckungszusage nach allgemeiner Mei-nung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet mit der Folge, dass dem Versicherer Einwendungen verwehrt sind, die er kennt und mit denen er rechnet ([X.] r+s 2013,
435; [X.], 791; [X.], 1352; Armbrüster in [X.]/[X.],
[X.] 28. Aufl. § 17 [X.] 2008/II Rn. 10) und
nach teilweise vertretener Auffassung -
noch weitergehend -
mit denen er rechnen musste ([X.] 2008, 650; [X.] r+s 2001, 248; [X.]/[X.], Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 17 [X.] 2000 Rn. 17; Herdter in [X.]/[X.], [X.]
§ 17 Rn. 85; van [X.]/Plote, [X.] 3.
Aufl. § 1 Rn. 18). Die Deckungszusage erzeugt einen Vertrauenstat-bestand, der es dem Versicherer bei einer fehlerhaften Einschätzung des 20
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Sachverhalts verwehrt, sich auf die Fehlerhaftigkeit der Deckungszusage zu berufen (vgl. Herdter in [X.]/[X.], [X.] § 17 Rn. 85, 88).

Die Auslegung der Deckungszusage richtet sich nach §§ 133, 157 BGB ([X.], 1352). Zwar ist die Auslegung von [X.] Willenserklärungen grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Das Revisionsgericht kann aber die vom Berufungsgericht unterlassene [X.] selbst nachholen, wenn -
wie hier -
die erforderlichen Feststel-lungen getroffen und keine weiteren zu erwarten sind ([X.],
Urteil vom 12. Dezember 1997 -
V [X.], [X.], 1219 unter 3 m.w.[X.]; vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2013 -
IV ZR 215/12, [X.], 98 Rn.
56).

b) Die Deckungszusage hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 9.
Dezember 2008 an den Verteidiger
des [X.]
erteilt, in dem sie bat, namens und im Auftrag des Versicherten dessen rechtliche Interessen wahrzunehmen. Hiermit bestätigte sie ihre Leistungspflicht für den vom Verteidiger des Versicherten geltend gemachten Versicherungsfall. Die auf diese Weise erfolgte Konkretisierung erfasst hier ebenso die [X.] der mitversicherten Person. Bei der Leistungsprüfung des [X.] bedeutet das Widerspruchsrecht des § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht, dass der Versicherer verpflichtet wäre, nach der Deckungsanfrage eines Mitversicherten die Zustimmung des Versicherungsnehmers einzu-holen; er darf vielmehr nach der von ihm selbst gestellten Bedingung da-von ausgehen, dass die Deckungsanfrage regelmäßig mit dem [X.] des Versicherungsnehmers
erfolgt ([X.]/Cornelius-Winkler, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 15 [X.] 2000 Rn. 19). Aus Sicht des Erklärungsempfängers bedeutet die Deckungszusage nicht nur, dass der 22
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Versicherte unter den Versicherungsschutz fällt. Sie besagt auch, dass der Versicherer gerade den Versicherten von dessen Honorarverpflich-tung gegenüber dem von ihm beauftragten Anwalt freistellen will und er sich daher -
bis zur Erklärung eines Widerspruchs durch den Versiche-rungsnehmer gemäß §
15 Abs. 2 Satz 2 [X.] -
auf den Versicherten als verfügungsberechtigte Person festlegt. Damit wurde das Vertrauen des [X.] begründet, dass die Beklagte seine Kosten der Mandatierung wirtschaftlich tragen wird. Da die Insolvenz des Versicherungsnehmers die materielle Berechtigung des Versicherten nicht tangiert, kann dieser Umstand den Versicherer nicht berechtigen, von seiner Deckungszusage zu Gunsten des Versicherten abzurücken.

Wegen der zentralen
Bedeutung der Deckungszusage kann
der Versicherer diese nur unter bestimmten Voraussetzungen beseitigen.
Erst wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es Gründe für eine Leis-tungsverweigerung gibt, kann der Versicherer
die Deckungszusage wi-derrufen und das deklaratorische Schuldanerkenntnis kondizieren (Har-bauer/[X.], Rechtsschutzversicherung 8.
Aufl. § 17 [X.] 2000 Rn. 17). Daher reicht es für den Widerruf der Deckungszusage nicht aus, dass die Beklagte rund 1 ¾ Jahre nach der Deckungszusage bei ihrem gegenüber dem Anwalt des Versicherten erklärten Einverständnis zu einem be-stimmten Stundenhonorar erklärt, "einer detaillierten Gebührenrechnung gegenüber unserer Versicherungsnehmerin entgegen[zusehen]".
Auch wenn diese Erklärung nicht mehr auf den
Versicherten, sondern auf die Versicherungsnehmerin
abstellt, kann sie nicht als Widerruf der [X.] vom 9. Dezember 2008 verstanden werden.

c) Die Generalklausel des § 242 BGB verbietet widersprüchliches Verhalten, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstan-24
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den ist oder wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwid-rig erscheinen lassen ([X.], Urteile
vom 15. November 2012 -
IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12; vom 25. Oktober 2012 -
I [X.], NJW-RR 2013, 1057 Rn. 46; vom 16. März 2005 -
VIII ZR 14/04, [X.], 858; vom 14. September 2004 -
XI ZR 248/03, NJW-RR 2005, 415 unter IV; [X.], [X.]. § 242 Rn. 106;
[X.]/Grüne-berg, [X.]. § 242 Rn. 55;
Pfeiffer, [X.]. §
242 Rn. 56 ff. jeweils
m.w.[X.]).
So ist es hier. Die Beklagte hat sich

wie vor-stehend ausgeführt

durch ihre
Deckungszusage hinsichtlich der [X.] auf den Kläger festgelegt. Sie
ist deshalb gemäß §
242 BGB daran gehindert, sich ihm gegenüber auf die nach den [X.] bestehende Verfügungsbefugnis der GmbH als Versicherungsnehmerin, die auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist, zu berufen.

3.
Einer Erfüllung steht weiterhin entgegen, dass die Leistung der Beklagten nicht auf den vertraglich geschuldeten Leistungsgegenstand in Form der Befreiung des [X.] von der Verbindlichkeit gegenüber sei-nem Verteidiger gerichtet war (vgl. [X.]/[X.], [X.]. §
362 Rn. 3 f. m.w.[X.]); die Beklagte hat mit der Geldzahlung nicht die vertraglich versprochene Leistung erbracht.

a) Bei einem Befreiungsanspruch besteht grundsätzlich kein Zah-lungsanspruch des Gläubigers, dem Schuldner steht es vielmehr frei, wie er den Befreiungsanspruch erfüllt. Entscheidend ist nur, dass das [X.] -
Befreiung von der Verbindlichkeit -
eintritt ([X.], Urteil vom 17.
Februar 2011

III ZR 144/10, NJW-RR 2011, 910 Rn. 21 m.w.[X.]). Daran fehlt es, wenn der Ersatzverpflichtete dem [X.] das zur Erfüllung der Verbindlichkeit erforderliche Geld zur Verfügung stellt ([X.]/[X.], 6.
Aufl. § 257 Rn. 4). Letzterer soll nicht das 26
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Risiko tragen, dass es -
etwa in Folge des Zugriffs seiner Gläubiger -
nicht zur vollständigen Befreiung von der Verbindlichkeit kommt
([X.]/[X.] aaO).

b) Der Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung ist
auf die Be-freiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehen-den Kosten
gerichtet (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2013 -
IV ZR 215/12,
[X.], 98 Rn. 24); der Schuldbefreiungsanspruch ist ei-nem Zahlungsanspruch nicht gleichartig (Senatsurteile vom 14. April 1999 -
IV ZR 197/98, [X.], 706 unter 2 b; vom 14. März 1984

IVa ZR 24/82,
VersR 1984, 530 unter II).

c) Die Beklagte war nicht berechtigt, an den Insolvenzverwalter des Versicherungsnehmers zu zahlen, ohne dass dieser zuvor den Ver-teidiger
des Versicherten befriedigt hatte. Die Gegenauffassung (vgl. Armbrüster in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. §
5 [X.] 2008/II Rn. 2 und [X.]/[X.], Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 5 [X.] 2000 Rn.
169 unter Berufung auf [X.], [X.], 449) kann sich nicht
darauf berufen, der Versicherer könne stets an den Versicherungs-nehmer zahlen, weil dieser vor dem Zugriff seiner Gläubiger durch §
851 Abs. 1 ZPO, § 399 BGB geschützt sei
(so aber [X.] aaO). Diese Auffassung steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.], nach der § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 BGB
nicht daran
hindern, dass ein Befreiungsanspruch
des Versicherungsnehmers in dessen
Mas-se und der Verwertung durch den Insolvenzverwalter anheim fällt ([X.], Urteil vom 7. Juni 2001 -
IX ZR 195/00, [X.], 1258 f.).

d) Die Insolvenz des Versicherungsnehmers führt nicht zur Um-wandlung des [X.] des Versicherten in einen Zahlungs-28
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anspruch. Steht dem Insolvenzschuldner ein Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten zu, wandelt sich der [X.] in einen in die Masse fallenden Zahlungsanspruch um ([X.], [X.] 2. Aufl. §§ 35,
36 Rn. 227; [X.]/[X.], 6.
Aufl. § 257 Rn. 10). Die aus der Unabtretbarkeit des § 399 BGB fol-gende Unpfändbarkeit des [X.] gemäß § 851 ZPO dient nicht dem Schutz des Gemeinschuldners und soll dem [X.] auch keine konkursfeste haftungsrechtliche Zuweisung verschaffen
([X.], Urteil vom 7. Juni 2001 -
IX ZR 195/00, [X.], 1258 f.). [X.] muss der Vermögenswert dieses Anspruchs im Falle der Insolvenz desjenigen,
dem der Befreiungsanspruch zusteht, der Gläubigergesamt-heit zur Verfügung stehen. Diese Situation ist hier jedoch nicht
gegeben. Zwar hat im Streitfall durch die Insolvenz des Versicherungsnehmers der Insolvenzverwalter die Ausübung des Verfügungsrechts inne ([X.] in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 45 Rn. 15). Der [X.] steht aber materiell-rechtlich dem Versicherten und nicht dem
Versicherungsnehmer zu. Er gehört nicht zur Insolvenzmasse des Versicherungsnehmers, sondern zu der des Versicherten ([X.] in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. aaO § 44 Rn. 11; [X.], Handbuch des Privatversicherungsrechts Band 3 S. 484). Ein Grund zur

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16
-

Umwandlung des dem Versicherten zustehenden [X.] in einen Zahlungsanspruch zu Gunsten der Gläubiger des [X.] besteht daher nicht.

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr.
Karczewski
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.03.2012 -
3 C 966/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.02.2013 -
22 [X.]/12 -

Meta

IV ZR 88/13

16.07.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. IV ZR 88/13 (REWIS RS 2014, 4020)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4020

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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