5. Senat | REWIS RS 2013, 3562
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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
(Voraussetzungen einer Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL - Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG bei Subunternehmereinsatz - Personenbezogene Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG - Qualifikation als Diplom-Betriebswirt ist keine arztähnliche Berufsqualifikation - Grundsatz der steuerlichen Neutralität)
1. Der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG steht nicht entgegen, wenn der Unternehmer seine Leistungen nicht selbst gegenüber den Patienten ausgeführt und abgerechnet hat. Der Subunternehmer muss dann aber über einen eigenen nach § 4 Nr. 14 UStG erforderlichen Befähigungsnachweis verfügen .
2. Zu den personenbezogenen Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG gehört, dass der Steuerpflichtige entweder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist oder eine Krankenanstalt im Sinne dieser Bestimmung betreibt, die unter in sozialer Hinsicht vergleichbaren Bedingungen tätig ist .
3. Eine unmittelbare Berufung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene" Dienstleistungen ausgeführt hat und vom jeweiligen Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist .
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Diplom-Betriebswirt und als selbständiger Dozent und Arbeitstherapeut tätig. Er war u.a. in den Streitjahren (2003 bis 2007) als freiberuflicher Mitarbeiter im Bereich der Arbeitstherapie des zu den [X.] gehörenden Arbeitstrainings- und Therapiezentrums B in [X.] (Therapiezentrum) tätig. Das Therapiezentrum war eine Einrichtung zur medizinisch-beruflichen Rehabilitation psychisch erkrankter Erwachsener und Jugendlicher. Die Leistungen des [X.] dienten der Unterrichtung und Ausbildung psychisch kranker Menschen, um ihnen eine [X.] und berufliche Integration zu ermöglichen oder zu erleichtern. Seine Leistungen rechnete er gegenüber den [X.] ab und bekam sie von diesen vergütet. Der Kläger behandelte die hieraus resultierenden Umsätze als umsatzsteuerfrei.
Im [X.] an eine [X.] für die Jahre 2003 bis 2005 unterwarf der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) die Umsätze des [X.] dem Regelsteuersatz. Die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre wurden mehrfach geändert, weil das [X.] einen Teil der vom Kläger vorgelegten Nachweise für die Umsatzsteuerbefreiung der Umsätze als hinreichend betrachtete. Im Revisionsverfahren ist nunmehr nur noch die [X.] an die [X.] erbrachten Leistungen im Streit.
Die Klage hatte Erfolg. Zur Begründung seines Urteils führte das Finanzgericht ([X.]) im Wesentlichen aus, die vom Kläger gegenüber den [X.] erbrachten Leistungen seien gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes der in den Streitjahren 2003 bis 2007 geltenden Fassungen (UStG) umsatzsteuerfrei. Die von den [X.] im Therapiezentrum durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen seien Heilbehandlungen i.S. von § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG. Der Kläger habe Leistungen erbracht, die eng mit diesen ärztlichen Heilbehandlungen verbunden seien, weil sie die therapeutische Zweckbestimmung der Hauptleistung der [X.] teilten. Diese hätten der Unterrichtung und Ausbildung psychisch kranker oder behinderter Menschen gedient, um diesen eine [X.] und berufliche Integration zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Tätigkeit des [X.] als Leiter des Bereichs Arbeitstherapie im Therapiezentrum sei in das Therapiekonzept der [X.] eingebunden gewesen und habe ihre Grundlage in dem therapeutischen Gesamtkonzept gehabt. Dabei hätten die Rehabilitationsmaßnahmen unter ärztlicher Leitung und Verantwortung gestanden.
Die Leistungen des [X.] seien nicht von der Leistung der [X.] zu trennen gewesen. Bei den Leistungen des [X.] habe es sich daher um Nebenleistungen gehandelt, die keinen eigenen Zweck erfüllten, sondern Mittel zur Erreichung des von den [X.] verfolgten [X.] gewesen seien. Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG setze nicht voraus, dass die Nebenleistungen vom Leistenden der Hauptleistung erbracht würden. Dass es sich nicht um eine ärztliche Leistung im eigentlichen Sinn gehandelt habe, sei ohne Bedeutung.
Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision, mit der es Verletzung materiellen Rechts, und zwar des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG und des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]) geltend macht. § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG begünstige nur die von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen selbst ausgeführten Leistungen, nicht aber die vom Kläger als Subunternehmer für die [X.] erbrachten Leistungen.
Als eng mit Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG verbundene Umsätze seien Leistungen anzusehen, die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich seien, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkämen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhingen. Voraussetzung für die Steuerfreiheit dieser eng verbundenen Umsätze sei jedenfalls, dass diese von einer in § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG angeführten begünstigten Einrichtung erbracht würden. Denn diese Vorschrift begünstige nur die von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen selbst ausgeführten Leistungen sowie die für diese Einrichtungen erbrachten Leistungen von [X.], wenn diese [X.] selbst Einrichtungen in diesem Sinne seien. Da der Kläger selbst kein Krankenhaus oder eine vergleichbare Einrichtung in diesem Sinne betreibe, könne § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG auf seine Umsätze keine Anwendung finden.
Auch eine Befreiung nach § 4 Nr. 14 UStG komme nicht in Betracht. Das setze die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG in der Person des [X.] voraus. Diese Steuerbefreiung erfordere daher, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringe und dass er die dafür erforderlichen Befähigungsnachweise besitze. Der Abschluss als Diplom-Betriebswirt und die Belegung des Wahlpflichtfaches "Sozialpsychologie" für mehr als ein Jahr während des Studiums reichten dafür ebenso wenig wie seine praktischen Erfahrungen als Lehrer und in der Weiterbildung.
Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er macht geltend, das [X.] habe den Sachverhalt nicht zutreffend ermittelt und zum Teil falsch protokolliert. Es sei nicht hinreichend konkret festgestellt worden, worin seine Leistungen bestanden hätten. Die Aussage der Zeugin R sei unzutreffend. Die Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt genüge, um freiberuflich tätig zu werden. Bei Leistungen an einen Leistungsempfänger, der umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringe, umfasse dessen Steuerbefreiung auch die Vorleistung des Freiberuflers.
Der Kläger hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 17. Februar 2012 beim [X.] einen Antrag auf Protokollergänzung bzw. Protokollberichtigung gestellt. Das [X.] hat hierüber mit Beschluss vom 21. Dezember 2012 entschieden und den Antrag zurückgewiesen.
II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des [X.] und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei den vom Kläger an die [X.] ausgeführten Leistungen um eng mit den nach § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG steuerbefreiten ([X.] der [X.] verbundene ([X.] gehandelt habe, weil der Kläger die personenbezogenen Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG nicht erfüllt. Es liegen auch nicht die Voraussetzungen einer anderen Steuerbefreiungsnorm vor.
1. Die Leistungen des [X.] sind nicht nach § 4 Nr. 14 UStG von der Steuer befreit.
a) Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG sind steuerfrei
"die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit (bzw. UStG 1999: 'im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes') und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker. Steuerfrei sind auch die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in Satz 1 bezeichneten Berufe sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach Satz 1 steuerfreien Umsätze verwendet werden. Die Umsätze eines Arztes aus dem Betrieb eines Krankenhauses sind mit Ausnahme der ärztlichen Leistungen nur steuerfrei, wenn die in Nummer 16 [X.]abe b bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind ...".
§ 4 Nr. 14 UStG setzt Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. c der Richtlinie 77/388/[X.] bzw. Art. 132 Abs. 1 [X.]. c der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) um. Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer:
"c) Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden;"
b) Zwar steht der Steuerbefreiung für die Umsätze des [X.] nicht entgegen, dass er seine Leistungen nicht selbst gegenüber den Patienten, sondern sie als Subunternehmer ausgeführt und abgerechnet hat. Denn die befreiten Umsätze sind nach § 4 Nr. 14 UStG nicht durch die Person des Leistungsempfängers definiert. Vielmehr beschränkt sich das personenbezogene Tatbestandsmerkmal auf den Leistenden, der Träger eines ärztlichen bzw. arztähnlichen Berufs sein muss (vgl. Urteile des [X.] –-[X.]-- vom 18. August 2011 V R 27/10, [X.], 58, [X.], 2214, Rz 24; vom 10. März 2005 V R 54/04, [X.], 151, [X.] 2005, 669, Rz 16; vom 25. November 2004 V R 44/02, [X.], 80, [X.] 2005, 190, Leitsätze 1 und 2 und Rz 12, m.w.[X.]).
c) Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG setzt aber bei richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und dass er die dafür erforderlichen Befähigungsnachweise besitzt ([X.]-Urteile in [X.], 151, [X.] 2005, 669, Rz 16; in [X.], 80, [X.] 2005, 190, Rz 14; vom 19. Dezember 2002 V R 28/00, [X.], 330, [X.] 2003, 532, 1. Leitsatz; vgl. Urteile des Gerichtshofs der [X.] --[X.]-- vom 10. September 2002 [X.]/00, [X.], [X.]. 2002, [X.]. 26 ff.; vom 6. November 2003 [X.]/01, [X.], [X.]. 2003, [X.]. 50). Über diesen Befähigungsnachweis verfügt der Kläger nicht. Die Qualifikation als Diplom-Betriebswirt ist auch dann keine arztähnliche Berufsqualifikation, wenn im Rahmen dieser Ausbildung das Wahlpflichtfach "Sozialpsychologie" belegt wurde. Eine Steuerbefreiung der Leistungen eines Subunternehmers nach § 4 Nr. 14 UStG ohne eigenen Befähigungsnachweis kommt nicht in Betracht ([X.]-Urteil vom 2. September 2010 V R 47/09, [X.], 326, [X.] 2011, 195).
d) Dem steht das [X.]-Urteil vom 18. November 2010 [X.]/09, [X.] ([X.]. 2010, [X.]. 28), wonach es nicht notwendig ist, dass jeder Aspekt einer therapeutischen Behandlung von medizinischem Personal durchgeführt wird, nicht entgegen. Der [X.] nimmt dabei auf seine Urteile [X.] in [X.]. 2002, [X.] Rdnr. 41, und vom 8. Juni 2006 [X.]/05, [X.]P. ([X.]. 2006, [X.]. 39) Bezug. Gerade aus dem Urteil [X.] in [X.]. 2002, [X.] Rdnr. 27, geht hervor, dass es für die Beantwortung der Frage, ob eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit vorliegt, maßgeblich auf die Qualifikation des Behandelnden ankommt. Die in Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. c der Richtlinie 77/388/[X.] aufgestellte Voraussetzung, dass die "... Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden" müssen, (soll) gewährleisten, dass die [X.] nur für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gilt, die von Personen erbracht werden, die die erforderlichen beruflichen Qualifikationen besitzen ([X.]-Urteil vom 27. April 2006 [X.]/04, [X.]/04, [X.] u.a., [X.]. 2006, [X.] Rdnr. 37). Die Mitberücksichtigung der Berufsqualifikation neben der Art der Tätigkeit verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, wie der [X.] ausdrücklich entschieden hat ([X.]-Urteil [X.] u.a. in [X.]. 2006, [X.] [X.]. 40, 41; vgl. auch [X.] vom 26. Januar 2012 V R 52/10, [X.], 817). Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG setzt deshalb voraus, dass die Leistungen von einem Arzt oder im Rahmen der Ausübung eines arztähnlichen Berufs erbracht worden sind ([X.]-Urteil vom 29. Juni 2011 XI R 52/07, [X.], 461, [X.], 1806).
2. Die Leistungen des [X.] sind auch nicht nach § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG steuerfrei.
a) Gemäß § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG in seiner in den Streitjahren bis 2003 geltenden Fassung waren von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:
"die mit dem Betrieb der Krankenhäuser, Diagnosekliniken und anderen Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung, Diagnostik oder Befunderhebung, Einrichtungen zur Geburtshilfe sowie der Altenheime, [X.], Pflegeheime, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und der Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, wenn
...
b) bei Krankenhäusern im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt worden sind
... "
Durch Art. 5 Nr. 4 [X.]. d bb des [X.] 2003 vom 15. Dezember 2003 ([X.], 2645) wurde [X.]. b wie folgt ergänzt:
"b) bei Krankenhäusern im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt oder bei von Hebammen oder Entbindungspflegern geleiteten Einrichtungen zur Geburtshilfe im vorangegangenen Kalenderjahr die Kosten der stationären Aufnahme (Sozialpflege) in mindestens 40 Prozent der jährlichen Pflegetage von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind ... ".
b) Entgegen der Auffassung des [X.] gehört zu den personenbezogenen Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG, dass der Steuerpflichtige entweder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist oder eine Krankenanstalt im Sinne dieser Bestimmung betreibt, die unter in [X.] Hinsicht vergleichbaren Bedingungen tätig ist (ständige Rechtsprechung, [X.]-Urteile vom 8. Oktober 2008 V R 32/07, [X.], 184, [X.] 2009, 429, Rz 16; vom 28. Juni 2000 V R 72/99, [X.], 463, [X.] 2000, 554, Rz 26; vom 22. Mai 2003 V R 94/01, [X.], 185, [X.] 2003, 954, Leitsatz). Der Kläger erfüllt keines der beiden personenbezogenen Merkmale des § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG. Deshalb kommt es --entgegen der Auffassung des [X.]-- weder auf die konkrete Ausgestaltung seines Aufgabengebietes noch auf die Art der von ihm erbrachten Leistungen an. Insbesondere ist unerheblich, ob diese in das Therapiekonzept der [X.] eingegliedert waren oder nur als eine Art "Handlangertätigkeiten" für die [X.] zu beurteilen sind.
c) Somit ist im Streitfall nicht zu entscheiden, ob mit dem Betrieb einer der bezeichneten Einrichtungen "eng verbundene Leistungen" auch dann vorliegen, wenn --wie im [X.] verschiedene Unternehmer die in § 4 Nr. 16 UStG bezeichneten Leistungen erbringen. Diese Frage ist Gegenstand des vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 15. Mai 2012 V R 19/11 ([X.], 525, [X.] 2012, 803) eingeleiteten, beim [X.] unter dem Aktenzeichen [X.]/12 anhängigen [X.], über das noch nicht entschieden worden ist. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 [X.]O im Hinblick auf dieses Verfahren war nicht erforderlich, weil der Kläger die personenbezogenen Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG nicht erfüllt und daher die Entscheidung des [X.] nicht i.S. des § 74 [X.]O vorgreiflich sein kann.
3. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen nicht auf das § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG zugrunde liegende Unionsrecht berufen.
a) Ein Steuerpflichtiger kann sich auf eine im Unionsrecht vorgesehene Steuerbefreiung vor einem nationalen Gericht berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist ([X.]-Urteil [X.] in [X.]. 2002, [X.]. 5 ff.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
b) Gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. b der Richtlinie 77/388/[X.] bzw. ab 1. Januar 2007 aus Art. 132 Abs. 1 [X.]. b MwStSystRL, auf denen die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 [X.]. b UStG unionsrechtlich beruht, sind steuerfrei
"Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in [X.] Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden; ...".
Da der Kläger weder eine einer Krankenanstalt oder einem Zentrum für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik vergleichbare Einrichtung in diesem Sinne ist noch eine ordnungsgemäße Anerkennung vorliegt, kann er sich auf diese Richtlinienbestimmung nicht berufen.
4. Auch die Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] bzw. des Art. 132 Abs. 1 [X.]. g MwStSystRL sind nicht erfüllt.
a) Danach befreien die Mitgliedstaaten die Umsätze von der Steuer, die
"eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden".
Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] genügt nach der Rechtsprechung des [X.], dass zwei Voraussetzungen erfüllt sind, und zwar dass
- es sich um Leistungen handelt, die mit der Sozialfürsorge oder der [X.] Sicherheit eng verbunden sind, und
- diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind, erbracht werden (vgl. [X.]-Urteil vom 26. Mai 2005 [X.]/03, [X.] und [X.]., [X.]. 2005, [X.]. 34).
b) Der Kläger kann sich nicht unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] berufen, weil er weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts noch eine vom Mitgliedstaat [X.] anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter ist.
Ein Steuerpflichtiger kann die Eigenschaft einer Einrichtung mit sozialem Charakter nicht allein dadurch erlangen, dass er sich auf diese Bestimmung beruft. Nach übereinstimmender Rechtsprechung von [X.] und [X.] kann die Anerkennung eines Unternehmers als Einrichtung mit sozialem Charakter auch aus der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der [X.] Sicherheit abgeleitet werden (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 8. November 2007 V R 2/06, [X.]E 219, 428, [X.] 2008, 634; vom 30. Juli 2008 V R 66/06, [X.]E 223, 381, [X.] 2010, 507, und [X.] in [X.], 817, jeweils m.w.[X.]). Dabei kommt es zwar nicht darauf an, ob die Kosten im konkreten Fall tatsächlich übernommen worden sind, sondern es reicht aus, dass sie übernehmbar sind ([X.]-Urteile vom 22. April 2004 V R 72/03, [X.]E 205, 525, [X.] 2004, 684; vom 8. Juni 2011 XI R 22/09, [X.], 448, Rz 38, m.w.[X.]). Für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter reicht es für sich allein jedoch nicht schon aus, dass der Unternehmer --wie hier-- lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden ist ([X.]-Urteile vom 1. Dezember 2010 XI R 46/08, [X.]E 232, 232, Rz 39 f., und in [X.]E 219, 428, [X.] 2008, 634). Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Senatsurteil vom 15. September 2011 V R 16/11 ([X.], 521), denn diese Entscheidung betrifft das Merkmal der Unmittelbarkeit i.S. von § 4 Nr. 18 [X.]. b UStG.
5. Zu einer anderen Beurteilung führt im Streitfall auch nicht das [X.]-Urteil vom 15. November 2012 [X.], [X.] ([X.] --[X.]-- 2013, 35).
a) Der [X.] hat im Urteil [X.] in [X.] 2013, 35 entschieden, es stehe dem Grundsatz der Neutralität nicht entgegen, dass für die in Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] (bzw. Art. 132 Abs. 1 [X.]. g MwStSystRL) vorgesehene [X.] die Anerkennung des [X.] Charakters von Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht erforderlich ist, während es einer solchen Anerkennung bei Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, bedarf (Rdnr. 52). Hinsichtlich der Bedingungen, an die die Mitgliedstaaten die Anerkennung des [X.] Charakters von Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, knüpfen, steht den Mitgliedstaaten ein Ermessen zu ([X.]. 27, 37). Der Grundsatz der Neutralität gebiete aber die Gleichbehandlung der Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts seien, hinsichtlich der Anerkennung ihres [X.] Charakters ([X.]. 48, 49, 53).
b) Da der Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Rahmen der Umsetzung der in Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] (bzw. Art. 132 Abs. 1 [X.]. g MwStSystRL) vorgesehenen [X.] sachlich unterschiedliche Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und die unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden Einrichtungen ohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits verbietet ([X.]-Urteil [X.] in [X.] 2013, 35 Rdnr. 58), könnte daraus zu folgern sein, dass sich ein Unternehmer, der eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundene Dienstleistungen i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] (bzw. Art. 132 Abs. 1 [X.]. g MwStSystRL) erbringt, der aber nicht über die erforderliche staatliche Anerkennung verfügt, dann unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] (bzw. Art. 132 Abs. 1 [X.]. g MwStSystRL) berufen kann, wenn die gleichen Leistungen gemäß § 4 Nr. 18 UStG von der Steuer befreit wären, sofern sie von einem amtlich anerkannten Wohlfahrtsverband oder eines seiner Mitglieder erbracht würden.
aa) Eine unmittelbare Berufung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] (bzw. Art. 132 Abs. 1 [X.]. g MwStSystRL) kommt für den Kläger aber schon deshalb nicht in Betracht, weil er aus den unter [X.] dargestellten Gründen keine "eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundenen" Dienstleistungen ausgeführt hat.
bb) Darüber hinaus fehlt es aus den unter [X.] genannten Gründen an der erforderlichen Anerkennung durch den Mitgliedstaat. Selbst bei Ausführung "eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundenen Leistungen" kann diese Anerkennung nicht durch die richtlinienwidrige Begünstigung anderer Steuerpflichtiger in § 4 Nr. 18 UStG fingiert werden. Das Unionsrecht setzt --wie sich unmittelbar aus Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] (bzw. Art. 132 Abs. 1 [X.]. g MwStSystRL) ergibt und wie der [X.] im Urteil [X.] in [X.] 2013, 35 ausdrücklich [X.] eine Anerkennung durch den Mitgliedstaat voraus. Eine Steuerbefreiung durch die Möglichkeit einer Berufung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] (bzw. Art. 132 Abs. 1 [X.]. g MwStSystRL) ohne mitgliedstaatliche Anerkennung wäre daher richtlinienwidrig.
6. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität führt auch unter dem Gesichtspunkt der freien Wahl des [X.] zu keinem anderen Ergebnis. Zwar müssen nach der Rechtsprechung des [X.] Wirtschaftsteilnehmer nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität in der Lage sein, das Organisationsmodell zu wählen, das ihnen, rein wirtschaftlich betrachtet, am besten zusagt, ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Umsätze von der in Art. 13 Teil B [X.]. d der Richtlinie 77/388/[X.] vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen werden ([X.]-Urteile vom 4. Mai 2006 [X.]/04, [X.], [X.]. 2006, [X.], [X.] 2010, 567; vom 21. Juni 2007 [X.]3/05, [X.], [X.]. 2007, [X.]). Diese Rechtsprechung des [X.] bezieht sich aber auf die Steuerbefreiungen in Art. 13 Teil B der Richtlinie 77/388/[X.], die keine unternehmerbezogenen Merkmale voraussetzen. Die freie Wahl des [X.] führt indessen nicht dazu, dass bei den Steuerbefreiungen in Art. 13 Teil A der Richtlinie 77/388/[X.], die –-wie Art. 13 Teil A Abs. 1 [X.]. g der Richtlinie 77/388/[X.] mit der Anerkennung durch den [X.] unternehmerbezogene Merkmale voraussetzen, auf diese unternehmerbezogenen Merkmale unter Berufung auf die Freiheit des [X.] verzichtet werden kann.
7. Die im Revisionsverfahren noch streitigen Leistungen haben nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten keinen unterrichtenden Charakter gehabt, so dass auch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 [X.]. b UStG ausscheidet.
Meta
08.08.2013
Urteil
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 25. Januar 2012, Az: 2 K 1039/10, Urteil
§ 4 Nr 14 UStG 1999, § 4 Nr 16 UStG 1999, § 4 Nr 18 UStG 1999, Art 13 Teil A Abs 1 Buchst g EWGRL 388/77, Art 132 Abs 1 Buchst g EGRL 112/2006, UStG VZ 2005, UStG VZ 2006, UStG VZ 2007, § 4 Nr 14 UStG 2005, § 4 Nr 16 UStG 2005, § 4 Nr 18 UStG 2005
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.08.2013, Az. V R 8/12 (REWIS RS 2013, 3562)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 3562
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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