Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2020, Az. 4 StR 419/19

4. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11354

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2020:300720U4STR419.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
4
StR
419/19

vom
30. Juli 2020
in der Strafsache
gegen

wegen
fahrlässigen unerlaubten Umgangs mit Abfällen

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 30.
Juli 2020, an der teilgenommen haben
Vorsitzende
[X.]in
am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
[X.] am Bundesgerichtshof
Bender,
Hoch,
Dr. Sturm,
Rommel

als beisitzende [X.],

Staatsanwalt

als Vertreter des
[X.]s,

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird
das Urteil des [X.] vom 2.
Oktober 2018 mit den [X.] aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen.
2.
Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Ur-teil wird verworfen.
3.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen fahrlässigen unerlaubten Umgangs mit Abfällen ([X.]) unter Auflösung der [X.] aus einer früheren Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren und neun Monaten verurteilt, von der als Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vier Monate als vollstreckt gelten. Mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten und vom [X.] vertretenen
Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit Abfällen und rügt die unterbliebene Prüfung einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zum unerlaubten Betreiben von Anlagen. Darüber 1
-
4
-
hinaus beanstandet sie den Strafausspruch und die Kompensationsentschei-dung. Der Angeklagte wendet sich mit seiner ebenfalls mit der Sachrüge be-gründeten Revision gegen seine Verurteilung.
Während das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg hat, erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet.
I.
1.
Nach den Feststellungen war der Angeklagte langjährig zuletzt als Mitgesellschafter der [X.]

GmbH und der B.

GmbH sowie als Ge-schäftsführer der von ihm gegründeten Ö.

GmbH in der
Entsorgungsbranche tätig und unterhielt Geschäftsbeziehungen zur [X.].

GmbH, die eine Mine-ralölraffinerie betrieb.
In dem Raffineriebetrieb der [X.].

GmbH fielen täglich 80 bis 90
Ton-
nen [X.] an, die einer Entsorgung zugeführt werden mussten. Die [X.], die eine körnige Konsistenz aufwiesen und sich aus [X.], [X.] und Wasser zusammensetzten, enthielten große Mengen an Mineralölkohlen-wasserstoffen sowie der Schwermetalle Nickel und Vanadium. Aufgrund dieser Beschaffenheit und der bei großen Lagermengen bestehenden Gefahr der Selbstentzündung waren die [X.] für eine Deponierung nicht geeignet. Die Kosten für eine fachgerechte thermische Entsorgung beliefen sich auf [X.] 500

Der Angeklagte bezog über die Unternehmen B.

GmbH und Ö.

GmbH [X.] von der [X.].

GmbH und erhielt dafür 93 bis 120

als Entgelt. Die Lieferung der [X.] erfolgte bis Februar 2009 als Abfall unter der Abfallschlüsselnummer
06
13

[X.]

2
3
4
5
-
5
-
Oktober 2009 unter der Bezeichnung als Nebenprodukt. Die [X.] wurden teils nach Vermischung mit anderen Materialien vom Angeklagten als Ersatz-brennstoff weitergehandelt, wobei sich der Absatz der Pellets zunehmend schwieriger gestaltete, weil es wiederholt zu Bränden in Folge von Selbstent-zündungen der [X.] kam. Um vor diesem Hintergrund dem [X.] nachkommen zu können, der aus der gegenüber der [X.].

GmbH übernommenen
täglichen Abnahmeverpflichtung von 40 Tonnen Pellets resul-tierte, änderte der Angeklagte die Vorgehensweise im Umgang mit den [X.].
Von den im Tatzeitraum von 2010 bis 2013 von der [X.].

GmbH über-
nommenen [X.] wurden auf Veranlassung des Angeklagten, nachdem die Pellets
bei der [X.]

GmbH des Angeklagten zunächst gesiebt und mit an-
deren Materialien vermischt und zum Teil weiterhin als Ersatzbrennstoff weiter-gehandelt worden waren, eine Gesamtmenge von 17.611,64
Tonnen als Abfall unter der Abfallschlüsselnummer
19
12

sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen)

.

GmbH geliefert. Bei der R.

GmbH erfolgte erneut eine Vermischung mit weiteren Stoffen, um nunmehr die Abfallschlüs-selnummer
19
12

Mineralien (z.B. Sand, Steine)

zu können. Anschließend wurden die vermischten [X.] zu einer von einem weiteren Unternehmen betriebenen Tongrube transportiert, wo das Gemisch verkippt und einplaniert wurde. Des Weiteren ließ der Angeklagte insgesamt 7.508,58
Tonnen [X.], die zuvor anderweitig eingelagert sowie zum Teil bereits vermischt und als Abfälle nach Schlüsselnummer
19
12

Mineralien (z.B. Sand, Steine)

.

GmbH liefern. Dort wurden
die
Pellets

soweit noch nicht geschehen

anderen Materialien vermischt und anschließend in der Tongrube deponiert.
6
-
6
-
Keines der in den [X.] eingebundenen Unternehmen besaß eine Genehmigung zur Annahme oder Behandlung von gefährlichen Abfällen. Die in der Tongrube deponierten [X.]
haben bislang noch zu keinem konk-ret feststellbaren Umweltschaden geführt. Es besteht aber die Gefahr, dass mit Kohlenwasserstoffverbindungen kontaminiertes Sickerwasser durch Versickern oder im Falle eines oberirdischen Wasserabflusses in tiefere Erdschichten und letztlich ins Grundwasser gelangt.
Im Zuge der Lieferungen der [X.] an die R.

GmbH war dem Ange-
klagten bekannt, dass die Pellets über dieses Unternehmen einer Beseitigung zugeführt werden. Die letztendlich erfolgte Deponierung der [X.] hielt er für möglich und nahm sie in Kauf. Dabei ging der Angeklagte davon aus, dass die [X.] keine Stoffe enthielten, die einer Deponierung entgegenstehen und zwingend eine thermische Entsorgung gebieten. Aufgrund dieser Fehlvorstel-lung über die Inhaltsstoffe hielt er die Einordnung der [X.] als [X.] seitens der [X.].

GmbH für zutreffend. Letztlich beschäftigte sich der Ange-klagte nicht weiter mit der Frage, wie mit den [X.] verfahren wurde, da es ihm allein darauf ankam,

lichen Pflicht gegenüber der [X.].

GmbH nachkommen zu können.
2.
Das [X.] hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass sich der bedingte Vorsatz des Angeklagten auch darauf bezog, dass die in der Tongrube abgelagerten [X.] nach ihrer Beschaffenheit und Menge geeig-net waren, die in §
326 Abs.
1 Nr.
4a StGB geschützten [X.] Boden und Grundwasser nachhaltig zu verunreinigen. Da der Angeklagte als Entsor-gungsfachmann nach seinen Fähigkeiten bei Beachtung der objektiv erforderli-chen Sorgfalt aber in der Lage gewesen sei, die Umweltgefährlichkeit der [X.] im Sinne des §
326 Abs.
1 Nr. 4a StGB zu erkennen, hat es ihn des fahr-7
8
9
-
7
-
lässigen unerlaubten Umgangs mit Abfällen gemäß §
326 Abs.
1 Nr.
4a, Abs.
5 Nr.
1 StGB schuldig gesprochen.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet. Die Beweiserwägun-gen der [X.], mit denen sie einen auf die Umweltgefährlichkeit der [X.] im Sinne des §
326 Abs.
1 Nr.
4a StGB bezogenen bedingten Vorsatz des Angeklagten verneint hat, halten unter Berücksichtigung des eingeschränk-ten [X.] (st. Rspr.; vgl. nur [X.], [X.] vom 7.

4
StR 441/78, [X.]St 29, 18, 20
f. [X.]; [X.] in Löwe/[X.], [X.], 26.
Aufl., §
337 Rn.
117
ff. [X.]) einer rechtlichen Prü-fung nicht stand.
1.
Bedingter Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Eintritt des tatbe-standsmäßigen Erfolgs als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt
(Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles Willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet, mag ihm der [X.] auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willensele-ment). Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn sich der Täter entweder des Risi-kos eines [X.]s nicht bewusst ist oder er mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.
Beide Elemente des bedingten Vorsatzes müssen in jedem Einzelfall [X.] geprüft und gegebenenfalls durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Ihre Bejahung oder Verneinung setzt eine Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände des
Einzelfalls voraus, bei welcher die auf der Grundlage der dem Täter bekannten Gegebenheiten zu bestimmende ob-10
11
12
-
8
-
jektive Gefährlichkeit der Tathandlung einen wesentlichen Indikator sowohl für das kognitive als auch für das voluntative Vorsatzelement darstellt
(st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 22.

4
StR 558/11, [X.]St 57, 183 Rn.
26; vom 1.

4
StR 399/17, [X.]St 63, 88 Rn.
17
ff. jeweils [X.]).
2.
Die Feststellung der im Einzelfall vorsatzrelevanten Umstände, deren Bewertung im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sowie die [X.] selbst obliegen dem Tatrichter im Rahmen der Beweiswürdi-gung. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung ist vom Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen. Einer solchen rechtlichen Prüfung halten die Beweiserwägungen des [X.]s, mit welchen es einen auf die Eignung der [X.] zur nachhaltigen Verunreinigung des Bodens und des [X.] bezogenen bedingten Vorsatz des Angeklagten verneint hat, nicht stand. Denn die Gesamtwürdigung der [X.] erweist sich in mehrfacher Hin-sicht als lückenhaft.
a)
Das [X.] hat die Ablehnung eines bedingten Vorsatzes maß-geblich unter anderem darauf gestützt, dass von der [X.].

GmbH durch die
wiederholte Umdeklarierung der [X.] ein erheblicher Aufwand betrieben wurde, um die Gefährlichkeit der Pellets nicht unmittelbar ersichtlich zu ma-chen. Die Lieferung der Pellets als Nebenprodukt und die Verwendung der [X.] für [X.] hätten für sämtliche mit den [X.] be-fassten Personen eine zutreffende Einschätzung als gefährlicher Abfall deutlich erschwert. Bei diesen Erwägungen hat die [X.] nicht bedacht, dass weder aus der Einordnung eines Stoffes als Nebenprodukt nach §
4 [X.] noch aus der unterbliebenen Bezeichnung mit einer in der [X.] für gefährliche Abfälle vorgesehenen Schlüsselnummer auf die feh-13
14
-
9
-
lende Eignung des betreffenden Stoffes zur nachhaltigen Schädigung eines der in §
326 Abs.
1 Nr.
4a StGB geschützten [X.] geschlossen werden kann.
Die Einordnung als Nebenprodukt nach §
4 [X.] hat zur Folge, dass ein Stoff oder Gegenstand, so lange die Voraussetzungen des §
4 Abs.
1 Nr.
1 bis
4 [X.], insbesondere eine weitere rechtmäßige Verwendung, vorliegen, nicht
den abfallrechtlichen Regelungen unterliegt (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/
Schomerus, [X.], 4.
Aufl., §
4 Rn.
15). Über die Umweltgefährlichkeit des Stoffes oder Gegenstands besagt die Einordnung nichts.
Die Bezeichnung von Abfällen mit einer in der [X.] für gefährliche Abfälle vorgesehenen Abfallschlüsselnummer führt dazu, dass die Abfälle nach §
3 Abs.
5 [X.] (früher §
3 Abs.
8 KrW-/AbfG) als gefährliche Abfälle im Sinne des Abfallrechts bestimmt sind und den besonde-ren Überwachungsanforderungen des §
48 [X.] (früher §
41 KrW-/AbfG) [X.]. Da die Strafvorschrift des §
326 Abs.
1 StGB nicht an die abfallrechtli-che Klassifizierung als gefährlicher Abfall nach der [X.] anknüpft, sondern die an taugliche Tatobjekte zu stellenden tatbe-standlichen Anforderungen selbst bestimmt, sind der Tatbestand des §
326 Abs.
1 Nr.
4a StGB und die Kennzeichnung nach der [X.] in ihrer Reichweite nicht deckungsgleich. Die abfallrechtliche Be-zeichnung als gefährlicher Abfall stellt zwar ein Indiz für dessen Umweltgefähr-lichkeit im Sinne des §
326 Abs.
1 Nr.
4a StGB dar (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 30.
Aufl., §
326 Rn.
6; Saliger in Satz-ger/[X.]/[X.], StGB, 4.
Aufl., §
326 Rn.
32; [X.], StGB, 67.
Aufl., §
326 Rn.
19). Umgekehrt kann aus der Verwendung einer für nicht gefährliche Abfälle vorgesehenen Schlüsselnummer aus der Abfallverzeichnis-15
16
-
10
-
Verordnung jedoch nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass dem
betreffenden Abfall nach Art, Beschaffenheit oder Menge die Eignung fehlt, ei-nes der in §
326 Abs. 1 Nr. 4a StGB tatbestandlich bezeichneten [X.] nachhaltig zu schädigen.
b)
Die [X.] ist davon ausgegangen, dass dem Angeklagten auf-grund der von ihm betriebenen Weitervermarktung von [X.] als Ersatz-brennstoff der hohe Brennwert der Pellets bekannt war, und hat diesen Um-stand in subjektiver Hinsicht nur zur Begründung eines Fahrlässigkeitsvorwurfs gegen den Angeklagten herangezogen. Der
beim Angeklagten vorhandene Wissensstand über die Eigenschaften der [X.] hätte aber als vorsatzrele-vanter Gesichtspunkt auch im Rahmen der Vorsatzprüfung Berücksichtigung finden müssen, zumal es aus der Perspektive eines ausgebildeten Entsor-gungsfachmanns überaus nahelag, dass der hohe Brennwert und der dem [X.] ebenfalls bekannte Mineralölgeruch der Pellets auf einen hohen Ge-halt an umweltschädlichen Kohlenwasserstoffen zurückzuführen war.
c)
Nach den zur Tatvorgeschichte getroffenen Feststellungen entzündete sich am 17.
November 2009 eine durch Unternehmen des Angeklagten bei [X.] eingelagerte Menge von 25.000
Tonnen [X.] und verur-sachte einen Brand. Den in Brand geratenen und wieder gelöschten Teil der [X.] ließ der Angeklagte als gefährlichen Abfall nach der [X.] mit der Schlüsselnummer
19
02

feste brennbare Abfälle, die gefährliche Stoffe enthalten

geklagten erfolgte Gefährlichkeitsbewertung wäre unbeschadet des Umstands, dass sich die Kennzeichnung auf diejenigen [X.] beschränkte, die den Brand-
und Löscheinwirkungen ausgesetzt gewesen waren, in die erforderliche Gesamtbetrachtung zur Feststellung des kognitiven Elements eines auf die 17
18
-
11
-
Umweltgefährlichkeit im Sinne des §
326 Abs.
1 Nr.
4a StGB bezogenen be-dingten Vorsatzes einzustellen gewesen.
d)
Gleiches gilt für die vom Angeklagten veranlasste Aufbereitung der [X.] bei der [X.]

GmbH. Nach den Feststellungen des angefochtenen
Urteils ließ der Angeklagte die im Tatzeitraum von der [X.].

GmbH übernom-
menen [X.] bei der [X.]

GmbH zunächst sieben und anschließend
mit anderen Materialien, wie Bleicherde, [X.], Aktivkohle, Anoden und Graphit, mischen, um
sie einfacher als Ersatzbrennstoff verkaufen zu können. Dieser Mischvorgang, der nach Ansicht der [X.] dazu führte, dass eine [X.] zur Raffinerie der [X.].

GmbH nicht mehr offenkundig und der Rückschluss auf einen Ölgehalt der Pellets für alle weiteren Abnehmer er-schwert war, wurde aber nicht nur bei den kleineren, vom Angeklagten als Er-satzbrennstoff weitergehandelten [X.], sondern auch bei den größeren Pellets vorgenommen, die als Abfälle unter der Abfallschlüsselnum-mer
19
12
12

sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen)

R.

GmbH abgegeben wurden.
Bei dieser Sachlage wäre vom Tatrichter zu erwägen gewesen, ob die mit fi-nanziellem Aufwand verbundene Aufbereitung der anschließend als Abfälle ab-gegebenen [X.] von vornherein dem Zweck diente, die umweltschädliche Beschaffenheit der Pellets zu verschleiern, um letztlich eine nicht genehmigte Deponierung zu ermöglichen.
III.
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg. Die Nachprüfung des angefochtenen
Urteils auf Grund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
19
20
-
12
-
Die von der Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung angespro-chene Änderung des § 326 StGB im Tatzeitraum ist für die rechtliche Würdi-gung
ohne Bedeutung, da die von der [X.] angenommene Tatalterna-tive des Ablagerns unverändert geblieben ist.
IV.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1.
Der neue Tatrichter wird eine mögliche Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Betreiben von Anlagen nach §
327 Abs.
2 Nr.
1 und
3 StGB in den Blick zu nehmen und ferner zu prüfen haben, ob der Ange-klagte im Rahmen des §
326 Abs.
1 Nr.
4a StGB über die im angefochtenen Urteil angenommene Tatmodalität des Ablagerns hinaus weitere Begehungsal-ternativen verwirklicht hat.
Zur konkurrenzrechtlichen Bewertung des strafbaren Verhaltens des [X.] wird es erforderlich sein, nähere Feststellungen zu den konkreten Tatbeiträgen des Angeklagten zu treffen, um auf dieser Grundlage entscheiden zu können, ob und in welchem Umfang
die Voraussetzungen für die Annahme eines uneigentlichen Organisationsdelikts (vgl. [X.], aaO, vor §
52 Rn.
25 [X.]; [X.] in Satzger/[X.]/[X.], aaO, §
52 Rn.
32 [X.]) oder gegebenenfalls einer tatbestandlichen Handlungseinheit (vgl. [X.], Urteil vom 6.

2
StR 356/00) vorliegen.
2.
Erlittene Untersuchungshaft ist regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach §
51 Abs.
1 Satz
1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird. Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine strafmildernde Berücksichtigung nur in Betracht, 21
22
23
24
25
-
13
-
sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (st.
Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 25.

4
StR 312/18, [X.], 81; vom 2.
Februar 2

4
StR 481/16, [X.], 105, 106; vom 20.

5
StR 248/13, [X.], 31), die konkret festzustellen sind.
3.
Die [X.] einer Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Ver-fahrensverzögerung nach der in der Rechtsprechung des [X.] entwickelten [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 17.
Januar 2008

[X.], [X.]St 52, 124) setzt Feststellungen des Tatrichters zu Art, Aus-maß und Ursache der Verfahrensverzögerung voraus, die es dem Revisionsge-richt ermöglichen, im Sinne einer [X.] nachzuvollziehen, ob die festgestellten Umstände die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfah-rensverzögerung im Sinne von Art.
6 Abs.
1 [X.] tragen und sich die gewährte Kompensation innerhalb des tatrichterlichen [X.] hält (vgl. [X.], Urteil vom 23.

2
StR 392/13, [X.], 21). Diesen Anforderungen werden die bisherigen [X.] nicht gerecht, da sie sich zum Verlauf der Ermittlungen, der nach Ansicht des [X.]s eine An-klageerhebung bereits im Jahr 2014 gemeinsam mit den Tatvorwürfen aus dem Parallelverfahren ermöglicht hätte, nicht näher verhalten.
Sost-Scheible

Bender

Hoch

Sturm

Rommel
Vorinstanz:
[X.], [X.], 02.10.2018 -
35 Js 232/14 II 2 KLs 1/17 6 Ss 185/19
26

Meta

4 StR 419/19

30.07.2020

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2020, Az. 4 StR 419/19 (REWIS RS 2020, 11354)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11354

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 419/19 (Bundesgerichtshof)

Fahrlässiger unerlaubter Umgang mit Abfällen: Voraussetzungen des bedingten Vorsatzes; Einordnung als gefährlicher Abfall


6 StR 227/21 (Bundesgerichtshof)

Falsche uneidliche Aussage: Verjährungsbeginn bei Aussage vor einem Untersuchungsausschuss des Landes Sachsen-Anhalt)


2 StR 307/20 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen: Tatvariante der wesentlichen Abweichung von einem zugelassenen Verfahren als abstraktes …


5 StR 505/12 (Bundesgerichtshof)


5 StR 505/12 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Betreiben von Anlagen und unerlaubter Umgang mit gefährlichen Stoffen: Abgrenzung zwischen Beseitigung und Verwertung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.