Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2004, Az. 3 StR 65/04

3. Strafsenat | REWIS RS 2004, 2061

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 65/04 vom 29. Juli 2004 in der Strafsache gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u. a.
- 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 29. Juli 2004, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.]

Prof. Dr. Tolksdorf,

[X.] am [X.]

Dr. Miebach,

von [X.],

[X.],

[X.]

als [X.],

Staatsanwältin

als Vertreterin der [X.],

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 25. September 2003 wird a) das Verfahren in den Fällen [X.], 2.2 (Taten 1 und 2 zum Nachteil [X.]) und 4. (Tat zum Nachteil [X.]) gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt;

im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfah-rens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs eines Kin-des in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbe-fohlenen in 32 Fällen schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen - 4 - Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von [X.] in 35 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat lediglich den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
Soweit der Angeklagte wegen der nach der [X.] durch den Senat verbliebenen Taten, die jedenfalls nach dem 4. September 1997 began-gen worden sind, tateinheitlich wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbe-fohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) verurteilt worden ist, ist die Verfolgung un-ter diesem rechtlichen Gesichtspunkt nicht des Eintritts der Verjährung wegen gehindert. Denn die frühestens am 5. September 1997 beginnende, nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünfjährige Verjährungsfrist ist durch die am 4. September 2002 unterzeichnete und am folgenden Tag abgefertigte schriftliche Anordnung der Mitteilung des ermittlungsrichterlichen Vernehmungstermins der Tochter des Angeklagten [X.] als Zeugin unterbrochen worden. Diese Terminsmit-teilung hat dem Angeklagten die Einleitung des gegen ihn gerichteten [X.] bekanntgegeben (§ 78 c Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB). Dem steht nicht entgegen, daß die schriftliche Terminsmitteilung formlos erfolgt ist und den Gegenstand der Ermittlungen nicht ausdrücklich bezeichnet hat. Denn für die Bekanntgabe sind keine bestimmte Form und kein bestimmter Inhalt vorgeschrieben. Der Beschuldigte muß allerdings ersehen können, daß und weshalb ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden ist (vgl. BGHSt 30, 215, 217). Dies kann sich auch aus der Eindeutigkeit der gegen den - 5 - Beschuldigten ergriffenen Maßnahme ergeben (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 78 c Rdn. 7 [X.]). Daß die Terminsmit-teilung hier den Erfordernissen einer Bekanntgabe entsprochen hat, entnimmt der Senat dem Ergebnis seiner im Freibeweis durchgeführten Erhebungen und den Feststellungen des angefochtenen Urteils. Die Terminsmitteilung hat den Angeklagten darüber ins Bild gesetzt, daß gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Der tatsächliche In-halt der damaligen Terminsmitteilung war zwar im einzelnen nicht zu ermitteln. Aus dem Wortlaut des vom [X.] übersandten Musters ge-genwärtig versandter Terminsmitteilungen ergibt sich die Einleitung eines Er-mittlungsverfahrens gegen den jeweiligen Empfänger indes eindeutig ("Ermitt-lungsverfahren ./. Sie"). Daß die im vorliegenden Verfahren gefertigte Mittei-lung denselben oder einen entsprechenden Inhalt hatte, liegt nahe und ergibt sich im übrigen daraus, daß der Schriftsatz des Verteidigers vom 12. September 2002, mit dem er - unter Vorlage einer handschriftlichen Voll-macht des Angeklagten vom 10. September 2002 - Akteneinsicht beantragt hat, den Betreff enthält: "In dem Ermittlungsverfahren gegen [X.]". Die Mitteilung der anberaumten Vernehmung seiner Tochter [X.] als Zeugin hat dem Angeklagten auch deutlich gemacht, welche Handlungen Ge-genstand der geführten Ermittlungen waren. Daß sich die Verfahrenseinleitung und die Strafverfolgung auf die von ihm an seiner Tochter [X.] begange-nen Sexualstraftaten beziehen, war für den Angeklagten aufgrund der ihm zum Zeitpunkt der Mitteilung bekannten konkreten Einzelumstände des Falles of-fensichtlich: Die Feststellungen des angefochtenen Urteils ergeben insoweit, daß dem Angeklagten die Aufdeckung seiner Mißbrauchstaten bekannt wurde, - 6 - dem Angeklagten die Aufdeckung seiner Mißbrauchstaten bekannt wurde, un-mittelbar nachdem sich [X.] gegenüber ihrer Mutter offenbart hatte. Die nachfolgenden, mehrere Monate andauernd bestehenden Probleme des Zu-sammenlebens führten schließlich dazu, daß der Angeklagte - eine entspre-chende Bedingung seiner zwischenzeitlich ausgezogenen Tochter [X.] für ihre Rückkehr erfüllend - im Juni 2002 die Familienwohnung verließ. Vor die-sem Hintergrund war für den Angeklagten aus der wenig später erfolgten [X.] der ermittlungsrichterlichen Vernehmung dieser Tochter - auch weil ein anderer Vernehmungsgegenstand nicht in Betracht kam - hinreichend klar er-sichtlich, wegen welcher Handlungen gegen ihn ermittelt wurde. Der Verfolgungswille der [X.] hat sich zum Zeitpunkt der Anordnung der Terminsmitteilung auf alle abgeurteilten sexuellen [X.] zum Nachteil der Tochter [X.] erstreckt. Dies ergibt sich aus dem Sach- und Verfahrenszusammenhang, zu dessen Auslegung der [X.] heranzuziehen ist (vgl. [X.], 427). Den Protokollen der [X.] polizeilichen Vernehmungen der Zeugin [X.] und ihrer Mutter ist neben der Schilderung einzelner Taten auch zu entneh-men, daß der Angeklagte darüber hinaus verdächtig war, im Zeitraum von etwa Juli 1997 bis Anfang des Jahres 2001 eine Vielzahl sexueller Mißbrauchshand-lungen zum Nachteil seiner Tochter [X.] begangen zu haben. Da sich die Unterbrechungswirkung der Bekanntgabe in der Regel auf die gesamte Tat im prozessualen Sinn (§§ 155, 264 StPO) sowie auf alle weiteren in demselben Verfahren verfolgten Taten erstreckt und Anhaltspunkte für die Begrenzung der Unterbrechungshandlung auf einzelne Taten nicht bestehen, hat sich die Un-terbrechungswirkung hier ihrem sachlichen Umfang nach auf alle abgeurteilten - 7 - Taten des sexuellen Mißbrauchs von [X.] bezogen (vgl. [X.], 191; BGHR StGB § 78 c Abs. 1 Handlung 5).
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der allgemeinen Sachrüge hat keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. Der Senat schließt angesichts der verbleibenden Einzelstrafen (21mal zwei Jahre und sechs Monate, siebenmal ein Jahr und sechs Monate sowie viermal ein Jahr Freiheitsstrafe) und des bei der Gesamtstrafenbildung vorge-nommenen überaus straffen Zusammenzugs aus, daß das [X.] ohne die in den eingestellten Fällen verhängten drei Einzelstrafen (acht Monate, ein Jahr sowie ein Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe) zu einer niedrigeren Ge-samtfreiheitsstrafe gelangt wäre. Die festgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe kann daher entsprechend dem Antrag des [X.] - auch unter Be-rücksichtigung der Entscheidung des [X.] vom 7. Januar 2004 ([X.], 137) - bestehen bleiben. Tolksdorf Miebach von [X.]

[X.]

[X.]

Meta

3 StR 65/04

29.07.2004

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2004, Az. 3 StR 65/04 (REWIS RS 2004, 2061)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2061

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