Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.03.2011, Az. II ZR 237/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8653

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Gegenstand

Richterablehnung wegen persönlicher Beziehungen zu einem Mitglied einer in Parallelprozessen tätigen Rechtsanwaltskanzlei


Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen Richterin am [X.]     wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Kläger hat [X.]in am [X.] C.       wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Infolge der persönlichen Beziehungen der abgelehnten [X.]in zu einem Mitglied der Anwaltssozietät [X.]      bestehe die Besorgnis, dass sie nicht unbefangen entscheiden könne. Der Rechtsstreit sei vorgreiflich für vier weitere Verfahren, in denen für die jeweilige Beklagte in den Vorinstanzen das Anwaltsbüro [X.]     tätig gewesen sei. Aus der dienstlichen Äußerung der abgelehnten [X.]in, ihr seien die im Ablehnungsgesuch zunächst genannten drei Verfahren nicht bekannt, folge, dass sie selbst der Ansicht sei, dass sie nicht tätig geworden sei bzw. tätig würde, wenn sie die Zusammenhänge mit diesen Rechtssachen gekannt hätte. Spätestens wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung diese Zusammenhänge thematisiere, realisiere sich die Besorgnis der Befangenheit.

II.

2

[X.] ist nicht begründet. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines [X.]s zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Maßgebend dafür ist, ob aus der Sicht der den [X.] ablehnenden [X.] bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an dessen Unvoreingenommenheit und objektiver Einstellung zu zweifeln (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Dezember 2009 - [X.]/09, NJW-RR 2010, 493 Rn. 6; [X.], Beschluss vom 2. Oktober 2003 - [X.], [X.]Z 156, 269, 270 m.w.[X.]). Als solche Gründe kommen persönliche Beziehungen der abgelehnten [X.] zu den [X.]en oder zur Streitsache in Frage. Gründe in der Person eines anderen als der [X.] lassen die Unvoreingenommenheit eines [X.]s nur dann zweifelhaft erscheinen, wenn Anlass zu der Besorgnis besteht, dass sich das Verhältnis zu dem [X.] auf die Einstellung des [X.]s zu einem Prozessbeteiligten oder zum Gegenstand des Verfahrens auswirkt (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juni 2006 - [X.], [X.], 1440; BFH/NV 2005, 234).

3

Die abgelehnte [X.]in hat keine persönlichen Beziehungen zu einer [X.] oder zur Streitsache. Dass Anlass zu der Besorgnis besteht, dass sich ihr persönliches Verhältnis zu einem [X.] auf ihre Einstellung zu einer [X.] oder zum Gegenstand der Streitsache auswirkt, ist nicht dargetan. Von einer solchen Auswirkung ist auszugehen, wenn der Dritte am Verfahren etwa als Prozessbevollmächtigter oder als Zeuge beteiligt ist. Das Mitglied der Anwaltssozietät [X.], zu dem die abgelehnte [X.]in eine persönliche Beziehung hat, ist am Verfahren nicht beteiligt, auch nicht als Prozessbevollmächtigter in den Vorinstanzen. Die [X.]en wurden auch nicht - was nicht genügen würde (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juni 2006 - [X.], [X.], 1440) - durch ein Mitglied dieser Anwaltssozietät vertreten.

4

Dass Mitglieder dieser Anwaltssozietät an Verfahren beteiligt sind, in denen nach Auffassung des [X.] dieselben Rechtsfragen wie in der Streitsache zu entscheiden sein werden, bietet bei vernünftiger Würdigung aller Umstände keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der [X.]in zu zweifeln. Auswirkungen auf die Einstellung der abgelehnten [X.]in zum Gegenstand der Streitsache sind schon deshalb nicht zu befürchten, weil ihr diese Verfahren nicht bekannt waren und aus diesem Grund auch nicht bekannt sein konnte, ob es sich - wie der Kläger meint - um dieselben Rechtsfragen handelt. Die Besorgnis der Befangenheit kann auch nicht damit begründet werden, dass der Kläger diesen Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung thematisieren will. Darüber hinaus bietet allein der entfernte Bezug des [X.] zum Gegenstand der Streitsache keinen Anlass, Auswirkungen auf die Einstellung eines [X.]s zu befürchten. Ein solcher entfernter Bezug des Mitglieds der Anwaltssozietät [X.]     , zu dem die abgelehnte [X.]in eine persönliche Beziehung hat, zu der aufgeworfenen Rechtsfrage ist auch nicht dargelegt. Er ist weder selbst noch als Prozessbevollmächtigter anderen weiteren Verfahren beteiligt. Dass andere Mitglieder der Anwaltssozietät in diesen Verfahren Prozessbevollmächtigte der [X.]en sind, begründet keinen Bezug zum Gegenstand der Streitsache.

Bergmann                         Reichart                                    Drescher

                    Born                               Sunder  

Meta

II ZR 237/09

15.03.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 29. September 2009, Az: 5 U 69/08

§ 42 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.03.2011, Az. II ZR 237/09 (REWIS RS 2011, 8653)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8653


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 1577/11

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1577/11, 05.12.2012.


Az. II ZR 237/09

Bundesgerichtshof, II ZR 237/09, 19.04.2011.

Bundesgerichtshof, II ZR 237/09, 15.03.2011.


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I-11 W 53/15 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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