Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2005, Az. V ZB 7/05

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4044

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.]/05

vom 14. April 2005 in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

RPflG § 10 Satz 1, ZPO § 47 Über ein mißbräuchlich gestelltes Ablehnungsgesuch kann der Rechtspfleger selbst entscheiden. § 47 ZPO gilt in diesem Fall nicht.

[X.], [X.]. v. 14. April 2005 - [X.] - LG Coburg

AG Coburg

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 14. April 2005 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], die [X.] Prof. [X.], [X.], Zoll und die [X.]in [X.] beschlossen:
Dem Schuldner wird gegen die Versäumung der Frist zur Be-gründung der Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß der 2. Zivilkammer des [X.] vom 26. Mai 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Schuldners zu-rückgewiesen.

Der [X.] beträgt 135.000 •. Gründe:
I.

Durch [X.]uß vom 21. August 2001 ordnete das Amtsgericht die Ver-steigerung eines Grundstücks an. Im Versteigerungstermin vom 17. Februar 2004 beantragte der Schuldner die einstweilige Einstellung des Verfahrens gem. § 765a ZPO, weil er erkrankt sei. Unter Vorlage des Attestes eines Arztes vom 16. Februar 2004 machte er geltend, während der nächsten Monate krankheitsbedingt nicht verhandlungsfähig zu sein. Auf Bitten des Schuldners veranlaßte der Rechtspfleger die Untersuchung des Schuldners durch den - 3 - [X.]sarzt. Eine Verhandlungsunfähigkeit des Schuldners bestätigte die-ser nicht.

Die Ersteher gaben das höchste Gebot ab. Auf Antrag der Gläubigerin unterblieb die Entscheidung über den Zuschlag zunächst, weil das Gebot der Ersteher die in § 74a [X.] bestimmte Grenze nicht übersteigt. Termin zur [X.] einer Entscheidung über den Zuschlag wurde auf den 20. Februar 2004 bestimmt.

In diesem Termin stellte der Schuldner wiederum einen Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens und übergab ein ärztliches Attest vom 19. Februar 2004, nach welchem nicht auszuschließen ist, daß eine depressive Erkrankung des Schuldners bei einem Verlust seines (Mit)Eigentums an dem Grundstück zu einer Suizidgefährdung führen könne. Nachdem der [X.] zu erkennen gegeben hatte, daß er über den Antrag auf Einstellung des Verfahrens nicht durch gesonderten [X.]uß entscheiden werde, lehnte der Schuldner den Rechtspfleger wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Der Rechtspfleger verwarf das Ablehnungsgesuch und verkündete im Anschluß hieran den [X.]uß, das Grundstück den Erstehern zuzuschlagen. In den Gründen des [X.]usses wies er die Anträge des Schuldners nach § 765a ZPO zurück.

Hiergegen hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt und den Rechtspfleger erneut als befangen abgelehnt. Das [X.] hat die [X.] Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Mit der von dem [X.]gericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die Aufhe-bung des Zuschlags. - 4 - II.
Das [X.] meint, den Erstehern sei der Zuschlag zu Recht erteilt worden. Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Schuldners bestünden nicht. Daß der Rechtspfleger über den gegen ihn gestellten Befangenheitsantrag selbst entschieden habe, sei nicht zu beanstanden, weil der Antrag allein zur Verzögerung des Verfahrens und damit rechtsmißbräuchlich gestellt worden sei. Einer gesonderten Entscheidung über den [X.] des [X.] vor der Verkündung des [X.] habe es nicht bedurft. Von einer ernstlichen Suizidgefährdung des Schuldners sei nicht auszugehen. Daß der Schuldner die Gläubigerin befriedigen könne, sei auszuschließen.

[X.]
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Der Schuldner war aus wirtschaft-lichen Gründen nicht in der Lage, die Beschwerde rechtzeitig zu begründen. Dieses Hindernis ist mit der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für den Schuld-ner entfallen. Innerhalb der damit begonnenen Frist hat der Schuldner rechtzei-tig Wiedereinsetzung gegen die Fristversäumung beantragt und die [X.] begründet, § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO n.F..

2. Die angefochtene Entscheidung ist frei von [X.], auf die die Beschwerde gem. § 100 [X.] gestützt werden kann.
a) Der Rechtspfleger durfte über den im Termin vom 20. Februar 2004 gestellten Befangenheitsantrag selbst entscheiden. - 5 -

Die Vorschriften über den Ausschluß und die Ablehnung eines [X.]s, §§ 41 bis 49 ZPO, finden auf den Rechtspfleger entsprechende Anwendung, § 10 Satz 1 RPflG. [X.] ist begründet, wenn ein Grund ge-geben ist, dessentwegen der Ablehnende von seinem Standpunkt aus nach-vollziehbaren Anlaß für die Befürchtung hat, der Rechtspfleger werde nicht un-parteiisch sachlich entscheiden ([X.], Rpfleger 1976, 55). Der abge-lehnte Rechtspfleger hat sich bis zur Entscheidung über das Ablehnungsge-such durch den gem. § 10 Satz 2 RPflG zuständigen [X.] gem. § 47 ZPO a.F. grundsätzlich jeder weiteren Tätigkeit in dem Verfahren zu enthalten. Ebenso wie ein abgelehnter [X.] kann er über das Gesuch jedoch selbst entscheiden, wenn es als mißbräuchlich zu verwerfen ist ([X.], [X.] 1985, 368; ferner [X.] 11, 1, 5; [X.], [X.]. v. 7. November 1973, [X.], NJW 1974, 55 f; [X.]. v. 14. Dezember 1991, [X.], [X.], 983, 984; [X.] 93, 9, 10 f). So verhält es sich, wenn das Ab-lehnungsgesuch lediglich der Verschleppung dient und dies offensichtlich ist ([X.] 1992, 997; [X.], NJW 1995, 2114; [X.], [X.], 2. Aufl., § 1 [X.]. 16; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 42 [X.]. 12; Zöl-ler/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 45 [X.]. 4). In diesem Fall gilt § 47 ZPO nicht (BVerwG, NJW 1988, 722; KG FamRZ 1986, 1022).

So liegt es hier: Der Schuldner hat den Rechtspfleger abgelehnt, nach-dem deutlich geworden war, daß der Rechtspfleger vor der Entscheidung über den Zuschlag nicht über die von dem Schuldner gestellten Anträge auf einst-weilige Einstellung des Verfahrens entscheiden würde. Die von dem [X.] beabsichtigte Verfahrensweise ist zulässig (Stöber, [X.], 17. Aufl., [X.]. 59.4) und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstan-- 6 - det. Der Rechtsschutz des Schuldners ist dadurch gewahrt, daß die Zurück-weisung des [X.]s im Rahmen der Anfechtung der Entscheidung über den Zuschlag der Nachprüfung zugänglich ist (vgl. Senat, [X.] 44, 138 ff). Die erkennbare Absicht des [X.], in dieser Weise zu verfah-ren, erlaubt nicht die Feststellung eines nachvollziehbaren Grundes für die [X.], die Entscheidung über den [X.] und den Zuschlag werde nicht unparteiisch erfolgen. Dem entspricht es, daß der Schuldner in seinem Ablehnungsgesuch vom 20. Februar 2004 einen Grund für die Ableh-nung des [X.] auch nicht angegeben hat. Damit ist aus [X.] nicht zu beanstanden, daß der Rechtspfleger das Ablehnungsgesuch als rechtsmißbräuchlich und offensichtlich allein als zum Zwecke der Verzögerung des Verfahrens eingelegt gewertet und über die Verwerfung des Gesuchs selbst entschieden hat. Die Verwerfung konnte, wie geschehen, durch einen selbständigen [X.]uß oder als Teil der Entscheidung in der Hauptsache er-folgen.

b) Die angefochtene Entscheidung weist auch insoweit keinen Rechts-fehler auf, als das Beschwerdegericht die einstweilige Einstellung des Verfah-rens abgelehnt hat. Daß der [X.] vom 20. Februar auf das ärztli-che Attest vom 19. Februar 2004 Bezug nimmt, ändert hieran entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde nichts. Der Schuldner hat schon im Termin vom 17. Februar 2004 das Attest eines Arztes vorgelegt, nach welchem er auf Monate nicht verhandlungsfähig sei. Die Untersuchung durch den Landge-richtsarzt bestätigte das nicht. Eine Suizidgefährdung für den Fall des Verlus-tes seines Miteigentums an dem Grundstück hat er gegenüber dem Landge-richtsarzt nicht geltend gemacht. Auch nach dem Attest vom 19. Februar 2004 - 7 - besteht keine aktuelle Suizidgefahr. Mit einer solchen Gefahr ist nach dem [X.] vielmehr nur "eventuell zu rechnen". Auch bei der im Hinblick auf die Mög-lichkeit einer Gefährdung des Lebens des Schuldners gebotenen besonders sorgsamen Abwägung ([X.] 52, 214, 220) bedeutet es im Hinblick hierauf keinen Rechtsfehler, daß das Beschwerdegericht über den [X.] zum Nachteil des Schuldners entschieden hat, ohne zuvor ein Sachverständi-gengutachten zu dieser Frage einzuholen.

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] Krüger Klein
Zoll Stresemann

Meta

V ZB 7/05

14.04.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2005, Az. V ZB 7/05 (REWIS RS 2005, 4044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4044

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZB 10/05 (Bundesgerichtshof)


IXa ZB 27/03 (Bundesgerichtshof)


V ZB 115/15 (Bundesgerichtshof)

Vollstreckungsschutz bei Suizidgefahr des Schuldners: Sachaufklärung durch amtsärztliches Gutachten zur Geeignetheit von Unterbringungsmaßnahmen


V ZB 115/15 (Bundesgerichtshof)


V ZB 319/10 (Bundesgerichtshof)

Zwangsversteigerung: Pflichten des Vollstreckungsgerichts zur Flankierung von behördlichen Maßnahmen bei Suizidgefährdung des Schuldners


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.