Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.01.2016, Az. VI R 70/12

6. Senat | REWIS RS 2016, 17425

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Gegenstand

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen


Leitsatz

1. NV: Kosten familienrechtlicher und sonstiger Regelungen im Zusammenhang mit einer Ehescheidung außerhalb des sog. Zwangsverbunds sind grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

2. NV: Prozesskosten wegen Scheidungsfolgesachen außerhalb des sog. Zwangsverbunds, wie die Auseinandersetzung über das gemeinsame Vermögen oder den nachehelichen Unterhalt, entstehen dem Steuerpflichtigen auch dann nicht zwangsläufig, wenn die Folgesachen auf Antrag des anderen Ehegatten zusammen mit der Scheidung durch das Familiengericht entschieden werden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2012  1 K 75/11 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die im Jahr 1984 geschlossene [X.]he des [[X.].] und Revisionsbeklagten (Kläger) wurde durch Urteil des Amtsgerichts (AG) [X.] vom 3. März 2009 geschieden. Das amtsgerichtliche Urteil erging auf Antrag der früheren [X.]hefrau ([X.]) des [[X.].] als sog. Verbundurteil. Das AG entschied hierin sowohl über die [X.] als auch über den Versorgungsausgleich und den nachehelichen Unterhalt. Mit Beschluss vom 1. April 2009 setzte das AG den Streitwert für die [X.]hescheidung auf 6.150 €, für den Versorgungsausgleich auf 1.000 € und für den Unterhalt auf 8.400 € fest.

2

Der Kläger legte gegen das Urteil des AG wegen seiner Verurteilung zur Zahlung des nachehelichen Unterhalts Berufung, die [X.] Anschlussberufung ein. Vor dem [X.] ([X.]) Y schlossen der Kläger und die [X.] auf Vorschlag des [X.] zur [X.]rledigung des Rechtsstreits einen Vergleich, mit dem der nacheheliche Unterhalt, den der Kläger nach dem amtsgerichtlichen Urteil bis zum 30. April 2014 an die [X.] zu zahlen hatte, von 605 € auf 450 € monatlich herabgesetzt wurde.

3

Die Prozessbevollmächtigten des [[X.].] rechneten mit Kostenrechnung vom 6. April 2009 für das Verfahren wegen [X.]hescheidung, Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalts vor dem AG Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 1.707,65 € nach einem Gesamtstreitwert von 15.550 € ab. Abzüglich der vom [X.] geleisteten Abschlagszahlungen verblieb ein Rechnungsbetrag in Höhe von 1.107,65 €. Für das Verfahren vor dem [X.] stellten die Prozessbevollmächtigten dem Kläger mit Kostenrechnung vom 27. August 2009 insgesamt 2.171,99 € nach einem Streitwert von 8.000 € in Rechnung.

4

Der Kläger machte die vorgenannten Rechtsanwaltskosten im Rahmen seiner [X.]inkommensteuererklärung für das Streitjahr (2009) als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) erkannte die Rechtsanwaltskosten jedoch auch im [X.]inspruchsverfahren nicht als außergewöhnliche Belastungen an.

5

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit den in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte ([X.][X.]) 2013, 523 veröffentlichten Gründen statt.

6

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

7

[X.]s beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen [X.] vom 21. Februar 2012  1 K 75/11 die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die geltend gemachten Prozesskosten zu Unrecht als außergewöhnliche Belastung [X.] des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt.

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen [X.] (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 29. September 1989 III R 129/86, [X.], 380, [X.] 1990, 418, und vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, [X.], 326, [X.] 2015, 9).

a) Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des [X.] eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, [X.]E 67, 379, [X.]I 1958, 419; [X.]-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, [X.]E 147, 171, [X.] 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, [X.]E 198, 94, [X.] 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, [X.]E 206, 16, [X.] 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, [X.]/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war ([X.]-Urteil in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des [X.] im Allgemeinen bei einem Zivilprozess ([X.]-Urteile in [X.]E 206, 16, [X.] 2004, 726, und in [X.]/NV 2009, 553). Vielmehr sei es in der Regel der freien Entscheidung der ([X.] überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596; in [X.]E 206, 16, [X.] 2004, 726, und in [X.]/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen ([X.]-Urteile in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596, und in [X.]/NV 2009, 553).

b) Demgegenüber nahm der Senat in seinem Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 ([X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015) die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Auffassung hat auch das [X.] dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.

c) Der Senat hält an seiner in dem Urteil in [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015 vertretenen Auffassung allerdings nicht mehr fest. Wie er in seinem Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 ([X.]E 250, 153, [X.] 2015, 800) entschieden hat, kehrt er unter Aufgabe seiner in dem Urteil in [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des [X.] zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil in [X.]E 250, 153, [X.] 2015, 800 Bezug genommen.

2. Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig [X.] von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

a) Das [X.] ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung hat daher keinen Bestand.

b) Der Senat kann aufgrund der vom [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen allerdings in der Sache selbst entscheiden. Die vom Kläger getragenen Rechtsanwaltskosten sind im Ergebnis nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen.

Die Rechtsanwaltskosten gemäß der Kostenrechnung vom 6. April 2009 betrafen das familiengerichtliche Verfahren vor dem AG wegen der [X.] (Scheidung der Ehe) sowie wegen des Versorgungsausgleichs und des nachehelichen Unterhalts.

aa) Durch Ehescheidungsverfahren entstandene Prozesskosten hat der [X.] als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Begründung dafür hat im Laufe der [X.] gewechselt. Während zunächst auf den rechtsgestaltenden Charakter der Ehescheidung, also auf rechtliche Gründe abgestellt wurde (Senatsurteil vom 8. November 1974 VI R 22/72, [X.]E 114, 90, [X.] 1975, 111), prüfte der erkennende Senat die Zwangsläufigkeit von [X.] später unter dem Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen (Urteil vom 2. Oktober 1981 VI R 38/78, [X.]E 134, 286, [X.] 1982, 116). Dabei vertrat er die Auffassung, es könne insbesondere wegen des im Ehescheidungsrecht maßgebenden Zerrüttungsprinzips im Regelfall davon ausgegangen werden, dass sich Ehepartner nur scheiden ließen, wenn die Ehe so zerrüttet sei, dass ihnen ein Festhalten an ihr nicht mehr möglich sei. Deshalb sei die Zwangsläufigkeit bei Ehescheidungen grundsätzlich zu bejahen.

Der Streitfall erfordert keine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung und ihrer Begründung. Es bedarf hier auch keiner Entscheidung, ob an dieser Rechtsprechung auch unter Geltung der für das Streitjahr noch nicht anwendbaren Regelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG, die durch das [X.] ([X.], 1809) neu in das Einkommensteuergesetz eingefügt wurde, festzuhalten ist. Denn sie bezieht sich nur auf die infolge der prozessualen Durchführung des [X.] unmittelbar und unvermeidbar entstehenden Kosten, also im Regelfall auf die Gerichts- und Anwaltskosten des Scheidungsprozesses ([X.]-Urteile in [X.]E 114, 90, [X.] 1975, 111, und vom 10. Februar 1977 IV R 87/74, [X.]E 121, 440, [X.] 1977, 462). Folgekosten eines Ehescheidungsprozesses sind nach der Rechtsprechung des [X.] nur insoweit als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, als sie unmittelbar und unvermeidbar durch die Ehescheidung entstehen ([X.]-Urteil vom 21. Februar 1992 III R 88/90, [X.]E 168, 39, [X.] 1992, 795).

Nicht als zwangsläufig hat der [X.] [X.] angesehen, die nicht nach § 623 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) a.F. zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden waren und deshalb nicht mit der Scheidung in einem unlösbaren prozessualen Zusammenhang standen ([X.]-Urteil in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596 --Schiedsvergleich vor der [X.]; [X.]-Beschlüsse vom 9. Mai 1996 III B 180/95, [X.]/NV 1996, 882 --Kosten eines Zivilprozesses, der nach der Scheidung um vermögensrechtliche Ansprüche nach Gütertrennung geführt wurde--; vom 22. März 2002 III B 158/01, [X.]/NV 2002, 1025 --Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Teilungsversteigerung des [X.] nach der [X.], und vom 21. März 2003 III B 110/02, [X.]/NV 2003, 937 --Kosten der Vermögensauseinandersetzung nach der [X.]).

bb) Nach dem im Streitfall anzuwendenden Scheidungsrecht waren bestimmte, für den Fall der Scheidung zu treffende Familiensachen (sog. Folgesachen) --wie die Auseinandersetzung über das gemeinsame Vermögen und Regelungen über den [X.] zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden (sog. Verbund), wenn dies von einem Ehegatten rechtzeitig begehrt wurde (§§ 623, 621 ZPO a.F.). Nur der Versorgungsausgleich von Rentenanwartschaften gemäß § 1587b des Bürgerlichen Gesetzbuchs a.F. war ohne Antrag zusammen mit der Scheidungssache durchzuführen (sog. [X.], § 623 Abs. 1 Satz 3 ZPO a.F.).

cc) Der Senat hält daran fest, dass Kosten familienrechtlicher und sonstiger Regelungen im Zusammenhang mit der Ehescheidung grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. Das gilt jedenfalls für alle Regelungen, die außerhalb des sog. [X.] durch das Familiengericht oder außergerichtlich getroffen worden sind. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber den (früheren) Eheleuten Inhalt und Verfahren der Regelung ihrer Verhältnisse im Wesentlichen in gleicher Weise zur eigenverantwortlichen Gestaltung übertragen hat wie in bestehender Ehe oder im Falle nichtehelicher Familienbeziehungen (vgl. [X.]-Urteile vom 30. Juni 2005 III R 27/04, [X.]E 210, 306, [X.] 2006, 492, und III R 36/03, [X.]E 210, 302, [X.] 2006, 491; ebenso [X.] München, Urteil vom 21. August 2012  10 K 800/10, E[X.] 2013, 451). Besonderheiten des Scheidungsverfahrens, die eine Berücksichtigung der in dieser Situation zu tragenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung rechtfertigen, lassen sich der im Streitfall geltenden Gestaltung des Familienrechts nicht entnehmen.

Die Folgesachen außerhalb des sog. [X.], wie die Auseinandersetzung über das gemeinsame Vermögen oder den nachehelichen Unterhalt, können ohne Mitwirkung des Familiengerichts geregelt werden. Werden sie auf Antrag zusammen mit der Scheidung durch das Familiengericht entschieden, sind dadurch entstehende Prozesskosten somit nicht zwangsläufig.

Diese Scheidungsfolgekosten sind hiernach auch dann nicht als zwangsläufig anzusehen, wenn ein Ehegatte die --Kosten auslösende-- Aufnahme von [X.] in den Scheidungsverbund nicht verhindern kann, weil der andere Ehegatte dies beantragt. Denn die Frage, ob der Steuerpflichtige die Entstehung der Prozesskosten verhindern kann oder nicht, ist für den Abzug der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung allenfalls insoweit von Bedeutung, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Letzteres ist bei den [X.] außerhalb des sog. [X.] indes zu verneinen. Auch bei einem gewöhnlichen Zivilprozess, der keine [X.] betrifft, kann sich ein Beklagter dem Rechtsstreit in der Regel nicht entziehen. Er wird allein durch die Klage und regelmäßig gegen seinen Willen in den Rechtsstreit hineingezogen.

dd) Nach diesen Maßstäben können die Rechtsanwaltskosten des Klägers für das Verfahren vor dem [X.] nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Das Verfahren vor dem [X.] betraf ausschließlich die Berufung (und Anschlussberufung) gegen die Entscheidung des AG über den nachehelichen Unterhalt.

Auch die Rechtsanwaltskosten des Klägers für seine Vertretung im amtsgerichtlichen Verfahren sind jedenfalls insoweit keine außergewöhnliche Belastung, als sie auf den nachehelichen Unterhalt entfallen.

Der Prozentsatz der als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigenden Aufwendungen ermittelt sich bei Prozesskosten dadurch, dass der Streitwert der Klageanträge, soweit sie einen existenziell wichtigen Bereich betreffen, zur Summe der Streitwerte aller Klageanträge ins Verhältnis gesetzt wird ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2009, 553).

Der Anteil des Streitwerts, der das Ehescheidungsverfahren und das zum [X.] gehörende Verfahren über den Versorgungsausgleich betrifft, am Streitwert aller Klageanträge beträgt im Streitfall 46 % ((6.150 + 1.000) / 15.550 x 100). Hiernach sind im Streitjahr allenfalls 510 € (1.107,65 € x 46 / 100) Rechtsanwaltskosten aus der Rechnung vom 6. April 2009 als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

Hinsichtlich der in der Rechnung vom 6. April 2009 ausgewiesenen Abschlagszahlungen, die der Kläger auf die Gesamtforderung seiner Prozessbevollmächtigten für das amtsgerichtliche Verfahren in Höhe von insgesamt 1.707,65 € gezahlt hat, kommt ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen im Streitfall bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger die Abschlagszahlungen nicht im Streitjahr geleistet hat (§ 11 Abs. 2 EStG). Auch bei außergewöhnlichen Belastungen richtet sich der Abzugszeitpunkt nach § 11 Abs. 2 EStG ([X.]-Urteil vom 30. Juni 1999 III R 8/95, [X.]E 189, 371, [X.] 1999, 766; [X.]/ [X.], EStG, 34. Aufl., § 11 Rz 5). Dies hat das [X.] auch auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nicht beachtet.

Nach Abzug der zumutbaren Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG in Höhe von 6 % des Gesamtbetrages der Einkünfte (6 % x 34.117 € = 2.047 €) und Ansatz der bei der Einkommensteuerfestsetzung bereits anerkannten außergewöhnlichen Belastungen von 163 € sind dementsprechend keine außergewöhnlichen Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

VI R 70/12

20.01.2016

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 21. Februar 2012, Az: 1 K 75/11, Urteil

§ 33 Abs 1 EStG 2009, § 33 Abs 2 EStG 2009, § 621 ZPO, § 623 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.01.2016, Az. VI R 70/12 (REWIS RS 2016, 17425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17425

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