Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2006, Az. VII ZR 133/04

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1112

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 26. Oktober 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 195, 276 Hb, 631, 635 a.F. Der Architekt schuldet als Sachwalter des Bauherrn im Rahmen seines jeweils über-nommenen Aufgabengebiets die unverzügliche und umfassende Aufklärung der [X.] sichtbar gewordener Baumängel sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und von der sich daraus ergebenden Rechtslage. Von der Ursächlichkeit der Verletzung dieser Pflicht für den eingetrete-nen Schaden ist auszugehen, wenn der Auftraggeber bei entsprechender Aufklärung rechtzeitig gegen den Architekten vorgegangen wäre. Hierfür spricht eine tatsächli-che Vermutung. Der aus der ursächlichen Verletzung der Pflicht folgende [X.] geht dahin, dass die Verjährung der gegen den Architekten [X.] als nicht eingetreten gilt. [X.], Urteil vom 26. Oktober 2006 - [X.]/04 - [X.] LG Hildesheim - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2006 durch [X.], [X.] Wiebel, [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 12. Mai 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegenüber dem [X.] zu 2 zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger nimmt die [X.] auf Schadensersatz in Anspruch. 1 Der Kläger ließ im Jahr 1991 ein Einfamilienhaus errichten. Mit den [X.] beauftragte er die Beklagte zu 1, mit den Architektenleistungen der Leistungsphasen 1-8 des § 15 Abs. 2 [X.] den [X.] zu 2. Das Haus wurde im Jahre 1992 errichtet. Anfang 1993 traten [X.] auf, die der Kläger durch den [X.] zu 2 gegenüber der [X.] zu 1 rügen ließ. Im Juni 1993 beantragte der Kläger die Durchführung eines selb-ständigen Beweisverfahrens gegen die Beklagte zu 1. Mitte September 1993 teilte er dem Amtsgericht mit, dass er den Vorschuss für den Sachverständigen 2 - 3 - nicht einzahlen werde. Im Laufe des Jahres 1993 nahm die Beklagte zu 1 Nachbesserungsarbeiten vor. Nachdem sich wiederum Feuchtigkeit gezeigt hatte, beantragte der Kläger im Oktober 2002 erneut die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Beklagte zu 1. In diesem Verfahren wurde festgestellt, dass die Abdichtung des Kellers mangelhaft erstellt worden war. Der Kläger hat die [X.] mit einer am 30. Juni 2003 anhängig [X.] Klage als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Höhe von 46.547 • in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage wegen Verjährung ab-gewiesen. Die Berufung des [X.] hatte keinen Erfolg. Der Senat hat die Re-vision gegen den [X.] zu 2 zugelassen, mit der der Kläger seinen Scha-densersatzanspruch weiterverfolgt. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. 4 Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Für die Verjährung gilt Art. 229 § 6 EGBGB. 5 I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, ein etwaiger Schadensersatz-anspruch des [X.] gegen den [X.] zu 2 sei verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 BGB habe Ende des Jahres 1992 zu [X.]. Eine 30-jährige Verjährungsfrist komme nicht in Betracht. Arglist sei dem 6 - 4 - [X.] zu 2 nicht vorzuwerfen. Auch die Voraussetzungen für eine Sekun-därhaftung des [X.] zu 2 lägen mangels Kausalität seiner Pflichtverlet-zung für den eingetretenen Schaden nicht vor. Hätte der Beklagte zu 2 dem Kläger Anfang 1993 mitgeteilt, dass er für die [X.] mög-licherweise wegen unzureichender Bauaufsicht mitverantwortlich sein könne, hätte der Kläger nämlich aller Voraussicht nach nichts gegen ihn unternommen. Hiervon sei das Berufungsgericht aufgrund des Verhaltens des [X.] im selb-ständigen Beweisverfahren aus dem Jahre 1993 gegen die Beklagte zu 1 über-zeugt. Der Kläger habe davon abgesehen, den erforderlichen Vorschuss für das Sachverständigengutachten bei der Gerichtskasse einzuzahlen und sich [X.] über die Ursachen der gegenüber der [X.] zu 1 gerügten Mängel zu verschaffen. Vielmehr habe er sich auf Nachbesserungsarbeiten der [X.] zu 1 eingelassen, die zu keinem Erfolg geführt hätten. Den Umständen nach sei davon auszugehen, dass der Kläger nicht anders verfahren wäre, wenn ihn der Beklagte zu 2 auf eine möglicherweise bestehende Mitverantwortung hingewie-sen hätte. [X.] hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. 7 1. Der Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB a.F. setzt nach § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. die Abnahme oder, soweit eine Abnahme ausgeschlossen ist, die Vollendung des Werkes (§ 646 BGB) voraus (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 1999 - [X.] ZR 162/97, [X.], 128, 129 = [X.] 2000, 97 = [X.], 22). Dass diese Voraussetzungen hin-sichtlich des Werkes des [X.] zu 2 im [X.] oder später vorgelegen haben, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Solange solche [X.] - 5 - gen fehlen, kann bereits deswegen von dem [X.] nicht [X.] werden. 9 2. Selbst wenn ein etwaiger Schadensersatzanspruch des [X.] we-gen Mängeln des Werkes des [X.] zu 2 verjährt wäre, könnte dieser sich auf den Eintritt der Verjährung nicht berufen. 10 a) Es gehört zu den Pflichten des Architekten, dem Bauherrn im Rahmen seines jeweils übernommenen Aufgabengebiets bei der Untersuchung und Be-hebung von Baumängeln zur Seite zu stehen. Als Sachwalter des Bauherrn schuldet er die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sicht-bar gewordener Baumängel sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und von der sich daraus ergebenden [X.]. Das gilt auch dann, wenn die Mängel ihre Ursache auch in Planungs- oder Aufsichtsfehlern des Architekten haben. Verletzt der Architekt schuldhaft diese Untersuchungs- und Beratungspflicht, so ist er dem Bauherrn wegen positiver Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet. Dieser Schadensersatz-anspruch geht dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten werkver-traglichen Ansprüche als nicht eingetreten gilt (vgl. [X.], Urteile vom 26. September 1985 - [X.] ZR 50/84, [X.], 112, 113 = [X.] 1986, 17 und vom 15. April 2004 - [X.] ZR 397/02, [X.], 1171, 1172 = [X.] 2004, 559 = NZBau 2004, 396 m.w.N., st. Rspr.). b) Danach bestand entgegen der Auffassung des [X.] die Pflicht des [X.] zu 2 nicht allein darin, dem Kläger mitzuteilen, dass er für den Feuchtigkeitseintritt möglicherweise wegen unzureichender Bauaufsicht mitverantwortlich sein könnte. Vielmehr hätte er, nachdem ihm die [X.] zur Kenntnis gebracht worden waren, selbst die Mängelursachen untersuchen und den Kläger über das Ergebnis seiner [X.] - 6 - tersuchung sowie über die technischen Möglichkeiten der Beseitigung des Mangels und die Haftung informieren müssen. Dass der Beklagte zu 2 diesen Verpflichtungen nachgekommen ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. 12 c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass eine im vor-stehend genannten Verhalten zu sehende Pflichtverletzung des [X.] zu 2 für den Eintritt der Verjährung des gegen ihn bestehenden primären [X.]es ursächlich geworden ist. Die Ausführungen des Berufungsge-richts, mit denen es zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt, sind rechtsfeh-lerhaft. [X.]) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.]. Der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers gegen den Architekten wegen einer Verletzung seiner Untersuchungs- und Beratungspflicht setzt die [X.] voraus. Eine solche besteht, wenn der Auftraggeber bei entsprechender Aufklärung den Anspruch gegen den Architekten rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht hätte. 13 [X.]) Die sich hieran anschließende Prüfung des [X.] ist be-reits deshalb rechtsfehlerhaft, weil es, wie ausgeführt, verkannt hat, worin die Pflichtverletzung des [X.] zu 2 besteht. Entscheidend ist, ob der Kläger gegen den [X.] zu 2 innerhalb der Verjährungsfrist verjährungsunterbre-chende Maßnahmen eingeleitet hätte, wenn dieser die Mängelursachen er-forscht und den Kläger auf eine sich hiernach ergebende etwaige eigene Haf-tung hingewiesen hätte. Dafür, dass der Kläger in diesem Fall den Eintritt der Verjährung des auf Mängel des Werkes des [X.] zu 2 gestützten [X.] vermieden hätte, spricht eine tatsächliche Vermutung. 14 Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist die Auffassung des [X.], der Kläger hätte im Fall eines Hinweises des [X.] zu 2 15 - 7 - auf eine etwaige eigene Verantwortlichkeit "aller Voraussicht nach" nichts ge-gen diesen unternommen, bereits für sich gesehen nicht tragbar. Diese An-nahme stellt eine bloße Vermutung dar, die sich auf vom Berufungsgericht ge-troffene Feststellungen nicht stützen lässt. 16 3. Ein auf die Verletzung der Untersuchungs- und Beratungspflicht des [X.] zu 2 gestützter Schadensersatzanspruch des [X.] wäre nicht ver-jährt. a) Die Untersuchungs- und Beratungspflicht durch den Architekten ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Nebenpflicht. Ihre Verletzung stellt eine positive Vertragsverletzung dar, die nach der Regelverjährungsfrist des § 195 BGB nach 30 Jahren verjährt (vgl. [X.], Urteile vom 6. Februar 1964 - [X.] ZR 99/62, NJW 1964, 1022, 1023, vom 4. Oktober 1984 - [X.] ZR 342/83, [X.] 92, 251, 258 f. und vom 20. Dezember 1984 - [X.] ZR 13/83, [X.], 232 = [X.] 1985, 119). Der abweichenden Auffassung des [X.] (vgl. [X.], 1331, 1335 = NZBau 2004, 454) ist nicht zu folgen. Die Untersuchungs- und Beratungspflicht betrifft nicht die Herstellung des ge-schuldeten Architektenwerkes, ihre Verletzung führt nicht zu einem Mangel die-ses Werkes ([X.], Urteil vom 6. Februar 1964 - [X.] ZR 99/62, NJW 1964, 1022, 1023). Da es sich um eine Nebenpflicht handelt, ist auch für eine analoge An-wendung der Verjährungsfrist des § 638 BGB a.F. für eine nach Abnahme der Architektenleistungen begangene Pflichtverletzung kein Raum (a. A.: Löffel-mann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl. [X.]. 1586 f.). 17 b) Danach wäre ein dem Kläger gegen den [X.] zu 2 zustehender sekundärer Schadensersatzanspruch nicht verjährt. Die 30-jährige [X.] war zum 31. Dezember 2001 noch nicht abgelaufen. Die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 laufende Verjährungsfrist ist 18 - 8 - gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. durch die Erhebung der Klage gegen den [X.] zu 2 am 18. Juli 2003 gehemmt worden. [X.]Kuffer [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 29.10.2003 - 2 O 344/03 - [X.], Entscheidung vom 12.05.2004 - 7 U 232/03 -

Meta

VII ZR 133/04

26.10.2006

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2006, Az. VII ZR 133/04 (REWIS RS 2006, 1112)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1112

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