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PDF anzeigen[X.]:[X.]:[X.]:2017:210917BIXZB83.16.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX [X.]/16
vom
21. September 2017
in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
EuGVÜ Art. 27 Nr. 2
Hat der [X.] sich auf das Verfahren im Urteilsstaat nicht eingelassen, trägt der die Vollstreckbarerklärung begehrende Kläger des [X.] die Beweislast, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück dem [X.] ordnungsgemäß zugestellt worden ist und der [X.] die tatsächli-che Möglichkeit der Kenntnisnahme gehabt hat.
[X.], Beschluss vom 21. September 2017 -
IX [X.]/16 -
OLG [X.]
[X.]
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2
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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Meyberg
am 21. September 2017
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin zu 1 wird der Be-schluss des 8. Zivilsenats des [X.] vom 20.
September 2016 aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil er-kannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Gründe:
A.
Die Antragstellerin erwirkte gegen die Antragsgegner ein
Urteil des [X.] [X.], [X.], vom 31.
Oktober 2000, durch welches die Antragsgegner verurteilt wurden, als Gesamtschuldner 6.808.248 [X.] nebst Zinsen und Kosten an die Antragstellerin zu zahlen. Die Antragsgegner hatten sich in dem Verfahren vor dem [X.] Gericht nicht eingelassen.
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Mit Beschluss vom 2.
August 2011 hat der Vorsitzende einer Zivilkammer des [X.] angeordnet, das Urteil gemäß Art.
31 ff EuGVÜ mit der [X.] zu versehen. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das [X.] als unzulässig verworfen. Nach Aufhebung und Zurückver-weisung durch den Beschluss des Senats vom 24.
September 2015 (IX
ZB 91/13) hat das [X.] die Vollstreckbarerklärung bezüglich der An-tragsgegnerin zu
2 aufgehoben und den Antrag der Antragstellerin insoweit zu-rückwiesen. Die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 hat keinen Erfolg [X.]. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt die Antragsgegnerin zu 1 die Aufhe-bung und Versagung der Vollstreckbarerklärung.
B.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 ZPO in [X.] mit §
15 Abs.
1 [X.], Art. 41 des [X.] [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entschei-dungen in Zivil-
und Handelssachen (nachfolgend: EuGVÜ) statthaft und zuläs-sig (§
574 Abs.
2 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur [X.] der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
I.
Das Beschwerdegericht hat -
soweit noch von Interesse
-
ausgeführt, die Vollstreckbarerklärung hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1 sei zu Recht er-folgt. Ein [X.] gemäß Art.
27 EuGVÜ sei nicht ge-geben.
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Ein Verstoß gegen den ordre public liege nicht vor. Art.
27 Nr.
1 EuGVÜ sei nicht deshalb verletzt, weil der Vertrag eine Schiedsklausel enthalten habe. Ebensowenig verletze es den ordre public, dass die Abtretung der Ansprüche für wirksam gehalten worden sei, obwohl dies erst aus der fingierten Zustellung der Klageschrift folge. Schließlich sei die Einbeziehung der Antragsgegnerin zu
1 in den Rechtsstreit nicht unter Verstoß gegen den ordre public erfolgt.
Es liege kein Anerkennungshindernis nach Art.
27 Nr.
2 EuGVÜ vor. Die Klageschrift sei der Antragsgegnerin ordnungsgemäß zugestellt worden. Da im Verhältnis zum [X.] kein vorrangiges Abkommen Anwendung finde, richte sich die ordnungsgemäße Zustellung nach niederländischem Recht. Dessen
Voraussetzungen seien erfüllt. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Klageschrift der Antragsgegnerin zu 1 nicht so rechtzeitig zugestellt worden sei, dass sie sich nicht verteidigen konnte. Die Antragsgegnerin zu 1 habe hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Die Darlegungs-
und Beweislast für die fehlende Rechtzeitigkeit trage der Schuldner. Es genüge insoweit nicht, dass die An-tragsgegnerin sich darauf berufe, dass in den Jahren 1998 und 1999 angesichts der gegen den [X.] bestehenden Sanktionen eine Zustellung nicht oder allen-falls mit erheblicher Verzögerung erfolgt sei. Es stehe fest, dass auch in diesen Jahren der Postverkehr in den [X.] über [X.] per Bus oder Lastwagen erfolgt sei. Vor diesem Hintergrund habe die Antragsgegnerin zu 1 ihr Vorbrin-gen zu den Gründen für einen verspäteten Zugang der Klage präzisieren müs-sen und sich nicht darauf zurückziehen dürfen, sie könne trotz aufwändiger Nachforschungen nicht feststellen, ob, wann und in welcher Form ihr die Klage zugestellt worden sei.
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II.
Das hält in einem Punkt rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Nachdem die Entscheidung des Gerichtshofs [X.] in einem vor dem 1.
März 2002 eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ergangen ist und vor diesem Zeitpunkt erlassen worden ist, ist auf das Vollstreckbarerklärungsver-fahren gemäß §
66 Abs.
2 [X.] aF noch das EuGVÜ anwendbar.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht angenommen, dass der Versagungsgrund nach Art.
27 Nr.
1 EuGVÜ nicht erfüllt ist. Ein Verstoß gegen den ordre public liegt nicht vor.
a) Der Versagungsgrund nach Art.
27 Nr.
1 EuGVÜ ist im Rechtsbehelfs-verfahren nach Art.
36 ff EuGVÜ von Amts wegen auch ohne entsprechende Rüge des Antragsgegners zu prüfen ([X.], Beschluss vom 10.
September 2015 -
IX
ZB 39/13, [X.], 212 Rn. 9 mwN zu Art.
34 Nr.
1 [X.]). Die hierfür entscheidungserheblichen Tatsachen sind nicht von Amts wegen zu [X.], sondern nach dem insoweit anwendbaren autonomen Verfahrensrecht des Vollstreckungsstaates aufgrund des in [X.] geltenden Beibrin-gungsgrundsatzes von dem Antragsgegner darzulegen ([X.], aaO Rn.
10 mwN). Das Beschwerdegericht hat die von der Antragsgegnerin zu 1 erhobe-nen Einwendungen geprüft und einen Verstoß gegen den ordre public verneint. Dies hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
b) Die Rechtsbeschwerde zeigt keinen Sachvortrag auf, auf dessen Grundlage die Anerkennung des [X.] Urteils gegen den [X.] verstoßen könnte. Soweit sie geltend macht, der Fall werfe die 7
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Frage auf, ob der [X.] verletzt sei, wenn sich das ausländi-sche Gericht über eine wirksame Schiedsklausel hinwegsetze, kommt es hie-rauf nicht an. Die Antragsgegnerin zu 1 zeigt schon nicht auf, dass diese Frage Gegenstand des Verfahrens vor dem [X.] Gericht gewesen ist. Eine Schiedsvereinbarung ist
nach [X.] Recht nur auf Einrede zu be-rücksichtigen (§
1032 Abs.
1 ZPO). Daher steht eine wirksame Schiedsklausel einer Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils nicht entgegen, wenn der Schuldner es unterlassen hat, sie im Ausgangsverfahren geltend zu ma-chen.
Ebenso
wenig kommt es auf die Frage an, ob Regelungen der Verord-nung ([X.]) Nr. 2465/96 des Rates vom 17.
Dezember 1996 über die Unterbre-chung der wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zwischen der Europäi-schen Gemeinschaft und [X.] (ABl. 1996, Nr. L 337/1) die Antragsgegnerin zu 1 in ihren Möglichkeiten, sich gegen die Klage in den [X.]n zu verteidi-gen, eingeschränkt haben. Es obliegt der Antragsgegnerin zu 1, die tatsächli-chen Voraussetzungen darzulegen, unter denen eine Entscheidung des nieder-ländischen Gerichts trotz dieser Einschränkung einen Verstoß gegen den [X.] begründen könnte. Die Würdigung des [X.], die entsprechenden Darlegungen seien ohne Substanz und auch in tatsächli-cher Hinsicht unzutreffend, sind rechtsfehlerfrei. Der von der [X.] gerügte Gehörsverstoß liegt nicht vor.
Selbst wenn die Antragsgegnerin zu
1 aufgrund dieser Bestimmungen praktisch nicht in der Lage gewesen sein sollte, anwaltliche [X.] zu begleichen, verstößt die Anerkennung des [X.] Urteils nicht gegen den ordre public. Die Antragsgegnerin zu 1 zeigt nicht auf, dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, diesen Gesichtspunkt im Verfahren vor dem nie-12
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derländischen Gericht geltend zu machen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es der Antragsgegnerin zu 1 unmöglich gewesen ist, einen Rechtsbeistand zu [X.]. Unterlässt der [X.] es, sich im Ausgangsverfahren zu verteidigen und ihm mögliche Einwände geltend zu machen, folgt allein daraus, dass das [X.] des Ausgangsverfahrens solche Einwände nicht von Amts wegen berück-sichtigt hat, kein Verstoß gegen den ordre public. Dass der Einwand, sie könne sich aufgrund der genannten Beschränkungen nicht wirksam verteidigen, in dem Verfahren vor dem [X.] Gericht von vornherein keinen Erfolg gehabt hätte, zeigt die Antragsgegnerin zu
1 nicht auf.
3. Hingegen hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Versagungsgrund des Art.
27 Nr.
2 EuGVÜ nicht erfüllt sei. Gemäß Art.
27 Nr.
2 EuGVÜ wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn dem [X.], der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsge-mäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte.
a) Der Versagungsgrund nach Art.
27 Nr.
2 EuGVÜ ist im Rechtsbehelfs-verfahren von Amts wegen zu prüfen ([X.], Beschluss vom 12.
Dezember 2007 -
XII
ZB 240/05, [X.], 586
Rn. 25 zu Art.
34 Nr.
2 [X.] aF). Hingegen richtet sich die Art und Weise der Tatsachenermittlung und Wahr-heitsfindung nach dem nationalen Verfahrensrecht des Vollstreckungsstaates ([X.], Beschluss vom 28.
November 2007 -
XII
ZB 217/05, [X.], 1531 Rn. 20,
zu Art. 27 Nr. 2 Lugano
Übereinkommen; vom 12.
Dezember 2007, aaO Rn. 26).
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Nach den Feststellungen des [X.] ist das verfahrensein-leitende Schriftstück der Antragsgegnerin zu 1 gemäß Art.
55 der niederländi-schen Zivilprozessordnung durch Zusendung an die Staatsanwaltschaft Dord-recht (sog. [X.]) am 9.
Oktober 1998 zugestellt worden. Der zu-ständige Gerichtsvollzieher habe zudem die Versendung weiterer Ausfertigun-gen der Klageschrift nebst [X.] Übersetzung per Einschreiben unmittelbar an die Antragsgegnerin veranlasst. Der Postverkehr in den [X.] sei möglich ge-wesen, jedoch seit dem 2.
Juli 1991 über [X.] und von dort per Autobus oder Lastwagen in den [X.] erfolgt. Das Beschwerdegericht hat weder [X.], dass die Antragsgegnerin zu 1 das Schriftstück tatsächlich erhalten hat, noch ob und zu welchem Zeitpunkt sie die Möglichkeit hatte, von dem [X.] Kenntnis zu nehmen. Vor diesem Hintergrund hält seine Folgerung, dass gleichwohl kein Versagungsgrund gegeben sei, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
b) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass der Antragsgegnerin zu 1 die Klageschrift ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Insoweit ist auf das [X.] im Urteilsstaat abzustellen. Soll die Zustellung an einen in einem anderen Staat ansässigen Schuldner erfolgen, sind die Zustellungsregeln
maßgeblich, die der Urteilsstaat im Verhältnis zum
Wohnsitzstaat des Schuldners zu beachten hat ([X.], Urteil vom 3. Juli 1990
-
L-305/88, [X.], [X.] 1991, 177, 178
f; vgl. auch [X.], Urteil vom 13.
Oktober 2005 -
C-522/03, [X.], [X.], 3627
Rn. 24 ff; Gei-mer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2.
Aufl., Art.
34 Rn. 72; Schlosser, [X.], 3. Aufl., Art. 34-36 [X.] Rn. 11). Nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] bestanden keine vertraglichen Beziehungen zwischen den
[X.]n
und dem [X.]. Daher konnte die Zustellung entsprechend dem [X.] [X.] 16
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erfolgen. Die Ausführungen
des [X.] zum [X.] Recht greift die Rechtsbeschwerde nicht an. Auf Art. 15 des [X.] über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil-
oder Handelssachen vom 15.
November 1965 (fortan: [X.]) kommt es entgegen der Rechtsbeschwerde nicht an. Der [X.] ist kein Vertrags-staat des [X.].
c) Rechtlicher Überprüfung hält jedoch nicht stand, soweit das Be-schwerdegericht angenommen hat, dass die Antragsgegnerin zur Nichtwahrung des Rechtzeitigkeitserfordernisses nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe und daher nicht festgestellt werden könne, dass die Klageschrift erst so spät zugegangen sei, dass die Antragsgegnerin zu 1 sich nicht verteidigen konnte. Vielmehr trifft den Antragsteller nach Sinn und Zweck und Bedeutung des [X.] nach Art.
27 Nr. 2 EuGVÜ nicht nur die Beweislast für eine ordnungsgemäße Zustellung, sondern auch für die tatsächliche Möglichkeit einer Kenntnisnahme.
aa) Die Bestimmungen des Übereinkommens bringen insgesamt das Bestreben zum Ausdruck sicherzustellen, dass im Rahmen der Ziele des Über-einkommens die Verfahren, die zum Erlass gerichtlicher Entscheidungen füh-ren, unter Wahrung des rechtlichen Gehörs durchgeführt werden ([X.], Urteil vom 21.
Mai 1980 -
125/79, Denilauler, [X.] 1980, 510, 512; vom 2.
April 2009 -
C-394/07, [X.], [X.] 2010, 164 Rn. 23). Dabei darf der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht in irgendeiner Weise beeinträchtigt werden
([X.], Ur-teil vom 11.
Juni 1985 -
49/84, Debaecker, [X.] 1985, 967 Rn. 10; vom 3.
Juli 1990 -
C-305/88, [X.], [X.] 1991, 177, 178; vom 28. März 2000 -
C-7/98, [X.], [X.] 2000, 406 Rn. 43; vom 7.
Juli 2016 -
C-70/15, [X.], [X.] 2016, 593 Rn. 34).
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Das Übereinkommen
soll dem [X.]n einen wirksamen Schutz seiner Rechte gewährleisten, ohne die unterschiedlichen für die Zustellung gerichtli-cher Schriftstücke im Ausland geltenden Systeme zu harmonisieren ([X.], Urteil vom 15.
Juli 1982 -
228/81, [X.], Slg. 1982, 2723 Rn. 13; vom 3.
Juli 1990 -
C-305/88, [X.], [X.] 1991, 177, 178). Die zweite in Art. 27 Nr.
2 EuGVÜ genannte Voraussetzung soll gewährleisten, dass dem [X.]n ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung steht, um seine Verteidigung vorzu-bereiten oder die zur Vermeidung einer Säumnisentscheidung erforderlichen Schritte einzuleiten ([X.], Urteil vom 16.
Juni 1981 -
166/80, Klomps, [X.] 1981, 781 Rn. 18). Dabei hat neben dem Gericht des [X.] auch das Gericht des Vollstreckungsstaats zu prüfen, ob diese Rechte gewährleistet sind (vgl. [X.], Urteil vom 3.
Juli 1990, aaO; vom 13.
Oktober 2005 -
C-522/03, [X.], [X.], 3627 Rn. 23, 26; vom 6.
September 2012 -
C-619/10, [X.], [X.] 2013, 427 Rn. 44
für die [X.] aF). Es ist daher befugt, eine eigenständige Beurteilung sämtlicher Beweise vorzunehmen und gegebenen-falls nachzuprüfen, ob diese Beweise ausreichen,
um zu beurteilen, ob dem [X.]n das verfahrenseinleitende Schriftstück zugestellt worden ist und ob diese Zustellung so rechtzeitig und in einer Weise erfolgt ist, dass er sich [X.] konnte ([X.], Urteil vom 6.
September 2012, aaO Rn. 38 zu Art. 34 Nr. 2 [X.] aF; [X.]/Leible, [X.]/[X.], 4.
Aufl., Art.
45
[X.] nF Rn. 60).
bb) Hat der [X.] sich nicht auf das Verfahren eingelassen, muss das Gericht des Vollstreckungsstaats gemäß Art.
27 Nr.
2 EuGVÜ feststellen, ob das Schriftstück so rechtzeitig zugegangen ist, dass sich der [X.] verteidi-gen konnte ([X.], Urteil vom 14.
Oktober 2004 -
C-39/02, [X.], [X.] 2006, 262 Rn. 61). Dies wird im Regelfall erfüllt sein, soweit eine ordnungsge-20
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mäße Zustellung erfolgt ist ([X.], Urteil vom 16.
Juni 1981, aaO Rn. 19; vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Dezember 2007 -
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ZB 240/05, [X.], 586 Rn. 30 zu Art.
34 Nr. 2 [X.] aF). Dies setzt jedoch voraus, dass diese Zu-stellung -
auch wenn sie ordnungsgemäß war
-
eine tatsächliche Möglichkeit der Kenntnisnahme eröffnet. Eine Zustellung, die keine solche Möglichkeit der Kenntnisnahme eröffnet, kann jedenfalls
gegenüber einem [X.]n, dessen ladungsfähige Anschrift bekannt ist, nicht als rechtzeitig im Sinne des Art.
27 Nr.
2 EuGVÜ angesehen werden. Denn damit würde dem [X.]n das recht-liche Gehör abgeschnitten. Der Versagungsgrund ist daher erfüllt, wenn der [X.] sich entweder infolge des Zeitpunkts oder infolge der Art und Weise der Zustellung nicht verteidigen konnte (Kropholler/von [X.], Europäisches Zi-vilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 34 [X.] Rn. 33).
(1) Zwar verlangt Art.
27 Nr.
2 EuGVÜ nicht den Nachweis,
dass der [X.] tatsächlich von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück Kenntnis ge-nommen hat ([X.], Urteil vom 16.
Juni 1981 -
166/80, Klomps, [X.] 1981, 781 Rn. 19). Die Prüfung, ob die Zustellung rechtzeitig erfolgt ist, verlangt eine [X.] tatsächlicher Art ([X.], Urteil vom 11.
Juni 1985 -
49/84, Debaecker, [X.] 1985, 967 Rn. 27). Das Gericht hat im Einzelfall zu prüfen, ob außergewöhnli-che Umstände vorliegen, welche die Annahme nahelegen, dass die Zustellung, obgleich ordnungsgemäß erfolgt, dennoch
nicht genügte, den [X.]n in die Lage zu versetzen, Schritte zu seiner Verteidigung einzuleiten ([X.], Urteil vom 16.
Juni 1981, aaO Rn. 19). Denn die Bestimmung trägt der Tatsache Rechnung, dass es in den verschiedenen Vertragsstaaten Systeme fiktiver
Zu-stellungen gibt, die in unterschiedlichem Maße fiktive Rechtsfolgen vorsehen ([X.], Urteil vom 11.
Juni 1985, aaO Rn. 11). Die Wahrscheinlichkeit, dass der [X.] von der Zustellung tatsächlich Kenntnis erhalten und somit über den erforderlichen Zeitraum verfügt hat, um seine Verteidigung vorzubereiten, 22
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kann je nach dem in jeder Rechtsordnung vorgesehenen System fiktiver Zustel-lungen erheblich variieren ([X.], Urteil vom 11.
Juni 1985, aaO; vgl. auch
[X.]/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 34 [X.] Rn. 71). Hierbei hat das Gericht des Vollstreckungsstaates alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, einschließlich der Art und Weise der Zustellung, der Beziehung zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner und der Art der Maßnahmen, die zur Vermeidung einer Versäumnisentscheidung einzuleiten waren ([X.], Urteil vom 16.
Juni 1981, aaO Rn. 20; Kropholler/von [X.], aaO Art.
34 [X.] Rn. 36).
In der Regel kann das Gericht des Vollstreckungsstaats davon ausge-hen, dass der [X.] nach einer ordnungsgemäßen Zustellung Maßnahmen zur Verteidigung seiner Interessen schon von dem Zeitpunkt an einleiten kann, zu dem das Schriftstück zugestellt wird ([X.], Urteil vom 16.
Juni 1981, aaO Rn. 19). Dies beruht darauf, dass mit einer ordnungsgemäßen Zustellung re-gelmäßig auch die tatsächliche Möglichkeit einer Kenntnisnahme verbunden ist. Eine Vermutung der Rechtzeitigkeit der Zustellung besteht aber nicht, wenn der Kläger im Falle einer fiktiven Zustellung wusste, wo der [X.] tatsächlich erreicht werden konnte ([X.], Urteil vom 11.
Juni 1985, aaO Rn. 31). Vor [X.] Hintergrund ist es nicht gerechtfertigt, allein auf der Grundlage der fiktiven Zustellung anzunehmen, dass diese auch rechtzeitig erfolgt sei. Vielmehr muss der Kläger, der schon im Rahmen der fiktiven Zustellung hätte dafür Sorge tra-gen können, dass der [X.] tatsächlich von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren erfuhr (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Juni 1985, aaO Rn. 27 f), im Rah-men der Vollstreckbarerklärung bei einer fiktiven Zustellung auch die Umstände darlegen und beweisen, aufgrund derer das Gericht des Vollstreckungsstaats sich davon überzeugen kann, dass der [X.] die tatsächliche Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte.
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(2) Bereits das EuGVÜ stellt -
zusätzlich zur ordnungsgemäßen Zustel-lung
-
entscheidend darauf ab, ob der [X.] tatsächlich von dem eingeleite-ten Verfahren Kenntnis nehmen konnte und daher in der Lage war, sich zu [X.]. Art.
34 Nr.
2 [X.] aF zeigt diese Zielsetzung nunmehr noch deut-licher (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Dezember 2006 -
C-283/05, [X.], [X.] 2008, 519 Rn. 20; vom 7.
Juli 2016 -
C-70/15, [X.], [X.] 2016, 593 Rn. 38). Gemäß Art.
33 Abs. 3 EuGVÜ muss der Antragsteller die in den Art. 46, 47 EuGVÜ genannten Urkunden vorlegen (ebenso Art. 53, 54 [X.] aF). [X.] folgt, dass er den Beweis für eine ordnungsgemäße Zustellung zu führen hat ([X.], Beschluss vom 12.
Dezember 2007 -
XII
ZB 240/05, [X.], 586 Rn. 27 mwN zu Art.
34 Nr. 2 [X.]
aF; [X.], EWS
1996
109, 110; [X.], [X.], 188, 190; vgl. auch [X.], Beschluss vom 20.
Januar 2005 -
IX
ZB 154/01, [X.], 203 unter [X.].). Diese den Antragsteller treffende Beweislast soll den [X.]n schützen und dem Gericht des Vollstreckungsstaats eine verlässliche Grundlage für die Feststellung bie-ten, dass
der [X.] tatsächlich in der Lage war,
sich zu verteidigen. Da dies letztlich davon abhängt, ob eine tatsächliche Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, hat der Antragsteller auch dies zu beweisen
([X.]/Leible, [X.]/[X.], 4.
Aufl., Art. 45 [X.] Rn. 60; vgl. auch Schlosser/[X.], [X.], 4.
Aufl., Art. 45 [X.], Rn. 28; [X.]/von [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., vor Art. 33 [X.] Rn. 7).
Im Allgemeinen genügt der Antragsteller seiner Beweislast für die Mög-lichkeit der Kenntnisnahme durch die ordnungsgemäße Zustellung. Aus einer ordnungsgemäßen Zustellung folgt regelmäßig, dass der [X.] die Möglich-keit der Kenntnisnahme hatte. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn weder die Art der Zustellung noch die sie veranlassenden Umstände eine solche Vermutung 24
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rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund ist bei fiktiven Zustellungen zu prüfen, ob sie tatsächlich die Möglichkeit einer Verteidigung eröffnen und in diesem Sinne rechtzeitig sind ([X.], Beschluss vom 28.
November 2007 -
XII
ZB 217/05, [X.], 1531 Rn. 31
zu Art. 27 Nr. 2 Lugano
Übereinkommen; [X.], [X.] 2008, 501, 502; [X.]/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2.
Aufl., Art.
34 [X.] Rn. 71). Hierzu
ist unter wertender Berücksichtigung aller Um-stände des Einzelfalls eine Abwägung zwischen den schützenswerten Interes-sen des Gläubigers und des Schuldners zu treffen ([X.], aaO).
Ist eine ladungsfähige Anschrift des [X.]n bekannt, genügt entgegen
der Annahme des [X.] für die Rechtzeitigkeit der Zustellung bei fiktiven Zustellungen nicht die abstrakte Möglichkeit, dass der [X.] das Schriftstück erhalten haben könnte. Es ist in diesen Fällen angesichts der Ziel-setzung des EuGVÜ, das rechtliche Gehör des [X.]n zu wahren, Aufgabe des Antragstellers, die Umstände darzulegen und zu beweisen, aufgrund derer das Gericht die Überzeugung gewinnen kann, dass der Antragsgegner die tat-sächliche Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte. Dies ergibt sich mittelbar auch aus der Formulierung des [X.] in Art.
27 Nr. 2 EuGVÜ. Dieser zeigt, dass das Fehlen von [X.] eine negative Tatbestandsvo-raussetzung darstellt ([X.], Beschluss vom 12.
Dezember 2007 -
XII
ZB 240/05, [X.], 586 Rn. 25). Daher muss das Beschwerdegericht in Fäl-len der fiktiven Zustellung durch [X.] die Überzeugung gewinnen, dass für den Schuldner die tatsächliche Möglichkeit einer Kenntnisnahme [X.]. Hierbei genügt es, wenn aus den einzelnen Indizien die tatrichterliche Überzeugung gewonnen wird, dass dem [X.]n die Möglichkeit der [X.] offen stand (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
November 2006 -
IX
ZB 23/06, NJW-RR 2007, 638 Rn. 5). Erst wenn feststeht, zu welchem Zeitpunkt die tat-sächliche Möglichkeit einer Kenntnisnahme bestand, muss der Antragsgegner 26
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beweisen, dass das Schriftstück erst so spät zugestellt worden ist, dass er sich nicht mehr verteidigen konnte.
4. Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.
267 AEUV an den [X.]shof der [X.] ist im Streitfall nicht erforderlich. Es liegt ein sogenannter acte [X.] vor, der eine Vorlagepflicht ausschließt (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982 -
283/81, [X.], NJW 1983, 1257 Rn. 13 ff), weil die Anforderungen an die Feststellung des [X.] nach Art.
27 Nr.
2 EuGVÜ anhand der Rechtsprechung des Gerichtshofs abschließend und zwei-felsfrei geklärt werden können.
III.
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Beschwerdegericht hat sich -
von seiner Rechtsauffassung konsequent
-
nicht mit der Frage auseinan-dergesetzt, ob die von der Staatsanwaltschaft [X.] vorgenommene Zu-stellung auf diplomatischem Weg und die vom Gerichtsvollzieher abgesandten Schreiben der Antragsgegnerin zu 1 die tatsächliche Möglichkeit der Kenntnis-nahme eröffnet
haben.
Insoweit wird das Beschwerdegericht den Parteien [X.] zur ergänzenden Stellungnahme zu geben haben. Es wird sodann zu entscheiden haben, ob die Gesamtumstände den Schluss zulassen, dass die
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Antragsgegnerin zu 1 die tatsächliche Möglichkeit hatte, von dem [X.] Schriftstück Kenntnis zu nehmen.
Kayser
Gehrlein
[X.]
Schoppmeyer
Meyberg
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.08.2011 -
1 [X.]/11 -
OLG [X.], Entscheidung vom 20.09.2016 -
8 W 9/15 -
Meta
21.09.2017
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2017, Az. IX ZB 83/16 (REWIS RS 2017, 4977)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 4977
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
IX ZB 83/16 (Bundesgerichtshof)
Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils: Beweislast des Klägers für die ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden …
8 W 9/15 (Oberlandesgericht Köln)
IX ZB 12/19 (Bundesgerichtshof)
Vollstreckbarerklärung eines Titels bei nicht angemessener Frist zur Kenntnisnahme des verfahrenseinleitenden Schriftstücks
IX ZB 12/19 (Bundesgerichtshof)
29 W 18/03 (Oberlandesgericht Hamm)