Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.08.2012, Az. AnwZ (Brfg) 25/12

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2012, 3501

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Widerruf der Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls: Beseitigung der Gefährdung der Rechtsuchenden durch vorhandene Sozietät mit einem weiteren Rechtsanwalt


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats des [X.] vom 20. Februar 2012 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Geschäftswert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die [X.]eklagte hat mit [X.]escheid vom 17. Juni 2010 die Zulassung des [X.] wegen [X.] (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]) widerrufen. Dessen hierauf erhobene Klage hat der [X.] abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung.

2

Mit [X.]escheid vom 3. November 2011 hat die [X.]eklagte die sofortige Vollziehung des Widerrufs angeordnet. Auf Antrag des [X.] hat der [X.] durch [X.]eschluss vom 19. Dezember 2011 die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den [X.] unter verschiedenen Auflagen wieder hergestellt. Die [X.]eklagte beantragt gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO, diesen [X.]eschluss wegen Veränderung der Sach- und Rechtslage aufzuheben und die aufschiebende Wirkung entfallen zu lassen.

II.

3

Der nach § 112e Satz 2, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung hat keinen Erfolg.

4

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser [X.] setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. [X.]eschluss vom 23. Januar 2012 - [X.] ([X.]) 11/11 Rn. 5 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Der [X.] hat zutreffend ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des [X.]s eine gesetzliche Vermutung für den Vermögensverfall des [X.] bestand, weil er mit vier Haftbefehlen vom 25. Mai 2010 in das Schuldnerverzeichnis beim Vollstreckungsgericht eingetragen war (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 [X.], § 915 ZPO). Daneben waren zahlreiche Schuldtitel gegen den Kläger ergangen, aus denen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn durchgeführt worden waren. Die gesetzliche Vermutung des [X.] zum Zeitpunkt des [X.] hat der Kläger nicht widerlegt.

5

Auf die Frage, ob der Vermögensverfall nachträglich entfallen ist, kommt es entgegen der Ansicht des [X.]es aus Rechtsgründen nicht an. Für die [X.]eurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab 1. September 2009 erfolgten Änderung des Verfahrensrechts allein auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens abzustellen. Die [X.]eurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten ([X.], [X.]eschluss vom 29. Juni 2011 - [X.] ([X.]) 11/10, NJW 2011, 3234 Rn. 9 ff.).

6

Der [X.] hat auch eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden bejaht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieses Ergebnisses bestehen nicht. Wie schon dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 1 [X.] zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet. Diese Annahme ist regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt ([X.], [X.]eschluss vom 25. Juni 2007 - [X.] ([X.]) 101/05, [X.] 2007, 618 Rn. 8 m.w.N.). Sie gilt auch im vorliegenden Fall, in welchem angesichts zweier anhängiger Strafverfahren wegen Untreue zum Nachteil von Mandanten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich die aus dem Vermögensverfall folgende Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden schon mehrfach verwirklicht hat. Die Sozietät des [X.] mit Rechtsanwalt [X.]     birgt keine höhere Sicherheit als die Anstellung bei einem Einzelanwalt, welche die Gefährdung nach ständiger Senatsrechtsprechung nicht ausschließt (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 5. Dezember 2005 - [X.] ([X.]) 13/05, Anw[X.]l. 2006, 280; [X.]eschluss vom 18. Oktober 2010 - [X.] ([X.]) 21/10 Rn. 12).

7

2. Der weiter vom Kläger angeführte [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.

8

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche [X.]edeutung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Eine solche kommt einer Rechtssache zu, wenn diese eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], [X.]eschluss vom 23. Januar 2012 - [X.] ([X.]) 11/11 Rn. 4 m.w.N.). Eine solche grundsätzlich klärungsbedürftige Frage zeigt der Zulassungsantrag nicht auf. Aus den vom Kläger vorgelegten Kanzleiverträgen aus den Jahren 1997 und 2000 und seinem Vortrag vor dem [X.] ergibt sich im Übrigen die in dem Zulassungsantrag behauptete [X.] des Prozessbevollmächtigten für die privaten Verbindlichkeiten seines Sohnes nicht.

9

3. Schließlich liegt auch der [X.] des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht vor. Auf von Entscheidungen des Senats abweichenden Rechtsauffassungen des [X.]es beruht das Urteil nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des [X.] auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

IV.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft unanfechtbar geworden. Damit endet gemäß § 112c Abs. 3 [X.] die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage. Der Antrag der [X.]eklagten auf Abänderung des [X.]eschlusses des niedersächsischen [X.]es vom 19. Dezember 2011 ist damit gegenstandslos geworden.

[X.]                           Roggenbuck                           Seiters

                      Quaas                                   [X.]raeuer

Meta

AnwZ (Brfg) 25/12

31.08.2012

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Celle, 20. Februar 2012, Az: AGH 13/10, Urteil

§ 14 Abs 2 Nr 7 Halbs 1 BRAO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.08.2012, Az. AnwZ (Brfg) 25/12 (REWIS RS 2012, 3501)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3501

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (Brfg) 25/12 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 29/21 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls: COVID-19-Pandemie als Grund des Vermögensverfalls; Berücksichtigung einer selbst …


AnwZ (Brfg) 20/22 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 55/11 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 46/14 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls: Ausschluss der Gefährdung Rechtssuchender durch Einrichtung eines Fremdgeldanderkontos


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.