Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2011, Az. XI R 6/08

11. Senat | REWIS RS 2011, 1183

STEUERRECHT STEUERN BUNDESFINANZHOF (BFH)

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Gegenstand

Regelsteuersatz für Leistungen eines Partyservice - Abgrenzung von Restaurationsleistungen (Dienstleistungen) und Lieferungen von Nahrungsmitteln - Zubereitung der Speisen oder Mahlzeiten als Dienstleistungselement - Standardspeisen - Sicht des Durchschnittsverbrauchers


Leitsatz

1. Die Leistungen eines Partyservice stellen grundsätzlich sonstige Leistungen (Dienstleistungen) dar, die dem Regelsteuersatz unterliegen .

2. Anderes gilt nur dann, wenn der Partyservice lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder wenn besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betrieb im Streitjahr 2000 eine Fleischerei mit verschiedenen Verkaufsstellen sowie nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) einen "Partyservice". Im Rahmen des Partyservice lieferte sie die bestellten Speisen in verschlossenen Warmhalteschalen aus, wobei sie je nach Kundenwunsch auch Geschirr und Besteck, Partytische (Stehtische) sowie Personal zur Verfügung stellte.

2

Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die [X.], soweit sie mit der Beistellung von Geschirr und Besteck, Stehtischen oder Personal verbunden waren, dem Regelsteuersatz unterlägen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) folgte der Ansicht des Prüfers und erließ unter dem 30. Juli 2003 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Im sich anschließenden Einspruchsverfahren erzielten die Beteiligten Einvernehmen darüber, dass die Entgelte für die [X.] in den Fällen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien, in denen die Klägerin auch Bedienungspersonal gestellt hatte.

3

Im Übrigen blieben Einspruch und Klage gegen den Änderungsbescheid ohne Erfolg. Das Urteil des [X.] ist veröffentlicht in [X.]Entscheidungsdienst 2009, 33.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Überlassung von Geschirr und Besteck sei eine Nebenleistung zur Speisenlieferung, die es nicht rechtfertige, die gesamte Leistung als Dienstleistung zu qualifizieren.

5

Der Senat hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 [X.] ([X.], 242, [X.], 364) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem [X.] ([X.]) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

6

"1. Ist der Begriff 'Nahrungsmittel' in Anhang H Kategorie 1 der [X.]/[X.] dahin auszulegen, dass darunter nur Nahrungsmittel 'zum Mitnehmen' fallen, wie sie typischerweise im Lebensmittelhandel verkauft werden, oder fallen darunter auch Speisen oder Mahlzeiten, die --durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige [X.] zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind?

7

2. Falls 'Nahrungsmittel' im Sinne des [X.] der [X.]/[X.] auch Speisen oder Mahlzeiten zum sofortigen Verzehr sind:

8

Ist der Vorgang der Zubereitung der Speisen oder Mahlzeiten als Dienstleistungselement zu berücksichtigen, wenn zu entscheiden ist, ob die einheitliche Leistung eines [X.] (Überlassung von verzehrfertigen Speisen oder Mahlzeiten sowie deren Transport und gegebenenfalls Überlassung von Besteck und Geschirr und/ oder von Stehtischen sowie das Abholen der zur Nutzung überlassenen Gegenstände) als steuerbegünstigte Lieferung von Nahrungsmitteln (Anhang H Kategorie 1 der [X.]/[X.]) oder als nicht steuerbegünstigte Dienstleistung (Art. 6 Abs. 1 der [X.]/[X.]) zu qualifizieren ist?

9

3. Falls die Frage zu 2. verneint wird:

Ist es mit Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der [X.]/[X.] vereinbar, bei der Qualifizierung der einheitlichen Leistung eines [X.] entweder als Warenlieferung oder als Dienstleistung eigener Art typisierend allein auf die Anzahl der Elemente mit Dienstleistungscharakter (zwei oder mehr) gegenüber dem Lieferungsanteil abzustellen oder sind die Elemente mit Dienstleistungscharakter unabhängig von ihrer Zahl zwingend --und [X.] nach welchen [X.] zu gewichten?"

Der [X.] hat diese und in weiteren Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen mit Urteil vom 10. März 2011 Rs. [X.]/09, [X.]/09, [X.]/09 und [X.]/09 --Bog u.a.-- ([X.] --DStR-- 2011, 515, [X.] --UR-- 2011, 272) wie folgt beantwortet:

"1. Die Art. 5 und 6 der Sechsten [X.]/[X.] ... in der durch die [X.]/[X.] des Rates vom 14. Dezember 1992 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass

- die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen oder in [X.] eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des genannten Art. 5 ist, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die [X.], die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen;

- die Tätigkeiten eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich [X.] ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen im Sinne des genannten Art. 6 darstellen.

2. Bei Lieferung von Gegenständen ist der Begriff 'Nahrungsmittel' in Anhang H Kategorie 1 der durch die [X.] geänderten Sechsten [X.] dahin auszulegen, dass er auch Speisen oder Mahlzeiten umfasst, die durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind."

Die Klägerin sieht mit der Entscheidung des [X.] ihre Rechtsauffassung bestätigt. Die im Streitfall zur Speisenlieferung allein hinzugetretene Überlassung von Geschirr und Besteck könne aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein. Es habe weder eine Beratungstätigkeit gegenüber den Kunden stattgefunden noch sei die Zubereitung der gelieferten Speisen nach Kundenwunsch erfolgt. Sie, die Klägerin, habe ausschließlich von ihren Kunden aus einer Speisekarte ausgewählte [X.] geliefert, wie sie sie in ihren Filialen zum Kauf anbiete und ständig und immer gleich zubereite. Wenigstens acht Rechnungen beträfen Lieferungen von [X.] ohne zusätzliche Dienstleistungen, "die als qualitativ überwiegendes Element die Annahme einer nicht steuerbegünstigten sonstigen Leistung rechtfertigen würden". Liefere ein Partyservice neben den Speisen in überschaubarem Umfang Geschirr, Besteck oder Stehtische mit, sei dies entsprechend den behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen bei Imbissbuden zu behandeln. Jedenfalls lägen (reine) [X.] dann vor, wenn hinzutretende Leistungen lediglich informatorisch auf der Rechnung aufgeführt und nicht berechnet worden seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Vorentscheidung den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 30. Juli 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2004 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer um ... DM (= ... €) herabgesetzt wird.

Das [X.] beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen erbracht hat.

1. Nach § 12 Abs. 1 des im Streitfall anzuwendenden Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage. Sie ermäßigt sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf 7 % u.a. für "die Lieferungen" der in der Anlage des Gesetzes bezeichneten Gegenstände, darunter z.B. [X.]ubereitungen von Fleisch, Fischen usw. (Nr. 28), aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch sowie Backwaren (Nr. 31), [X.]ubereitungen von Gemüse, Früchten usw. (Nr. 32) oder "Verschiedene Lebensmittelzubereitungen" (Nr. 33).

Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG u.a. Leistungen, durch die der Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG).

Diese Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 1 der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ([X.]/[X.]) - nunmehr Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- ([X.] --ABl[X.]-- Nr. L 347/1), wonach als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung gilt, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, und auf Art. 6 Abs. 1 der [X.]/[X.] --nunmehr Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL--, wonach als Dienstleistung jede Leistung gilt, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist.

2. Nach der im Streitfall ergangenen Entscheidung des [X.] stellen die Tätigkeiten eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich [X.] ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen dar ([X.]-Urteil --Bog u.a.-- in [X.], 515, [X.] 2011, 272, Leitsatz 1).

[X.]ur Abgrenzung von Lieferung und Dienstleistung bei den Leistungen eines Partyservice führt der [X.] aus:

"75     Was die Tätigkeiten eines bei Festen und Feierlichkeiten in Anspruch genommenen Partyservice wie die im Ausgangsverfahren in der Rechtssache [X.]/09 fraglichen angeht, so sind, wie sich aus Randnr. 38 des vorliegenden Urteils ergibt, je nach den Kundenwünschen mehrere Kombinationen von Umsätzen denkbar, die von der bloßen [X.]ubereitung und Lieferung von Speisen bis zu einer umfassenden Leistung reichen können, die auch die Bereitstellung von Geschirr, Mobiliar (Tische und Stühle), die Darreichungsform der Gerichte, die Dekoration, die Bereitstellung von Personal für die Bedienung und die Beratung über die [X.]usammenstellung des Menüs und gegebenenfalls die Auswahl der Getränke umfassen kann.

76      Wenn eine einheitliche Leistung vorliegt, hängt die Qualifizierung des Umsatzes als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung von der Gesamtheit der tatsächlichen Umstände ab, wobei die qualitativ überwiegenden Bestandteile aus der Sicht des Verbrauchers zu betrachten sind.

77      [X.]u den von einem Partyservice nach Hause gelieferten Speisen ist festzustellen, dass sie im Gegensatz zu denjenigen, die in Imbissständen, Imbisswagen und Kinos abgegeben werden, im Allgemeinen nicht das Ergebnis einer bloßen Standardzubereitung sind, sondern einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern. Die Qualität der Gerichte, die Kreativität sowie die Darreichungsform sind hier Elemente, die in den meisten Fällen für den Kunden von entscheidender Bedeutung sind. Oftmals wird dem Kunden nicht nur die Möglichkeit geboten, sein Menü zusammenzustellen, sondern sogar, Speisen nach seinen Wünschen zubereiten zu lassen. Dieser Dienstleistungsanteil kommt im Übrigen auch im Sprachgebrauch zum Ausdruck, da umgangssprachlich im Allgemeinen vom Party'service' und den bei diesem 'bestellten' und nicht 'gekauften' Speisen gesprochen wird.

78      Sodann werden die Speisen vom Partyservice in verschlossenen Warmhalteschalen angeliefert oder von ihm an Ort und Stelle aufgewärmt. Für den Kunden ist zudem wesentlich, dass die Speisen genau zu dem von ihm festgelegten [X.]eitpunkt geliefert werden.

79      Des Weiteren können die Leistungen eines Partyservice dem Verzehr dienliche Elemente, wie die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder sogar Mobiliar, umfassen. Diese Elemente verlangen zudem im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Fall von Imbissständen, Imbisswagen oder Kinos einen gewissen personellen Einsatz, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen.

80      Im Licht dieser Erwägungen ist festzustellen, dass die Tätigkeit eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich [X.] ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, eine Dienstleistung darstellt."

3. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sind die streitbefangenen Leistungen der Klägerin als dem Regelsteuersatz unterfallende sonstige Leistungen zu behandeln.

Die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des [X.] Leistungen eines Partyservice ausnahmsweise mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sind, liegen im Streitfall nicht vor.

a) Die Klägerin hat in den im Streitfall zu beurteilenden Fällen keine [X.] ohne zusätzliches Dienstleistungselement geliefert.

aa) Die Annahme einer dem Regelsteuersatz unterliegenden sonstigen Leistung erfordert nicht --wie die Klägerin meint--, dass das zur Lieferung einer Standardspeise hinzutretende Dienstleistungselement qualitativ überwiegt. Es reicht nach der im Streitfall ergangenen Rechtsprechung des [X.] bei einem Partyservice vielmehr aus, dass neben der Speisenlieferung ein zusätzliches Dienstleistungselement erbracht wird.

Die Rechnungen vom ..., auf die sich die Klägerin bezieht, betreffen [X.], zu denen jeweils mindestens ein zusätzliches Dienstleistungselement hinzutrat, so dass sie als dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen zu behandeln sind. Gleiches gilt, soweit die Klägerin hinsichtlich der Rechnungen vom ... vorbringt, es lägen [X.] vor, da sie lediglich jeweils zwei Stehtische zur Verfügung gestellt habe.

bb) Die Klägerin rügt zwar zu Recht hinsichtlich der Rechnungen vom ..., dass sie bei diesen Umsätzen entgegen der Aussage des [X.] kein Besteck und Geschirr überlassen habe. Dies führt jedoch nicht zum teilweisen Erfolg der Revision.

Die Rechnung vom ... betrifft keine Abgabe von Speisen, sondern ausschließlich eine dem Regelsteuersatz unterliegende Lieferung von alkoholischen Getränken.

Ausweislich der Rechnung vom ... wurden zwar [X.] (Grillsteaks, Rostbratwurst zum Grillen, Pommes frites) abgegeben; es wurden aber außerdem zehn Stehtische überlassen. Damit ist zu der Abgabe von Speisen ein weiteres Dienstleistungselement hinzugetreten, das nach der Vorabentscheidung des [X.] auch bei der Abgabe von [X.] die Annahme einer Dienstleistung rechtfertigt.

Soweit sich die Klägerin auf die Rechnung an die Firma [X.] vom ... über 70 Portionen "Buffet kalt warm" bezieht, handelt es sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht um die Lieferung von [X.]. Die gelieferten --aufeinander [X.] für 70 Personen --wie etwa [X.], Hähnchenschnitzel mit Fruchtspießen, geräucherter Lachs und Forellenfilet mit Sahnemeerrettich, Roastbeef mit Remoulade, gefüllte Tomaten mit Frischkäse, Geflügelsalat mit [X.] sind jedenfalls keine [X.], wie sie typischerweise als Ergebnis einer einfachen, standardisierten [X.]ubereitung, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage oder in Abständen vorgenommen werden, an Imbissständen, Imbisswagen oder in Kinos abgegeben werden (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 515, [X.] 2011, 272, [X.], 77). Die Abgabe dieser Speisen, die einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern, ist mithin nicht als Lieferung anzusehen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 515, [X.] 2011, 272, Rz 77).

b) Besondere Umstände, die dafür sprechen, dass die Abgabe der Speisen der dominierende Bestandteil der streitigen Umsätze gewesen wäre, liegen nicht vor.

aa) Der Senat vermag der Klägerin nicht darin zu folgen, die Besteck- und Geschirrüberlassung könne jedenfalls nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein, weil die jeweiligen Kosten für die zusätzlich erbrachten Dienstleistungen weit hinter den Kosten der Speisenlieferung zurückgeblieben seien.

Denn der [X.] hat entsprechende Überlegungen in dem Vorlagebeschluss des Senats in [X.], 242, [X.], 364 nicht übernommen. Daher ist weder darauf abzustellen, in welchem Verhältnis die durch die zusätzlich erbrachte Dienstleistung verursachten Kosten zu denen der Speisenlieferung stehen, noch kommt es darauf an, ob die hinzutretenden Leistungen [X.] bleiben und lediglich "informatorisch" auf der Rechnung aufgeführt werden.

bb) Der [X.] hat in seiner zum vorliegenden Streitfall ergangenen Entscheidung berücksichtigt, dass im Rahmen eines Partyservice bereitgestelltes Geschirr und Besteck sowie überlassene Stehtische --im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Fall von Imbissständen, Imbisswagen oder [X.] einen gewissen, nicht nur geringfügigen personellen Einsatz erfordern, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 515, [X.] 2011, 272, [X.]). Die Lieferung von Speisen im Rahmen des Partyservice stellt mithin nur eine Komponente der gesamten Leistung dar, bei der --vergleichbar einem Restaurationsumsatz mit bereitgestelltem Geschirr, Mobiliar und Gedeck-- der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Kunde etwa aus Gründen der Kostenersparnis das bereitgestellte Geschirr und Besteck selbst reinigt.

4. Nach Art. 6 Abs. 2 der Durchführungsverordnung ([X.]) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --[X.]-- (ABl[X.] Nr. L 77/1) gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung.

Wie diese Bestimmung --unter Berücksichtigung der dargelegten [X.]-Rechtsprechung-- zu verstehen ist, ist in dem das Streitjahr 2000 betreffenden Streitfall nicht zu entscheiden. Denn sie gilt nach Art. 65 [X.] erst ab dem 1. Juli 2011.

5. Die Sache ist spruchreif.

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bedarf es keiner Feststellungen zur "Sicht des Durchschnittsverbrauchers", weil es sich dabei lediglich um eine "gedankliche Perspektive" handelt (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 2008 [X.], [X.], 1712, unter [X.] dd).

Maßgebend ist eine --aufgrund der im Streitfall festgestellten Tatsachen mögliche-- Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der jeweilige Umsatz ausgeführt wurde. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen nach Maßgabe der vom [X.] gerade auch für den vorliegenden Streitfall aufgestellten Grundsätze zu bestimmen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 515, [X.] 2011, 272, [X.], 75 bis 80).

Meta

XI R 6/08

23.11.2011

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 16. Januar 2007, Az: 15 K 2797/04 U, Urteil

§ 3 Abs 1 UStG 1999, § 3 Abs 9 S 1 UStG 1999, § 12 Abs 1 UStG 1999, § 12 Abs 2 Nr 1 UStG 1999, Art 5 Abs 1 EWGRL 388/77, Art 6 Abs 1 EWGRL 388/77, Art 6 Abs 2 EUV 282/2011, Art 65 EUV 282/2011, Art 14 Abs 1 EGRL 112/2006, Art 24 Abs 1 EGRL 112/2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2011, Az. XI R 6/08 (REWIS RS 2011, 1183)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1183

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