Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.06.2014, Az. IV ZB 3/14

4. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4936

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Gegenstand

Erbscheinsverfahren: Voraussetzungen der wirksamen Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung über Erbscheinsanträge


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 12. Dezember 2013 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

[X.]: 153.000 €

Gründe

1

I. Die Beteiligte zu 1 ist die Lebensgefährtin des am 23. Januar 2009 verstorbenen Erblassers, die Beteiligten zu 2 und zu 3 sind seine Kinder aus erster Ehe. Der Erblasser lebte vor seinem Tod in [X.]. Er war Eigentümer von vier Grundstücken, von denen zwei in [X.], ein mit einem Wohnhaus bebautes in [X.] und ein unbebautes in [X.]/[X.] liegen. Am 12. März 2009 eröffnete das Nachlassgericht ein Testament vom 17. Januar 2009 mit folgendem Wortlaut, welches der Erblasser unterschrieben haben soll:

"Letzter Wille und Testament

Ich, [X.], geb. am …            in [X.]     , [X.], bestätige hiermit, daß ich im Besitz meiner vollen geistigen Kräfte bin.

Ich verfüge hiermit, daß mein gesamter Besitz in [X.], insbesondere mein Haus in        B.         , M.     , [X.]                         , mein Besitz in [X.] und in den [X.] ([X.]) an meine langjährige Lebensgefährtin, Frau [X.]    , geb. am …             in [X.]        , [X.]     , gehen soll.

Außerdem verfüge ich, daß mein [X.]     und meine Tochter [X.]     lediglich den gesetzlichen Pflichtteil erhalten sollen.

Dieses Testament soll in den oben genannten [X.] Gültigkeit haben.

A.      , den 17. Januar 2009

Zeugen:

[X.]     "

2

Ferner befinden sich unterhalb des [X.] mehrere - unleserliche - Unterschriften sowie am rechten Rand der Name A.     F.

3

Die Beteiligten zu 2 und zu 3 beantragten die Erteilung eines Erbscheins zu je 1/2 nach gesetzlicher Erbfolge mit dem Zusatz, dass der Erbschein beschränkt sein soll auf das in [X.] und [X.] vorhandene Vermögen. Die Beteiligte zu 1 beantragte die Erteilung eines sie allein als Erbin ausweisenden Erbscheins auf der Grundlage des [X.] vom 17. Januar 2009.

4

Das Nachlassgericht hat die für die Erteilung eines Erbscheins, der die Beteiligten zu 2 und zu 3 je zur Hälfte als Erben ausweist und sich nicht auf das in [X.] vorhandene Grundvermögen bezieht, vorgetragenen Tatsachen für festgestellt erachtet (Nummer 1), die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses ausgesetzt, die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt (Nummer 2) und den Antrag der Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist, zurückgewiesen (Nummer 3). Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Beschwerdegericht den Beschluss des Nachlassgerichts zu Nummern 1 und 2 aufgehoben und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen.

5

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Erblasser sei gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB nach [X.] Recht beerbt worden. Die Gültigkeit des [X.] hinsichtlich seiner Form beurteile sich nach Art. 26 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 EGBGB. Nach [X.] Recht sei das Testament nicht gültig. Es seien keine drei Zeugen vorhanden, die die Voraussetzungen des § 2250 Abs. 3 BGB für ein Nottestament nach § 2250 Abs. 2 BGB erfüllten. Die Beteiligte zu 1 komme als Zeugin nicht in Betracht, da ihr durch das Testament ein rechtlicher Vorteil verschafft werden solle. Der Arzt des Krankenhauses, [X.]     , scheide als Zeuge aus, weil er die [X.] nicht verstehe. Dasselbe gelte für den Zeugen [X.]     , der im Übrigen bei der Errichtung des [X.] nicht zugegen gewesen sei. Das Testament sei ferner auch nach [X.] Recht nicht wirksam. Gleichwohl komme die Erteilung des beantragten Erbscheins auf der Grundlage gesetzlicher Erbfolge zugunsten der Beteiligten zu 2 und zu 3 nicht in Betracht. Die Beschränkung eines [X.] auf Nachlassgegenstände, die sich im Inland und lediglich in bestimmten ausländischen [X.] befänden, sei unzulässig. Gemäß § 2369 Abs. 1 BGB könne der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, wenn zu der Erbschaft auch Gegenstände zählten, die sich im Ausland befänden, auf die im Inland befindlichen Gegenstände beschränkt werden. Nicht möglich sei es demgegenüber, eine Beschränkung des [X.] auf Nachlassgegenstände vorzunehmen, die sich zusätzlich zu dem im Inland belegenen Vermögen auf solches bezöge, das sich lediglich in bestimmten ausländischen [X.] befinde. Der [X.] der Beteiligten zu 2 und zu 3 habe mithin keinen zulässigen Inhalt gehabt. Insoweit sei die Entscheidung des Nachlassgerichts aufzuheben. Demgegenüber habe das Nachlassgericht den [X.] der Beteiligten zu 1 zu Recht zurückgewiesen, da sie wegen Unwirksamkeit des [X.] jedenfalls nicht Erbin bezüglich der Nachlassgegenstände in [X.] und [X.] geworden sei.

6

Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Frage, ob ein Erbschein erteilt werden könne, der sich auf Nachlassgegenstände im Inland sowie auf Nachlassgegenstände in einem bestimmten ausländischen Staat unter Ausklammerung von Nachlassgegenständen in einem anderen ausländischen Staat beziehe, bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt sei.

7

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1, die weiterhin die Erteilung eines Alleinerbscheins auf der Grundlage des [X.] vom 17. Januar 2009 begehrt.

8

II. [X.] ist bereits mangels Zulassung gemäß § 70 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FamFG unzulässig.

9

1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann das Beschwerdegericht die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 ZPO bzw. § 70 Abs. 1, Abs. 2 FamFG auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs beschränken, der Gegenstand einer gesonderten Festsetzung sein oder auf den der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel beschränken könnte ([X.], Urteile vom 19. Februar 2009 - [X.], [X.]Z 180, 77 Rn. 17; vom 25. Oktober 2006 - [X.], NJW 2007, 144 Rn. 8; vom 17. Juni 2004 - [X.], NJW 2004, 3264 unter II 3; vom 23. September 2003 - [X.], NJW 2003, 3703 unter [X.]; Beschlüsse vom 12. April 2011 - [X.], NJW 2011, 2371 Rn. 5, 7; vom 11. Januar 2011 - [X.], [X.], 137 Rn. 6). Nicht zulässig ist demgegenüber die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Februar 2009 aaO). Ebenfalls kommt keine Beschränkung der Zulassung bei mehreren selbständigen prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) in Betracht, wenn die Entscheidung über den einen Anspruch von der über den anderen ebenfalls vom Beschwerdegericht entschiedenen Anspruch abhängt (Senatsurteil vom 8. März 2006 - [X.], [X.] 2006, 265 Rn. 14). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen muss von vornherein ausgeschlossen sein ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2006 aaO).

2. Auf dieser Grundlage sind hier die Voraussetzungen für eine wirksame Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 erfüllt. Die Frage, ob sich ein [X.] auf Nachlassgegenstände beschränken kann, die im Inland sowie in einem bestimmten ausländischen Staat unter Ausklammerung von Nachlassgegenständen in einem anderen ausländischen Staat belegen sind, stellt zwar eine abstrakte Rechtsfrage dar, betrifft aber ausschließlich den [X.] der Beteiligten zu 2 und zu 3, nicht dagegen den [X.] der Beteiligten zu 1 als Rechtsbeschwerdeführerin, dem sich eine räumliche Beschränkung nicht entnehmen lässt.

Die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1 einerseits und der Beteiligten zu 2 und zu 3 andererseits beinhalten unterschiedliche Streitgegenstände, bei denen die Entscheidung über den einen [X.] nicht zugleich von derjenigen über den anderen abhängt. Die gegenseitige Abhängigkeit der beiden Anträge bezieht sich allein auf die Frage, ob das Testament des Erblassers vom 17. Januar 2009 wirksam ist. Ist das der Fall, so ist die Beteiligte zu 1 testamentarische Erbin geworden; ist das Testament unwirksam, so tritt zugunsten der Beteiligten zu 2 und zu 3 gesetzliche Erbfolge ein. Prozessual sind die Erbscheins-anträge voneinander unabhängig, was sich bereits aus ihrer unterschiedlichen Reichweite ergibt. Während die Beteiligte zu 1 einen [X.] gestellt hat, der sich unbeschränkt auf sämtliches Vermögen des Erblassers bezieht, hat der [X.] der Beteiligten zu 2 und zu 3 lediglich das in [X.] und [X.] belegene Vermögen zum Gegenstand. Ist eine derartige räumliche Beschränkung des [X.] auf im Inland und in einem ausländischen Staat belegenes Vermögen unzulässig, wie das Beschwerdegericht angenommen hat, so ist der [X.] der Beteiligten zu 2 und zu 3 bereits aus diesem Grunde zurückzuweisen, ohne dass es darauf ankommt, ob das Testament vom 17. Januar 2009 wirksam ist. Infolgedessen kommt es in Betracht, sowohl den [X.] der Beteiligten zu 1 als auch denjenigen der Beteiligten zu 2 und zu 3 zurückzuweisen, denjenigen der Beteiligten zu 1 mangels Wirksamkeit des [X.] vom 17. Januar 2009 und denjenigen der Beteiligten zu 2 und zu 3 wegen unzulässiger räumlicher Beschränkung des Antrags.

[X.]                          [X.]                                       Dr. Karczewski

               [X.] Brockmöller

Meta

IV ZB 3/14

11.06.2014

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 12. Dezember 2013, Az: 20 W 281/12, Beschluss

§ 2369 BGB, Art 25 Abs 1 BGBEG, Art 26 Abs 1 BGBEG, Art 26 Abs 3 BGBEG, § 70 Abs 1 FamFG, § 70 Abs 2 FamFG, § 574 Abs 1 S 1 Nr 2 ZPO, § 574 Abs 2 ZPO, § 574 Abs 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.06.2014, Az. IV ZB 3/14 (REWIS RS 2014, 4936)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4936

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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