Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.07.2021, Az. 2 BvC 14/21

2. Senat | REWIS RS 2021, 3837

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Verwerfung einer Nichtanerkennungsbeschwerde (Art 93 Abs 1 Nr 4c GG, § 13 Nr 3a BVerfGG) - hier: Vereinigung "Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit" - fehlendes Rechtsschutzinteresse nach Rücknahme der Beteiligungsanzeige


Tenor

Die Nichtanerkennungsbeschwerde wird verworfen.

Die Anträge des Beschwerdeführers auf Anordnung der Erstattung seiner notwendigen Auslagen für die Nichtanerkennungsbeschwerde und Festsetzung des [X.] werden abgelehnt.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung seiner Anerkennung als [X.] für die Wahl zum [X.] Bundestag.

2

1. Der Beschwerdeführer zeigte dem [X.] mit Schreiben vom 14. Juni 2021 seine Teilnahme an der Wahl zum [X.] Bundestag an. Mit Schreiben vom 21. Juni 2021 bestätigte der [X.] den Eingang der Beteiligungsanzeige und empfahl dem Beschwerdeführer, gemäß § 33 Abs. 1 [X.] Nachweise zum Hervortreten in der Öffentlichkeit nachzureichen.

3

2. Mit Schreiben vom 8. Juli 2021 nahm der Beschwerdeführer gegenüber dem [X.] die Beteiligungsanzeige vom 14. Juni 2021 zurück. Er habe beschlossen, aufgrund der Zulassung der [X.] "[X.], die [X.]" (im Folgenden: [X.]) auf eine Teilnahme bei der [X.] zu verzichten. Das [X.] habe bei der Bekämpfung des Rassismus und in Sachen Gleichberechtigung aller Bürger in [X.] neben dem Beschwerdeführer die klarsten Positionen und Vorschläge. Da das [X.] die größere Reichweite und damit die größeren Erfolgsaussichten bei dieser Wahl habe, werde der Beschwerdeführer seinen Wählern empfehlen, am 26. September das [X.] zu wählen.

4

3. Der [X.] entschied in seiner Sitzung vom 9. Juli 2021, bei der kein Vertreter des Beschwerdeführers anwesend war, dass der Beschwerdeführer als [X.] nicht anerkannt werde. Die Kriterien der [X.]eigenschaft gemäß § 2 PartG seien nicht erfüllt, da er nach Mitteilung des [X.]es die Rechtsstellung als [X.] verloren habe, nachdem er sechs Jahre lang entgegen der Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung gemäß § 23 PartG keinen Rechenschaftsbericht eingereicht habe, der die gesetzlichen Mindestanforderungen erfülle (§ 2 Abs. 2 Satz 2 PartG). Für die [X.] und 2016 seien kürzlich und damit verspätet Rechenschaftsberichte ohne eigenhändige Unterschrift des Vorstandes eingereicht worden.

5

1. Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 13. Juli 2021 Nichtanerkennungsbeschwerde erhoben. Die Entscheidung sei aufzuheben, um ihn zu rehabilitieren und ihm eine weitere Mitwirkung am politischen Diskurs zu ermöglichen. Der Beschwerdeführer habe seine [X.]eigenschaft nicht verloren, da er nicht sechs Jahre in Folge keine Rechenschaftsberichte abgegeben habe. Außerdem stelle das Erfordernis der testierten Rechenschaftsberichte eine unzumutbare und sein Recht aus Art. 21 GG beschneidende Anforderung dar, die verfassungsrechtlich nicht zulässig sei.

6

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 PartG lägen nicht vor, da die Rechenschaftsberichte für die [X.] und 2016 keines Testats bedurft hätten und für die Jahre 2017 bis 2020 die Prüfung des Wirtschaftsprüfers noch nicht abgeschlossen sei. Weiterhin könne der [X.] nach § 2 Abs. 2 Satz 2 PartG erst für Rechenschaftsberichte ab dem [X.] 2016, also dem Inkrafttreten des Gesetzes, eintreten. Zudem sei das Erfordernis der testierten Rechenschaftsberichte bei Überschreiten der Grenze von 5.000 Euro angesichts der Kosten einer Prüfung mit einer existenziellen Gefahr für Kleinstparteien verbunden. Da der Beschwerdeführer gegenwärtig die Maßstäbe des verfassungsrechtlichen [X.]begriffs erfülle, sei er als solche anzuerkennen.

7

2. Dem [X.] ist Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Hiervon hat der [X.] mit Schreiben vom 16. Juli 2021 Gebrauch gemacht und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 3. September 2020 auf die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 PartG hingewiesen worden sei. Aus der gesetzlichen Systematik folge, dass ein Verstoß gegen die Rechenschaftspflicht im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 PartG auch dann vorliege, wenn Rechenschaftsberichte nicht innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist eingereicht würden oder wenn zwar Rechenschaftsberichte eingereicht würden, diese aber unter Verstoß gegen § 23 Abs. 2, § 30 Abs. 2 PartG nicht testiert seien. Weiterhin dürfte § 2 Abs. 2 Satz 2 PartG nicht so auszulegen sein, dass erstmals für das [X.] 2016 ein Rechenschaftsbericht fristgerecht einzureichen gewesen sei und die Rechtsfolge damit frühestens mit Ablauf der Einreichungsfrist der Rechenschaftsberichte für das [X.] eintreten könnte. Dagegen spreche die Gesetzesbegründung.

8

3. Der Beschwerdeführer hat daraufhin sein Vorbringen wiederholt und vertieft.

9

Die Nichtanerkennungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt nicht über das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Die Entscheidung des [X.]es über die Anerkennung als [X.] für die Wahl zum [X.] gemäß § 18 Abs. 4 [X.] betrifft die Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Einreichung von Wahlvorschlägen als [X.] (§ 18 Abs. 1 [X.]) gegeben sind. Gemäß § 18 Abs. 4a Satz 1 [X.] kann eine [X.] oder Vereinigung gegen eine Feststellung nach § 18 Abs. 4 [X.], die sie an der Einreichung von Wahlvorschlägen für die Wahl zum [X.] hindert, binnen vier Tagen nach Bekanntgabe Beschwerde zum [X.] erheben. Danach ist die Nichtanerkennungsbeschwerde darauf ausgerichtet, noch vor Durchführung der Wahl abschließend festzustellen, ob die entsprechende Vereinigung berechtigt ist, als [X.] mit eigenen Wahlvorschlägen an der Wahl zum [X.] teilzunehmen (vgl. [X.] 134, 121 <122 f. Rn. 6>; [X.], Beschluss des [X.] vom 25. Juli 2017 - 2 BvC 1/17 -, Rn. 7).

Eine Teilnahme an der Wahl zum [X.] Bundestag ist aber nicht mehr das rechtliche Begehren des Beschwerdeführers. Durch Schreiben an den [X.] vom 8. Juli 2021 hat er gegenüber diesem die Beteiligungsanzeige vom 14. Juni 2021 zurückgenommen und seinen Wählerinnen und Wählern empfohlen, eine andere, bereits zugelassene [X.] bei der kommenden [X.] zu wählen. Unabhängig von der Frage der formellen Anforderungen an die Rücknahme einer Beteiligungsanzeige hat der Beschwerdeführer damit jedenfalls sein fehlendes Interesse kundgetan, als [X.] mit eigenen Wahlvorschlägen an der Wahl zum [X.] teilzunehmen. Das Verfahren gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4c GG, § 13 Nr. 3a [X.]G dient nicht einer von der konkreten Wahl losgelösten Feststellung der Eigenschaft einer Vereinigung als [X.] (vgl. [X.] 134, 121 <123 Rn. 6>; [X.], Beschluss des [X.] vom 25. Juli 2017 - 2 BvC 1/17 -, Rn. 8). Weshalb angesichts des begrenzten Verfahrenszwecks der Nichtanerkennungsbeschwerde vorliegend ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers bestehen sollte, wird von diesem nicht dargelegt.

Die Auslegung von § 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 19a Abs. 3 Satz 5 PartG durch den [X.] bedarf daher vorliegend keiner Erörterung.

Der Antrag auf Auslagenerstattung ist abzulehnen, da, unabhängig von der Frage der [X.], besondere [X.] (stRspr; vgl. [X.] 7, 75 <77>; 20, 119 <133 f.>; 85, 109 <114 ff.>; 87, 394 <397 f.>; 89, 91 <97>; 133, 37 <38 f. Rn. 2>) nicht vorgetragen sind.

Für die gerichtliche Festsetzung des [X.] besteht kein Rechtsschutzbedürfnis.

Meta

2 BvC 14/21

22.07.2021

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvC

nachgehend BVerfG, 2. November 2021, Az: 2 BvC 14/21, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren

Art 93 Abs 1 Nr 4c GG, § 13 Nr 3a BVerfGG, § 18 Abs 4a S 1 BWahlG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.07.2021, Az. 2 BvC 14/21 (REWIS RS 2021, 3837)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3837

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