Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.04.2014, Az. 27 W (pat) 34/13

27. Senat | REWIS RS 2014, 6503

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "IPO FOKUS (Wort-Bild-Marke)/FOCUS (Widerspruchsmarke zu 1])/FOCUS (Widerspruchsmarke zu 2])/FOCUS (Widerspruchsmarke zu 3]), Gemeinschaftswortmarke)/FOCUS GESUNDHEIT (Widerspruchsmarke zu 4], Wort-Bild-Marke)" – zur Kennzeichnungskraft – zur Waren- und Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit - teilweise klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke Nr. 30 2009 007 887

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 8. April 2014 durch [X.] [X.], [X.] [X.] und [X.] k.A. Schmid

beschlossen:

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für [X.]asse 41 vom 8. Juni 2011 und vom 6. März 2013 werden aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Wortmarke Nr. 2 057 734 bezogen auf folgende Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist:

[X.]. 16: [X.], Bücher, Zeitschriften, Prospekte

[X.]. 35: Werbung und Marketing im Bereich der Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Werbetexten

[X.]. 41: Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen, Kongressen; Organisation und Durchführung von bildenden und unterhaltenden Informations- und Aufklärungsveranstaltungen sowie -kampagnen zur Gesundheitsprävention; Aus- und Fortbildung im Bereich der Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte.

Insoweit ist die Marke Nr. 30 2009 007 887 zu löschen.

2. Die Beschlüsse der Markenstelle für [X.]asse 41 vom 8. Juni 2011 und vom 6. März 2013 werden aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Wortmarke Nr. 395 46 204 bezogen auf folgende Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist:

[X.]. 16: [X.], Bücher, Zeitschriften, Prospekte

[X.]. 35: Werbung und Marketing im Bereich der Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Werbetexten.

Insoweit ist die Marke Nr. 30 2009 007 887 zu löschen.

3. Die Beschlüsse der Markenstelle für [X.]asse 41 vom 8. Juni 2011 und vom 6. März 2013 werden aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Wortmarke Nr. [X.] bezogen auf folgende Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist:

[X.]. 41: Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen, Kongressen; Organisation und Durchführung von bildenden und unterhaltenden Informations- und Aufklärungsveranstaltungen sowie -kampagnen zur Gesundheitsprävention; Aus- und Fortbildung im Bereich der Gesundheitsprävention.

Insoweit ist die Marke Nr. 30 2009 007 887 zu löschen.

4. Die Beschlüsse der Markenstelle für [X.]asse 41 vom 8. Juni 2011 und vom 6. März 2013 werden aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke [X.] bezogen auf folgende Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist:

[X.] 16: [X.], Bücher, Zeitschriften, Prospekte

[X.]. 35: Werbung und Marketing im Bereich der Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Werbetexten

[X.]. 41: Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen, Kongressen; Organisation und Durchführung von bildenden und unterhaltenden Informations- und Aufklärungsveranstaltungen sowie -kampagnen zur Gesundheitsprävention; Aus- und Fortbildung im Bereich der Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte.

Insoweit ist die Marke Nr. 30 2009 007 887 zu löschen.

5. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 15. Juli 2009 eingetragene Wort-/Bildmarke Nr. 30 2009 007 887

Abbildung

2

ist in vollem Umfang aus den prioritätsälteren Wortmarken Nr. 2 057 734, Nr. 395 46 204 und [X.] 453 720

3

[X.]

4

sowie aus der eingetragenen Wort-/Bildmarke (farbig) Nr. 305 06 452

Abbildung

5

Widerspruch erhoben worden.

6

Die Eintragung der angegriffenen Marke bezieht sich auf die Waren und Dienst-leistungen:

7

[X.]. 16: [X.], Bücher, Zeitschriften, Prospekte

8

[X.]. 35: Werbung und Marketing im Bereich der Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Werbetexten

9

[X.]. 41: Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen, Kongressen; Organisation und Durchführung von bildenden und unterhaltenden Informations- und Aufklärungsveranstaltungen sowie -kampagnen zur Gesundheitsprävention; Aus- und Fortbildung im Bereich der Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte

[X.]. 42: Sozialwissenschaftliche Beratung zu allen Themenbereichen der Gesundheitsprävention.

Die Widerspruchsmarke Nr. 2 057 734 (Wortmarke „[X.]“) – im Folgenden Widerspruchsmarke 1 genannt – ist eingetragen für

[X.]. 16: [X.] und [X.], insbesondere Magazine; Zeitschriften, Zeitungen und Broschüren, Bücher; Lichtbilderzeugnisse, Fotografien (soweit in [X.]asse 16 enthalten)

[X.]. 41: Veröffentlichung und Herausgabe von [X.]n, insbesondere von Magazinen, Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren und Büchern, sowie von Lehr- und Informationsmaterial einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation; Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger.

Die Widerspruchsmarke Nr. 395 46 204 (Wortmarke „[X.]“) – im Folgenden Widerspruchsmarke 2 genannt – genießt Schutz für Waren der [X.]asse 9 sowie für:

[X.]. 16: [X.]; Informationsmaterial in Form von [X.]n, nämlich Druckschriften, Zeitschriften und Bücher

[X.]. 35: Vermittlung und Vermietung von Sendezeiten gegen Entgelt für Andere, gewerbsmäßige Beratungsdienste (ausgenommen Unternehmensberatung) über die Ausgestaltung von Sendezeiten; Dienstleistungen einer Werbeagentur einschließlich Vermittlung und Durchführung sowie Produktion von Telekommunikations-, Hörfunk- und Fernsehwerbesendungen auch im Online-Service; Marktforschung und -analyse; [X.]; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Öffentlichkeitsarbeit und zugehörige Dienstleistungen; Vermittlung und Durchführung von Werbeveranstaltungen

[X.]. 41: Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträgern.

Die Widerspruchsmarke [X.] 453 720 (Wortmarke „[X.]“) – im Folgenden Widerspruchsmarke 3 genannt – hat neben dem Schutz für Waren und Dienstleistung aus den [X.]assen 3, 6, 7, 9, 14, 21, 25, 28, 29, 32, 33, 38 und 39 noch Schutz für die Dienstleistungen:

[X.]. 35: Vermittlung von Karten für Veranstaltungen

[X.]. 41: Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger; Bereitstellung von Turnhallen, Fitnesszentren, Freizeitzentren und Kasinos; Fanklubdienste; Durchführung von Veranstaltungen.

Der Schutz der Widerspruchsmarke Nr. 305 06 452 (Wort-/Bildmarke „[X.] [X.]“) – im Folgenden Widerspruchsmarke 4 genannt – umfasst die Waren und Dienstleistungen:

[X.]. 16: [X.], Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Buchbindeartikel, Poster, Aufkleber, Kalender; Schilder und Modelle aus Papier und Pappe; Fotografien und Lichtbilderzeugnisse; Papier und Pappe, soweit in [X.]asse 16 enthalten; Schreibwaren und Büroartikel (ausgenommen Mobei); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)

[X.]. 38: Telekommunikation; Übermittlung von Informationen an Dritte, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leitungsgebundene Netze; Ausstrahlung von Rundfunksendungen; Online-Dienste, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; E-Mail-Datendienste (= elektronischer Postversand); [X.]-Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Informationen im [X.], jeweils soweit in [X.]asse 38 enthalten; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen

[X.]. 41: Veröffentlichung und Herausgabe von [X.]n, insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern sowie von Lehr- und Informationsmaterial, jeweils einschließlich von [X.]n in Form von gespeicherten Ton- und Bildinformationen, auch in elektronischer Form und auch im [X.]; Online-Publikationen, insbesondere von elektronischen Büchern und Zeitschriften (nicht herunterladbar); Dienstleistungen eines Ton- und Fernsehstudios, nämlich Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträgern; Vorführung und Vermietung von Ton- und Bildaufzeichnungen; Produktion von Fernseh- und Rundfunksendungen; Zusammenstellen von Fernseh- und Rundfunkprogrammen; Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, kulturellen und sportlichen Live-Events, Schulungsveranstaltungen, Bildungsveranstaltungen sowie kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, soweit in [X.]asse 41 enthalten.

Die Markenstelle für [X.]asse 41 hat die Widersprüche durch [X.]üsse vom 8. Juni 2011 und – im Erinnerungsverfahren – vom 6. März 2013 zurückgewiesen.

Nach den Entscheidungsgründen des [X.] halte die angegriffene Marke selbst den im Bereich identischer Waren und Dienstleistungen ([X.] und deren Herausgabe) gebotenen deutlichen [X.] gegenüber den [X.] „[X.]“, für die betreffend Zeitschriften erhöhte Kennzeichnungskraft unterstellt werden könne, ein.

Die jüngere Marke „[X.]“ unterscheide sich als Ganzes durch den Bestandteil „IPO“ von den [X.] ausreichend, wobei der Sinngehalt der Abkürzung „IPO“ ([X.]) und die überschaubare Länge der [X.] die Unterscheidung unterstützten.

Das Element „IPO“ der jüngeren Marke trete nicht im Gesamteindruck zurück. Beide Wortbestandteile der angegriffenen Marke verfügten gleichermaßen über waren- bzw. dienstleistungsbeschreibenden Inhalt. Die angegriffene Marke weise nämlich auf einen bestimmten Brennpunkt bzw. Themenschwerpunkt mit der Abkürzung „IPO“ hin. Beide Elemente seien daher durch den integrierenden Sinnzusammenhang verbunden.

Die angesprochenen Verkehrskreise hätten auch keinen Grund, die jüngere Marke für ein weiteres Zeichen der Widersprechenden zu halten, da die Zeichenbildung strukturell abweiche. Die Widersprechende ordne Bestandteile dem Begriff „[X.]“ stets nach. Da auch andere Firmen den Bestandteil „[X.]“ in ihren Marken verwenden würden, weise dieser nicht zwingend auf die Widersprechende hin.

Den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke 4 (Nr. 305 06 452) bestimmten zudem beide Wortelemente; die Widerspruchsmarke weise auf einen Themenschwerpunkt “Gesundheit“ hin.

In ihrer gegen den Erinnerungsbeschluss gerichteten Beschwerde macht die Widersprechende geltend, die Markenstelle habe den [X.] in der Sache jede Kennzeichnungskraft abgesprochen, indem sie den Wortbestandteil „Fokus“ der angegriffenen Marke mit einem sachlichen Hinweis auf einen Themenschwerpunkt gleichsetze.

Ferner habe die Markenstelle verkannt, dass im Hinblick auf die Eigenschaft der Komponente „IPO“ als [X.] die Voraussetzungen einer Marken-usurpation im Sinn der „[X.]“ – Judikatur des [X.] ([X.]/04 – [X.], 1042) gegeben seien.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

die [X.]üsse der Markenstelle aufzuheben und regt hilfsweise die Einleitung eines [X.] nach Art. 267 AEUV oder die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Markeninhaberin hat sich auf die Beschwerdebegründung, die ihr am 18. November 2013 zugestellt worden ist, nicht geäußert.

II.

1. Nachdem die Beteiligten davon abgesehen haben, eine mündliche Verhandlung zu beantragen, und auch der [X.] eine solche nicht für erforderlich erachtet, kann über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 69 [X.]). Die Beteiligten hatten ausreichend Zeit, sich zur Sache und den Argumenten der Gegenseite zu äußern.

2. Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg, da im Verhältnis der angegriffenen zu jeder der [X.] nach Maßgabe der jeweiligen Tenorierung Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] besteht.

a) Widersprüche aus den Wortmarken „[X.]“ – [X.]. 2 057 734, 395 46 204 und [X.] ([X.] 1, 2 und 3).

aa) Der Kennzeichnungsgrad einer Marke richtet sich nach ihrer Eignung, in den beteiligten Verkehrskreisen als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens zu wirken.

Die Kennzeichnungseignung der [X.] ist auch bezogen auf „[X.]“ und andere auf Vermittlung von redaktionellen Inhalten gerichtete Waren und Dienstleistungen nicht eingeschränkt (vgl. auch [X.], [X.]. v. 26. August 2004, 17 [X.], S. 8).

Der Ausdruck „Fokus“ bzw. [X.] „[X.]“, der übertragen „Blickpunkt, Schwer-punkt, Mittelpunkt des Interesses“ (s. [X.]) bedeutet, ist im allgemeinen Sprachgebrauch vielfach verbunden mit einer thematischen Angabe, die den Gegenstand der Betrachtung anzeigt. In einem derartigen Kontext hat der Begriff „[X.]“ erkennbar sachbezogenen Inhalt. Anders verhält es sich demgegenüber bezogen auf den Ausdruck „[X.]“ als solchen. Er mag bildhaft die Thematisierung eines Stoffs zum Ausdruck bringen und damit den Zweck der betroffenen Waren andeuten. Eine klare Sachaussage vermittelt der Begriff insoweit aber nicht (vgl. [X.], 254 Rn. 31 – [X.]). Insbesondere ist der Begriff nicht derart belegt, dass er als Hinweis auf die Thematisierung spezifisch aktueller Themen oder auf eine vertiefte Behandlung irgendeines singulären oder Schwerpunktthemas (etwa als Themenheft) verstanden wird.

Auch ist nicht substantiiert dargelegt und ersichtlich, dass der Ausdruck aufgrund einer signifikanten Anzahl von benutzten [X.] nur über eingeschränkte Eignung, als Kennzeichen zu wirken, verfügt.

Dagegen ist die Kennzeichnungskraft zweier [X.] im Bereich folgender Waren und Dienstleistungen erhöht:

Widerspruchsmarke 1 (Nr. 2 057734)

[X.]. 16: [X.] und [X.], insbesondere Magazine; Zeitschriften, Zeitungen

[X.]. 41: Veröffentlichung und Herausgabe von [X.]n, insbesondere von Magazinen, Zeitungen, Zeitschriften

Widerspruchsmarke 2 (Nr. 395 46 204)

[X.]. 16: [X.], Informationsmaterial in Form von [X.]n, nämlich Druckschriften, Zeitschriften

Diesen [X.] ist dadurch insoweit erhöhter Kennzeichnungsgrad zuzuerkennen. Grundlage hierfür ist in erster Linie die vorgelegte Verkehrsbefragung, die in verschiedenen Markenverletzungsverfahren sogar zur Anerkennung überragender Kennzeichnungskraft geführt hat (siehe Anlagen 7 ff. zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 20. Juni 2012).

Für andere zugunsten der [X.] eingetragene Waren oder Dienstleistungen fehlen demgegenüber aussagekräftige Hinweise auf eine durch umfangreiche Benutzung gesteigerte Verkehrsbekanntheit. Dies gilt namentlich für „Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger“, zumal die Widersprechende in diesem Kontext, soweit ersichtlich, vorrangig das Zeichen „[X.] TV“ verwendet.

bb) Zwischen den Vergleichsmarken besteht jeweils hohe klangliche Ähnlichkeit, da dem Bestandteil „Fokus“ der angegriffenen Marke nach den maßgebenden Umständen des Einzelfalls eine den klanglichen Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägende Stellung zukommt (s. [X.], 342, 343 – [X.] PUREN).

Als Ganzes unterscheiden die Zeichen sich zwar durch den Bestandteil „IPO“ der angegriffenen Marke. [X.] können aber unterschiedlichen Einfluss auf die Wahrnehmung einer komplexen Marke ausüben. Deswegen kann einem Bestandteil im Einzelfall eine besondere, den Gesamteindruck des gesamten Zeichens prägende Kennzeichnungskraft zukommen (vgl. [X.] [X.], 1042 Rn. 28 f. – [X.] LIFE; [X.], 60 Rn. 19 – [X.]). Die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen beruht in diesem Fall auf der Übereinstimmung der Zeichen in ihren sie jeweils prägenden Bestandteilen.

Unter dem Gesichtspunkt des klanglichen Gesamteindrucks treten die Bildkomponenten der angegriffenen Marke zurück. Das Publikum neigt im Interesse praktikabler mündlicher Wiedergabe im Allgemeinen dazu, komplexe Zeichen in einer die Aussprechbarkeit vereinfachenden Weise zu verkürzen. Daher werden aus Wort- und Bildbestandteilen bestehende Kombinationsmarken regelmäßig nach kennzeichnungskräftigen [X.] benannt, während von der Wiedergabe der Bildelemente abgesehen wird (vgl. [X.], 241 – [X.]). Dies gilt vorliegend für den Äskulapstab und den [X.]. Beides sind gängige Symbole für medizinische Zweck- bzw. globale Ausrichtung. Sie könnten allenfalls auf der Grundlage einer besonderen grafischen Ausführung kennzeichnend wirken. Eine solche liegt aber nicht vor; die [X.]stilisierung ist grafisch sogar bewusst so gestaltet, dass sie im Bild in den Hintergrund tritt.

Ferner kommt dem Bestandteil „IPO“ aufgrund der konkreten Zeichengestaltung in Zusammenhang klanglicher Zeichenwiedergabe eine gegenüber dem Bestandteil „[X.]“ aufgrund der Anordnung und verschiedener Schriftart und -größe nachgeordnete Bedeutung zu. Es kann dabei dahin gestellt bleiben, inwieweit hierzu auch die Eigenschaft des Elements „IPO“ als [X.] beiträgt.

Prägender Einfluss des Bestandteils „[X.]“ der angegriffenen Marke ergibt sich ferner jedenfalls im Bereich der Waren der [X.]asse 16 soweit den [X.] gesteigerte Kennzeichnungskraft zu eigen ist. In diesem Ausnahmefall ist nämlich der Gesamteindruck eines Zeichens unter Einbeziehung der [X.] zu bestimmen ([X.], 880, 881 – [X.]; [X.], 513, 514 – [X.]/Ella May).

Die somit prägenden Bestandteile „[X.]“ der angegriffenen Marke und der [X.] stimmen in [X.]ang und Sinn überein.

cc) Unter Zugrundelegung teilweise erhöhter Kennzeichnungkraft der [X.] und ausgeprägter klanglicher Markenähnlichkeit besteht eine Verwechslungsgefahr, soweit auch die Waren und Dienstleistungen Ähnlichkeit aufweisen. Für deren Beurteilung ist, da [X.] nicht aufgeworfen sind, von der Registerlage auszugehen.

Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist anzunehmen, wenn diese unter Berück-sichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus dem demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. [X.], 484 Rn. 25 – Metrobus).

[X.]asse 42

Der Registrierung der jüngeren Marke für Dienstleistungen der Kasse 42 stehen bei keiner der [X.] ähnlichen Dienstleistungen gegenüber, so dass die angegriffene Marke insoweit nicht zu löschen ist.

[X.]asse 16

Die Waren der [X.]asse 16 beanspruchen das angegriffene Zeichen ebenso wie die [X.] 1, 2 und 4. Insoweit besteht also Verwechslungsgefahr.

Darüber hinaus ergibt sich aus der Ähnlichkeit der beanspruchten Waren und Dienstleistungen folgende Beurteilung der Verwechslungsgefahr:

Widerspruchsmarke Nr. 2 057 734 (Widerspruchsmarke 1)

[X.]asse 35

 „Werbung und Marketing im Bereich Gesundheitsprävention; Ver-fassen und Herausgabe von Werbetexten“ ist noch hinreichend ähnlich zu den für die Widerspruchsmarke geschützten „[X.]n …, insbesondere Broschüren“. Eine kongruente Produktverantwortlichkeit liegt insofern nicht fern (vgl. [X.], [X.]. v. 29. Juli 2008, 25 W (pat) 17/06, BeckRS 2008, 16103 und BeckRS 2008, 22851 - [X.]).

[X.]asse 41

Der angegriffenen Dienstleistung „Verfassen und Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte“ kommen sowohl die für die Widerspruchsmarke geschützten „[X.]“ (s.o.) als auch die Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von [X.]n“ nahe.

Dazu weisen die Dienstleistungen „Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen, Kongressen; Organisation und Durchführung von bildenden und unterhaltenden Informations- und Aufklärungsveranstaltungen sowie -kampagnen zur Gesundheitsprävention; Aus- und Fortbildung im Bereich der Gesundheitsprävention“ jedenfalls noch verwechslungsbegründende Ähnlichkeit auf, zumal die Widerspruchsmarke ausdrücklich „Veröffentlichung und Herausgabe von Lehr- und Informationsmaterial“ umfasst. Insofern handelt es sich um sich ergänzende Dienstleistungen. Zudem halten Veranstalter von Seminaren und vergleichbaren Formaten oft auch eigenes, auf den Inhalt des Seminars abgestimmtes Informations- oder Unterrichtsmaterial vor. Ferner bieten Herausgeber von Zeitungen oder Publikationen über Einzelfälle hinaus Seminare oder Informationsveranstaltungen an, die etwa der mündlichen Vertiefung oder Aktualisierung des Inhalts von Druckerzeugnissen dienen (z.B. Heymanns-Fachseminare; [X.]; ZEIT-Konferenzen).

Widerspruchsmarke Nr. 395 46 204 (Widerspruchsmarke 2)

Der Widerspruch greift gegenüber allen Dienstleistungen der [X.]asse 35 der angegriffenen Marke durch. „Werbung und Marketing im Bereich Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Werbetexten“ entspricht den Dienstleistungen einer Werbeagentur und der Öffentlichkeitsarbeit.

Soweit diese auch noch eine gewisse Ähnlichkeit zu den Dienstleistungen der [X.]asse 41 aufweisen können, ist deren Grad nicht ausreichend, eine Verwechslungsgefahr anzunehmen, zumal der Widerspruchsmarke diesbezüglich nicht erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt. Die Dienstleistungen richten sich an unterschiedliche Adressaten und haben unterschiedliche Zwecke, wenn auch Überschneidungen in Einzelaspekten, z.B. unterhaltende Darbietungen, denkbar sind.

Widerspruchsmarke [X.] 453 720 (Widerspruchsmarke 3)

Der Schutz dieser Widerspruchsmarke beinhaltet in [X.]asse 41 die „Durchführung von Veranstaltungen“; das kann alle vom angegriffenen Zeichen in [X.]asse 41 beanspruchten Veranstaltungen umfassen.

Im Übrigen ist eine unter den gegebenen Ausgangsvoraussetzungen verwechs-lungsbegründende Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit nicht festzustellen.

b) Widerspruch aus der [X.] (Widerspruchsmarke 4). In [X.]asse 16 ist die Widerspruchsmarke für die vom angegriffenen Zeichen beanspruchten Waren nahezu identisch geschützt, so dass der Widerspruch insoweit Erfolg hat.

[X.]asse 41

Der Schutz der Widerspruchsmarke 4 beinhaltet in [X.]asse 41 Unterhaltungs-, Schulungs- und Bildungsveranstaltungen; das kann die vom angegriffenen Zeichen in [X.]asse 41 beanspruchten Seminare, Tagungen, Kongresse, bildenden und unterhaltenden Veranstaltungen umfassen, in deren Rahmen Aus- und Fortbildung geschieht. Im Rahmen von Kampagnen können solche Veranstaltungen stattfinden.

Gegenüber „Verfassen und Herausgabe von Werbetexten“ besteht eine Ähnlichkeit zu den für die Widerspruchsmarke geschützten [X.]n (s.o., [X.], [X.]. v. 29. Juli 2008, 25 W (pat) 17/06, BeckRS 2008, 16103 und BeckRS 2008, 22851 - [X.]), zumal der Bestandteil „[X.]“ aufgrund seiner ausgeprägten Kennzeichnungskraft bei [X.]n eine prägende Stellung innerhalb der Widerspruchmarke einnimmt.

[X.]asse 35

Gegenüber „Werbung und Marketing im Bereich Gesundheitsprävention; Verfassen und Herausgabe von Werbetexten“ besteht eine Ähnlichkeit zu den für die Widerspruchsmarke geschützten [X.]n. Eine kongruente Produktverantwortlichkeit wird insofern ohne Weiteres in Betracht gezogen (vgl. [X.], [X.]. v. 29. Juli 2008, 25 W (pat) 17/06, BeckRS 2008, 16103 und BeckRS 2008, 22851 - [X.]), zumal der Bestandteil „[X.]“ aufgrund seiner ausgeprägten Kennzeichnungskraft bei [X.]n eine prägende Stellung innerhalb der Widerspruchmarke einnimmt.

Dem steht zwar entgegen, dass die Begriffe „[X.]“ und „[X.]“ nach allgemeinem Sprachempfinden als beschreibende begriffliche Einheit in der Bedeutung „Augenmerk/Konzentration auf das Thema Gesundheit“ aufgefasst werden. Dies gilt aber nicht, soweit die Verkehrsbekanntheit des Zeichens „[X.]“ im Bereich der [X.]assen 16 und 41 ([X.], Druckschriften) zu einem Verständnis im Sinn einer Produktkennzeichnung „[X.]“ und einer Themenangabe „Gesundheit“ führt.

Die gesteigerte Bekanntheit des Zeichens „[X.]“ beeinflusst auch das [X.]. Diese Rezeption ist jedenfalls angesichts unterschiedlicher grafischer Ausführung der beiden Komponenten und der dem Publikum vertrauten Gestaltung des Bestandteils „[X.]“, in der der Buchstabe „O“ durch eine stilisierte Weltkugel dargestellt ist, auch zu erwarten.

Die Waren und Dienstleistungen der [X.]assen 35 und 42 der jüngeren Marke weisen keine zureichende Ähnlichkeit zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke auf.

3. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der [X.] hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des [X.] über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil nicht von Entscheidungen anderer [X.]e des [X.] oder anderer nationaler Gerichte abgewichen worden ist, sondern eine Einzelfallentscheidung anhand von tatsächlichen Gegebenheiten getroffen worden ist.

Meta

27 W (pat) 34/13

08.04.2014

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.04.2014, Az. 27 W (pat) 34/13 (REWIS RS 2014, 6503)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6503

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