Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2016, Az. V ZB 88/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 801

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:141216BVZB88.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]/16
vom

14. Dezember 2016

in der Grundbuchsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 29 Abs. 3
Ein lediglich drucktechnisch erzeugtes Behördensiegel genügt den im Grundbuchverfahren geltenden Formanforderungen des § 29 Abs. 3 [X.] für ein Behördenersuchen nicht. Erforderlich ist vielmehr eine individuelle Siegelung mit einem Prägesiegel oder einem Farbdruckstempel.
[X.], Beschluss vom 14. Dezember 2016 -
V [X.]/16 -
OLG [X.]

AG Passau

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 14. Dezember 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und [X.] und die Richter Dr.
Kazele und Dr.
Göbel

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts [X.] -
34. Zivilsenat -
vom 24. Mai 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Als Eigentümer des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten [X.] sind seit dem 24. Januar 1994 neben zwei weiteren Personen

-
Insolvenzgericht -
(nachfolgend: die Beteiligte zu 1) wurde im Jahr 2004 hin-sichtlich der Anteile beider Beteiligter ein Insolvenzvermerk eingetragen.

Mit Schreiben vom 25. November 2015 und 14. Dezember 2015 hat die Beteiligte zu 1, jeweils unter Hinweis auf einen beigefügten Beschluss über die Aufhebung des betreffenden Insolvenzverfahrens, das [X.]
-
Grundbuchamt -
ersucht, die beiden Insolvenzvermerke zu löschen. Die auf 1
2
-
3
-
Behördenpapier erstellten Ersuchen wurden von der Rechtspflegerin unter-s-rundes Dienstsiegel im Durchmesser von 35 mm mit großem Staatswappen

Mit Zwischenverfügung vom 22. Dezember 2015 hat das Grundbuchamt die Form der [X.] beanstandet, da diese nicht mit einem ord-nungsgemäßen Siegel versehen seien. Die hiergegen von der Beteiligten zu 1 in ihrer Funktion als ersuchende Behörde gerichtete Beschwerde hat das Ober-landesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt die Beteiligte zu 1 ihre
Löschungsersuchen weiter.

II.

Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in [X.] 2016, 630 veröffentlicht ist, meint, das von dem Grundbuchamt aufgezeigte [X.] bestehe, da ein behördliches [X.] mit ledig-lich drucktechnisch erzeugtem Ausdruck eines Siegelbildes oder einer Siegel-grafik nicht den im Grundbuchverfahren gemäß § 29 Abs. 3 [X.] geltenden Formanforderungen genüge. Welche Voraussetzungen an ein Siegel zu stellen seien und in welcher Form es angebracht werden müsse, sei zwar weder in der Grundbuchordnung noch in der Grundbuchverfügung geregelt. Aus der wort-gleichen Formulierung in § 725 ZPO habe die Rechtsprechung allerdings abge-leitet, dass die Verwendung eines Vordrucks, bei dem das Dienstsiegel bereits formularmäßig aufgedruckt worden sei, nicht genüge. Der Grundsatz der Ein-heit der Rechtsordnung spreche dafür, dass die gleichen Begrifflichkeiten in unterschiedlichen Gesetzen desselben Normgebers dieselbe Bedeutung hätten. 3
4
-
4
-
Die Siegelung als besondere Form der Echtheitsbeglaubigung solle die Verläss-lichkeit des Dokuments und die Gewähr für die Ordnungsmäßigkeit der darin verlautbarten Behördenerklärung erhöhen. Begriff und Beweiswert eines Si[X.]s seien zwar einem Bedeutungswandel infolge historischer
Entwicklungen zugänglich; auch [X.] u.ä. könnten in Zeiten des 3D-Drucks nicht als fälschungs-
und missbrauchssicher angesehen werden. Ein seines Beglaubi-gungswert weitestgehend beraubter drucktechnischer Ausdruck reiche aber nicht aus, wo das Gesetz die Siegelung deshalb vorschreibe, weil dem Nach-weis der Echtheit des Dokuments mit Blick auf die von der Norm geschützten hochrangigen Rechtsgüter besondere Bedeutung zukomme.
Die den [X.] Behörden von der Staatsregierung gemäß § 8 Abs.
4 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über das Wappen des [X.] ([X.]) erteilte Ermächtigung zur drucktechnischen Siegelung gehe daher im Bereich der gegenüber dem Landesrecht vorrangigen Bundesvorschrift des § 29 Abs. 3 [X.] ins Leere.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

1. Die Beteiligte zu 1 ist aufgrund der Zurückweisung der von ihr erhobe-nen Beschwerde befugt, Rechtsbeschwerde einzulegen. Bei dem Ersuchen des Insolvenzgerichts zur Eintragung und Löschung eines Insolvenzvermerks im Grundbuch gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1, § 200 Abs. 2 Satz 2 [X.] handelt es sich um ein Behördenersuchen nach § 38 [X.] (vgl. [X.], [X.], 6. Aufl., §
32 Rn. 14 ff.; [X.] in [X.]/von Oefele, [X.], 3. Aufl., § 38 Rn. 71 f.;
[X.], [X.], 30. Aufl., § 38 Rn. 8). Wird ein solches Ersuchen zurückge-5
6
-
5
-
wiesen, gelten für die Behörde die allgemeinen Rechtsmittelvorschriften (vgl. Senat, Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 -
V [X.], [X.] 2013, 54 Rn.
5 und vom 26. Juni 2014 -
V [X.], [X.] 2014, 192
Rn. 4, jeweils zum [X.] eines Landwirtschaftsgerichts; [X.], [X.], 30. Aufl., § 38 Rn. 79; [X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 11. Aufl., § 71 Rn. 147 und § 78 Rn. 8; [X.] in [X.]/von Oefele, [X.], 3. Aufl., § 71 Rn. 86 mwN).

2. Auch die
übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach §§ 78 [X.], 71 FamFG sind gewahrt. Die ordnungsgemäße Vertretung der Beteiligten zu 1 folgt aus § 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG.

IV.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Annahme des [X.], die Zwischenverfügung des [X.] sei zu Recht ergangen, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.

1. Die auf die Behebung eines formellen Mangels des Antrags zielende Zwischenverfügung weist einen zulässigen Inhalt [X.]. § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf. Soweit die für das Grundbuchverfahren erforderliche Form des § 29 [X.] nicht gewahrt ist, kann dieses Hindernis mit einer Zwischenverfügung bean-standet werden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 18 Rn. 81;
[X.]/[X.], Immobilienrecht,
2. Aufl., § 18 [X.] Rn. 25). Das [X.] ist ferner befugt, auf der Einhaltung der Verfahrensregel des §
29 Abs. 3 [X.] zu bestehen und die Eintragung davon abhängig zu machen (vgl. KG, [X.] 1974, 394, 395 f.).

7
8
9
-
6
-

2. Ohne Rechtsfehler geht das Beschwerdegericht davon aus, dass das von der Beteiligte zu 1 drucktechnisch erzeugte Behördensiegel den im Grund-buchverfahren geltenden Formanforderungen des § 29 Abs. 3 [X.] für ein Be-hördenersuchen nicht genügt.

a) Ausweislich der Ausführungen des angegriffenen Beschlusses ist das von der Beteiligten zu 1 verwendete Dienstsiegel auf den Ersuchen vom 25.

worden. Weitere Feststellungen zu den konkreten Umständen des Siegeldrucks hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Für das Rechtsbeschwerdeverfah-ren ist deshalb in tatsächlicher Hinsicht von dem ergänzenden Vorbringen in der Rechtsbeschwerde auszugehen. Hiernach soll die Verwendung des Siegels mittels drucktechnischen Eindrucks erfolgt sein. Das Siegel sei zeitgleich mit der Erklärung auf dem Dokument angebracht worden. Die mit [X.] er-zeugten [X.] stellten keine vorgedruckten Formulare dar, sondern Schriftstücke, die einzelfallbezogen erzeugt würden. Bei diesem Verfahren [X.] hergestellt worden sei, in Reinschrift wiedergegeben und ausgedruckt. Aus dieser maschinellen Herstellung des [X.] folgt im Umkehrschluss, dass eine Siegelung der Ersuche[X.]s (Trockensiegel oder Lacksiegel) oder eines Farbdruckstempels (vgl. hier-zu, auch zur Terminologie [X.], [X.], 30. Aufl., § 29 Rn. 47; siehe auch BT-Drucks. 16/12319, [X.]) nicht erfolgt ist.

b) Nach § 29 Abs. 3 [X.] sind Erklärungen oder Ersuchen einer [X.], auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, zu unter-schreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Dies setzt nach dem der-10
11
12
-
7
-
zeit geltenden Recht eine individuelle Siegelung mit
einem Prägesiegel oder einem Farbdruckstempel voraus, an der es hier fehlt.

aa) Die Voraussetzungen, die an das Anbringen des Siegels oder [X.] zu stellen sind, sind allerdings ausdrücklich weder in der Grundbuchord-nung geregelt noch in der Zivilprozessordnung, deren Vorschriften im Insol-venzverfahren gemäß § 4 [X.] ergänzend Anwendung finden. Da § 29 Abs. 3 [X.] eine bundesrechtliche Vorschrift darstellt, die die formellen Anforderungen für eine Eintragung in das Grundbuch aufgrund eines Behördenersuchens ent-hält, ist sie anhand des Bundesrechts auszulegen. Ordnen landesrechtliche Vorschriften bei einem identischen Regelungsgehalt eine von dem [X.] abweichende Rechtsfolge an, genießt die bundesrechtliche Vorschrift gemäß Art. 31 GG den Vorrang (vgl. [X.] 36, 342, 363; [X.] 98, 145, 159). Deshalb kommt es für die zutreffende Auslegung des § 29 Abs. 3 [X.] auf die für den [X.] maßgeblichen landesrechtlichen Bestimmun-gen zu Art und Weise der Siegelung (Gesetz über das Wappen des [X.] vom 5. Juni 1950, GVBl. S. 167 -
WappenG -
und die hierzu erlassene Ausführungsverordnung, GVBl. 1999 S. 29 -
[X.]) nicht an. Dass gemäß §
8 Abs. 4 [X.] für die Siegelung von Schriftstücken, die mit Hilfe [X.] oder elektronischer Einrichtungen erstellt werden, ein Abdruck des [X.] maschinell eingedruckt sein oder aufgedruckt werden kann, [X.] als solches nichts zu der Frage, ob ein maschinell erzeugtes Siegel auch den Anforderungen des § 29 Abs. 3 [X.] genügt. Die für die Behörde jeweils geltenden landesrechtlichen Bestimmungen sind nur insoweit maßgeblich, als es um die konkrete Gestaltung des Siegels oder Stempels und damit um die Frage geht, welches Dienstsiegel mit welcher Aufschrift zur Verwendung ge-langt (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Februar 2014
-
I-15 [X.], juris Rn. 15; Hügel/[X.], [X.], 3. Aufl., § 29 Rn. 193).
13
-
8
-

bb) Nach bislang -
soweit ersichtlich -
einhelliger Auffassung in Recht-sprechung und Literatur wird § 29 Abs. 3 [X.] dahin ausgelegt, dass es sich bei dem in der Vorschrift genannten Siegel oder Stempel entweder um ein [X.] oder um einen Farbdruckstempel handeln muss und die insoweit [X.] Beidrückung des Siegels die Vermutung der Ordnungsgemäßheit der Erklärung begründet, d. h. auch der Vertretungsbefugnis des [X.], sofern die Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehandelt hat (vgl. KG, [X.] 1974, 394, 396; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 29 Rn. 496;
[X.]/v. Oefele/[X.], [X.], 3. Aufl., § 29 Rn. 144; [X.]/[X.], [X.], 7.
Aufl., § 29 [X.] Rn. 100; [X.], [X.], 30. Aufl., § 29 Rn.
47). Die Verwendung eines Vordrucks mit einem bereits aufgedruckten Dienstsiegel genüge nicht (vgl. Schöner/Stöber, [X.], 15. Aufl., Rn.
201; [X.], [X.] 1979, 121). Diese Auslegung entspricht der [X.]. Sie wurde aufgrund der Verordnung zur Änderung des Verfahrens in [X.] vom 5. August 1935 ([X.], 1065) eingefügt und damit zu einem Zeitpunkt, als die es die heutigen technischen Möglichkeiten der computergesteuerten Erstellung eines Siegels noch nicht gab.

cc) Anlass, abweichend hiervon lediglich drucktechnisch erzeugte Siegel, die -
wie hier -
beim Ausdruck des Ersuchens programmgesteuert angebracht werden, ausreichen zu lassen, besteht nicht.

(1) Mit dem Wortlaut des § 29 Abs. 3 [X.], wonach die Erklärungen oder solche Auslegung allerdings vereinbar. So ist gemäß § 131 Abs. 1 [X.] auch der amtliche Ausdruck aus dem in maschineller Form als automatische Datei -n-14
15
16
-
9
-
soweit reicht es nach allgemeiner Auffassung aus, dass das verwendete [X.] bereits mit dem Siegel versehen ist (vgl. Hügel/Wilsch, [X.], 3. Aufl., §
131 Rn. 7; [X.]/Dressler, [X.], 11. Aufl., § 131 Rn. 14; [X.]/Püls, [X.], 7. Aufl., § 131 [X.] Rn. 7; [X.], [X.], 30. Aufl., § 131 Rn. 4). Dementsprechend kann es bei der Herstellung des Ausdrucks durch den [X.] angebracht werden (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GBV). Mit dem Wortlaut des § 29 Abs. 3 [X.] übereinstimmende Formulierungen finden sich gleichfalls in anderen bundesrechtlichen Vorschriften (vgl. § 169 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 703b ZPO, § 258 Abs. 2 FamFG). Auch dort wird ein drucktechnisch erzeugter Ausdruck des Gerichtssiegels als ausreichend angesehen (vgl.
[X.]/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 169 Rn. 15 und 703b Rn. 1;
[X.], 5. Aufl., § 169 Rn. 14; PG/[X.], ZPO, 8. Aufl., § 703b Rn. 2; [X.]/[X.], ZPO, 6. Aufl., § 258 FamFG Rn. 4).

(2) Eine Übertragung des in den genannten Vorschriften zugrunde geleg-ten (weiten) Begriffs der Siegelung auf die Vorschrift des § 29 Abs. 3 [X.] scheidet jedoch aus. Es handelt sich sämtlich um durch den Gesetzgeber ge-troffene Sonderregelungen, die eine maschinelle Bearbeitung ermöglichen [X.]. Der hiermit bezweckte Vereinfachungs-
und Beschleunigungseffekt liefe leer, wenn nicht auch das Dienstsiegel in maschineller Form verwendet werden könnte (vgl. in diesem Sinne auch [X.], [X.] 2016, 633). [X.] bedarf es bei der angeordneten maschinellen Bearbeitung auch keiner Unterschrift des Sachbearbeiters mehr. Diese wird vielmehr durch das vorweg [X.] ersetzt (vgl. hierzu beispielsweise die Gesetzesbe-gründung zur Einführung der maschinellen Bearbeitung des Mahnverfahrens und damit einhergehend der Einfügung des § 703b ZPO, BT-Drucks. 7/2729, S.
47 und die Überlegungen im Gesetzgebungsverfahren im Zusammenhang mit der Einfügung des § 169 Abs. 3 Satz 2 ZPO, BT-Drucks. 17/13948, S. 33 17
-
10
-
und BT-Drucks. 17/12634, [X.]). Im Verfahren nach der Grundbuchordnung ist die maschinelle Bearbeitung bislang lediglich im Zusammenhang mit der Ertei-lung von amtlichen Ausdrucken aus dem elektronischen Grundbuch eingeführt worden (§ 131 Abs. 1 [X.]). Diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers darf nicht durch eine erweiterte Auslegung des § 29 Abs. 3 [X.] unterlaufen werden.

(3) Dass die bisherige Interpretation des § 29 Abs. 3 [X.] zutreffend ist, ergibt sich -
jedenfalls mittelbar -
auch aus § 137 Abs. 2 [X.]. Werden Erklä-rungen oder Ersuchen einer Behörde, aufgrund deren eine Eintragung vorge-nommen werden soll, als elektronisches Dokument übermittelt, genügt hierfür die qualifizierte elektronische Signatur durch eine einzelne Person. Die [X.] überträgt die Regelung des §
29 Abs.
3 [X.] auf das Gebiet des elektro-nischen Rechtsverkehrs. In der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks.
16/12319, S.
30) wird zur Rechtfertigung der Vorschrift ausgeführt, dass im Anwendungsbereich des §
29 Abs.
3 [X.] für die Vermutung der [X.] der Erklärung genüge, wenn die Urkunde unterschrieben und mit Siegel oder Stempel versehen werde. Das Grundbuchamt habe nicht zu prüfen, ob die Urkunde nach den
für die Behörde geltenden Verfahrensvor-
der Vertretungsbefugnis des Unterzeichners, sofern die Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehandelt habe. Das Dienstsiegel bzw. der Stempel der Be-hörde werde durch das qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat ersetzt, aus dem sich die Zugehörigkeit der signierenden [X.] zu der Behörde ergebe.

18
-
11
-

Im Umkehrschluss ist daraus zu folgern, dass ein Siegel, das dem Ersu-h-nisch erzeugt worden ist, den Anforderungen des §
29 Abs.
3 [X.] nicht ge-nügt. Nach der Einschätzung des Gesetzgebers ist eine dieser Vorschrift ent-sprechende Vermutung der Vertretungsbefugnis des Unterzeichners vielmehr erst bei Vorliegen einer qualifizierten Signatur nach dem Signaturgesetz ge-rechtfertigt. Ein elektronisches Dokument [X.]. §
137 Abs.
2 [X.] hat die [X.] zu 1 vorliegend jedoch nicht errichtet.

(4) Dass es für ein formwirksames Ersuchen einer Behörde in Sinne des Siegels oder Stempels bedarf, stimmt mit der Auslegung des eine vergleichbare Regelung enthaltenen § 725 ZPO überein.

(a) Nach dieser Bestimmung ist die Vollstreckungsklausel der Ausferti-gung des Urteils am Schluss beizufügen, von dem Urkundsbeamten der Ge-schäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Inso-weit entspricht es nahezu allgemeiner Auffassung, dass die Verwendung eines Formulars mit einem bereits vorgedruckten bzw. nur eingedruckten Dienstsiegel diesen Formanforderungen nicht genügt (vgl. [X.], Rpfleger 1988, 198, 199; [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2004 -
1 [X.], juris Rn. 3; [X.], Rpfleger 2008, 586; [X.]/Stöber, ZPO, 31. Aufl., §
725 Rn. 3; MüKoZPO/[X.], 5. Aufl., § 725 Rn. 3; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 725 Rn. 8; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4.
Aufl., § 725 Rn. 31; [X.] ZPO/[X.], 21. Edition, § 725 Rn. 15; PG/[X.], ZPO, 8. Aufl., § 725 Rn. 1; [X.]/[X.], ZPO, 74.
Aufl., § 725 Rn. 4).

19
20
21
-
12
-

(b) Der Einwand der Beteiligten zu 1, diese Rechtsprechung bzw. Litera-tur sei im streitgegenständlichen Zusammenhang nicht einschlägig, weil es sich [X.] sei vielmehr programmgesteuert zeitgleich mit der Erklärung auf dem Do-kument angebracht worden, trägt nicht. Auch ein solches Siegel genügt den Anforderungen des § 725 ZPO nicht. In der Rechtsprechung (vgl. [X.], ü-ckudem Vollstreckungsorgan die zuverlässige Gewissheit darüber verschafft, der zuständige, weil zur Führung des regelmäßig verschlossen zu haltenden Si[X.]s berechtigte Beamte habe die Bescheinigung erteilt. Verstärkt wird diese Authentizitätsfunktion des Siegels noch dadurch, dass die Dienstsiegel übli-cherweise fortlaufend zu nummerieren sind (vgl. z.B. § 6 Abs. 2 [X.]) und bei Abhandenkommen für kraftlos erklärt werden können. Einem bloß
druck-technisch erzeugten Behördensiegel kommt demgegenüber aufgrund der der-zeitigen Einschätzung des Gesetzgebers kein vergleichbarer Beweiswert zu (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2004 -
1 [X.], juris Rn. 3). Soll gleichwohl aufgrund einer weithin maschinellen Bearbeitung der Computer-

oder Formulardruck eines Siegels im Rahmen des § 725 ZPO ausreichen, [X.] es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, wie dies etwa in §
703b ZPO erfolgt ist, nicht jedoch für den Regelungsbereich des § 725 ZPO (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2004 -
1 [X.], juris Rn. 3; siehe auch MüKoZPO/[X.], 5. Aufl., § 725 Rn. 3).

725 ZPO einerseits und [X.]. §
29 Abs. 3 [X.] anderer-seits ist nicht gerechtfertigt. In beiden Fällen soll die Siegelung -
zusammen mit der Unterschrift -
eine gesteigerte Gewähr für die Echtheit des Dokuments bie-22
23
-
13
-
ten, weil der Gesetzgeber den von den Normen geschützten Rechtsgütern eine besondere Bedeutung beimisst. Ohne eine gemäß §§ 724, 725 ZPO erteilte vollstreckbare Ausfertigung darf ein Vollstreckungsorgan grundsätzlich keine Vollstreckungsmaßnahme durchführen. Die Einhaltung der Formerfordernisse des § 29 Abs. 3 [X.] trägt dazu bei, die Richtigkeit des Grundbuchs und damit die Sicherheit des grundbuchbezogenen Rechtsverkehrs zu gewährleisten.

(5) Diese Auslegung wird bestätigt durch die Regelung in § 317 Abs. 4 ZPO. Hiernach ist die Ausfertigung eines Urteils von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Eine Ausfertigung ist eine in gesetzlich bestimmter Form gefertigte Abschrift, die dem Zweck dient, die bei den Akten verbleibende Urschrift nach außen zu vertreten. Durch die Ausfertigung soll dem Zustellungsempfänger die Gewähr der Übereinstimmung mit der bei den Akten verbleibenden [X.] werden. Der Ausfertigungsvermerk bezeugt als eine besondere Art der Be-urkundung, dass die Ausfertigung
mit der Urschrift des Urteils übereinstimmt. Daher verlangt das Gesetz in § 317 Abs. 4 ZPO die Einhaltung einer besonde-ren Form (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Juni 2010 -
XII [X.], NJW 2010, 2519 Rn. 7; siehe auch BT-Drucks.
17/12634, S.
30). Dass auch diese Form ebenso wie diejenige des § 29 Abs. 3 [X.] durch ein maschinell angebrachtes Siegel nicht gewahrt wird, ergibt sich mittelbar aus der mit dem Gesetz zur För-derung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom
10.
Okto-
ber 2013 ([X.] I 3736) neu eingefügten Vorschrift des § 169 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO. Eine Abschrift kann hiernach auch durch maschinelle Bearbeitung be-glaubigt werden, wobei anstelle der handschriftlichen Unterschrift die Abschrift mit dem Gerichtssiegel zu versehen ist. Ausweislich der Gesetzgebungsmateri-alien sollte durch diese Bestimmung nach dem Vorbild des § 703b Abs. 1 ZPO das vorweg [X.] als Authentizitätsnachweis ausreichen. 24
-
14
-
Das Verfahren zur Erteilung von (Papier-)Ausfertigungen soll hiervon allerdings unberührt bleiben (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zu der [X.]. 17/12634, [X.]; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 12. Juni 2013, BT-Drucks. 17/13948, S. 33 f.). Da sich die durch
§ 169 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermöglichte Erleichterung auf Abschriften beschränkt, genügt ein nur programmgesteuertes Eindrucken des [X.] für die Erteilung von Ausfertigungen nicht. Es stellte einen Wertungswiderspruch dar, die formalen Anforderungen an das Versehen mit einem Dienstsiegel oder Stempel im Rahmen des § 29 Abs. 3 [X.] abweichend von denjenigen des § 317 Abs. 4 ZPO zu definieren.

(6) Schließlich rechtfertigt der Hinweis der Rechtsbeschwerde, die von §
29 Abs. 3 [X.] bezweckte Authentizitätsfunktion des Siegels werde auch durch ein elektronisch erzeugtes Siegel gewahrt, jedenfalls sei die Siegelung mittels eines herkömmlichen Siegels nicht fälschungssicherer als das druck-technisch bereits angebrachte Siegel (vgl. in diesem Sinne auch [X.], [X.] 2016, 633, 634), keine abweichende Beurteilung.

(a) Zweck des § 29 Abs. 3 [X.] ist, dem Grundbuchamt die oft [X.] zu ersparen, ob die für die ersuchende Behörde geltenden Verfah-rens-
und Formerfordernisse eingehalten und die für die Behörde handelnden Bediensteten zum Handeln befugt sind. Ist danach die Urkunde der öffentlichen Behörde unterschrieben und mit Siegel oder Stempel der Behörde versehen, begründet dies für das Grundbuchamt die Vermutung der Ordnungsgemäßheit der Erklärung, sofern die Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehandelt hat (vgl. BayObLG, Rpfleger 1978, 141; [X.], NJW-RR 2016, 140 Rn. 10; [X.], NVwZ-RR 2010, 651, 652; [X.], [X.] 2004, 261; [X.], [X.] 2001, 10 f.;
KG, [X.] 1974, 394, 396;
25
26
-
15
-
Hügel/[X.], [X.], 3. Aufl., § 29 Rn. 193; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 29 Rn.
489; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 29 [X.] Rn. 100;
[X.], [X.], 30. Aufl., § 29 Rn. 45). Die Vorschrift dient damit dem Schutz des [X.] und der Erleichterung seiner Arbeit. Insbesondere die [X.] der für die jeweilige Behörde geltenden Formvorschriften soll entfallen.

(b) Wie die obigen Ausführungen zeigen, differenziert der (Bundes-) Ge-setzgeber. Ist der elektronische Rechtsverkehr eingeführt, tritt an die Stelle der Formerfordernisse des § 29 Abs. 3 [X.] das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur (vgl. § 137 Abs. 2 [X.]). Verlangt eine Vorschrift au-ßerhalb des elektronischen Rechtsverkehrs, dass ein
Dokument mit einem Si[X.] oder Stempel
zu versehen ist, bedarf es einer individuellen Siegelung mit einem Prägesiegel oder einem Farbdruckstempel. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn der Gesetzgeber ein elektronisch oder drucktechnisch erzeug-tes Siegel als ausreichend erachtet, die mit der Anbringung eines Siegels [X.] Authentizitätsfunktion zu gewährleisten. Eine solche Regelung ist im Zusammenhang mit den formalen Anforderungen eines Behördenersuchens [X.]. § 29 Abs. 3 [X.] nicht getroffen worden.

An diese typisierende Betrachtungsweise des Gesetzgebers kann und muss sich der Rechtspfleger bei der Prüfung, ob das [X.] formgerecht gestellt ist, halten. Deshalb ist der Hinweis der Beteiligten zu 1, die Authentizität sei bei den hier gestellten Ersuchen sichergestellt, weil Vorausset-zung für den Zugriff sei, dass sich der Anwender über die Zugangsbeschrän-kungen des [X.] [X.] anmelde, also nur befugte Personen einen solchen Siegelausdruck erstellen
könnten, rechtlich unerheblich. [X.] gilt für die Überlegung, nach dem aktuellen Stand der Technik könne auch ein herkömmliches Siegel gefälscht werden. Die von der Beteiligten zu 1 27
28
-
16
-
gewünschte Gleichstellung eines drucktechnisch erzeugten Siegels mit einem Prägesiegel
oder einem Farbdruckstempel könnte nur der Bundesgesetzgeber durch eine Änderung des § 29 Abs. 3 [X.] herbeiführen.

c) Da es hiernach bereits an einer ordnungsgemäßen Siegelung [X.]. §
29 Abs. 3 [X.] fehlt, kann offenbleiben, ob das lediglich drucktechnisch auf den Ersuchen angebrachte Siegel den inhaltlichen Anforderungen an die [X.] der ersuchenden Behörde genügt (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]). [X.] Hinweis auf die Beteiligte zu 1 ergibt.

29
-
17
-
V.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

[X.] Schmidt-Räntsch Brückner

Kazele Göbel
Vorinstanzen:
AG
Passau
-
Grundbuchamt
-,
Entscheidung
vom
22.12.2015

-
Karpfham Bl.
3935 -
14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.05.2016 -
34 [X.] -

30

Meta

V ZB 88/16

14.12.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2016, Az. V ZB 88/16 (REWIS RS 2016, 801)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 801

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 88/16 (Bundesgerichtshof)

Grundbuchverfahren: Formanforderungen an das Siegel eines Behördenersuchens


34 Wx 16/16 (OLG München)

Grundbuchverfahrensrechtliche Anforderungen an ein Gerichts- oder Behördensiegel


34 Wx 413/16 (OLG München)

Siegelung eines gerichtlichen Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt


34 Wx 386/18 (OLG München)

Nachweis der Rechtsnachfolge im Grundbuchverfahren durch einen Erbschein


12 W 1178/18 (OLG Nürnberg)

Öffentliche Urkunde bei maschinell gedrucktem Dienstsiegel


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZB 88/16

V ZB 95/12

V ZB 1/12

XII ZB 132/09

34 Wx 16/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.