Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.01.2021, Az. XII ZB 401/20

12. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 9594

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Gegenstand

Beschluss zum Versorgungsausgleich: Hinreichend bestimmte Angabe des Ausgleichswerts als Zahlbetrag bei externer Teilung eines fondsgebundenen Anteils der betrieblichen Altersversorgung


Leitsatz

Bei der externen Teilung eines fondsgebundenen Anrechts in der Bezugsgröße Fondsanteile ist der Ausgleichswert als Zahlbetrag hinreichend bestimmt, wenn der Geldkurs des Anteils bei Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich taggenau aus einem vom Versorgungsträger bereitgestellten und in der Beschlussformel angegebenen Internet-Zugang nebst Zugangscode ermittelt werden kann (Fortführung von Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 336/16, FamRZ 2018, 1745).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 1. Juli 2020 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 4 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Absatz 2 der Beschlussformel des vorgenannten Beschlusses wie folgt neu gefasst wird:

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der [X.] (Vers.-Nr.         [X.]) in Höhe von 63,790 Anteilen des Fonds [X.] zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht bei der [X.] mit dem Wert der vorgenannten Anteile im Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung und bezogen auf diesen Zeitpunkt, mindestens jedoch in Höhe eines Kapitalbetrags von 1.473,83 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von jährlich 2,20 % seit dem 30. April 2019 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung begründet. Die [X.] wird verpflichtet, den dem Wert der vorgenannten Anteile entsprechenden Kapitalbetrag - errechnet aus 63,790 Anteilen multipliziert mit dem unter                                unter Verwendung der Zugangsnummer          für den [X.] abzurufenden Kurswert -, mindestens jedoch 1.473,83 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von jährlich 2,20 % seit dem 30. April 2019 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, an die [X.] zu zahlen. Die [X.] ist verpflichtet, den Kapitalbetrag anhand der bei Rechtskraft der Entscheidung geltenden Umrechnungsfaktoren in Entgeltpunkte umzurechnen.

Wert: 1.320 €

Gründe

I.

1

Auf den am 31. Mai 2019 zugestellten Antrag hat das [X.] die am 21. März 2014 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1. März 2014 bis 30. April 2019; § 3 Abs. 1 [X.]) haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, darüber hinaus der Ehemann zwei Anrechte einer betrieblichen Altersversorgung bei der [X.], von denen eines, die sog. „Zusatzvorsorge“, [X.] ist, sowie ein weiteres Anrecht bei der [X.]. Das [X.] hat die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte intern sowie die vom Ehemann bei der [X.] erworbenen Anrechte auf Verlangen des [X.] extern geteilt und hinsichtlich des bei der [X.] erworbenen Anrechts angeordnet, dass ein Ausgleich nicht stattfinde. Bezüglich des [X.]en Anrechts hat es bestimmt, dass zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der [X.] zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 1.950,70 € bei der Beteiligten zu 4 ([X.]) nach Maßgabe einer näher bezeichneten Teilungsordnung der [X.], bezogen auf den 30. April 2019, begründet werde. Die [X.] ist verpflichtet worden, diesen Betrag nebst 2,2 % Zinsen seit dem 1. Mai 2019 bis zur Rechtskraft der Entscheidung an die Beteiligte zu 4 zu zahlen.

2

Mit ihrer Beschwerde hat sich die [X.] gegen die Verzinsung des aus dem [X.]en Anrecht resultierenden [X.] gewendet. Das [X.] hat im Wege der externen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der [X.] zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht bei der Beteiligten zu 4 in Höhe von 63,790 Anteilen des Fonds [X.] mit dem Wert der vorgenannten Anteile im Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung, mindestens jedoch in Höhe eines Kapitalbetrags von 1.473,83 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von jährlich 2,20 % seit dem 30. April 2019 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, begründet. Es hat die [X.] verpflichtet, bei Rechtskraft der Entscheidung den dem Wert der vorgenannten Anteile zu diesem Zeitpunkt entsprechenden Kapitalbetrag, mindestens jedoch 1.473,83 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 2,20 % seit dem 30. April 2019 bis zur Rechtskraft der Entscheidung, an die Beteiligte zu 4 zu zahlen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde hat mit Ausnahme einer Maßgabenanordnung zur [X.] keinen Erfolg.

4

1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

5

Zu Unrecht habe das [X.] die Verzinsung des [X.] anhand eines Rechnungszinses angeordnet, da diese nur für die Bildung eines [X.] auf der Grundlage der geleisteten Beiträge gelte. Für Fondsanteile hingegen bestehe kein Rechnungszins, der deren Wertentwicklung angemessen abbilde.

6

Zulässig sei hier eine externe Teilung des Anrechts in der Bezugsgröße Fondsanteile, auch wenn deren Kurswert im vorliegenden Fall nicht gemäß § 170 KAGB veröffentlicht werde. Es genüge, dass der Versorgungsträger einen Internet-Link zur Verfügung gestellt habe, mithilfe dessen der Kurswert taggenau von den [X.] in eigener Verantwortung festgestellt werden könne.

7

2. Diese Ausführungen des [X.]s halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

8

a) Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass auf die Beschwerde des [X.] gegen den ihn betreffenden Ausspruch zum Versorgungsausgleich das betroffene Anrecht insgesamt den Beschwerdegegenstand bildet. Der Prüfungsgegenstand ist weder dadurch beschränkt, dass sich der [X.] gegen ein bestimmtes Element der Entscheidung wie hier die Verzinsung des nach § 14 Abs. 4 [X.] zu zahlenden [X.] richtet, noch durch das allgemeine Verschlechterungsverbot. Denn als Wächter über die rechtmäßige Durchführung des Versorgungsausgleichs verfolgt der Versorgungsträger mit seiner Beschwerde stets auch die Interessen der Solidargemeinschaft. Deshalb hat das Gericht auf eine Beschwerde des [X.] stets die Entscheidung zu treffen, die der Sach- und Rechtslage entspricht. Dies verstößt auch dann nicht gegen das Verschlechterungsverbot, wenn die Entscheidung entgegen dem Ziel des Rechtsmittels ausfällt (Senatsbeschluss [X.], 280 = FamRZ 2017, 1655 Rn. 8).

9

b) Weiterhin ist das [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass der Ausgleichswert bei der externen Teilung eines aus Fondsanteilen bestehenden Anrechts grundsätzlich in Anteilen an diesem Vermögen angegeben werden kann. Denn die Teilung in Form der jeweiligen Bezugsgröße des Anrechts (vgl. § 5 Abs. 1 [X.]) entspricht der Funktion des Versorgungsausgleichs nicht nur bei der internen, sondern auch bei der externen Teilung grundsätzlich am besten. Eine Umrechnung des [X.] in einen Kapitalbetrag erfordert erst § 14 Abs. 4 [X.], nach dem mit einem weiteren (Zahlungs-)Ausspruch festgelegt wird, welche konkrete Geldsumme bei Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich vom Versorgungsträger des [X.] an den Versorgungsträger des [X.] zu zahlen ist. Anhand dieser Geldsumme gestaltet sich bei dem [X.] das neu zu begründende Anrecht für den [X.]. Kann der Ausgleichswert auf der Grundlage der Bezugsgröße der abgebenden Versorgung für den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung in vollstreckbarer Weise abstrakt angegeben werden, ist dieser Wert gleichermaßen sowohl für den Gestaltungsausspruch nach § 14 Abs. 1 [X.] als auch für den [X.] nach §§ 14 Abs. 4 [X.], 222 Abs. 3 FamFG geeignet (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - [X.] 336/16 - FamRZ 2018, 1745 Rn. 16 ff. mwN).

c) In dem Zusammenhang beanstandet die Rechtsbeschwerde zu Unrecht, dass sich der Zahlungsbetrag aus dem vom abgebenden Versorgungsträger zur Verfügung gestellten Internet-Link und der [X.] nicht ausreichend offenkundig rechnerisch ermitteln ließe.

aa) Ein Titel ist zwar nur dann hinreichend bestimmt, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnet. Bei einem Zahlungstitel muss der zu vollstreckende Zahlungsanspruch betragsmäßig festgelegt sein oder sich zumindest ohne weiteres aus dem Titel errechnen lassen. Gegebenenfalls hat das [X.] den Inhalt des Titels durch Auslegung festzustellen; dafür muss der Titel aber aus sich heraus genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen. Es genügt für eine Bestimmbarkeit, wenn die Berechnung des Zahlungsanspruchs mit Hilfe offenkundiger - beispielsweise aus dem [X.] oder dem Grundbuch ersichtlicher - Umstände möglich ist. Hingegen reicht es nicht aus, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - [X.] 336/16 - FamRZ 2018, 1745 Rn. 20 mwN).

bb) Zielt die [X.] auf den künftigen Rücknahmepreis für eine bestimmte Anzahl von Anteilen an Fonds oder anderen Finanzinstrumenten, hat der Senat eine solche Tenorierung als hinreichend bestimmt gebilligt, wenn für die Ausgabe- und Rücknahmepreise dieser Anteile eine gesetzliche Veröffentlichungspflicht nach § 170 KAGB besteht (vgl. Senatsbeschluss [X.], 280 = FamRZ 2017, 1655 Rn. 28 f.). Denn soweit im Anwendungsbereich dieser Vorschrift die maßgeblichen Preise in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder im Verkaufsprospekt oder in elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen sind, ist damit typischerweise gewährleistet, dass im Rahmen der Vollstreckung ein künftiger Geldkurs des Anteils taggenau aus jedermann zugänglichen Quellen ohne besonderen Rechercheaufwand ermittelt werden kann (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - [X.] 336/16 - FamRZ 2018, 1745 Rn. 21). Die vorgenannte Voraussetzung ist hier allerdings nicht gegeben, da eine Verpflichtung aus § 170 KAGB zur Veröffentlichung von Rücknahmepreisen für die hier relevanten Fondsanteile nicht besteht.

cc) Es genügte auch nicht den vollstreckungsrechtlichen Anforderungen, wenn ein nicht nach § 170 KAGB veröffentlichter und auch sonst nicht offenkundiger Wertpapierkurs durch eine spätere ergänzende Mitteilung des [X.] zum Stichtag zuverlässig festgestellt werden kann. Denn unterliegt die Höhe des zu vollstreckenden Geldbetrags Bemessungsmaßstäben, die aus der Entscheidung selbst nicht konkret bestimmbar sind, sondern vom [X.] nur durch eine ergänzende Auskunft des Schuldners oder eines [X.] ermittelt werden können, ist die Zahlungsverpflichtung nicht in [X.] Weise bestimmt.

dd) Anders liegt der Fall hingegen, wenn die Rücknahmepreise - wie hier - über ein Internet-Portal erlangt werden können, dessen Zugang mithilfe bereitgestellter Informationen wie etwa eines speziellen Internet-Links und ggf. noch zusätzlich erforderlicher Zugangscodes erlangt werden kann, wenn sich der Zugang zu diesen Informationen für alle Verfahrensbeteiligten unmittelbar aus der [X.] der Entscheidung ergibt. Dann ist der konkrete Zahlbetrag über diese allseits erreichbare Zugangsinformation hinreichend bestimmbar (vgl. Senatsbeschluss [X.], 280 = FamRZ 2017, 1655 Rn. 28). Im Hinblick auf die besondere Stellung des [X.] als Wächter über die rechtmäßige Durchführung des Versorgungsausgleichs (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 8. August 2018 - [X.] 25/18 - FamRZ 2018, 1741 Rn. 13) spricht nichts dagegen, dass dieser den einmal eingerichteten und dem Gericht im Rahmen des Verfahrens über den Versorgungsausgleich nach § 220 Abs. 4 FamFG mitgeteilten Zugang auch weiterhin zum Abruf für alle Verfahrensbeteiligten und gegebenenfalls für ein [X.] offenhält.

Im Hinblick darauf muss sich der Tatrichter einerseits darüber vergewissern, dass der Kurswert über den vom Versorgungsträger mitgeteilten Zugangsweg tatsächlich taggenau abgerufen werden kann, andererseits den vom [X.] zu vollziehenden Rechenweg unter Angabe der vollständigen Zugangsdaten in der [X.] selbst vorgeben.

3. Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass alle für die Berechnung des [X.] erforderlichen Angaben einschließlich der vollständigen Zugangsdaten für die Ermittlung des [X.] in die [X.] aufzunehmen sind.

Dose     

      

Schilling     

      

[X.]

      

Botur     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 401/20

13.01.2021

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG München, 1. Juli 2020, Az: 2 UF 523/20

§ 5 Abs 1 VersAusglG, § 14 Abs 1 VersAusglG, § 14 Abs 4 VersAusglG, § 220 Abs 4 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.01.2021, Az. XII ZB 401/20 (REWIS RS 2021, 9594)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 364-365 WM2021,442 REWIS RS 2021, 9594

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