Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2010, Az. II ZB 3/09

II. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6811

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.]/09 vom 10. Mai 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 246 Abs. 3 Satz 6; ZPO §§ 69, 91 Abs. 1 Satz 1 Erklärt ein Streithelfer seinen Beitritt zu mehreren aktienrechtlichen Anfechtungsver-fahren, die denselben Hauptversammlungsbeschluss betreffen, und wird diesen Kla-gen, ohne die Verfahren zuvor zu verbinden, stattgegeben, kann der Streithelfer grundsätzlich in jedem der Verfahren seine jeweiligen Prozesskosten ersetzt verlan-gen. [X.], [X.]uss vom 10. Mai 2010 - [X.]/09 - [X.]

LG Frankenthal - 2 - Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 10. Mai 2010 durch [X.] und [X.] Strohn, [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 4. Zivilsenats des [X.] vom 9. Februar 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.135,65 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die beklagte Aktiengesellschaft wehrt sich mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenfestsetzung zu ihren Lasten in einem Be-schlussmängelstreitverfahren. 1 Die Klägerin, die unter anderem von der Streithelferin zu 2 (künftig: Streithelferin) unterstützt worden ist, hat vor dem [X.] eine Anfech-tungsklage gegen einen in der Hauptversammlung der Beklagten gefassten Be-schluss erhoben. Diesen [X.]uss haben noch weitere Kläger angegriffen. [X.] ist auch diesen Verfahren beigetreten. Das [X.] hat entge-gen § 246 Abs. 3 Satz 5 [X.] a.F. die Verfahren nicht verbunden, sondern auf [X.] der Beklagten im vorliegenden und in den drei weiteren Verfah-ren [X.]e des Inhalts erlassen, der angegriffene [X.]uss werde 2 - 3 - für nichtig erklärt und die Beklagte trage die Kosten des Rechtsstreits ein-schließlich der Kosten der Streithelfer der Klägerin. 3 [X.] hat im Kostenfestsetzungsverfahren - ebenso wie in den drei Parallelsachen - beantragt, gegen die Beklagte eine 1,3-fache Verfah-rensgebühr, eine 1,2-fache Terminsgebühr, eine Auslagenpauschale von 20,00 • und Umsatzsteuer auf die Vergütung aus einem vom [X.] auf 50.000,00 • festgesetzten Streitwert, damit insgesamt einen Betrag von 3.135,65 •, festzusetzen. Das [X.] hat dem entsprochen. Dagegen hat die Beklagte sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, eine Kosten-erstattung zugunsten der Streithelferin komme nicht in Betracht, weil das Land-gericht sämtliche [X.] habe verbinden müssen und in einer dieser Parallelsachen bereits die Kosten festgesetzt worden seien. Das [X.] als Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde zurück-gewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie ihren Kostenantrag weiterverfolgt. I[X.] Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. 4 1. Die Entscheidung des [X.] unterliegt nicht schon [X.] ohne weitere Sachprüfung der Aufhebung, weil das Beschwerdegericht gegen § 568 Satz 1 BGB verstoßen hat. 5 6 Das Verfahren des [X.] ist insofern rechtsfehlerhaft, als das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung nicht ordnungsgemäß besetzt war. Es hatte nach § 568 Satz 1 ZPO mangels eines Übertragungsbeschlusses nach § 568 Satz 2 ZPO nicht - wie geschehen - in der Besetzung von drei [X.] mit Einschluss des Vorsitzenden zu entscheiden, sondern durch eines - 4 - seiner Mitglieder als originärem Einzelrichter. Denn die Beschwerde richtete sich gegen eine Entscheidung des [X.]. 7 Das Beschwerdegericht ist aber richtig davon ausgegangen, der [X.] komme nach § 568 Abs. 2 Nr. 2, § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO grundsätzliche Bedeutung zu. Der originäre Einzelrichter hätte das Verfahren daher gemäß § 568 Satz 2 ZPO auf den [X.]at übertragen müssen, ohne dass ihm insoweit ein Ermessen zugestanden hätte ([X.] 154, 200, 202 f.; [X.], [X.].[X.]. v. 10. November 2003 - [X.], [X.], 1053 f.). Dass der [X.]at des [X.] die Übertragung nicht abgewartet hat, sondern ohne Übertra-gungsbeschluss tätig geworden ist, stellt keine unvertretbar willkürliche Miss-achtung der gesetzlichen Regelung dar. Damit ist der Verfahrensfehler entge-gen § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 1 ZPO nicht von Amts wegen, sondern nur auf [X.] nach § 577 Abs. 2 Satz 3, § 575 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO beachtlich ([X.], [X.]. v. 29. April 2004 - [X.], Rpfleger 2004, 521). An einer sol-chen Rüge fehlt es hier. 8 2. In der Sache hat das Beschwerdegericht die Beschwerde zu Recht zu-rückgewiesen. 9 a) Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt: Im Kosten-festsetzungsverfahren könne nicht korrigiert werden, dass das [X.] § 246 Abs. 3 Satz 5 [X.] a.F. - seit dem Inkrafttreten des [X.] ([X.]) vom 30. Juli 2009 ([X.] [X.]) am 1. September 2009: § 246 Abs. 3 Satz 6 [X.] - nicht beachtet und die [X.] nicht verbunden habe. Die mit der Nichtanwendung des § 246 Abs. 3 Satz 5 [X.] a.F. verbundene Kostenfolge könne die Beklagte auch nicht mit dem Hinweis vermeiden, die der Streithelferin entstandenen Kosten seien keine notwendigen i.S. des § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO. Da die Streithelferin auf - 5 - die Entscheidung des [X.]s, die Verfahren nicht zu verbinden, keinen Einfluss habe nehmen können, sei sie an der Geltendmachung von Kosten we-der aus Treu und Glauben noch durch das [X.] oder das Verbot ei-ner vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Beklagten gehindert. 10 b) Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. [X.]) Da das [X.] nicht nach § 246 Abs. 3 Satz 5 [X.] a.F. verfah-ren ist, handelt es sich bei der Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Streit-helferin im Verhältnis zu dem Tätigwerden der Prozessbevollmächtigten in den übrigen Verfahren um eine eigenständige Angelegenheit i.S. des § 15 [X.]. Damit ist im Verhältnis zwischen der Streithelferin und ihren Prozessbevoll-mächtigten eine 1,3-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.], eine 1,2-fache Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV [X.], eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV [X.] und Umsatzsteuer auf die Vergütung gemäß Nr. 7008 VV [X.] angefallen, und aufgrund der rechtskräftig gewordenen Kostengrundent-scheidung in dem [X.] steht - für das Kostenfestsetzungsverfah-ren bindend - fest, dass diese Kosten von der Beklagten zu tragen sind. 11 bb) Der Beitritt in diesem Verfahren - ebenso wie in den drei weiteren durch [X.] entschiedenen Sachen - war notwendig i.S. des § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO. 12 Kosten sind in diesem Sinne notwendig, wenn eine verständige und wirt-schaftlich vernünftige Partei - gleiches gilt für den Streithelfer - die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich anse-hen darf. Dabei darf sie ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste [X.] - 6 - zuwählen ([X.], [X.]. v. 9. September 2004 - [X.], Rpfleger 2005, 49, 50; v. 11. November 2003 - [X.], Rpfleger 2004, 182; v. 16. Oktober 2002 - VI[X.]0/02, Rpfleger 2003, 98, 100). Eine Erstattung aufgewendeter Kosten setzt danach voraus, dass die aus dem Prozessrechtsverhältnis folgen-de Obliegenheit erfüllt ist, die Kosten möglichst niedrig zu halten ([X.], [X.]. v. 10. November 2009 - [X.]/09, Rpfleger 2010, 162 [X.]. 9; v. 2. Juli 2009 - [X.], [X.], 3102 [X.]. 9; v. 3. Juli 2007 - [X.], NJW 2007, 3723 [X.]. 7). Diese Obliegenheit hat die Streithelferin nicht dadurch verletzt, dass sie sämtlichen vier Verfahren beigetreten ist. Denn dafür bestand ein sachlicher Grund. 14 Zwar reicht es im Allgemeinen aus, wenn derjenige, der die Anfechtung eines [X.]usses unterstützen will, nur einem Anfechtungsprozess beitritt. Er kann dann gemäß § 69 ZPO wie ein notwendiger Streitgenosse des Klägers i.S. des § 62 ZPO auftreten (vgl. [X.]at, [X.] 180, 154 [X.]. 5 - Wertpapierdarlehen; [X.] 180, 9 [X.]. 55 - [X.]/[X.]; [X.] 122, 211, 240). Wenn das Verfahren - wie nach § 246 Abs. 3 Satz 6 [X.] geboten - mit den übrigen gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss gerichteten [X.] verbunden wird, ist der Streithelfer an dem gesamten Verfahren beteiligt. 15 Diese Rechtsposition ist aber nicht gesichert. Wenn der Kläger, dem der Streithelfer beigetreten ist, seine Klage zurücknimmt, verliert die Streithilfe ihre Wirkung ([X.], [X.]. v. 22. Dezember 1964 - I a ZR 237/63, NJW 1965, 760; [X.], [X.] 2004, 46, 47 ff.; [X.], ZPO 22. Aufl. § 69 Rdn. 7; Musielak/[X.], ZPO 7. Aufl. § 69 Rdn. 8). Das Gleiche gilt, wenn die Klage et-wa wegen Versäumung der Anfechtungsfrist zurückgewiesen wird. Ist zu [X.] Zeitpunkt die einmonatige Beitrittsfrist des § 246 Abs. 4 Satz 2 [X.] abge-16 - 7 - laufen, hat der Streithelfer keine Möglichkeit mehr, sich an dem [X.]ussmän-gelstreitverfahren durch erneuten Beitritt zu beteiligen. Im Übrigen muss er sei-ne Verfahrenskosten dann unabhängig von dem Ausgang dieses Verfahrens tragen. [X.]) Zu Recht ist das Beschwerdegericht weiter davon ausgegangen, dass die Geltendmachung von Prozesskosten ausnahmsweise rechtsmiss-bräuchlich sein kann. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Streithelferin hat es aber nicht festzustellen vermocht. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. 17 [X.]Strohn

Reichart

Drescher

[X.] Vorinstanzen: [X.]Pfalz, Entscheidung vom 25.11.2008 - 2 HK.O 79/08 [X.] - [X.], Entscheidung vom 09.02.2009 - 4 W 98/08 -

Meta

II ZB 3/09

10.05.2010

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2010, Az. II ZB 3/09 (REWIS RS 2010, 6811)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6811

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZB 3/09 (Bundesgerichtshof)

Kostenerstattung: Erstattungsanspruch des Streithelfers in mehreren aktienrechtlichen Anfechtungsklagen gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss


X ZB 5/17 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgebühren im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren: Entstehung und Erstattungsfähigkeit einer 0,8 Verfahrensgebühr sowohl des Berufungsanwalts als …


X ZB 4/17 (Bundesgerichtshof)

Kostenfestsetzung in Patentstreitsache: Erstattungsfähigkeit der Einzeltätigkeiten eines beim Bundesgerichtshof nicht zugelassenen Rechtsanwalts sowie eines mitwirkenden …


VI ZB 36/08 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltsgebühr: Tätigkeit für Auftraggeber als Partei und zugleich als Nebenintervenient im Haftpflichtprozess


VI ZB 36/08 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZB 3/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.