Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2003, Az. II ZR 172/01

II. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1579

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/01Verkündet am:22. September 2003BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB § 455 a.F.; HGB §§ 346 B, 366 Abs. 1Der Erwerber einer Sache nimmt grob fahrlässig im Sinne von § 366 Abs. 1HGB die Verfügungsbefugnis des Veräußerers an, wenn er nach den [X.] mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten rechnenmuß und weiß, daß die für die Verfügungsbefugnis im Rahmen eines [X.] konstitutive Vorausabtretung deswegen ins Leere geht,weil er selbst seine Leistung bereits im voraus an seinen [X.] erbracht hat.[X.], [X.]eil vom 22. September 2003 - II [X.]/01 -Brandenburgisches OLGLG Neuruppin- 2 -Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 22. September 2003 durch den Vorsitzenden RichterDr. h.c. [X.] und [X.], [X.], Dr. Graf undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 7. Zivilsenats [X.] [X.] vom 23. Mai 2001 aufge-hoben.[X.] wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin will auf dem Weg der Unterlassungsklage - gestützt auf dasvon ihr beanspruchte Eigentum an vier Segmenten für den Turm einer Wind-kraftanlage - die Verbauung dieser Turmsegmente durch die [X.] zu 1verhindern.- 3 -Die [X.] zu 1, deren Komplementärin die [X.] zu 2 ist, schloßam 11. August 1998 mit der sich inzwischen in Insolvenz befindenden [X.]GmbH (im folgenden: [X.]) eine als Kaufvertrag über-schriebene Vereinbarung über die Lieferung, Montage, Inbetriebnahme undAbnahme von drei Windkraftanlagen zum Preis von [X.]. Mit [X.] vom 15. Oktober 1998 bestellte die [X.]daraufhin bei der Klägerin zwei Stahlrohrtürme zur Befestigung des Wind-rades zum Preis von jeweils 225.000,00 DM [X.] MwSt. Die Klägerin fertigteam 14. Januar 1999 eine Bestätigung dieser Bestellung unter Bezugnahme [X.] "beiliegenden Verkaufs- und Lieferbedingungen", wobei aber der Zugangdieses Schreibens bei der [X.] bestritten ist. Noch vor jedweder Ausliefe-rung hatte die [X.] zu 1 bereits am 30. Dezember 1998 die mit der [X.]vereinbarte Vertragssumme von 4.366.240,00 DM an diese bezahlt.Nachdem die [X.] die Klägerin in der Folge auch noch mit [X.] der Stahlrohrtürme sowie zweier Fundamenttöpfe beauftragt hatte,wurden die Stahlrohrtürme am 6. April 1999 zur [X.] in B.geliefert. Auf den Rechnungsbetrag für die Stahlrohrtürme in Höhe von522.000,00 DM inkl. MwSt. bezahlte die [X.] lediglich einen Betrag von234.900,00 DM. Der Restbetrag blieb ebenso offen wie die Frachtkosten derKlägerin in Höhe von insgesamt 48.546,00 DM.Die Klägerin trägt vor, sie sei aufgrund von § 7 ihrer [X.] und Lieferbedingungen, auf welche sie bereits mit Abgabe eines Ange-bots vom 11. März 1998 an die [X.] und ebenso bei der [X.] am 14. Januar 1999 hingewiesen habe und welche den Schreiben [X.] beigefügt gewesen seien, Eigentümerin der gelieferten Turmsegmentegeblieben, weil ein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart gewesen sei.- 4 -Sie ist weiterhin der Ansicht, die [X.]n hätten das Eigentum an den Turm-segmenten auch nicht gutgläubig erworben, weil ihnen infolge grober Fahrläs-sigkeit der im Bereich des Anlagen-, Stahl- und Silobaus handelsüblicheEigentumsvorbehalt unbekannt geblieben sei.Die [X.]n sind demgegenüber der Ansicht, die [X.] zu 1 habemit der Auslieferung in [X.] in Vollziehung des Vertrages mit der [X.] vondieser das Eigentum an den vier Turmsegmenten erworben, weil die Übergabedurch die Klägerin als Geheißperson der [X.] erfolgt sei. Zumindest aberhabe die [X.] zu 1 das Eigentum im guten Glauben an die Verfügungsbe-fugnis der [X.] gemäß §§ 929 Abs. 1, 932 BGB, § 366 Abs. 1 HGB erwor-ben.Das [X.] hat dem Begehren der Klägerin, die [X.]n unterAndrohung von [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen, die [X.] 3 des Windparks [X.] gelagerten vier Segmente eines der geliefertenTürme zu verbauen, stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]n hat [X.] das [X.]eil des [X.]s aufgehoben und die Klage ab-gewiesen, weil die Klägerin im Wege eines Streckengeschäfts das [X.] an die [X.] zu 1 verloren habe.Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des [X.]eils und zur [X.] an das [X.] 5 -Das Berufungsgericht hat gemeint, die [X.] zu 1 habe [X.] das Eigentum an den Turmsegmenten erworben, so daß im [X.] dahinstehen könne, ob die [X.] im Wege des [X.] erworben habe. Dementsprechend hat es offen gelassen, ob es [X.] und Verkauf von Windkraftanlagen einem Handelsbrauch entspricht, daßder Lieferant bis zur vollständigen Bezahlung Eigentümer bleibt, also ein ver-längerter Eigentumsvorbehalt gilt. Da diese Frage sowohl für einen Eigentums-erwerb durch die [X.] als auch hinsichtlich eines gutgläubigen Erwerbsdurch die [X.] zu 1 (vgl. [X.].[X.]. v. 9. November 1998 - [X.], ZIP1998, 2155, 2156 f.) entscheidungserheblich ist, hält das Berufungsurteil revisi-onsrechtlicher Überprüfung nicht stand.[X.] Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß dieVereinbarung zwischen der Klägerin und der [X.] auf eine Übergabe [X.] zielte (vgl. hierzu [X.].[X.]. aaO), ohne daß es einerAbnahme bedurfte.1. Entgegen der Ansicht der Revision handelte es sich hinsichtlich derbeiden Rohrtürme nicht um einen Werklieferungsvertrag über nicht vertretbareSachen gemäß § 651 Abs. 1 [X.], so daß vor einer Abnahme des [X.] Übereignung erfolgen konnte. Die Bestellung vom 15. Oktober 1998 [X.], Typ [X.] (72,5 m), wobei eine Montageverpflichtung derKlägerin ausdrücklich ausgeschlossen war (vgl. hierzu [X.], [X.]. v. 22. [X.] - [X.]/97, [X.], 1722, 1723); es handelte sich entweder umeinen Sachkauf oder um einen Werklieferungsvertrag über vertretbare [X.] 1 [X.] i.V.m. § 91 BGB), auf den die Vorschriften des Kauf-rechts Anwendung finden (§ 651 Abs. 1 [X.] 2 1. Halbs. [X.]). Wie [X.] aus der Typbezeichnung in der Bestellung und dem [X.] -ben der Klägerin ergibt, stammten die Turmsegmente entweder aus einer Seri-enproduktion der Klägerin oder waren aufgrund der Bestellung nach [X.] worden, so daß nicht die entgeltliche Schöpfung eines Werkes geradefür den Besteller, sondern die mit dem Warenumsatz verbundene [X.] Eigentum und Besitz im Vordergrund stand (vgl. [X.]Z 48, 118, 121; [X.],[X.]. v. 24. November 1976 - [X.], NJW 1977, 379; [X.]. v. 12. März1986 - [X.], NJW 1986, 1927; [X.]. v. 22. Juli 1998 - [X.]/97,[X.], 1722, 1723). Selbst wenn, wie die Revision behauptet, der [X.] im Detail zugrunde lagen - wofür sich aber aus der Auftragsbe-stätigung der Klägerin nichts ergibt - folgt daraus nicht, daß die [X.] die Klägerin anderweit nur schwer oder gar nicht abzusetzen gewesen [X.] Das Berufungsgericht geht weiterhin davon aus, daß die Klägerin [X.] für die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts durch [X.] Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht erbringen konnte. Diese - [X.] nur beschränkt nachprüfbare - tatrichterliche Wertung läßtdurchgreifende Rechtsfehler nicht erkennen. Mit den dagegen gerichteten An-griffen versucht die Revision in unzulässiger Weise, die vom [X.] Beweiswürdigung durch ihre eigene Wertung zu ersetzen.Selbst wenn davon auszugehen wäre, daß die [X.] das Angebot der Kläge-rin vom 11. März 1998 erhalten hätte, folgte aus diesem Umstand nicht zwin-gend, daß dem Angebot auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen [X.] waren.I[X.] Entgegen der Auffassung des [X.] konnte es bei [X.] allerdings nicht offen bleiben, ob im Handel mit Windkraftanlagen eineBranchenüblichkeit im Sinne eines [X.] (§ 346 HGB) dahingehend- 7 -besteht, daß auch ohne ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung [X.] nur unter verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert wird (vgl.[X.]/[X.]/[X.], [X.]. § 2 Rdn. 90).1. Gerade wenn es - wie das Berufungsgericht in noch hinnehmbarertatrichterlicher Würdigung angenommen hat - an einer ausdrücklichen [X.] fehlt, ist der zwischen der Klägerin und der [X.] geschlosseneVertrag unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnhei-ten und Gebräuche (§ 346 HGB) auszulegen. Wird im Geschäftsverkehr zwi-schen Unternehmen der [X.] ein verlängerter Eigentumsvorbehaltauch ohne entsprechende Vereinbarung anerkannt, gälte ein solcher Handels-brauch auch ohne Bezugnahme hierauf oder Beifügung einer entsprechendenKlausel für die Geschäftsbeziehungen der Klägerin und der [X.] (vgl. [X.],[X.]. v. 24. November 1976 - [X.], NJW 1977, 385, 386; [X.]/[X.]/[X.] aaO). In diesem Fall schiede ein Eigentumserwerb der [X.]an den Turmsegmenten durch deren Anlieferung an der Baustelle aus. [X.] zugunsten des mittelbaren Besitzers einer beweglichen Sache geltendeVermutung des § 1006 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BGB, daß dieser mit der [X.] mittelbaren Besitzes Eigentümer geworden ist ([X.]Z 64, 395, 396), wärehierdurch widerlegt.2. Rechtsfehlerhaft ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, Fest-stellungen zum Bestehen des genannten [X.] seien [X.], weil die [X.] zu 1 das Eigentum an den von der Klägerin ange-lieferten Bauteilen nach § 932 BGB, § 366 HGB jedenfalls gutgläubig [X.] -Der Erwerber einer Sache handelt auch dann grob fahrlässig, wenn [X.] den Umständen - insbesondere bei Bestehen eines entsprechenden Han-delsbrauchs - mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt des [X.] muß und weiß, daß die für die Verfügungsbefugnis im Rahmen einessolchen verlängerten Eigentumsvorbehalts konstitutive Vorausabtretung [X.] geht, weil er selbst seine Leistung an seinen abtretungspflichtigen [X.] im voraus bereits erbracht hat. Da sowohl die [X.] als auchdie [X.] zu 1 derselben Branche wie die Klägerin angehören, hätten sie [X.] bestehenden verlängerten Eigentums-vorbehalt rechnen müssen, so daß bei Fehlen gegenteiliger Abreden zwischenden Beteiligten ein gutgläubiger Erwerb der [X.]n zu 1 ausscheiden würde.II[X.] [X.] ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem damitnicht nur die Möglichkeit gegeben wird, die von der Revision erhobenen weite-ren [X.] - vor allem zur Frage eines Übereignungswillens der Klägerin - zu- 9 -prüfen, sondern auch die gegebenenfalls erforderlichen weiteren Feststellungenzu treffen.[X.] am [X.]Dr. [X.] kann [X.] nicht unterschreibenGoetteGoette[X.]GrafStrohn

Meta

II ZR 172/01

22.09.2003

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2003, Az. II ZR 172/01 (REWIS RS 2003, 1579)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1579

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