Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 1 StR 518/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 15177

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Gegenstand

Revision in Strafsachen: Wiedereinsetzung in die Frist zu einer Gegenerklärung und Anhörungsrüge


Tenor

1. Der Antrag des Verurteilten vom 31. Dezember 2015 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unzulässig verworfen.

2. Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 31. Dezember 2015 gegen den Beschluss des Senats vom 15. Dezember 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Rechtsbehelfsführer wegen versuchter räuberischer Erpressung in drei Fällen unter Einbeziehung von weiteren Strafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

2

1. Gegen dieses Urteil hatte sein Verteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt sowie das Rechtsmittel - ebenfalls innerhalb der dafür maßgeblichen Frist - mit einer Verfahrensbeanstandung und mit der ausgeführten Sachrüge begründet.

3

Auf entsprechenden Antrag des [X.] vom 23. Oktober 2015 hat der Senat die Revision durch Beschluss vom 15. Dezember 2015 als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 [X.] verworfen. Dieser Beschluss ist dem Verurteilten ausweislich seines eigenen Vorbringens am 28. Dezember 2015 zugegangen.

4

2. Am 1. Januar 2016 ist bei dem [X.] ein Schreiben des Verurteilten eingegangen. Mit diesem beantragt er ausdrücklich „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung gemäß § 44 [X.] und den Beschluss vom 15.12.2015 auf zu heben“. Dem nähere Ausführungen enthaltenden Schreiben waren eine Ablichtung der Revisionsbegründung seines Verteidigers sowie eine vom Verurteilten verfasste „Ergänzung der Revisionsbegründung“ beigefügt. In einem weiteren, am 14. Februar 2016 eingegangenen Schreiben nimmt der Verurteilte nochmals auf seinen früheren Antrag Bezug und bezeichnet ihn wiederum ausdrücklich als „Antrag … auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung gemäß § 44 [X.] ...“.

5

3. Das vorgenannte Schreiben ist sowohl nach der von dem Verurteilten selbst verwendeten Bezeichnung als auch nach dem Inhalt jedenfalls eindeutig als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verstehen. Als solcher ist er aber unter jedem hier in Frage kommenden rechtlichen Gesichtspunkt unzulässig.

6

a) Soweit der Verurteilte eine Wiedereinsetzung in die durch § 349 Abs. 3 Satz 2 [X.] bestimmte Frist zur Abgabe einer Gegenerklärung zu dem Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht (hier des [X.]) erstrebt, findet auf diese Frist die Wiedereinsetzung gemäß § 44 [X.] keine Anwendung. Bei der genannten zweiwöchigen Frist, die keine Ausschlussfrist ist (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Mai 2010 - 1 [X.], [X.], 312; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 349 Rn. 25; [X.] in SK-[X.], 4. Aufl., [X.], § 349 Rn. 31 mwN), handelt es sich nicht um eine Frist im Sinne von § 44 Satz 1 [X.]. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt daher nicht in Betracht ([X.] in Löwe/[X.], [X.], 26. Aufl., § 349 Rn. 29; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 58. Aufl., § 349 Rn. 17 [X.]; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 349 Rn. 26; näher [X.], [X.] verfahrenserledigender Entscheidungen im Strafprozeß, 1993, S. 235-237; siehe auch - zweifelnd - [X.] in SK-[X.] aaO § 349 Rn. 31).

7

b) Sollte der Verurteilte insgesamt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in das durch den Rechtskraft herbeiführenden Verwerfungsbeschluss (§ 349 Abs. 2 [X.]) des Senats vom 15. Dezember 2015 abgeschlossene Verfahren begehren - wofür vor allem sein Schreiben vom 14. Februar 2016 spricht -, wäre auch dieser Rechtsbehelf unzulässig. Außerhalb des Rechtsbehelfs aus § 356a [X.] zur Nachholung rechtlichen Gehörs (dazu nachfolgend 4.) ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Abschluss des Verfahrens durch eine wie hier rechtskräftige Sachentscheidung nicht mehr möglich (st. Rspr.; etwa [X.], Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 1 [X.], [X.] 2003, 172 mwN; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 349 Rn. 25; zu den Gründen [X.] aaO S. 235-237 und 341).

8

c) Wiedereinsetzung in die Versäumung der Fristen zur Einlegung der Revision (§ 341 [X.]) oder zu deren Begründung (§ 345 Abs. 1 [X.]) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Fristen gewahrt worden waren.

9

4. Der Senat legt gemäß § 300 [X.] die Eingabe des Verurteilten vom 31. Dezember 2015 angesichts des Inhalts der als Anlage beigefügten „Ergänzung zur Revisionsbegründung“ auch als Anhörungsrüge nach § 356a [X.] aus. Der zulässige, die Frist des § 356a Satz 2 [X.] wahrende und den Anforderungen aus § 356a Satz 3 [X.] genügende Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Senat hat bei seiner Entscheidung über die durch den Verteidiger näher begründete Revision weder in einer Art. 103 Abs. 1 GG widersprechenden Weise Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen. Die erst am 1. Januar 2016 bei dem Senat eingegangene „Ergänzung zur Revisionsbegründung“ ist kein zu berücksichtigendes Vorbringen. Der Verwerfungsbeschluss des Senats ist nach dem Ablauf der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 [X.] ergangen. Eine Pflicht, auf weiteres mögliches Vorbringen nach Fristablauf zu warten, besteht selbst dann nicht, wenn solches - anders als vorliegend - seitens des [X.] angekündigt worden ist ([X.], Beschluss vom 30. Juli 2008 - 2 [X.], [X.], 352 mwN; [X.] in SK-[X.] aaO § 349 Rn. 31 [X.]; differenzierend [X.] in KK-[X.], 7. Aufl., § 349 Rn. 18 für die Fälle angekündigter Ausführungen).

Entgegen der vom Verurteilten offenbar vertretenen Auffassung sieht das Gesetz eine Belehrung über die Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht vor.

5. [X.] bezüglich der Anhörungsrüge gemäß § 356a [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 465 Abs. 1 [X.] ([X.] in KK-[X.] aaO § 356a Rn. 14 mwN).

Raum                             [X.]                          Mosbacher

                  Fischer                             Bär

Meta

1 StR 518/15

03.03.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 15. Dezember 2015, Az: 1 StR 518/15

§ 44 S 1 StPO, § 300 StPO, § 349 Abs 3 S 2 StPO, § 356a StPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 1 StR 518/15 (REWIS RS 2016, 15177)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15177


Verfahrensgang

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Az. 1 StR 518/15

Bundesgerichtshof, 1 StR 518/15, 03.03.2016.


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Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 470/17

5 StR 615/16

1 StR 518/15

1 StR 123/21

5 StR 179/21

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