Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 31.07.2018, Az. 3 Ws 298/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 5258

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Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

Gründe:

I.

Das Landgericht Bonn verurteilte den Beschwerdeführer am 16. Februar 2007 wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie einer weiteren gefährlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren. Zudem ordnete das Landgericht Bonn die Sicherungsverwahrung gegen ihn an. Das Urteil ist seit dem 27. September 2007 rechtskräftig.

Die zwölfjährige Gesamtfreiheitsstrafe hat der Verurteilte bis zum 7. Mai 2018 vollständig verbüßt, zuletzt in der Justizvollzugsanstalt Aachen.

Mit Beschluss vom 4. Mai 2018 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen u.a. die Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe sowie der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus dem o.g. Urteil des Landgerichts Bonn vom 16. Februar 2007 mit sofortiger Wirkung – jedoch nicht vor Rechtskraft des Beschlusses – zur Bewährung ausgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft Bonn mit Verfügung vom 7. Mai 2018 sofortige Beschwerde eingelegt.

Mit an die Strafvollstreckungskammer Aachen übersandten Schriftsatz vom 7. Mai 2018 beantragte der Verteidiger, die Freilassung des Verurteilten anzuordnen. Dieser Antrag ging ausweislich der Faxempfangszeile am 7. Mai 2018 um 19.52 Uhr beim Landgericht Aachen ein. Mit Fax vom 8. Mai 2018 übersandte das Landgericht Aachen diesen Antrag an die Staatsanwaltschaft Bonn zur Kenntnis und evtl. weiteren Veranlassung. Die Staatsanwaltschaft Bonn übersandte das V-Heft-Doppel mit Verfügung vom 8. Mai 2018 an das Landgericht Bonn zur Entscheidung.

Am 8. Mai 2018 wurde der Verurteilte von der Justizvollzuganstalt Aachen in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt.

Mit Verfügung vom 9. Mai 2019 erklärte das Landgericht Bonn, dass es sich um einen Antrag der Verteidigung nach § 458 StPO handele, für den die Strafvollstreckungskammer gem. §§ 462a, 462 StPO zuständig sei. Zunächst habe aber die Staatsanwaltschaft Bonn als Vollstreckungsbehörde zu entscheiden. Im Falle einer Nichtabhilfeentscheidung habe die Staatsanwaltschaft die Sache dem Gericht, nämlich dem Landgericht – Strafvollstreckungskammer – Aachen vorzulegen.

Mit Verfügung vom 11. Mai 2018 hat die Staatsanwaltschaft Bonn die Sache der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vorgelegt.

Mit Beschluss vom 18. Mai 2018 hat die 1. Große Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg den Antrag, die sofortige Freilassung des Betroffenen anzuordnen, zurückgewiesen.

Gegen diesen ihm am 30. Mai 2018 zugestellten Beschluss hat der Verteidiger mit Telefax vom 6. Juni 2018 sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet, weil die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg für die Entscheidung örtlich nicht zuständig war. Zuständig für die Entscheidung ist die für die Justizvollzugsanstalt Aachen zuständige Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Aachen.

Die Zuständigkeit für die nach § 458 StPO notwendigen gerichtlichen Entscheidungen richtet sich nach §§ 462 Abs. 1, 462a StPO StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 1998 –  2 ARs 359/97 –, NJW 1998, 2066, 2067).

Da gegen den Verurteilten bis zum 7. Mai 2018 Freiheitsstrafe und seitdem Sicherungsverwahrung vollstreckt wird, ist gemäß §§ 462a Abs. 1 Satz 1, 463 Abs. 1 StPO für die nach § 462 StPO zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer örtlich zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in der der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befasst wird, aufgenommen ist. „Befasst“ in diesem Sinne wird das Gericht mit einer Sache in der Regel u.a. dann, wenn ein Antrag eingeht, der eine Entscheidung erfordert oder wenn eine nachträgliche Entscheidung des Gerichts – z.B. aus gesetzlich vorgeschriebenen Gründen – erforderlich wird (vgl. Appl in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Auflage, § 462a, Rdnr. 17 m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Auflage, § 462a, Rdnr. 10 m.w.N.).

Der Antrag vom 7. Mai 2018 ist am selben Tag bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen eingegangen. Da sich der Verurteilte zu diesem Zeitpunkt noch in der Justizvollzugsanstalt Aachen befand, ist die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Aachen für die nach § 458 Abs. 1 StPO notwendig werdende gerichtliche Entscheidung zuständig.

Eine eigene Sachentscheidung nach § 309 Abs. 2 StPO an Stelle des unzuständigen Gerichts ist dem Senat verwehrt, da er nicht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Landgerichts Aachen zu befinden hat (vgl. zur Möglichkeit eigener Sachentscheidung in anderen Konstellationen OLG Hamm, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - III-2 Ws 372/12, juris, Rdnr. 9 m.w.N; Zabeck in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 309 Rdnr. 10). Die Akten sind über die Staatsanwaltschaft der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen vorzulegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

Meta

3 Ws 298/18

31.07.2018

Oberlandesgericht Hamm 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: Ws

Zitier­vorschlag: Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 31.07.2018, Az. 3 Ws 298/18 (REWIS RS 2018, 5258)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 5258

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