Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.06.2012, Az. IX ZB 183/09

9. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5604

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Gegenstand

Vollstreckbarerklärung eines polnischen Zahlungsbefehls: Verstoß gegen den deutschen ordre public bei Einlegung eines richterlichen Hinweisschreibens nur in die Gerichtsakte


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 25. Zivilsenats des [X.] vom 17. Juli 2009 aufgehoben.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 12. Zivilkammer des [X.] vom 19. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 35.700,01 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Zahlungsbefehls des [X.] in [X.], den sie gegen die Antragsgegnerin erwirkt hat.

2

Der Zahlungsbefehl über 35.700,01 € nebst Kosten wurde der Antragsgegnerin am 13. Mai 2008 mit der Belehrung zugestellt, dass sie binnen zwei Wochen Einspruch einlegen könne. Die Antragsgegnerin ließ durch ihren [X.] Anwalt Einspruch einlegen, der mit einer Übersetzung in die [X.] am 23. Mai 2008 bei dem [X.] Gericht einging. Ihm war entgegen Art. 89 § 1 Satz 1 des [X.] Zivilverfahrensgesetzbuchs (im Folgenden: [X.]) eine Vollmacht der Antragsgegnerin weder im Original noch in beglaubigter Abschrift beigefügt; außerdem bestellte die Antragsgegnerin entgegen Art. 1135 § 1 [X.] keinen [X.]n in [X.], der immer dann zu bestellen ist, wenn nicht ein in [X.] wohnhafter Bevollmächtigter mit der Führung der Rechtssache betraut wird.

3

Das [X.] wies die Antragsgegnerin auf das Fehlen der Vollmacht hin. Das [X.] wurde jedoch gemäß Art. 1135 § 2 [X.] lediglich in den Gerichtsakten niedergelegt. Nach der genannten Vorschrift verbleiben, wenn ein [X.]r nicht benannt ist, die für die [X.] bestimmten gerichtlichen Schriftstücke in den Akten der Sache mit der Wirkung der Zustellung.

4

Am 20. August 2008 verwarf das Gericht den Einspruch, weil der Einspruchsschrift keine Vollmacht beigefügt und diese trotz Hinweises auch nicht nachgereicht worden sei. Diese Entscheidung ist rechtskräftig.

5

Der Vorsitzende der zuständigen Kammer des [X.] hat auf Gesuch der Antragstellerin den Zahlungsbefehl für in [X.] vollstreckbar erklärt. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das [X.] diese Entscheidung abgeändert und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 15 Abs. 1 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 15 Abs. 2, 3, § 16 [X.], § 574 Abs. 2, § 575 Abs. 2 bis 4 ZPO). Sie ist begründet und führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Beschwerde gegen die Entscheidung des [X.].

7

1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, der [X.] Zahlungsbefehl könne gemäß Art. 34 Nr. 1 [X.] nicht für vollstreckbar erklärt werden, weil dies der öffentlichen Ordnung (ordre public) der Bundesrepublik [X.] widerspreche. Die Nichtbeachtung des Einspruchsschreibens und des Vorbringens der Antragsgegnerin verletze diese in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör, was durch die konkrete Anwendung des [X.] Verfahrensrechts nicht gerechtfertigt sei. Zwar sei die Pflicht zur Vorlage einer Vollmacht nicht zu beanstanden. Es verletze aber den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn ein erforderlicher rechtlicher Hinweis des Gerichts [X.] und in der Folge das Vorbringen einer [X.] nicht berücksichtigt werde. Eine Hinweispflicht bestehe auch dann, wenn die [X.] anwaltlich vertreten sei, aber der Anwalt die Rechtslage falsch einschätze. Der nach [X.]m Recht in die Gerichtsakte eingelegte Hinweis reiche nicht aus. Denn die Ausgestaltung des [X.] Rechts sei insoweit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen offensichtlich unvereinbar. Dem Anwalt habe der Hinweis zumindest auch durch einfachen Brief mitgeteilt werden müssen. Dass der Anwalt gegenüber der Antragsgegnerin seine Pflichten schuldhaft verletzt habe, ändere daran nichts, weil dies die Hinweispflichten des Gerichts nicht entfallen lasse.

8

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public international der Bundesrepublik [X.] ist nicht gegeben.

9

a) Die Vollstreckbarerklärung des [X.] darf gemäß Art. 45 Abs. 1 [X.] nur aus den Gründen der Art. 34 und 35 [X.] aufgehoben werden. Nach Art. 34 Nr. 1 [X.] wird die Entscheidung nicht anerkannt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Anerkennungsstaates offensichtlich widersprechen würde. Dieses Anerkennungshindernis ist von Amts wegen zu prüfen ([X.], Beschluss vom 12. Dezember 2007 - [X.], NJW-RR 2008, 586 Rn. 25). Die hierfür entscheidungserheblichen Tatsachen sind jedoch nicht von Amts wegen zu ermitteln, sondern wären nach dem insoweit anwendbaren autonomen Verfahrensrechts des Vollstreckungsstaates aufgrund des in [X.] geltenden Beibringungsgrundsatzes von der Antragsgegnerin darzulegen gewesen ([X.], Beschluss vom 12. Dezember 2007, aaO Rn. 26; vom 8. März 2012 - [X.] 144/10, [X.], 662 Rn. 17).

b) Eine Anwendung der Vorbehaltsklausel des Art. 34 Nr. 1 [X.] kommt nur in Betracht, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Mitgliedsstaat erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaates stünde. Damit das Verbot der Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit gewahrt bleibt, muss es sich bei diesem Verstoß um eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaates als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts handeln ([X.], Urteil vom 2. April 2009 - [X.]/07, [X.]/[X.], [X.], 1938 Rn. 27; vom 28. April 2009 - [X.]/07, [X.]/[X.], [X.], 210 Rn. 59).

Bei der Prüfung des Verfahrens des [X.] kann deshalb nicht schon dann die Anerkennung versagt werden, wenn die Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden Vorschriften des [X.] Prozessrechts abweicht. Ein Versagungsgrund ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die Entscheidung des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das sich von den Grundprinzipien des [X.] Verfahrensrechts in einem solchen Maße entfernt, dass nach der [X.] Rechtsordnung das Urteil nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann. Nur dies und nicht die Frage, ob bei gleicher Verfahrensweise [X.] gegen tragende Grundsätze des [X.] Verfahrensrechts verstoßen hätte, bildet den Maßstab dafür, ob die Entscheidung des ausländischen Gerichts gegen den [X.] verfahrensrechtlichen ordre public international verstoßen hat ([X.], Urteil vom 18. Oktober 1967 - [X.], [X.]Z 48, 327, 331; Beschluss vom 21. März 1990 - [X.], NJW 1990, 2201, 2202 f; Urteil vom 4. Juni 1992 - [X.], [X.]Z 118, 312, 320 f; Kropholler/von [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. Art. 34 [X.] Rn. 13).

Der Schutz des rechtlichen Gehörs erstreckt sich nicht auf eine bestimmte verfahrensrechtliche Ausgestaltung. Bei der Anwendung des verfahrensrechtlichen ordre public international ist auf die Grundsätze abzustellen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will. Dies ist einmal das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das grundsätzlich verbietet, eine Entscheidung zu treffen, bevor der Betroffene Gelegenheit zur Äußerung hatte. Ferner verlangt das Gebot der Achtung der Menschenwürde, dass ein Beteiligter in der Lage sein muss, auf den Verfahrensablauf aktiv Einfluss zu nehmen ([X.], Beschluss vom 2. September 2009 - [X.], [X.]Z 182, 204 Rn. 25 mwN; Kropholler, aaO Art. 34 Rn. 15; [X.]/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht und Kollisionsrecht, 2011, Art. 34 [X.] Rn. 13 ff). Sanktionen verfahrensrechtlicher Art gegen eine [X.], die diese vom Verfahren ausschließen, dürfen nicht offensichtlich außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehen, einen wirksamen Verfahrensablauf zu gewährleisten ([X.], Urteil vom 2. April 2009, aaO Rn. 40 ff; vgl. auch [X.], Urteil vom 18. Oktober 1967, aaO S. 332 f).

Darüber hinaus hat in erster Linie jede [X.] selbst nach besten Kräften für ihre eigene ordnungsgemäße Vertretung in einem ihr bekannten Gerichtsverfahren zu sorgen ([X.], Urteil vom 29. April 1999 - [X.], [X.]Z 141, 286, 297 f; Beschluss vom 2. September 2009, aaO Rn. 26).

Die Möglichkeit auf das Verfahren Einfluss zu nehmen, wird in erster Linie durch die ordnungsgemäße Zustellung des das Verfahren einleitenden Schriftstücks ermöglicht (vgl. Art. 34 Nr. 2 [X.]). Darüber hinaus gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG nur die von Staats wegen ungehinderte, zumutbare Gelegenheit, sich am Gerichtsverfahren zu beteiligen. Nimmt der Berechtigte sie nicht wahr, hindert das nicht die Anerkennung des ausländischen Urteils ([X.], Urteil vom 29. April 1999, aaO S. 297).

c) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe verstößt die Vollstreckbarerklärung des [X.] Zahlungsbefehls, welcher der Antragsgegnerin ordnungsgemäß zugestellt worden war, nicht gegen den [X.] verfahrensrechtlichen ordre public international.

aa) Gegen den ordre public verstößt nach den zutreffenden Ausführungen des [X.] nicht der Umstand, dass der rechtzeitig eingelegte Einspruch der Antragsgegnerin unberücksichtigt geblieben ist, weil ihr [X.]r Anwalt dem Einspruchsschriftsatz keine Vollmacht beigefügt hatte. Dies entspricht der Regelung in Art. 89 § 1 [X.]. Auch im [X.] Recht gelten vergleichbare Vorschriften: Im Mahnverfahren muss hier zwar gemäß § 703 ZPO keine Vollmacht vorgelegt, sondern nur die Bevollmächtigung versichert werden. Eine solche Versicherung hat der Anwalt der Antragsgegnerin in seinem Einspruchsschreiben schon nicht abgegeben.

Im streitigen Verfahren nach [X.]m Recht hat das Gericht gemäß § 88 Abs. 2 ZPO den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn der Bevollmächtigte nicht Anwalt ist. Im internationalen Rechtsstreit, in dem für die ausländische [X.] ein ausländischer Anwalt auftritt, wird eine Verpflichtung zur Prüfung der Vollmacht von Amts wegen angenommen ([X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. § 88 Rn. 3a). Jedenfalls auf Rüge des Gegners ist die Vollmacht des Anwalts zu prüfen, § 88 Abs. 2 ZPO. Bis zum 1. Juli 1977 war auch im [X.] Zivilprozess außerhalb des [X.] die Vollmacht des Anwalts von Amts wegen zu prüfen ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl. § 88 [X.]. 1 [X.]; 35. Aufl. § 88 [X.]. 1 [X.]).

Für die Antragsgegnerin und ihren Anwalt musste deshalb von vornherein auch ohne Kenntnis des [X.] Rechts die Annahme naheliegen, dass in einem ausländischen Verfahren die Vorlage einer Vollmacht erforderlich sein könnte.

bb) Einen rechtlichen Hinweis auf die fehlende Vollmacht hat das [X.] Amtsgericht für erforderlich gehalten und erteilt. Der Hinweis wurde aber ausweislich des den Einspruch ablehnenden Beschlusses vom 20. August 2008 nach Art. 1135 § 2 [X.] lediglich in die Gerichtsakte eingelegt, weil die Antragsgegnerin entgegen Art. 1135 § 1 [X.] keinen [X.]n in [X.] benannt hatte. Dies hatte nach Art. 1135 § 2 Satz 1 [X.] die Wirkung einer Zustellung.

(1) Das Beschwerdegericht unterstellt zu Unrecht, dass die Antragsgegnerin von der Pflicht, einen [X.]n zu bestellen, keine Kenntnis hatte. Nach Art. 1135 § 2 Satz 2 [X.] war die [X.] hierüber und über die Folgen einer fehlenden Bestellung bei der ersten Zustellung zu belehren. Die hierfür darlegungspflichtige Antragsgegnerin hat sich vor dem [X.] nicht darauf berufen, dass bei der Zustellung des Zahlungsbefehls am 13. Mai 2008 eine solche Belehrung gefehlt hätte. Soweit die Rechtsbeschwerdeerwiderung anderes geltend macht, zeigt sie entsprechenden Sachvortrag nicht auf. Die Antragsgegnerin hat auch die entsprechenden Unterlagen nicht vorgelegt.

Damit kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugrunde gelegt werden, dass die Antragsgegnerin nicht entsprechend dem angewandten [X.] Recht über die Notwendigkeit der Bestellung eines [X.]n und die Folgen einer Unterlassung belehrt worden ist.

(2) Das Vorgehen des [X.] Gerichts verstößt nicht gegen den [X.] verfahrensrechtlichen ordre public international. Nach [X.]m Recht war nach der bis 30. Juni 2002 geltenden Fassung des § 174 Abs. 2 ZPO die nicht im Inland wohnende [X.] verpflichtet, auch ohne Anordnung des Gerichts einen [X.]n zu benennen, falls sie nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wurde, der am Ort des [X.] oder innerhalb des Amtsgerichtsbezirks, in dem das Prozessgericht seinen Sitz hat, wohnhaft war. Eine Belehrung hierüber war bei einer im Ausland wohnenden [X.] gesetzlich nicht vorgesehen und nicht erforderlich ([X.], Urteil vom 10. November 1998 - [X.], NJW 1999, 1187, 1190). [X.] die Bestellung, konnten nach der bis 30. Juni 2002 geltenden Fassung des § 175 Abs. 1 Satz 2 ZPO alle späteren Zustellungen in der Art bewirkt werden, dass der Gerichtsvollzieher das zu übergebende Schriftstück unter der Adresse der [X.] nach ihrem Wohnort zur Post gab. Die Zustellung galt mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkam, § 175 Abs. 1 Satz 3 ZPO aF.

Nach § 184 Abs. 1 ZPO derzeit geltender Fassung kann das Gericht bei der Zustellung nach § 183 ZPO anordnen, dass die [X.], die weder Wohnsitz noch Geschäftssitz im Inland hat, einen [X.]n zu benennen hat, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat, falls sie nicht einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Wird sodann kein [X.]r ernannt, können spätere Zustellungen dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der [X.] zur Post gegeben wird. Nach § 184 Abs. 2 ZPO gilt das Schriftstück zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt.

(3) Entgegen der Auffassung des [X.] verstößt es nicht gegen den [X.] verfahrensrechtlichen ordre public international, wenn das [X.] Recht in Fällen, in denen der erforderliche [X.] nicht bestellt wurde, nicht ebenfalls vorschreibt, dass das Schriftstück der [X.] mit einfachem Brief übersandt wird.

Der Antragsgegnerin war der Zahlungsbefehl ordnungsgemäß zugestellt worden. Sie hatte demgemäß Kenntnis von dem in [X.] anhängigen Verfahren. Aus der Belehrung konnte sie entnehmen, dass sie einen [X.]n bestellen musste, wenn sie nicht einen in [X.] wohnhaften Bevollmächtigten bestellte, und dass andernfalls für die [X.] bestimmte Schriftstücke mit Wirkung der Zustellung zu den Akten genommen würden. Die Antragsgegnerin war danach nicht gehindert, sich in zumutbarer Weise am Verfahren zu beteiligen. Sie hätte entweder selbst oder durch ihren Anwalt einen in [X.] wohnhaften Anwalt, etwa als Unterbevollmächtigten, bestellen oder einen [X.]n benennen können. Wäre sie entsprechend vorgegangen, hätte sie am [X.] Verfahren ungehindert teilnehmen können.

d) Ob Art. 1135 [X.] mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, was das Beschwerdegericht anzweifelt, kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen. Allerdings kann eine Entscheidung nach Art. 34 Nr. 2, Art. 45 [X.] unter bestimmten Voraussetzungen nicht anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht in einer Weise zugestellt worden ist, dass sich der Antragsgegner verteidigen konnte. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, in welcher Weise ein solches Schriftstück zugestellt werden muss (vgl. [X.], Urteil vom 13. Oktober 2005 - [X.]. [X.]-522/03 [X.]/Rockinger, NJW 2005, 3627 Rn. 26 ff; [X.]/[X.], aaO, 2010, Einleitung [X.] 2007 Rn. 12 ff). Darum geht es im vorliegenden Zusammenhang aber nicht, weil der fragliche Hinweis des Gerichts auf die fehlende Vollmacht kein verfahrenseinleitendes oder gleichwertiges Dokument war. [X.] kann auch, ob, wie das Beschwerdegericht für möglich hält, eine fiktive Inlandszustellung generell mit der Verordnung ([X.]) Nr. 1393/2007 vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten (oder mit der hier noch anwendbar gewesenen Vorgängerverordnung ([X.]) Nr. 1348/2000 vom 29. Mai 2000) unvereinbar ist, oder gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot verstößt.

Im Rahmen des hier einschlägigen Art. 34 Nr. 1 [X.] kommt es nur darauf an, ob der [X.] verfahrensrechtliche ordre public international verletzt ist. Das ist unabhängig von der Frage, ob gegen das im Urteilsstaat angewandte Recht Wirksamkeitsbedenken oder Bedenken gegen die Anwendbarkeit erhoben werden könnten. Derartige Bedenken sind im Verfahren des [X.] geltend zu machen. Andernfalls wäre das Verbot der Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf seine Gesetzmäßigkeit entgegen Art. 36, 45 Abs. 2 [X.] verletzt (vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 2000 - [X.]. [X.]-38/98 Renault SA/[X.], [X.], 2185 Rn. 31 f, 33; vom 2. April 2009, aaO Rn. 46; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., Art. 34 [X.] Rn. 2; [X.]/[X.], ZPO, 29. Aufl., Art. 34 [X.] Rn. 6).

Kayser                                [X.]

                    Fischer                                   Grupp

Meta

IX ZB 183/09

14.06.2012

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Hamm, 17. Juli 2009, Az: 25 W 259/09, Beschluss

Art 34 Nr 1 EGV 44/2001, Art 34 Nr 2 EGV 44/2001, Art 34 Nr 3 EGV 44/2001, Art 35 EGV 44/2001, Art 36 EGV 44/2001, Art 45 Abs 2 EGV 44/2001, Art 103 Abs 1 GG, Art 89 § 1 ZGB POL, Art 1135 § 1 ZGB POL, Art 1135 § 2 S 1 ZGB POL, Art 1135 § 2 S 2 ZGB POL, § 88 Abs 2 ZPO, § 183 ZPO, § 184 Abs 1 ZPO, § 184 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.06.2012, Az. IX ZB 183/09 (REWIS RS 2012, 5604)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5604


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. IX ZB 183/09

Bundesgerichtshof, IX ZB 183/09, 14.06.2012.


Az. 25 W 259/09

Oberlandesgericht Hamm, 25 W 259/09, 17.07.2009.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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