Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.09.2015, Az. 7 ABR 69/13

7. Senat | REWIS RS 2015, 5685

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Gegenstand

Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds - Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 2. Juli 2013 - 1 Ta[X.] 35/12 - unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 22. November 2012 - 8 [X.] 802/12 - abgeändert.

Die Anträge des Betriebsrats werden abgewiesen.

Auf den Antrag des Beteiligten zu 3. wird die Arbeitgeberin verpflichtet, die dem Beteiligten zu 3. mit Schreiben vom 14. Dezember 2011 ausgesprochene Abmahnung als Betriebsrat aus dessen Personalakte zu entfernen.

Gründe

1

A. Die [X.]eiligten streiten über die Berechtigung einer dem [X.]riebsratsvorsitzenden erteilten Abmahnung.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist im [X.] mit der Müllentsorgung und der Stadtreinigung betraut. In ihrem [X.]rieb ist der zu 1. beteiligte [X.]riebsrat gebildet, dessen Vorsitzender der [X.]eiligte zu 3. ist. Die Arbeitgeberin gehört zum [X.], in dem ein Konzernbetriebsrat gebildet ist, dessen Mitglied der [X.]eiligte zu 3. ist.

3

Im Mai 2011 schloss die Arbeitgeberin mit dem [X.]riebsrat eine [X.]riebsvereinbarung über den [X.]insatz von Leiharbeitnehmern in einem ihrer Bereiche ab. Diese [X.]riebsvereinbarung versandte der [X.]riebsratsvorsitzende im Dateianhang einer [X.]-Mail vom 9. Dezember 2011 an alle Arbeitnehmer des Konzerns und schrieb dazu auszugsweise, die angehängte [X.]riebsvereinbarung solle eine mögliche Hilfestellung für alle [X.]riebsräte des Konzerns sein, er werde auch zukünftig Mails mit Anregungen und Anhängen verschicken.

4

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2011 erteilte die Arbeitgeberin dem [X.]riebsratsvorsitzenden daraufhin eine „Abmahnung als [X.]riebsrat“, die zu dessen Personalakte genommen wurde. Darin heißt es:

        

„Sehr geehrter Herr A,

        

am 09.12.2011 haben Sie sich mit einer [X.]-Mail an alle Mitarbeiter des [X.] gewandt. Hierbei haben Sie die BV Leiharbeit der [X.] versandt.

        

Ihr Verhalten stellt einen Verstoß gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit dar. Aufgrund ihrer Position sind Sie lediglich berechtigt, sich an Mitarbeiter der [X.] zu wenden. Ferner sind Sie nicht berechtigt, [X.]riebsvereinbarungen der [X.] an Mitarbeiter außerhalb der [X.] zu versenden. Hierbei handelt es sich um externe Dritte, selbst wenn sie dem N Konzern angehören.

        

Für Ihr Fehlverhalten mahnen wir Sie hiermit ab. Sollten Sie erneut gegen das Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen und sich in entsprechender Art und Weise pflichtwidrig verhalten, müssen Sie damit rechnen, dass wir Ihren Ausschluss als [X.]riebsratsmitglied beim [X.] beantragen werden (§ 23 [X.]). Gegebenenfalls könnte sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in [X.]racht kommen.

        

…“    

5

In dem vom [X.]riebsrat am 11. Jan[X.]r 2012 beim [X.] eingeleiteten Beschlussverfahren kündigte dieser einen [X.] an. Mit einem am 7. September 2012 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz wurden sowohl für den [X.]riebsrat als auch für den [X.]riebsratsvorsitzenden [X.] angekündigt, die mit weiterem Schriftsatz vom 8. November 2012 um einen auf die Unwirksamkeit der Abmahnung gerichteten ([X.] ergänzt wurden. In der Anhörung vor dem [X.] stellte ausweislich der Sitzungsniederschrift allein der [X.]riebsrat den [X.]. Im Beschwerdeverfahren stellte auch der [X.]riebsratsvorsitzende einen [X.].

6

Der [X.]riebsrat und der [X.]riebsratsvorsitzende haben die Auffassung vertreten, die Abmahnung behindere sie in unzulässiger Weise iSv. § 78 Satz 1 [X.]. [X.]ine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung sei grundsätzlich nicht zulässig. Sie dürfe jedenfalls nicht zur Personalakte genommen werden. [X.]in Verstoß gegen [X.] sei nicht zugleich eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, weshalb allein die Kündigungsandrohung in der Abmahnung zu deren Unwirksamkeit führe. Die Abmahnung sei zudem unbestimmt und auch inhaltlich unberechtigt.

7

Der [X.]riebsrat hat beantragt

        

1.      

festzustellen, dass die dem [X.]eiligten zu 3. mit Schreiben vom 14. Dezember 2011 ausgesprochene Abmahnung als [X.]riebsrat unwirksam ist,

        

2.    

die [X.]eiligte zu 2. zu verpflichten, die dem [X.]eiligten zu 3. mit Schreiben vom 14. Dezember 2011 ausgesprochene Abmahnung als [X.]riebsrat aus dessen Personalakte zu entfernen.

8

Der [X.]eiligte zu 3. hat beim [X.] beantragt,

        

die [X.]eiligte zu 2. zu verpflichten, die ihm mit Schreiben vom 14. Dezember 2011 ausgesprochene Abmahnung als [X.]riebsrat aus seiner Personalakte zu entfernen.

9

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dem [X.]riebsrat fehle die Aktivlegitimation, da nicht er, sondern der [X.]riebsratsvorsitzende eine Abmahnung erhalten habe. Die Abmahnung sei wirksam. Der [X.]riebsratsvorsitzende habe seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verletzt, indem er sich pflichtwidrig an alle Mitarbeiter des Konzerns und damit auch an externe Dritte gewandt und die [X.]riebsvereinbarung an diese versandt habe. Der [X.]riebsratsvorsitzende habe erstinstanzlich keinen Antrag gestellt und könne dies auch nicht im Beschlussverfahren, sondern nur im [X.]. Dessen erstmalige Antragstellung im Beschwerdeverfahren sei unzulässig.

Das [X.] hat den erstinstanzlich in der Anhörung gestellten Anträgen stattgegeben. Das [X.] hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen und dabei sowohl dem Feststellungsantrag als auch dem [X.] des [X.]riebsrats und des [X.]riebsratsvorsitzenden entsprochen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Abweisung der Anträge. Der [X.]riebsrat und der [X.]riebsratsvorsitzende beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Der [X.]riebsratsvorsitzende hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, er [X.] die [X.]ntfernung der Abmahnung aus der Personalakte, nicht jedoch die Feststellung, dass die Abmahnung unwirksam ist.

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat [X.]rfolg, soweit das [X.] den Anträgen des [X.]riebsrats und einem Feststellungsantrag des [X.]riebsratsvorsitzenden entsprochen hat. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Anträge des [X.]riebsrats sind abzuweisen. Der [X.]riebsratsvorsitzende hatte keinen Feststellungsantrag gestellt; insoweit ist die angefochtene [X.]ntscheidung gegenstandslos. Der [X.] des [X.]riebsratsvorsitzenden ist - wie das [X.] zutreffend erkannt hat - begründet.

I. Die Vorinstanzen haben den Anträgen des [X.]riebsrats zu Unrecht stattgegeben. Der vom [X.]riebsrat gestellte Feststellungsantrag ist unzulässig, sein [X.] ist unbegründet.

1. Der [X.]riebsrat verfolgt die von ihm gestellten Anträge in der zutreffenden Verfahrensart des Beschlussverfahrens. Bei den erhobenen Ansprüchen des [X.]riebsrats handelt es sich um „Angelegenheiten aus dem [X.]“ iSv. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, bei denen nach § 2a Abs. 2, § 80 Abs. 1 ArbGG das Beschlussverfahren stattfindet. Der [X.]riebsrat beruft sich auf seine Rechte als Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. [X.]s geht ihm um die Feststellung der Rechtsbeziehungen zwischen den [X.]riebsparteien und um einen seiner Auffassung nach betriebsverfassungsrechtlichen Leistungsanspruch. [X.]ine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit entfällt nicht schon deshalb, weil es in diesem Zusammenhang um eine dem [X.]riebsratsvorsitzenden ggf. auch als Arbeitnehmer erteilte Abmahnung geht. [X.]ntscheidend ist, ob sich das Verfahren auf das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis der [X.]riebspartner bezieht. Das ist hier der Fall. [X.]in [X.] könnte der [X.]riebsrat mangels Parteifähigkeit gar nicht betreiben. Nur im Beschlussverfahren ist er nach § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG beteiligtenfähig (vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 12).

2. Der vom [X.]riebsrat gestellte Feststellungsantrag ist unzulässig.

a) Allerdings fehlt dem [X.]riebsrat für diesen Antrag nicht die erforderliche Antragsbefugnis iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG.

aa) Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein [X.]eiligter [X.] iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG, wenn er eigene Rechte geltend macht. [X.]benso wie die Prozessführungsbefugnis im [X.] dient die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dazu, Popularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte [X.]ntscheidung in seiner [X.] Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 15; 5. März 2013 - 1 [X.] - Rn. 17).

bb) Danach ist der [X.]riebsrat für die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der dem [X.]riebsratsvorsitzenden erteilten Abmahnung [X.]. [X.]r stützt das Feststellungsbegehren auf eine (behauptete) Behinderung seiner Amtsführung. Nach seinem Vorbringen in der Antragsbegründung nimmt er Bezug auf die Schutzbestimmung des § 78 Satz 1 [X.], der er - jedenfalls auch - eine gremienschutzbezogene Intention beimisst. Damit macht er ein eigenes Recht geltend. [X.]s erscheint nicht „auf der Hand liegend“ ausgeschlossen, die begehrte Feststellung auf § 78 Satz 1 [X.] zu stützen (vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 16).

b) Der Feststellungsantrag des [X.]riebsrats ist aber unzulässig, weil er nicht die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt.

aa) Nach dem im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen [X.]ntscheidung hat (vgl. zB [X.] 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, [X.][X.] 122, 121). Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße [X.]lemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 18; 18. Jan[X.]r 2012 - 7 [X.] - Rn. 35 mwN, [X.][X.] 140, 277). So ist etwa die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage (vgl. [X.] 1. Juli 2009 - 4 [X.] - Rn. 21 mwN, [X.][X.] 131, 176).

bb) Die begehrte Feststellung, dass die Abmahnung vom 14. Dezember 2011 unwirksam ist, betrifft kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Der Antrag ist auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer [X.]rklärung gerichtet. Der Sache nach erstrebt der [X.]riebsrat mit ihm die rechtliche Begutachtung einer Vorfrage für einen Anspruch auf [X.]ntfernung der Abmahnung aus der Personalakte (vgl. zu einem auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer Abmahnung gerichteten Antrag bereits [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 18 f.).

3. Der [X.] des [X.]riebsrats ist unbegründet.

a) Der Antrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Der [X.]riebsrat ist auch [X.] iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. [X.]r macht den [X.] als - nach seiner Auffassung aus § 78 Satz 1 [X.] folgendes - eigenes Recht geltend. [X.]s erscheint nicht von vornherein als aussichtslos, den streitbefangenen Anspruch auf diese kollektivrechtliche Schutzbestimmung zu stützen. Ob das vom [X.]riebsrat verfolgte Recht tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 31).

b) Der Antrag ist unbegründet. Der vom [X.]riebsrat geltend gemachte Anspruch kann nicht auf § 78 Satz 1 [X.] gestützt werden. Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Insoweit kann dahinstehen, ob die Abmahnung vom 14. Dezember 2011 dem [X.]riebsratsvorsitzenden zu Unrecht erteilt worden ist und der [X.]riebsrat damit in der Ausübung seiner Tätigkeit entgegen § 78 Satz 1 [X.] gestört oder behindert worden ist. Jedenfalls trägt § 78 Satz 1 [X.] die vom [X.]riebsrat erstrebte Rechtsfolge nicht.

aa) Zwar ist der [X.]riebsrat vom Schutz des § 78 Satz 1 [X.] erfasst. Auch ist der Begriff der Behinderung in § 78 Satz 1 [X.] umfassend zu verstehen. [X.]r betrifft jede unzulässige [X.]rschwerung, Störung oder gar Verhinderung der [X.]riebsratsarbeit. [X.]in Verschulden oder eine Behinderungsabsicht des Störers ist nicht erforderlich (vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 34, 36; 20. Oktober 1999 - 7 [X.] - zu [X.] 2 b bb der Gründe mwN).

bb) Aus § 78 Satz 1 [X.] folgt aber kein Anspruch des [X.]riebsrats auf [X.]ntfernung einer Abmahnung aus der Personalakte eines seiner Mitglieder. Hierbei handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht des betroffenen [X.]riebsratsmitglieds, das diesem und nicht einem dritten Gremium zusteht. Dem [X.]riebsrat kommt kein - im Wege der Rechtsfortbildung anzunehmendes - kollektivrechtlich begründetes Recht zu, hinter dem die Individ[X.]lrechte der [X.]riebsratsmitglieder zurückzutreten hätten. Der [X.]riebsrat ist im Fall einer Störung oder Behinderung seiner Tätigkeit verfahrensrechtlich nicht rechtlos gestellt. [X.]r kann dem mit Unterlassungsbegehren - ggf. auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes - begegnen (ausführlich [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 38 f.).

II. Soweit das [X.] einem Feststellungsantrag des [X.]riebsratsvorsitzenden entsprochen hat, ist die [X.]ntscheidung aufzuheben, weil dieser einen solchen Antrag nicht gestellt hat (§ 308 ZPO).

1. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Die Bestimmung gilt auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ([X.] 9. Dezember 2009 - 7 [X.] - Rn. 10, [X.][X.] 132, 357). Der gestellte Antrag begrenzt und bestimmt den Gegenstand des Beschlussverfahrens ([X.] 13. November 1991 - 7 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe, [X.][X.] 69, 49). Das Abweichen von den gestellten Sachanträgen ist im dritten Rechtszug von Amts wegen zu beachten ([X.] 9. Dezember 2009 - 7 [X.] - Rn. 10, aaO; 6. Mai 2003 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.][X.] 106, 111). [X.]ine [X.]ntscheidung, die gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstößt, ist insoweit gegenstandslos (vgl. zu dieser Rechtsfolge: [X.] 21. Juni 2011 - 9 [X.] - Rn. 54; 21. Juli 2009 - 9 [X.] - Rn. 18; 28. Febr[X.]r 2006 - 1 [X.] - Rn. 29, [X.][X.] 117, 123).

2. Das [X.] hat dadurch, dass es einem Feststellungsantrag des [X.]riebsratsvorsitzenden stattgegeben hat, diesem „mehr“ zugesprochen, als er beantragt hat. Dieser hat weder erstinstanzlich noch in der Beschwerdeinstanz einen auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Abmahnung gerichteten Antrag gestellt. Das über die mündliche Anhörung vor dem [X.] gefertigte Sitzungsprotokoll beweist gemäß § 80 Abs. 2 ArbGG, § 165 Satz 1 iVm. §§ 297, 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, dass der [X.]riebsrat, nicht aber der [X.]riebsratsvorsitzende die zu Protokoll erklärten Anträge gestellt hat. Die vom [X.]riebsratsvorsitzenden beim [X.] schriftsätzlich angekündigten Anträge wurden nicht protokolliert. Aus dem erstinstanzlichen Beschluss ergibt sich nichts anderes. In dessen Tatbestandsteil ist - in Übereinstimmung mit dem Sitzungsprotokoll - aufgenommen, dass (nur) der [X.]riebsrat beide Anträge gestellt hat. Auch in den Gründen führt das [X.] aus, mit dem Beschlussverfahren sei die richtige Verfahrensart „durch Antragstellung des [X.]riebsrats“ gewählt worden. Dass es in der [X.]ntscheidungsbegründung an anderer Stelle heißt, „(nur) der [X.]. zu 1.“ sei [X.], ist für die Frage, ob eine eigene Antragstellung des [X.]eiligten zu 3. vorlag, ohne Aussagewert. Der Feststellungsantrag ist vom [X.]riebsratsvorsitzenden auch im Beschwerdeverfahren nicht gestellt worden. Sowohl seine Antragstellung als auch die inhaltlichen Ausführungen in der Beschwerdeinstanz beschränken sich auf den [X.]. Der [X.]riebsratsvorsitzende hat in der mündlichen Anhörung vor dem Senat bestätigt, er [X.] nicht die Feststellung, dass die Abmahnung unwirksam ist, sondern nur die [X.]ntfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

III. Soweit das [X.] dem [X.] des [X.]riebsratsvorsitzenden stattgegeben hat, ist die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin unbegründet. Der [X.]riebsratsvorsitzende hat einen Anspruch auf [X.]ntfernung der Abmahnung vom 14. Dezember 2011 aus seiner Personalakte. Diesen Anspruch hat er in zulässiger Weise im Rahmen des vorliegenden Beschlussverfahrens in der Beschwerdeinstanz geltend gemacht.

1. Der [X.]riebsratsvorsitzende verfolgt diesen Antrag in der zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens. Dem steht nicht entgegen, dass neben der [X.] Rechtsposition als [X.]riebsratsvorsitzender auch seine individ[X.]lrechtliche Rechtsposition als Arbeitnehmer von der Abmahnung betroffen ist.

a) Nach § 48 Abs. 1 ArbGG gelten [X.]. für die Zulässigkeit der Verfahrensart die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes ([X.]) - mit bestimmten Maßgaben - entsprechend. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter [X.] in [X.]racht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. In entsprechender Geltung des § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] kommt damit den Gerichten für Arbeitssachen ggf. eine verfahrensüberschreitende Sachentscheidungskompetenz zu. Diese setzt voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein einheitlicher Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozess[X.]len Anspruchs ist. Liegt hingegen eine Mehrheit prozess[X.]ler Ansprüche vor, ist für jeden dieser Ansprüche die Verfahrensart gesondert zu prüfen ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 47; vgl. zur [X.] 27. November 2013 - III ZB 59/13 - Rn. 14 mwN, [X.], 159).

b) Bei der [X.] und der individ[X.]lrechtlichen Rechtsposition des mit dem [X.] verfolgten Verlangens handelt es sich nicht um zwei Streit- oder Verfahrensgegenstände. Nach dem für den Zivil- und [X.]sprozess einschließlich des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens geltenden sog. zweigliedrigen [X.] wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den konkret gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt (vgl. etwa [X.] 8. Dezember 2010 - 7 [X.] - Rn. 16 mwN). Vorliegend verlangt der [X.]riebsratsvorsitzende von der Arbeitgeberin, die Abmahnung vom 14. Dezember 2011 aus seiner Personalakte zu entfernen. Ausgehend von seinem Tatsachenvortrag kommen als Anspruchsgrundlagen kollektiv- oder individ[X.]lrechtliche Regelungen in Frage. [X.]s liegt damit eine Anspruchskonkurrenz - und keine objektive Anspruchshäufung - vor (vgl. zu einer vergleichbaren Fallgestaltung [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 48).

2. Der [X.] des [X.]riebsratsvorsitzenden ist zulässig.

a) Der [X.]riebsratsvorsitzende ist [X.] iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. [X.]r berühmt sich in seiner Funktion als [X.]riebsratsmitglied eines eigenen Rechts, dessen Bestehen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.

b) Der [X.]riebsratsvorsitzende hat seinen [X.] (erst) im zweiten Rechtszug im Wege einer zulässigen - subjektiven - Antragserweiterung in das Verfahren eingeführt.

aa) Der [X.]riebsratsvorsitzende hatte erstinstanzlich keine Anträge und damit auch den zunächst angekündigten [X.] nicht gestellt. Die Protokollierung dieses Antrages erfolgte erstmals im Beschwerderechtszug.

bb) Die Zulässigkeit der darin liegenden - subjektiven - Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren bestimmt sich nach § 81 Abs. 3 ArbGG iVm. § 533 ZPO (vgl. [X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 55; 17. Mai 2011 - 1 [X.] - Rn. 11; 9. November 2010 - 1 [X.] - Rn. 16). Sie setzt damit voraus, dass die anderen [X.]eiligten der Antragsänderung zustimmen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Arbeitgeberin hat zwar der Antragserweiterung widersprochen. Das [X.] hat jedoch über den [X.] entschieden und ausdrücklich die Sachdienlichkeit der Antragserweiterung bejaht. Daran ist der Senat gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG gebunden ([X.] 17. Mai 2011 - 1 [X.] - Rn. 11; 22. März 2000 - 7 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe, [X.][X.] 94, 144).

3. Der [X.] des [X.]riebsratsvorsitzenden ist begründet. Der Anspruch auf [X.]ntfernung der Abmahnung aus der Personalakte folgt aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. [X.]ine Prüfung dieses - individ[X.]lrechtlichen - Anspruchs kann im vorliegenden Beschlussverfahren erfolgen. Nach § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist die Sache in der zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens unter [X.] in [X.]racht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

a) Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die [X.]ntfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht ([X.] 4. Dezember 2013 - 7 [X.] - Rn. 58; 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.][X.] 142, 331).

b) [X.]s kann dahinstehen, ob der [X.]riebsratsvorsitzende durch das Versenden der [X.]-Mail vom 9. Dezember 2011 gegen [X.] verstoßen hat. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die Abmahnung vom 14. Dezember 2011 bereits deswegen aus der Personalakte des [X.]riebsratsvorsitzenden zu entfernen ist, weil die Arbeitgeberin den Vorwurf einer Amtspflichtverletzung mit der Androhung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses sanktioniert hat. Da mit der Abmahnung eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Pflicht nicht gerügt wird, liegt in der Kündigungsandrohung eine unzutreffende rechtliche Bewertung des Verhaltens des [X.]riebsratsvorsitzenden durch die Arbeitgeberin.

aa) Verletzt ein [X.]riebsratsmitglied ausschließlich betriebsverfassungsrechtliche Amtspflichten, sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats ([X.] 26. Jan[X.]r 1994 - 7 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe mwN; 10. November 1993 - 7 [X.] - zu 5 a der Gründe; 15. Juli 1992 - 7 [X.] - zu 2 b aa der Gründe, [X.][X.] 71, 14) vertragsrechtliche Sanktionen wie der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung oder einer individ[X.]lrechtlichen Abmahnung, mit der kündigungsrechtliche Konsequenzen in Aussicht gestellt werden, ausgeschlossen.

bb) Danach ist die Abmahnung vom 14. Dezember 2011 aus der Personalakte des [X.]riebsratsvorsitzenden zu entfernen.

(1) Das [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Arbeitgeberin dem [X.]riebsratsvorsitzenden im [X.] vom 14. Dezember 2011 für den Fall eines erneuten Verstoßes gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit eine individ[X.]lrechtliche Sanktion, nämlich die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, in Aussicht gestellt hat. Die insoweit vom [X.] vorgenommene Auslegung ist [X.] nicht zu beanstanden. Die Arbeitgeberin hat insoweit im Rechtsbeschwerdeverfahren auch keine [X.]inwendungen erhoben.

Mit dem letzten Satz des Schreibens, „gegebenenfalls könnte sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in [X.]racht kommen“, hat die Arbeitgeberin - entgegen ihrer Auffassung - nicht lediglich allgemein auf die Möglichkeiten hingewiesen, bei gleichzeitiger Amtspflicht- und Vertragsverletzung komme auch eine Kündigung in [X.]racht. Das Wort „gegebenenfalls“ stellt den Bezug der Kündigungsandrohung zu dem im Satz davor angesprochenen Fall her, dass der [X.]riebsratsvorsitzende erneut gegen das Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen und sich in entsprechender Art und Weise pflichtwidrig verhalten würde. Damit hat die Arbeitgeberin für den konkreten Wiederholungsfall eines Verstoßes gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit eine Kündigung in Aussicht gestellt.

(2) Dies war im Streitfall nicht zulässig, weil die Arbeitgeberin lediglich die Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Amtspflichten gerügt hat. Sie hat dem [X.]riebsratsvorsitzenden im Schreiben vom 14. Dezember 2011 vorgeworfen, er habe sich am 9. Dezember 2011 mit einer [X.]-Mail an alle Mitarbeiter des [X.]s gewandt und gleichzeitig die [X.]riebsvereinbarung an diese versandt. Sie hat ausdrücklich einen Verstoß gegen das Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit gerügt und dies damit begründet, der [X.]riebsratsvorsitzende sei „aufgrund seiner Position“ lediglich berechtigt, sich an Mitarbeiter der Arbeitgeberin zu wenden und er sei nicht befugt, [X.]riebsvereinbarungen an Mitarbeiter außerhalb des [X.]riebs zu versenden. Die angedrohte betriebsverfassungsrechtliche Sanktion des [X.] nach § 23 [X.] ist für den Fall in Aussicht gestellt worden, dass der [X.]riebsratsvorsitzende „erneut gegen das Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen“ sollte. Auch aus der Überschrift des Schreibens „Abmahnung als [X.]riebsrat“ wird deutlich, dass die Arbeitgeberin Amtspflichtverletzungen und nicht arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen gerügt hat. Die Arbeitgeberin hat auch im vorliegenden Verfahren nicht dargelegt, welche Vertragspflichtverletzung der [X.]riebsratsvorsitzende begangen haben soll.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Waskow    

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

7 ABR 69/13

09.09.2015

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, 22. November 2012, Az: 8 BV 802/12, Beschluss

§ 78 S 1 BetrVG, § 242 BGB, § 1004 Abs 1 S 1 BGB, § 256 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.09.2015, Az. 7 ABR 69/13 (REWIS RS 2015, 5685)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5685

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Beschluss des Betriebsrats - rechtliche Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds an der Beschlussfassung


7 ABR 113/09 (Bundesarbeitsgericht)

Erforderlichkeit einer Schulung bei bevorstehende m Ende des Arbeitsverhältnisses des entsandten Betriebsratsmitglieds - Vermittlung von …


1 ABR 30/14 (Bundesarbeitsgericht)

Antragsbefugnis - Überprüfung von Betriebsratsbeschlüssen


Referenzen
Wird zitiert von

18 BVGa 11/21

1 TaBV 24/20

7 Ca 2980/15

4 Ta 412/19

4 Ta 141/22

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