Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2014, Az. XII ZB 367/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6944

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
XII ZB 367/12
Verkündet am:

19. März 2014

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 1603
Zur Bemessung des [X.] einer vom Unterhaltspflichtigen genutzten Immobilie bei der Inanspruchnahme auf Kindesunterhalt.

[X.], Beschluss vom 19. März 2014 -
XII ZB 367/12 -
OLG Hamm

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
19.
März 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin [X.] und [X.], Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 1.
[X.]s für Familiensachen des [X.] vom 24.
Mai 2012
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung des Antragsgegners das Urteil des [X.] vom 1.
März 2011 hinsichtlich des ab 1.
Juli 2012 zu zah-lenden Unterhalts abgeändert worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:
I.
Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.
Der Antragsgegner
ist Vater der Kinder [X.], geboren am 31.
Januar 1996, [X.], geboren am 6.
März 1998,
und [X.], geboren am 6.
April 2006, 1
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3
-
die aus seiner im Jahr 2010 geschiedenen Ehe stammen und in dem noch streitgegenständlichen
[X.]raum bei ihrer Mutter lebten.
Der Antragsteller hat insoweit für die Kinder Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch
II in einer den Mindestunterhalt übersteigenden Höhe erbracht. Durch Rechtswahrungs-anzeigen hat er dies dem Antragsgegner 2008 bzw. 2009 mitgeteilt.
Der Antragsgegner ist Vater einer weiteren Tochter [X.], geboren am 26.
Juli 1993, die im Haushalt ihrer Mutter lebte und im Jahr 2013 das Abitur anstrebte. Sein Erwerbseinkommen belief sich im [X.] auf 2.276,16 [X.] monatlich.
Die geschiedenen Eheleute sind Miteigentümer eines Einfamilienhauses, das auf einem Erbpachtgrundstück errichtet worden ist. Zur Finanzierung der Immobilie nahmen sie zum einen ein Darlehen über 107.000

.

auf, auf das monatliche Raten von 535

arlehen valutierte im [X.] noch mit rund 90.000

. Zum anderen nahmen der Vater und die Stiefmutter des Antragsgegners ein Darlehen über 50.000

stellten den Eheleuten den Betrag zur Finanzierung des Hauses zur Verfügung. Diese verpflichteten sich im Innenverhältnis, die monatliche Kreditrate von 243,75

i-täten allein. Das Haus, das früher als Familienheim diente, sollte
verkauft wer-den. Zu diesem Zweck beauftragte der Antragsgegner im Jahr 2010 allein einen Makler, da seine Ehefrau ihre Mitwirkung verweigerte. Bis zur letzten mündli-chen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war eine Veräußerung noch nicht erfolgt.
Anfang 2012 entzog der Antragsgegner dem Makler den Auftrag, um die Immobilienabteilung der örtlichen Sparkasse mit der Vermarktung des Objekts zu beauftragen. Diese wollte allerdings nur tätig werden, wenn auch die Ehefrau den Maklervertrag unterschreibt, wozu Letztere jedenfalls zunächst nicht bereit war.
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4
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4
-
Über die vorgenannten Darlehensbelastungen hinaus schulden die [X.] Raten für eine Pkw-Finanzierung in Höhe von monatlich 163

hat der Antragsgegner geltend gemacht, seine Mutter habe zum Ausgleich des überzogenen Girokontos der Eheleute einen Kredit aufgenommen, auf den mo-natlich 144,99

n-über zur Rückführung des Darlehens verpflichtet.
Der Antragsteller hat beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung rück-ständigen Unterhalts sowie ab 1.
Juli 2010 zur laufenden Zahlung in Höhe von 100
% des [X.] für die drei ehelichen Kinder unter Anrechnung des jeweiligen hälftigen Kindergeldes zu verpflichten. Das Amtsgericht hat dem Antrag in dem noch streitgegenständlichen Umfang stattgegeben. Auf die Be-schwerde des Antragsgegners hat das [X.] den Beschluss teil-weise abgeändert und den Antragsgegner neben [X.] für die [X.] ab 1.
Mai 2012 verpflichtet, für [X.] 135

een 134

a-ya 104

jeweils monatlich
zu zahlen. Mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde erstrebt der Antragsteller die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung für die
[X.] ab 1.
Juli 2012.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfech-tung zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
1. Das [X.] hat den Antragsgegner für nur teilweise in der Lage gehalten, den Mindestunterhalt der Kinder aufzubringen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt:
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5
-
Für die [X.] ab 2011 sei von einem durchschnittlichen monatlichen Net-toeinkommen des Antragsgegners von 2.276,16

auszugehen. Hinzuzurech-nen seien Steuererstattungen von [X.] 33,28

Abzusetzen seien Fahrtkosten zur Arbeitsstelle in Höhe der reinen Betriebskosten mit monatlich 33

km x
0,1

220 :
12). Zu
berücksichtigen sei weiterhin der Wohnvor-teil des Einfamilienhauses, der mit monatlich 400

handele es sich um den Betrag, den der Antragsgegner für eine seinen Bedürf-nissen entsprechende Wohnung aufwenden müsse. Eine fiktiv erzielbare Kalt-miete von monatlich 570

zugrunde zu legen. Dies komme nur unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen eine Obliegenheit, solche Erträge zu erwirtschaften, in Betracht. Eine Obliegenheitsverletzung sei hier jedoch nicht feststellbar. Dem Antragsgegner sei es nicht zuzumuten, das Haus

etwa an den Antragsteller zur Nutzung durch seine geschiedene Ehefrau und die Kinder
zu vermieten. Denn durch eine Vermietung werde die angestrebte Veräußerung gehindert. Nachdem die Ehefrau des
Antragsgegners bislang jede Mitwirkung an der Verwertung der Immobilie verweigert habe, sei auch nicht zu erwarten, dass sie die Veräußerung fördern und durch einen Auszug aus dem Haus ermöglichen werde. An der Absicht der Veräußerung und deren zielstre-biger Realisierung durch den Antragsgegner bestünden keine Zweifel. Er habe hierzu das ihm Mögliche getan, indem er zunächst den besten Makler am Ort beauftragt und seine Preisvorstellungen dem Rat des Maklers folgend von zu-
habe. Deshalb sei ihm nicht vorzuwerfen, dass eine Veräußerung zur Verringerung der Schuldenlast noch nicht erfolgt sei.
Dem Wohnwert entgegenzusetzen seien die Annuitäten der zur [X.] aufgenommenen Darlehen einschließlich der Tilgungsanteile sowie der Erbpachtzins von 78,91

die Kreditgeber eine Tilgungsaussetzung oder -streckung abgelehnt und auf der 9
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Bedienung der vollen vereinbarten Raten bestanden hätten. Dem sei der An-tragsteller
auch nicht substantiiert entgegengetreten, sondern lediglich mit der allgemein gehaltenen Behauptung, Kreditinstitute stellten in Fällen bestehender Veräußerungsabsicht Kredite tilgungsfrei. Ein Erfahrungssatz dieser Art beste-he indessen nicht. Das gelte insbesondere bei wie hier schwierigen Verwer-tungsmöglichkeiten, zumal bei dem jetzt als Verhandlungsbasis genannten Preis von rund 100.000

.000

[X.] sei auch zu berücksichtigen, dass die Darlehenstilgung bereits die Ehe des Antragsgegners geprägt und sich
ihre Fortdauer unterstellt

auch auf den [X.] der Kinder ausgewirkt hätte. Deshalb sei es unangemessen, lediglich den Antragsgegner mit den wirtschaftlichen Folgen des [X.] zu belasten, insbesondere weil es sich um eine vorübergehende, von der Veräußerung der Immobilie abhängige Situation handele. Dem zuletzt genannten Umstand [X.] gegenüber dem ansonsten ausschlaggebenden Interesse der Kinder an der Sicherstellung ihres [X.] besonderes Gewicht zu.
Eine zumutbare Möglichkeit, die wirtschaftliche Situation zu entspannen, bestehe für den Antragsgegner nicht. Sie sei insbesondere nicht in der [X.] eines Verbraucherinsolvenzverfahrens zu sehen. Zwar würde danach

jedenfalls für die Zukunft
die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des [X.] wiederhergestellt, während der Antragsteller mit einem Teil der streitgegenständlichen Ansprüche infolge der Insolvenz ausfallen oder allenfalls auf die Insolvenzquote beschränkt würde. Allerdings liege hier die Besonderheit vor, dass die Unfähigkeit, die laufenden Verbindlichkeiten zu erfüllen und den Mindestunterhalt der Kinder ohne Gefährdung des eigenen notwendigen Selbstbehalts sicherzustellen, im Fall der Verwertung der Immobilie jederzeit einer Situation ausreichender Leistungsfähigkeit weichen könne.
Dann sei es aber nicht erforderlich, dass der Antragsgegner für die folgenden sechs Jahre nach Maßgabe der sich aus der Tabelle zu §
850
c ZPO ergebenden [X.]
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dungsfreibeträge leben müsse. Darüber hinaus
würde er eine Insolvenz zu Las-ten der Interessen seiner Eltern durchführen, die ihm und seiner geschiedenen Ehefrau im Vertrauen darauf, dass er die Belastungen im Innenverhältnis trage, den im eigenen Namen aufgenommenen Kredit für die Immobilienfinanzierung zur Verfügung gestellt hätten.
Bei Abwägung der Interessen des Antragsgegners und der Kinder an der Sicherstellung des [X.] sei letztlich auch das Verhalten der
Mutter zu berücksichtigen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ihr unkoope-ratives Verhalten im Rahmen der Veräußerungsbemühungen mitursächlich für die bislang erfolglosen Verwertungsbemühungen sei. Da die Mutter unterhalts-rechtlich die Interessen der Kinder zu vertreten habe, erscheine es auch aus diesem Gesichtspunkt angemessen, dem Antragsgegner zumindest für die Dauer der Blockadehaltung die Möglichkeit einzuräumen, zur Vermeidung einer Insolvenz auch den Tilgungsanteil zu bedienen und unterhaltsrechtlich geltend zu machen. Diese Erwägungen müssten grundsätzlich auch für die Pkw-Finanzierungsrate gelten, die im weiteren Sinne bedarfsprägend sei. Da diese Rate unterhaltsrechtlich anerkannt werde, seien allerdings nur die reinen Be-triebskosten als notwendige Fahrtkosten zur Arbeit zu berücksichtigen und nicht der volle [X.] von 0,30

ch Finanzie-rungskosten beinhalte.
Danach sei für die [X.] ab 2011 von einem bereinigten Einkommen des Antragsgegners von 1.445,29

(rechnerisch richtig 1.510,79

auszugehen (2.276,16

,
zuzüglich Wohnvorteil: 400

,
abzüglich Fahrtkosten: 33

,
abzüglich [X.]: 78,91,

abzüglich [X.]: 535

,
abzüglich
Pkw-Darlehen: 163

,
abzüglich an die Mutter des Antragsgegners zu zahlende Kreditrate: 144,99

k-sichtigung des notwendigen Selbstbehalts des Antragsgegners von monatlich 12
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950

Betrag von 495,29

sei auch die Tochter [X.] einzubeziehen, da der Ausgang ihrer Abiturprüfung noch un-gewiss und deshalb nicht auszuschließen sei, dass sie als privilegierte Volljäh-rige den ehelichen Kindern weiterhin im Rang gleichstehe. Die Mangelvertei-lung führe ausgehend von [X.] von insgesamt 1.225,50

2012 zu einer Kürzung des Unterhalts um jeweils 59,6
% und damit zu den ausgeurteilten Zahlbeträgen.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Die sich aus §
1601 [X.] ergebende Unterhaltspflicht des Antrags-gegners für seine Kinder aus der geschiedenen Ehe steht zwischen den [X.] dem Grunde nach ebenso wenig im Streit wie die Aktivlegitimation des [X.]. Das gilt gleichermaßen für das durchschnittliche monatliche Netto-einkommen des Antragsgegners aus seiner Erwerbstätigkeit, das
das [X.] für die [X.] ab 2011 mit monatlich 2.276,16

die ihm [X.] zuzurechnende Steuererstattung. Insoweit ist gegen die Ausführungen des [X.] aus Rechtsgründen auch nichts zu er-innern.
b) Zutreffend
ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich der Antragsgegner weiterhin Einkünfte wegen der Nutzung des im Miteigentum der geschiedenen Ehegatten stehenden Einfamilienhauses anrechnen lassen muss. Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen wird nicht nur durch seine Erwerbseinkünfte, sondern in gleicher Weise durch [X.] und sonstige wirtschaftliche Nutzungen bestimmt, die er aus seinem Vermögen zieht. Dazu können auch die Gebrauchsvorteile eines Eigenheims zählen, denn 14
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durch das Bewohnen eines eigenen Hauses oder einer Eigentumswohnung entfällt die Notwendigkeit der Mietzahlung, die in der Regel einen Teil des [X.] [X.] ausmacht (st. Rspr., vgl. nur [X.]surteil vom 5.
März 2008
XII
ZR
22/06

FamRZ 2008, 963 Rn. 11
mwN).
aa) Ob der Wohnvorteil nach dem objektiven Mietwert oder in einer [X.] Höhe zu bemessen ist, hängt maßgeblich davon ab, ob der die Immo-bilie Nutzende gehalten ist, diese anderweitig zu verwerten. Soweit das von einem Ehegatten vor dem
endgültigen Scheitern der Ehe (regelmäßig vor Zu-stellung des Scheidungsantrags) mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Wieder-herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch nicht erwartet werden kann, ist der Wohnvorteil in dieser [X.] nur in einer Höhe in Rechnung zu [X.], wie es sich für eine Wohnungsnutzung des in der Ehewohnung
allein ver-bliebenen Ehegatten als angemessen darstellt. Der Gebrauchswert der
für den die Wohnung weiter nutzenden Ehegatten an sich zu großen
Wohnung ist deswegen regelmäßig danach zu bestimmen, welchen Mietzins er auf dem [X.] für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende, angemessene kleinere Wohnung zahlen müsste. Der volle Wohnvorteil kommt grundsätzlich erst dann zum Tragen, wenn mit einer Wiederherstellung der ehe-lichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu
rechnen ist ([X.]surteil vom 5. März 2008II ZR 22/06amRZ 2008, 963 Rn. 14 ff.).
[X.]) Bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt hat der [X.] demge-genüber darauf abgehoben, dass es auf eine vom Unterhaltspflichtigen nicht hinzunehmende Schmälerung des eigenen Bedarfs hinauslaufen würde, wenn bei der Bestimmung seiner Leistungsfähigkeit Mittel berücksichtigt würden, die ihm tatsächlich nicht zur Verfügung stehen und die er
wie es
bei der Differenz zwischen den für sich und seine Familie angemessenen Wohnkosten und dem objektiven Mietwert seines Eigenheims der Fall ist
nur durch eine Verwertung 17
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der Immobilie erzielen könnte. Da durch eine Veräußerung oder Vermietung des [X.] die bisherige häufig bereits langjährig gestaltete Lebensfüh-rung grundlegend beeinträchtigt würde, muss beides im Rahmen des rechtlich vergleichsweise schwach ausgestalteten Unterhaltsanspruchs von Eltern als unterhaltsrechtlich unzumutbar angesehen werden. In solchen Fällen ist [X.] grundsätzlich nur die für eine angemessene Wohnung ersparte Miete als Einkommen anzurechnen ([X.]surteil [X.]Z 154, 247 = FamRZ
2003, 1179, 1180 f.).
cc) Geht es dagegen um die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichti-gen gegenüber einem minderjährigen Kind, ist die Höhe des [X.] grund-sätzlich mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete zu bemessen ([X.]sbeschluss vom 10.
Juli 2013
XII
ZB
298/12
FamRZ 2013, 1563 Rn.
16). Nach §
1603
Abs.
1 [X.] ist zwar nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, oh-ne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu ge-währen. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß §
1603 Abs.
2 Satz
1 [X.] ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber aber ver-pflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sogenannte gesteigerte Unterhaltspflicht). Dies beruht auf ihrer besonderen Verantwortung für den angemessenen, nicht nur den notwendigen Unterhalt ihrer Kinder. Für die Eltern besteht deshalb eine besondere Verpflich-tung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft und zur
Ertrag bringenden Nutzung von Vermögenswerten.
Wenn in dieser Hinsicht mögliche und zumutbare [X.] unterlassen werden, können deswegen nach ständiger Rechtspre-chung des [X.]s auch insoweit nicht nur die tatsächlichen, sondern ebenfalls fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden ([X.]surteil vom 30.
Januar 2013
XII
ZR
158/10
FamRZ 2013, 616 Rn.
18 mwN).
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-
dd) Dass das Beschwerdegericht den Wohnwert in Höhe der vom [X.] ersparten angemessenen Miete mit monatlich 400

objektiven Marktmiete von 570

Feststellungen gleichwohl keinen rechtlichen Bedenken. Danach will der [X.] das Haus, das er während der Ehe zusammen mit der Mutter der unterhaltsberechtigten Kinder als Familienheim erworben hat, veräußern, um zumindest den überwiegenden Teil der [X.] ablösen zu können und nicht mehr den
gemessen an seinem Einkommen
hohen monat-lichen Belastungen ausgesetzt zu sein. Dies komme letztlich auch den Unter-haltsberechtigten zugute. Zu diesem Zweck habe
der Antragsgegner einen an seinem Wohnort renommierten Makler eingeschaltet und seine Preisvorstellun-gen dessen Empfehlungen angepasst. Würde er das Haus in dieser Situation vermieten, um hierdurch Einkünfte in Höhe der objektiven Marktmiete zu erzie-len, würde eine Veräußerung nicht unerheblich erschwert. Denn [X.] der hier in Rede stehenden Art würden üblicherweise nicht
als Rendite-objekte, sondern zur eigenen Nutzung erworben. Der Nutzung durch einen Er-werber würde
aber ein grundsätzlich nicht ohne weiteres und alsbald beendba-res Mietverhältnis entgegenstehen. Nach diesen Feststellungen konnte dem Antragsgegner eine Vermietung nicht angesonnen werden.
Das gilt auch für eine Vermietung
an den Antragsteller
zur Nutzung des Hauses durch die geschiedene Ehefrau und die Kinder. Insofern fällt zum einen ins Gewicht, dass zu dem [X.]punkt, als dieses Angebot unterbreitet wurde, nicht absehbar
war, wie lange eine Vermietung überhaupt hätte realisiert wer-den können. Im Fall einer baldigen Veräußerung hätte sich die Ehefrau erneut um eine andere Wohnung bemühen und abermals umziehen müssen. Zum an-deren müsste der Antragsgegner befürchten, dass die Ehefrau das Haus nicht innerhalb einer angemessenen [X.]spanne räumen würde, nachdem sie sich schon im Rahmen der Veräußerungsbemühungen nicht kooperativ gezeigt hat, 20
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wie die Probleme mit der Unterzeichnung der beiden Maklerverträge belegen. Wenn von dem Antragsgegner aber nicht erwartet werden kann, dass er das Haus vermietet, besteht kein Grund, ihm hierdurch erzielbare höhere Einkünfte, die über den Betrag der ersparten angemessenen Miete von 400

hinausgehen, anzurechnen.
c) Soweit das Berufungsgericht von dem Einkommen des [X.] die Darlehensraten abgezogen hat, hält dies der rechtlichen Nachprüfung indessen nicht stand.
aa) Zutreffend hat das Beschwerdegericht allerdings eine Obliegenheit des Antragsgegners zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz verneint. Zwar trifft den Unterhaltsschuldner grundsätzlich eine solche Obliegenheit, wenn das Insolvenzverfahren zulässig und geeignet ist, den laufenden Unterhalt seiner minderjährigen Kinder dadurch sicherzustellen, dass ihm Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten eingeräumt wird ([X.]surteil [X.]Z
162, 234 = [X.], 608, 609
ff.). Bei der in jedem Fall gebotenen Abwägung der Vorteile einer Ein-leitung des Insolvenzverfahrens mit dessen Nachteilen konnte das Beschwer-degericht nach den getroffenen Feststellungen aber zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Antragsgegner die Einleitung einer Verbraucherinsolvenz nicht
oblag. Entscheidend ist dabei, dass es nur um die Bewältigung eines bis zur Veräuße-rung des Hauses bestehenden finanziellen Engpasses
geht. Die danach ver-bleibenden Verbindlichkeiten dürfte der Antragsgegner angesichts seines [X.] in angemessener [X.] zurückführen können. Bei dieser Sachlage überwiegen die Nachteile einer Verbraucherinsolvenz, nämlich die Einschrän-kungen der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Antragsgegners,
die
hierdurch erreichbaren Vorteile. Gegen diese Würdigung des Berufungsgerichts hat auch die Rechtsbeschwerde nichts erinnert.
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[X.]) Gleichwohl können die Hausdarlehen jedenfalls nicht in voller Höhe als abzugsfähig angesehen werden.
(1) Ob und gegebenenfalls in welcher Weise Schulden des [X.] zu beachten sind, ist nach der allgemei-nen Regel des § 1603 [X.] zu entscheiden, der in Absatz 1 die Berücksichti-gung der sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners vorsieht. Ande-rerseits dürfen die anderen Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht auf die [X.] getilgt werden. Vielmehr bedarf es eines Ausgleichs der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und [X.]. Inso-weit sind in Fällen, in denen der Mindestbedarf Unterhaltsberechtigter beein-trächtigt würde, insbesondere der Zweck der daneben eingegangenen [X.], der [X.]punkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten bedeutsam, die [X.] in zumutbarer Weise wiederherzustellen. Beim Verwandtenun-terhalt der §§ 1601 ff. [X.] wird allerdings der
Umstand, dass Verbindlichkeiten im Einverständnis mit dem Ehegatten und im Zuge der gemeinsamen [X.] eingegangen worden sind, nicht in gleichem Maße Bedeutung gewin-nen können wie gegenüber demfrüherenEhegatten.
Bei minderjährigen Kindern wird darüber hinaus zu beachten sein, dass für diese wegen ihres Alters von vornherein die Möglichkeit ausscheidet, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen [X.] beizu-tragen, weswegen ihnen sowie privilegierten volljährigen Kindern gegenüber nach § 1603 Abs. 2 [X.] eine gesteigerte Unterhaltspflicht besteht. Diese Ge-sichtspunkte mögen regelmäßig einer Unterschreitung des [X.] wegen anderer Verbindlichkeiten entgegenstehen. Eine solche erscheint ande-rerseits aus Rechtsgründen nicht in jedem Fall ausgeschlossen. Sie wird aus-24
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nahmsweise etwa dann in Betracht kommen können, wenn und soweit dem Unterhaltsschuldner wegen Grund und Höhe seiner anderweitigen Schulden die Berufung auf diese Verpflichtungen nicht nach [X.] und Glauben versagt ist und ihm deshalb billigerweise nicht abverlangt werden kann, ohne Bedienung der anderen Schulden weiterhin Unterhalt in Höhe des vollen Bedarfs der [X.] zu leisten ([X.]surteile vom 30. Januar 2013 [X.]/10 FamRZ 2013, 616 Rn. 20; vom 21. September 1994 [X.], 129
und vom 11. Dezember 1985Vb
ZR 80/84mRZ 1986, 254, 256 f.).
(2) Bei der hiernach gebotenen Abwägung fällt zunächst ins Gewicht, dass der Antragsgegner den Mindestunterhalt seiner Kinder nicht gewährleisten kann, wenn die Darlehensraten in voller Höhe von seinem Einkommen abgezo-gen werden. Andererseits handelt es sich um Verbindlichkeiten, die der [X.] im Interesse seiner Familie eingegangen ist, um ihr ein Eigenheim zu bieten. Jedenfalls ein
Anwachsen der Verschuldung durch Zinsen, das Folge des Nichtbedienens der Darlehen wäre, braucht der Antragsgegner deshalb grundsätzlich nicht hinzunehmen. Im vorliegenden Fall besteht indessen die Besonderheit, dass das Haus verkauft werden sollte. Im Hinblick darauf hat der Antragsteller geltend gemacht, Kreditinstitute stellten
in Fällen bestehender Veräußerungsabsicht Kredite tilgungsfrei. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, hat der für seine Leistungsfähigkeit darlegungs-
und beweispflichtige [X.] (vgl. [X.]surteil vom 27. November 2002 [X.]/00 Fa-mRZ 2003, 444, 445) zu konkreten Bemühungen um eine Minderung der [X.] im Wege der Stundung oder Streckung der Raten bzw. Ausset-zung der Tilgung nichts vorgetragen. Auf welcher tatsächlichen Grundlage das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, die Kreditinstitute hätten eine Tilgungsstreckung oder -aussetzung abgelehnt, ist der angefochtenen Ent-scheidung nicht zu entnehmen. Solange hierzu indessen keine konkreten Fest-27
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stellungen getroffen sind, ist die Annahme, auf die Kredite müssten zwingend die vereinbarten Raten gezahlt werden, nicht gerechtfertigt.
(3) Hinsichtlich des Darlehens, das die Eheleute dem Vorbringen des [X.] zufolge bei dessen Mutter zum Ausgleich eines überzogenen Gi-rokontos aufgenommen haben, macht die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend, dass der Antragsteller die Aufnahme dieses Darlehens bestritten habe, da we-der ein Darlehensvertrag noch die Notwendigkeit der Darlehensaufnahme und die regelmäßige Zahlung der Raten nachgewiesen worden seien. Nachdem das Familiengericht diese Position bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt [X.], habe sich der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren auf die Erklärung beschränkt, seine Mutter sei zu einer Streckung des Kredits nicht bereit. Die vom Antragsteller als fehlend gerügten Nachweise seien dagegen nicht [X.] worden. Feststellungen zu diesem Darlehen enthält
der angefochtene Beschluss nicht. Angesichts dessen kommt eine Berücksichtigung nicht in Be-tracht.
(4) Was die Kreditrate für den Kauf eines Pkw anbelangt, hat das Be-schwerdegericht, wie die Rechtsbeschwerde ebenfalls zu Recht beanstandet, nicht die erforderliche umfassende Interessenabwägung vorgenommen, son-dern auf seine Ausführungen zu den für die Hausfinanzierung aufgenommenen Krediten Bezug genommen. Ob der Antragsgegner, der an seinem Wohnort arbeitet, aus beruflichen Gründen einen Pkw benötigt, ist nicht festgestellt. Da es andererseits um den Mindestunterhalt der Kinder des Antragsgegners geht, kann ihm nicht zugestanden werden, Kreditverbindlichkeiten
ohne Rücksicht auf die Belange der Unterhaltsberechtigten zu tilgen. Falls er auf die Nutzung eines Fahrzeugs nicht angewiesen sein sollte, obliegt es ihm, dieses zu veräußern. Andernfalls wären seine Fahrtkosten nach Maßgabe der vom Berufungsgericht 28
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herangezogenen Leitlinien in der Weise zu bemessen, dass damit auch [X.] abgedeckt werden.
3. Danach kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben, weil die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nicht auf zutreffender Grundlage ermittelt worden ist. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend [X.], da es hierzu weiterer Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb an das [X.] zurückzuverweisen, das auch der Frage nachzugehen [X.]n wird, ob das Kind [X.] mit den Kindern [X.], [X.] und [X.] noch gleichrangig unterhaltsberechtigt ist.
Dose [X.] Schilling

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.03.2011 -
30 [X.]/10 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 24.05.2012 -
II-1 UF 97/11 -

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Meta

XII ZB 367/12

19.03.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2014, Az. XII ZB 367/12 (REWIS RS 2014, 6944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6944

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