Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.07.2012, Az. 1 StR 301/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4897

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Gegenstand

Revision in Strafsachen: Wiedereinsetzung zur formgerechten Nachholung einer unzulässigen Verfahrensrüge


Tenor

1. Der Antrag des Angeklagten vom 25. Juni 2012 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Heilung der Mängel von nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] entsprechenden Verfahrensrügen wird zurückgewiesen.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] Jugendkammer in [X.] - vom 22. Februar 2012 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 [X.]).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat zum Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 44 [X.]:

1. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig.

a) Das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur für den Fall ein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 [X.]). Eine Fristversäumung liegt hier nicht vor, weil die Revision des Angeklagten von seinem Verteidiger mit der Sachrüge und mit Verfahrensrügen innerhalb der Frist des § 345 [X.] begründet worden ist (st. Rspr.; vgl. [X.]St 1, 44; [X.]R [X.] § 44 Verfahrensrüge 1, 3, 7).

b) Die Zulässigkeit des [X.] ergibt sich auch nicht daraus, dass geltend gemacht wird, den Angeklagten treffe an den Mängeln kein Verschulden, er sei sich des [X.] des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht einmal bewusst gewesen.

Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung dient nicht der Heilung von [X.] von fristgemäß erhobenen Verfahrensrügen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederholung einer zunächst vom Verteidiger nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge widerspräche im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens. Könnte ein Angeklagter, dem durch die Antragsschrift des [X.] ein formaler Mangel in der Begründung einer Verfahrensrüge aufgezeigt worden ist, diese unter Hinweis auf ein Verschulden seines Verteidigers nachbessern, würde im Ergebnis die Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] außer [X.] gesetzt. Da den Angeklagten selbst an dem Mangel regelmäßig keine Schuld trifft, wäre ihm auf einen entsprechenden Antrag hin stets Wiedereinsetzung zu gewähren (vgl. [X.]R [X.] § 44 Verfahrensrüge 1; [X.], 28). Dies würde nicht mit dem öffentlichen Interesse in Einklang stehen, einen geordneten Fortgang des Verfahrens zu sichern und ohne Verzögerung alsbald eine klare Verfahrenslage zu schaffen ([X.]St 1, 44, 46; [X.], Beschluss vom 27. März 2008 - 3 StR 6/08).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge kommt daher nur in besonderen [X.] ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint (vgl. [X.]R [X.] § 44 Verfahrensrüge 8; [X.], Beschluss vom 15. März 2001 - 3 StR 57/01; Beschluss vom 25. September 2007 - 1 StR 432/07; [X.], Beschluss vom 27. März 2008 - 3 StR 6/08; [X.], [X.], 55. Aufl., § 44 Rn. 7 ff.). Eine solche Ausnahmesituation liegt im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor.

2. Im Übrigen könnten die erhobenen Aufklärungsrügen hier auch unter Berücksichtigung des im Rahmen des [X.] vorgebrachten neuen Sachvortrags keinen Erfolg haben. Sie benennen keine konkreten [X.], sondern lediglich das [X.]. Zudem belegen sie nicht, aus welchen Gründen sich das Tatgericht zu den von der Verteidigung vermissten Beweiserhebungen hätte gedrängt sehen müssen.

[X.]                                               Rothfuß                                          Hebenstreit

                          Jäger                                                  Cirener

Meta

1 StR 301/12

10.07.2012

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Karlsruhe, 22. Februar 2012, Az: KLs 90 Js 11725/11 - 17 AK 16/11

§ 44 StPO, § 45 Abs 1 S 1 StPO, § 45 Abs 2 S 2 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.07.2012, Az. 1 StR 301/12 (REWIS RS 2012, 4897)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4897

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