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PDF anzeigenBUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEILII ZR 1/99Verkündet am:18. Dezember 2000VondrasekJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem RechtsstreitNachschlagewerk:jaBGHZ:jaBGHR: jaUmwG §§ 207, 210, 212, 305Der in den §§ 210, 212 UmwG für die Fälle des zu niedrigen, des nicht ordnungs-gemäßen und des fehlenden Barabfindungsangebots normierte Ausschluß vonKlagen gegen den Umwandlungsbeschluß gilt auch insoweit, als die von derStrukturmaßnahme betroffenen Anteilsinhaber die Verletzung von Informations-,Auskunfts- oder Berichtspflichten im Zusammenhang mit der gemäß § 207 UmwGanzubietenden Barabfindung geltend machen. Solche die Abfindung betreffenden- 2 -abfindungswertbezogenen Informationsmängel können ausschließlich im Spruch-verfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG gerügt werden.BGH, Urteil vom 18. Dezember 2000 - II ZR 1/99 - OLG Karlsruhe LG Freiburg- 3 -Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlungvom 26. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und dieRichter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemerfür Recht erkannt:Die Revisionen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 gegen dasUrteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 14. Zivilsenat in Frei-burg - vom 13. November 1998 werden hinsichtlich des Bestäti-gungsbeschlusses der Hauptversammlung der Beklagten vom26. Juni 1997 zurückgewiesen.Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin zu 1 zu1/3 und dem Kläger zu 2 zu 2/3 auferlegt.Von Rechts wegenTatbestand:Die Kläger sind Aktionäre der Beklagten. Am 6. Dezember 1996 be-schloß deren außerordentliche Hauptversammlung mit der erforderlichenMehrheit die formwechselnde Umwandlung in eine GmbH. Die hiergegen vonder Klägerin zu 1 erhobene Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ist erstinstanz-lich abgewiesen, das Berufungsverfahren gemäß § 148 ZPO im Hinblick auf- 4 -den vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt worden. Da die Klägerin zu 1 dasFehlen eines Prüfungsberichts zur angebotenen Barabfindung beanstandethatte, ließ der Vorstand der Beklagten einen solchen Bericht durch eine Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft erstellen. Die ordentliche Hauptversammlung derBeklagten vom 26. Juni 1997 beschloß mit der erforderlichen Mehrheit u. a. dieEntlastung des Vorstands und die Bestätigung des Umwandlungsbeschlussesvom 6. Dezember 1996; dagegen erklärten die Kläger Widerspruch zur Nieder-schrift des Notars. Mit der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wenden sichsämtliche Kläger gegen den Bestätigungsbeschluß, die Kläger zu 2 und 3 au-ßerdem gegen den Entlastungsbeschluß. Bezüglich des Bestätigungsbe-schlusses machen die Kläger u.a. eine Verletzung ihres Auskunftsrechts hin-sichtlich der Herleitung, Plausibilität und Angemessenheit des Barabfindungs-angebots sowie hinsichtlich des Prüfungsberichts geltend; insbesondere seienFragen zur voraussichtlichen Geschäftsentwicklung der Beklagten im erstenHalbjahr 1997 und zu den Prognosen für die Folgejahre, zu der im Prüfungsbe-richt erwähnten Dokumentation des Vorstands für die Ermittlung der angebote-nen Abfindung, zur Bewertung der Beklagten in der Bilanz ihrer Großaktionärinund zum Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens - speziell zu denFeuerversicherungswerten der Gebäude - nicht oder nur unzureichend beant-wortet worden; ferner leide der Prüfungsbericht selbst an Mängeln. Das Land-gericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die nur von den Klä-gern zu 1 und 2 eingelegte Berufung zurückgewiesen. Dagegen wenden sichdiese Kläger mit der Revision. Der Senat hat durch Beschluß vom 7. Februar2000 die Rechtsmittel beider Kläger hinsichtlich des Bestätigungsbeschlussesangenommen, die weitergehende Revision des Klägers zu 2 bezüglich desEntlastungsbeschlusses hingegen verworfen.- 5 -Entscheidungsgründe:Die Revisionen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 hinsichtlich desBestätigungsbeschlusses der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. Juni1997 sind unbegründet.I.Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, die von den Klägern behauptetenVerletzungen ihres aktienrechtlichen Auskunftsrechts im Zusammenhang mitFragen zum Barabfindungsangebot und zum hierzu eingeholten Prüfungsbe-richt berechtigten nicht zur Anfechtung des von der Hauptversammlung gemäß§ 244 AktG gefaßten Bestätigungsbeschlusses, weil auch sie dem Klageaus-schluß nach § 210 UmwG unterfielen. Bei derartigen Informationsmängeln seidie Barabfindung bereits als "nicht ordnungsgemäß angeboten" im Sinne des§ 210 UmwG anzusehen, zumindest ergebe sich der Anfechtungsausschlußaus dem Gesetzeszweck; wenn nämlich schon das völlige Fehlen eines Barab-findungsangebots nicht zur Anfechtung berechtige, so müsse dies erst recht fürden Fall der weniger schwerwiegenden Verletzung des Informationsrechts derAktionäre im Zusammenhang mit dem Barabfindungsangebot und dem hierzuerstellten Prüfungsbericht gelten. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicherNachprüfung stand.II.- 6 -§ 210 UmwG schließt Klagen gegen die Wirksamkeit des Umwand-lungsbeschlusses aus, die darauf gestützt werden, daß das Barabfindungsan-gebot zu niedrig bemessen oder die Barabfindung im Umwandlungsbeschlußnicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist; § 212 UmwG sieht fürdiese Fälle vor, daß die angemessene Barabfindung auf Antrag des gemäß§ 207 UmwG antragsberechtigten Anteilsinhabers durch das Gericht imSpruchverfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG zu bestimmen ist. Nach Sinn undZweck dieser Vorschriften gilt der Klageausschluß - verbunden mit der ent-sprechenden Verweisung in das Spruchverfahren - auch insoweit, als die vonder Strukturmaßnahme betroffenen Minderheitsaktionäre die Verletzung vonInformations-, Auskunfts- oder Berichtspflichten im Zusammenhang mit dergemäß § 207 UmwG anzubietenden Barabfindung geltend machen.1. Die §§ 210, 212 UmwG verfolgen das Ziel, zu einem angemessenenAusgleich der Interessen der Gesellschaft und der ihr weiter angehörendenGesellschafter einerseits und der aus Anlaß der Umwandlung ausscheidendenGesellschafter andererseits beizutragen. Im Hinblick auf das berechtigte Un-ternehmensinteresse an einer zügigen Durchführung der beschlossenenStrukturmaßnahme beschränkt § 210 UmwG den Umfang der Eintragungssper-re, die § 198 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 und 3 UmwG bei Erhebung einer An-fechtungsklage anordnet und die zu erheblichen finanziellen Schäden bei derGesellschaft führen kann. Den schutzwürdigen Belangen der freiwillig aus-scheidenden Anteilsinhaber wird gemäß § 212 UmwG dadurch Rechnung ge-tragen, daß die Höhe der ihnen nach § 207 UmwG zustehenden Abfindung imgerichtlichen Spruchverfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG überprüft und festge-setzt wird; dadurch ist sichergestellt, daß ihnen voller Wertausgleich für dieaufgegebene Beteiligung zuteil wird. Vor diesem Hintergrund ist aus dem sy-- 7 -stematischen Zusammenhang der drei Tatbestandsvarianten des zu niedrigen,des fehlenden und des nicht ordnungsgemäßen Barabfindungsangebots in §210 UmwG zugleich der weiterreichende generelle Ausschluß von Anfech-tungsklagen wegen Verletzung der Informationsrechte zur Barabfindung (§ 131AktG) abzuleiten.a) Das wirklich oder nur angeblich zu niedrige Angebot (§ 210, 1.Alt. UmwG) berechtigt nicht zur Anfechtungsklage. Demgegenüber dienen Rü-gen, die abfindungswertbezogene Informationsmängel - wie fehlende Angabenzur Berechnung der Höhe der Abfindung oder die mangelnde Plausibilität derBegründung zur Angebotshöhe oder die Unrichtigkeit der zugrundeliegendenBerechnungen - beanstanden, fast ausschließlich dem Ziel, die "Hauptrüge",das Angebot sei zu niedrig, zu begründen. Insofern könnten derartige abfin-dungswertbezogene Rügen schon deshalb als unzulässig anzusehen sein, weilsie den Gesetzeszweck, die Durchführung der im Unternehmensinteresse lie-genden Umwandlung nicht durch einen bloßen Streit über die Höhe der Abfin-dung zu blockieren, unterlaufen würden. Allerdings griffe eine solche Argu-mentation zu kurz, weil die Information über die Abfindung auch dem weiterge-henden Ziel dient, daß der noch unentschiedene Gesellschafter in die Lageversetzt wird zu beurteilen, ob der angebotene bzw. vereinbarte Ausgleichsan-spruch angemessen ist und der Zustimmung zu der Strukturmaßnahme unterdiesem Gesichtspunkt keine Bedenken entgegenstehen (vgl. z.B.: BGH, Urt. v.18. Dezember 1989 - II ZR 254/88, WM 1990, 140, 142 - zu § 352 c AktG a. F.;BGHZ 122, 211, 238 - zu § 304 AktG; Urt. v. 19. Juni 1995 - II ZR 58/94,ZIP 1995, 1256, 1258 - zu § 305 Abs. 5 AktG). Allein aus dem zu niedrigen An-gebot ließe sich daher der vollständige Anfechtungsausschluß für die Rügeabfindungswertbezogener Informationsmängel nicht herleiten. Er ergibt sich- 8 -jedoch aus dem Zusammenhang mit den Regelungen über das fehlende unddas nicht ordnungsgemäße Angebot, die weitergehend auch Fälle von Beein-trächtigungen Informationsrechte betreffen.b) Das Fehlen des Barabfindungsangebots im Umwandlungsbeschlußbewirkt das weitestgehende Informationsdefizit des Anteilsinhabers in bezugauf die ihm nach § 207 UmwG geschuldete Abfindung. Der für diesen Fall an-geordnete Anfechtungsausschluß steht daher in einem Spannungsfeld zu denBestrebungen des Reformgesetzgebers, den Interessen der von der Struktur-maßnahme der formwechselnden Umwandlung betroffenen Anteilsinhaber anhinreichend ausführlicher Vorabinformation auch hinsichtlich der zu gewähren-den Barabfindung durch Formalisierung grundlegender Information in einerReihe von Vorschriften Rechnung zu tragen: So muß der ausführliche schriftli-che Umwandlungsbericht gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§ 193, 194 Abs. 1Nr. 6 UmwG auch eine Darstellung und Erläuterung des Abfindungsangebotsnach § 207 UmwG enthalten; gemäß § 238 i.V.m. §§ 230, 231 UmwG hat dieformwechselnde Kapitalgesellschaft anläßlich der Vorbereitung der Hauptver-sammlung den Anteilsinhabern das Barabfindungsangebot nach § 207 UmwGzu übersenden oder im Bundesanzeiger und den sonst bestimmten Gesell-schaftsblättern bekannt zu machen, ferner den Umwandlungsbericht in ihrenGeschäftsräumen zur Einsicht der Aktionäre auszulegen und ihnen auf Verlan-gen in Abschrift zu übersenden; weiterhin hat gemäß §§ 208, 30 UmwG einePrüfung der Barabfindung durch Umwandlungsprüfer zu erfolgen; schließlichist bezüglich der Durchführung der Hauptversammlung gemäß § 239 UmwGdie Auslegung des Umwandlungsberichts und eine mündliche Erläuterung desEntwurfs des Umwandlungsbeschlusses der Aktiengesellschaft durch das Ver-tretungsorgan vorgeschrieben. Gleichwohl hat der Gesetzgeber in §§ 210, 212- 9 -Satz 2 UmwG auch für das fehlende und das nicht ordnungsgemäße Abfin-dungsangebot - in bewußter Abkehr von den früheren Regelungen der §§ 375Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG a.F., 13 UmwG 1969, die in diesen Fällen eine Sub-sidiarität des Spruchstellenverfahrens gegenüber der Anfechtungsklage vorsa-hen - den Klageausschluß und damit zugleich die ausschließliche Überprüfungim Rahmen des Spruchverfahrens angeordnet. Im Falle des fehlenden Barab-findungsangebots sind sämtliche vorstehend erwähnten, durch das Umwand-lungsgesetz eingeräumten Informationsrechte der Anteilsinhaber tangiert. Fehltdas Barabfindungsangebot im Umwandlungsbeschluß, so gibt es mangels Dar-stellung auch keine Herleitung und Erläuterung hierzu im Umwandlungsbericht,keine entsprechende Barabfindungsprüfung und keine der verschiedenen Mit-teilungen aus Anlaß der Vorbereitung der Hauptversammlung. Dieses durchdas fehlende Barabfindungsangebot verursachte Ausbleiben der vorgesehenenVorabinformation des Anteilsinhabers unterfällt ebenso dem Anfechtungsaus-schluß wie die daraus resultierenden sachlichen Informationsdefizite im Zu-sammenhang mit Berichten oder Auskünften des Vertretungsorgans der Ge-sellschaft auf Fragen der Aktionäre in der Hauptversammlung. Denn es ist nichtersichtlich, welche essentiellen mündlichen Erläuterungen des Entwurfs desUmwandlungsbeschlusses gemäß § 239 UmwG der Vorstand in bezug auf einfehlendes Abfindungsangebot geben könnte. Der Bericht - und dasselbe muß,da die Informationspflicht als Gesamtheit zu sehen ist, auch für Auskünfte ge-mäß § 131 AktG gelten - könnte allenfalls (wahrheitsgemäß) ausführen, manhabe das Angebot schlicht vergessen oder bewußt unterlassen, um Anfech-tungsklagen, die auf die unvollständige Begründung eines solchen Angebotsgestützt werden, den Boden zu entziehen; man wolle sich mit etwa ausschei-denden Anteilseignern darüber erst im Beschlußverfahren auseinandersetzen.Danach ist in diesem Fall das gesamte die Barabfindung betreffende Verfahren- 10 -- ohne daß eine Anfechtung unter dem Blickwinkel einer Verletzung des aktien-rechtlichen Auskunftsrechts im Sinne des § 131 AktG in Betracht käme - vonGesetzes wegen in das Spruchverfahren verwiesen. Soweit in der Kommentar-literatur (Decher in: Lutter, UmwG 2. Aufl. § 210 Rdn. 3 unter Hinweis aufGrunewald in: Lutter aaO § 32 Rdn. 3, 4) die Ansicht vertreten wird, bei fehlen-dem Angebot könne der Registerrichter die Eintragung der Umwandlung ab-lehnen, steht dies nicht in Einklang mit den §§ 210, 212 UmwG; denn dadurchwürde eine Blockade des Vollzugs der Umwandlung bewirkt, die durch denAusschluß der Anfechtungsklage in § 210 UmwG gerade verhindert werdensoll.c) Der verbleibende Bereich zwischen dem zu niedrigen und dem feh-lenden Angebot wird durch das ebenfalls dem Klageausschluß unterliegendenicht ordnungsgemäße Angebot ausgefüllt. Es ist - entgegen einer in der Lite-ratur vertretenen Ansicht (vgl. Grunewald in: Lutter aaO § 32 Rdn. 4; Kall-meyer/ Marsch-Barner, UmwG § 32 Rdn. 2) - nicht nur bei unklarer, wider-sprüchlicher oder unvollständiger Formulierung gegeben, sondern erfaßt dar-über hinaus sämtliche Verstöße - einzeln oder kombiniert - gegen die bereitsvorstehend unter 1. b) erwähnten, durch das UmwG 1994 zugunsten der An-teilsinhaber angeordneten Informations- bzw. Mitteilungspflichten der Gesell-schaft im Zusammenhang mit dem Barabfindungsangebot (vgl. § 192 Abs. 1Satz 3 i.V.m. §§ 193, 194 Abs. 1 Nr. 6 UmwG; §§ 238 i.V.m. 230, 231 UmwG; §239 sowie §§ 208, 30 UmwG; vgl. insoweit auch zum alten Umwandlungsrecht:§ 375 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. § 369 Abs. 4 AktG a.F.). Bei Informations-rechtsverstößen solcher Art ist die Barabfindung im Umwandlungsbeschlußsowohl im Wort- als auch im Rechtssinne "nicht ordnungsgemäß angeboten"worden.- 11 -Auch die von der Revision in den Vordergrund gestellte Verletzung desAuskunftsrechts gemäß § 131 AktG durch Nichtbeantwortung oder unzurei-chende Beantwortung abfindungswertrelevanter Fragen unterfällt dem An-fechtungsausschluß, da sie dem nicht ordnungsgemäßen Angebot im Sinnedes § 210 UmwG zumindest gleichsteht. Gerade im Verhältnis zu einer fehler-haften, unvollständigen oder sogar ganz fehlenden Darstellung und Erläute-rung der Barabfindung im schriftlichen Umwandlungsbericht oder seiner münd-lichen Erläuterung gemäß § 239 UmwG, die dem Anfechtungsausschluß un-mittelbar unterliegen, ist eine unterschiedliche Behandlung von Informations-defiziten unter dem Blickwinkel des § 131 AktG nicht gerechtfertigt.Die Gleichstellung derartiger Verstöße gegen das Auskunftsrecht gemäß§ 131 AktG mit dem nicht ordnungsgemäßen Angebot im Sinne des§ 212 UmwG in bezug auf wertrelevante, das Abfindungsangebot betreffendeFragen ist jedenfalls im Vergleich zu dem fehlenden Angebot gerechtfertigt:Wenn nicht einmal das gänzliche Fehlen eines Abfindungsangebots, das einvollständiges Informationsdefizit des Aktionärs zur Folge hat, die Anfechtbar-keit des Umwandlungsbeschlusses begründet, kann erst recht nicht eine Aus-kunftspflichtverletzung in Form des nur unvollständig oder mangelhaft begrün-deten und erläuterten Abfindungsangebots - als geringerer Mangel im Hinblickauf die Willensbildung des Aktionärs - die Anfechtungsklage eröffnen.d) Die solchermaßen gesetzlich vorgesehene Einbeziehung von Infor-mationsmängeln über die Höhe der angemessenen Abfindung in den Aus-schluß des Anfechtungsrechts wegen eines zu niedrig bemessenen, nicht ord-nungsgemäßen oder gar fehlenden Angebots der Abfindung (§ 210 UmwG)- 12 -führt allerdings dazu, daß die Gesellschaft Auseinandersetzungen über dieHöhe der Abfindung durch Unterlassen von Angaben, die zu ihrer Berechnungerforderlich sind, ganz oder teilweise in das Spruchstellenverfahren verlagernkann. Damit wird zwar sowohl den zum Ausscheiden entschlossenen als auchden noch unentschlossenen Anteilseignern zugemutet, über die Umwandlungzu befinden, ohne konkret zu wissen, wie hoch die ihnen bei ihrem Ausschei-den zustehende Abfindung wäre. Diese Rechtsfolge ist indessen infolge derteilweisen Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Anfechtungsklage undSpruchverfahren hinzunehmen. Wenn die Anteilsinhaber diesen Unsicher-heitsfaktor nicht in Kauf nehmen wollen, steht es ihnen frei, die Umwandlunginsgesamt abzulehnen. Im übrigen besteht die Ungewißheit praktisch ohnehinfast immer, weil in nahezu allen Fällen die Höhe der Abfindung erst Jahrespäter nach Abschluß eines langwierigen Spruchverfahrens feststeht; wie diebisherige Erfahrung mit Anfechtungsklagen bei anderen Strukturmaßnahmenzeigt, ist der durch Anfechtung erzielbare Informationsgewinn mit Blick auf dieFrage der Durchführung des Spruchverfahrens eher gering. Von daher bedeu-tet der Verzicht des Gesetzgebers in den §§ 210, 212 UmwG auf die frühereZweigleisigkeit gerichtlicher Verfahren bezüglich der Barabfindung bei derformwechselnden Umwandlung zugleich eine Straffung und Beschleunigung,die sogar auch dem wohlverstandenen Interesse der ausscheidenswilligenMinderheitsaktionäre an einem gezielten und effektiven Rechtsschutz ent-spricht (vgl. schon Hommelhoff, ZGR 1993, 452, 471). Eine bleibende rechtli-che Beeinträchtigung derjenigen, die ausscheiden wollen, ist in keinem Fallezu befürchten. Ihr Anspruch auf die volle, dem Wert ihrer aufgegebenen Betei-ligung entsprechende Abfindung ist durch das von Amts wegen zu führende,zugunsten aller, nicht nur der Beteiligten wirkende streitige Spruchverfahrengemäß §§ 305 ff. UmwG in vollem Umfang sichergestellt. Auch Kostennachteile- 13 -muß der ausscheidende Gesellschafter nicht befürchten, weil gerade in denvon §§ 210, 212 UmwG erfaßten Fällen des zu niedrigen, nicht ordnungsge-mäßen oder gar fehlenden Barabfindungsangebots eine Abweichung von derGrundregel des § 312 Abs. 4 Satz 1 UmwG, wonach der Rechtsträger neuerRechtsform die Gerichtskosten des Spruchverfahrens zu tragen hat, nicht ver-anlaßt ist; entsprechendes gilt gemäß § 13 a Abs. 1 FGG hinsichtlich der nachBilligkeit von der Gesellschaft zu übernehmenden außergerichtlichen Kostendes Antragstellers.2. Gegen eine Erstreckung des Anfechtungsausschlusses gemäß§ 210 UmwG auf Verletzungen des allgemeinen aktienrechtlichen Auskunfts-und Fragerechts zur Angemessenheit des Barabfindungsangebots läßt sichnicht der Gang des Gesetzgebungsverfahrens zum Klageausschluß hinsicht-lich des Verschmelzungsbeschlusses bei zu niedrigem Umtauschverhältnisgemäß § 14 Abs. 2 UmwG anführen. Zwar ist danach ein Vorschlag des Bun-desrats, daß nach § 14 Abs. 2 UmwG bereits die unzureichende Erläuterungdes Umtauschverhältnisses zur Anfechtung des Strukturbeschlusses nicht ge-nügen soll, nach ablehnender Stellungnahme der Bundesregierung nicht Ge-setz geworden (vgl. Begr. RegE bei Neye, UmwG/UmwStG 1994, S. 137 f.).Dieser Umstand läßt indes sichere Rückschlüsse für den hier betroffenen wei-ter gehenden Anfechtungsausschluß im Zusammenhang mit der Barabfindunggemäß § 210 UmwG (vgl. bei der Verschmelzung: § 32 UmwG) nicht zu, zumalein vergleichbarer Hinweis in den Gesetzesmaterialien zu §§ 210, 212 UmwGnicht zu finden ist. Dagegen spricht vor allem die bereits erwähnte bewußteErweiterung des Anfechtungsausschlusses in Abkehr von den einschlägigenRegelungen des alten Rechts in §§ 375 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG, 13 UmwG a.F..- 14 -3. Soweit der Senat - wie bereits erwähnt - zu Teilausschlüssen desKlagerechts im Zusammenhang mit Abfindungsregelungen aus Anlaß andereraktienrechtlichen Strukturmaßnahmen entschieden hat, die Aktionäre müßtendurch hinreichende Informationen in die Lage versetzt werden zu beurteilen, obder angebotene bzw. vereinbarte Ausgleichsanspruch angemessen sei und derZustimmung zu der Strukturmaßnahme unter diesem Gesichtspunkt keine Be-denken entgegenstünden (vgl. z.B.: BGH, Urt. v. 18. Dezember 1989- II ZR 254/88, WM 1990, 140, 142 - zu § 352 c AktG a. F.; BGHZ 122, 211,238 - zu § 304 AktG; Urt. v. 19. Juni 1995 - II ZR 58/94, ZIP 1995, 1256, 1258- zu § 305 Abs. 5 AktG), kann daran im Hinblick auf die gesetzlichen Neurege-lungen der §§ 210, 212 UmwG, soweit es den Abfindungsanspruch betrifft,nicht festgehalten werden (Aufgabe von BGH, Urt. v. 19. Juni 1995- II ZR 58/94, ZIP 1995, 1256, 1258 - zu § 305 Abs. 6 AktG).4. Aus dem Umstand, daß die §§ 210, 212 UmwG keine ausdrücklicheAussage hinsichtlich eines zu hohen Angebots enthalten, läßt sich nichts Ent-scheidendes gegen die vom Senat für richtig gehaltene Auslegung der Varian-ten des fehlenden oder des nicht angemessenen Angebots in § 210 UmwGableiten. Ein zu hohes Angebot kann für die bei dem Unternehmensträger derneuen Rechtsform verbleibenden Anteilseigner eine Beeinträchtigung darstel-len, gegen die sie sich gerichtlich zur Wehr setzen können müssen. Soweit dasneue Umwandlungsgesetz für diese Form der Beeinträchtigung nicht ausdrück-lich ein Spruchverfahren vorsieht, könnte ihnen Rechtsschutz sowohl durch dieanaloge Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren als auch durchdie Eröffnung der Möglichkeit einer Anfechtungsklage gewährt werden. Die Er-öffnung der Anfechtungsklage stünde allerdings im Widerspruch zu den Zielen,- 15 -die der Gesetzgeber mit den §§ 210, 212 UmwG verfolgt, und könnte den er-forderlichen Rechtsschutz der verbleibenden Anteilsinhaber überdies auch nurin einem Teil der in Betracht kommenden Fälle gewährleisten. Wird nämlich dieAbfindung ausscheidender Anteilseigner erst im Spruchverfahren heraufge-setzt oder erstmals zu hoch festgesetzt und ist dann wegen Ablaufs der An-fechtungsfrist die Anfechtungsklage für die betroffenen, im Unternehmen ver-bliebenen Anteilseigner nicht mehr möglich, so stünde ihnen - vom Gesetzge-ber offenbar nicht bedacht - kein Rechtsbehelf offen, mit dessen Hilfe sie aufeine zutreffende Festsetzung der Abfindung hinwirken könnten. Deshalbkönnte es auch von Verfassungs wegen geboten sein, ihnen ebenfalls Rechts-schutz im Spruchverfahren zu eröffnen, weil sie ansonsten einen Vermögens-verlust erleiden müßten, der möglicherweise auf eine verfassungswidrige Be-einträchtigung ihres durch Art. 14 GG geschützten Mitgliedschaftsrechts hin-ausliefe.III.Das Berufungsgericht hat daher die von den Klägern gerügte Verletzungihres Auskunftsrechts hinsichtlich der Herleitung, Plausibilität und Angemes-senheit des Barabfindungsangebots sowie hinsichtlich des Prüfungsberichtsbezüglich des Bestätigungsbeschlusses mit Recht als von dem Anfechtungs-ausschluß des § 210 UmwG erfaßt angesehen und die Kläger gemäß §§ 212,305 ff. UmwG insoweit auf das Spruchverfahren verwiesen.Weitergehende substantiierte Rügen zum angefochtenen Urteil enthältdie Revisionsbegründung nicht; dieses läßt im übrigen auch keinen sonstigendurchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger erkennen.- 16 -RöhrichtHesselbergerGoette Kurzwelly Kraemer
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18.12.2000
Bundesgerichtshof II. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2000, Az. II ZR 1/99 (REWIS RS 2000, 97)
Papierfundstellen: REWIS RS 2000, 97
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
II ZR 368/98 (Bundesgerichtshof)
I-26 W 5/07 (AktE) (Oberlandesgericht Düsseldorf)
I-19 W 1/04 AktE (Oberlandesgericht Düsseldorf)
I-19 W 1/04 AktE (Oberlandesgericht Düsseldorf)
II ZB 26/12 (Bundesgerichtshof)
Aktiengesellschaft: Barabfindungsanspruch der Aktionäre nach Widerruf der Zulassung der Aktie zum Handel im regulierten Markt
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