Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 08.12.2016, Az. 4 C 7/15

4. Senat | REWIS RS 2016, 1130

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Gegenstand

Einfügen in die nähere Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung


Leitsatz

1. Baulichkeiten können auch dann die Eigenart der näheren Umgebung prägen, wenn sie nicht imstande sind, einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil zu bilden (Abgrenzung zu BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - BVerwGE 152, 275).

2. Ein Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es dort Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung auch nach dem Verhältnis zur Freifläche, vergleichbar sind. Die Übereinstimmung nur in einem Maßfaktor genügt nicht.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung in Anspruch.

2

Er ist Eigentümer eines Grundstücks in [X.] Das Grundstück, das im unbeplanten Innenbereich liegt, ist mit einem ehemaligen [X.] und einem Nebengebäude bebaut. Bei dem [X.] handelt es sich um ein Gebäude, das in einen Wohntrakt mit einer Grundfläche von ca. 11 m x 13 m und in einen [X.] mit einer Grundfläche von ca. 19 m x 13 m unterteilt ist. Der Wohntrakt wird nach wie vor bewohnt, der [X.] wird seit 1992 auf der Grundlage einer entsprechenden Genehmigung als Lager mit Büro/Aufenthaltsraum und Sozialräumen genutzt.

3

Der Kläger beabsichtigt, das Dach des [X.]s über dem [X.] abzutragen, auf die Außenwände des bislang eingeschossigen [X.]s ein mit dem Obergeschoss des [X.] aufzusetzen und das Dach in nunmehr symmetrischer Form und mit verringerter Firsthöhe wiederherzustellen. Das neue Satteldach soll jeweils vier 2,5 m breite Dachgauben sowie zwei weitere, jeweils etwa 1,5 m breite Gauben erhalten. In das neue Obergeschoss und das Dachgeschoss sollen zwei [X.] und zwei Büroräume eingebaut werden.

4

Den Antrag auf Genehmigung des Vorhabens lehnte das Landratsamt ab. Zur Begründung führte es aus, dass sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen einfüge. Zumindest im Ober- und Dachgeschoss würde ein Wohnbaukörper mit einer durchgängigen Wohnnutzung entstehen, für den es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild gebe. Verstärkt würden die überdimensionale Erscheinung als Wohngebäude und damit seine rahmensprengende Wirkung durch die geplanten sechs Dachgauben. Die umgebende Wohnbebauung bestehe vor allem aus zweigeschossigen Baukörpern mit ruhigen Dachflächen ohne Dachaufbauten. Zur Belichtung ausgebauter Dachgeschosse gebe es bis auf eine Ausnahme lediglich Dachflächenfenster.

5

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass das klägerische Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB genehmigungsfähig sei. Es füge sich nicht nur nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein, sondern entgegen der Auffassung des Beklagten auch nach dem Maß der baulichen Nutzung. Die Eigenart der näheren Umgebung werde durch den 30 m langen [X.] des [X.] und einen unmittelbar benachbarten, nahezu gleich langen ehemaligen [X.] geprägt, dessen Wirtschaftsteil inzwischen ebenfalls gewerblich genutzt werde und der zusammen mit dem Wohnteil mit dem Gebäude des [X.] vergleichbar sei. Das klägerische Gebäude sei kein Fremdkörper im bestehenden Dorfgebiet, sondern eine für ein Dorfgebiet typische Anlage. Das Vorhaben des [X.] füge sich nach der unverändert gebliebenen Grundfläche, der etwas verringerten Firsthöhe und der um ein Geschoss erhöhten Geschosszahl ohne Weiteres in die nähere Umgebung ein. [X.] sei, dass es in der näheren Umgebung kein derartig langes Wohngebäude gebe. Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müsse, seien jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Füge sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so komme es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfüge, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht sei. Mit der höheren Geschosszahl halte sich das Vorhaben im Rahmen der Umgebungsbebauung, weil sich in der Nachbarschaft bereits ein dreigeschossiges Gebäude befinde. Der Umstand, dass das Referenzgebäude eine Länge von nur etwa 18 m aufweise‚ sei unerheblich. Die einzelnen Kriterien der Grundfläche, der Höhe und der Geschossigkeit‚ die das Maß der baulichen Nutzung konkretisierten‚ würden nicht nur durch einzelne Gebäude in ihrer konkreten Ausgestaltung, sondern durch alle die Eigenart der näheren Umgebung prägenden Gebäude in ihrer Gesamtheit bestimmt. Daraus folge, dass sich ein dreigeschossiges Gebäude auch dann einfüge, wenn es eine größere Grundfläche aufweise als ein ansonsten maßstabsbildendes dreigeschossiges Gebäude.

6

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von [X.]undesrecht.

8

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des umstrittenen Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.], weil das [X.]augrundstück [X.]estandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist. Das ist zwischen den [X.]eteiligten unstreitig. Ebenfalls nicht streitig ist, dass sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung, der [X.]auweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hängt mithin allein davon ab, ob es sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verstoß gegen [X.]undesrecht bejaht.

9

1. Der die nähere Umgebung bildende [X.]ereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den [X.] Charakter des [X.]augrundstücks prägt oder doch beeinflusst ([X.]VerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - [X.]VerwGE 55, 369 <380>; [X.]eschluss vom 20. August 1998 - 4 [X.] - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 191 S. 75). Er ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.] bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 13. Mai 2014 - 4 [X.] 38.13 - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 217 S. 24). Der Verwaltungsgerichtshof hat die geografischen Grenzen der näheren Umgebung des [X.]augrundstücks für die [X.]eurteilung des [X.] nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht markiert. Die [X.]eteiligten waren sich aber schon erstinstanzlich einig, dass sich die nähere Umgebung insoweit aus den das [X.]augrundstück umgebenden Flurstücken 42, 322/2, 326/1, 45/1 und 182/4 zusammensetzt. Hierauf darf das Revisionsurteil gestützt werden (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 14. Februar 1968 - 6 C 53.65 - [X.]VerwGE 29, 127 <130>).

2. Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem [X.]augrundstück selbst und in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist ([X.]VerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 158 S. 101 f.). Nach der tatrichterlichen Würdigung der Vorinstanz wird die Eigenart der näheren Umgebung durch den [X.] auf dem [X.]augrundstück des [X.] und den vergleichbar langen und ähnlich hohen [X.] auf dem östlich gelegenen Flurstück 322/2 geprägt. [X.]eide Gebäude bildeten den Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung ([X.]). Dieser Würdigung liegt kein materiellrechtlich fehlerhafter Maßstab zugrunde.

Der [X.]eklagte beruft sich für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des [X.]s vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - ([X.]VerwGE 152, 275 Rn. 20), wonach [X.]aulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.[X.]. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.[X.]. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, für sich allein genommen in der Regel keine [X.]auten sind, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können. Die Stalltrakte der ehemaligen Einfirsthöfe seien deshalb auch nicht imstande, für die Eigenart der näheren Umgebung maßstabbildend zu sein. Dem folgt der [X.] nicht.

Das in [X.]ezug genommene Urteil des [X.]s deckt den Standpunkt des [X.]eklagten schon deshalb nicht, weil es sich nur zu Anlagen verhält, die eine der Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion aufweisen und mithin in einem weiteren Sinne "Nebenanlagen" zur landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind. Nebenanlagen sind die Stalltrakte der aufgelassenen Einfirsthöfe aber nicht, weil es sich bei ihnen nicht um eigenständige Gebäude handelt. Sie sind vielmehr unselbständige Teile der Einfirsthöfe, die ihrerseits als bauliche Einheiten in Erscheinung treten.

Darüber hinaus befasst sich das vom [X.]eklagten bemühte Urteil des [X.]s vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - ([X.]VerwGE 152, 275) nicht mit dem Tatbestandsmerkmal der Eigenart der näheren Umgebung, sondern allein mit dem Merkmal des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Nur hinsichtlich dieses Merkmals ist Gebäuden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, sowie Nebengebäuden "in der Regel" [X.] abzusprechen ([X.]VerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 a.a.[X.] Rn. 15). Für die [X.]eurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist demgegenüber alles an [X.]ebauung in den [X.]lick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt ([X.]VerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - [X.]VerwGE 95, 277 <279>); außer [X.] gelassen werden darf lediglich, was die [X.]ebauung nicht prägt, weil es nicht [X.] hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint ([X.]VerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 - [X.]VerwGE 84, 322 <325>). Deshalb rechtfertigt das Urteil nicht den Schluss, dass [X.]aulichkeiten, die keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können, auch nicht in der Lage sind, in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil die Eigenart der näheren Umgebung zu prägen.

Der [X.]eklagte hält die Einschränkung des Tatbestands der Eigenart der näheren Umgebung für erforderlich, um einer unerwünschten städtebaulichen Entwicklung Einhalt gebieten zu können. Andernfalls ließe sich das vom [X.]augesetzbuch und der [X.] verfolgte Leitbild einer geordneten Siedlungsstruktur für P. oder vergleichbare Dorfgebiete im Umland von M. nicht mehr angemessen steuern. [X.] die in den Innenbereichen gelegenen Ställe und Scheunen mit ihren für eine landwirtschaftliche Nutzung typischerweise sinnvollen und erforderlichen Gebäudegrößen zum Charakter der Eigenart der näheren Umgebung bei, ließe sich über § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.] nicht verhindern, dass sie in mehrgeschossige Wohngebäude umgewandelt würden und sich die Dörfer im Umkreis M. in Schlaf- bzw. Vorstädte mit [X.] verwandelten mit den entsprechenden Folgeerscheinungen für die Infrastruktur (Verkehrswege, Kinderbetreuung, Schulen etc.).

Die Vorstellungen des [X.]eklagten zur Siedlungsentwicklung im Umkreis von Großstädten sprengen den [X.]eurteilungsrahmen des § 34 Abs. 1 [X.]auG[X.]. Sie haben einen typisch planerischen Einschlag. Die [X.]augenehmigungsbehörde hat indes, wenn sie § 34 Abs. 1 [X.]auG[X.] anwendet, keine planerische Entscheidung zu treffen, die Einfluss auf künftige Entwicklungen nimmt oder künftige Ereignisse bereits vorwegnehmend berücksichtigt ([X.]VerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 155 S. 78). Die planungsrechtliche Vorentscheidung hat der Gesetzgeber selbst getroffen. Danach sind Gebäude im Innenbereich tendenziell einer Änderung ihrer Zweckbestimmung zugänglich. Die vorhandene [X.]ebauung bestimmt den Gebietscharakter und gibt als Planersatz auch den Maßstab für den Umfang der neuen baulichen Nutzung vor. Der [X.] stimmt dem [X.]eklagten zwar darin zu, dass sich die Zulassung von Wohnnutzung in bisher nicht gekanntem Umfang negativ auf die von den Gemeinden vorgehaltene Infrastruktur auswirken kann. Dem lässt sich aber nur mit den Mitteln der [X.]auleitplanung begegnen (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - [X.]VerwGE 95, 277 <283>) oder - auf [X.] - mit Hilfe von Zielen der Raumordnung.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass sich das Vorhaben des [X.] nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. [X.]ei dieser [X.]eurteilung ist ihm ein Rechtsfehler unterlaufen.

In die Eigenart der näheren Umgebung fügt sich ein Vorhaben ein, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, es sei denn, es lässt die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene [X.]ebauung fehlen ([X.]VerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - [X.]VerwGE 55, 369 <386>). Allerdings kann sich im Ausnahmefall auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, noch in seine nähere Umgebung einfügen; Voraussetzung hierfür ist, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen ([X.]VerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 13.93 - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 172 S. 22). Diese Grundsätze gelten nicht nur für eine Überschreitung des vorgegebenen Rahmens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, sondern auch für ein Überschreiten des Maßes der baulichen Nutzung ([X.]VerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 158 S. 102). [X.]edeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des [X.]s solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in [X.]eziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, [X.] und Höhe, bei offener [X.]ebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das [X.]ild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als [X.]ezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an ([X.]VerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - [X.]VerwGE 95, 277 <278 f.> und [X.]eschluss vom 3. April 2014 - 4 [X.] 12.14 - Zf[X.]R 2014, 493 Rn. 3).

a) Nach der Grundfläche und der Höhe hält sich das Vorhaben im bisherigen Rahmen, weil der ehemalige [X.] des [X.] hinsichtlich beider [X.]estimmungsfaktoren keine wesentlichen Änderungen erfährt. Die Grundfläche bleibt gleich, die Firsthöhe reduziert sich geringfügig. Dass das Vorhaben mit der Änderung der Art der baulichen Nutzung einhergeht und ein Wohnhaus mit einer Grundfläche entstehen lässt, für das es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild geben soll, ist ohne [X.]elang. Zwar ist im Fall der Änderung eines Teils einer baulichen Anlage Gegenstand der bebauungsrechtlichen Prüfung das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt ([X.]VerwG, Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 C 23.95 - [X.] 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 329 S. 92). Die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.] in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind aber jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Fügt sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so kommt es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfügt, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht ist ([X.]VerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 19.93 - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 173 S. 29 und [X.]eschluss vom 6. November 1997 - 4 [X.] 172.97 - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 188 S. 57).

b) Durch den Umbau des Stalltrakts erhöht sich die Zahl der Geschosse von zwei auf drei. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die der [X.] nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, wird der dreigeschossige Ausbau aufgrund der verlängerten Fensterreihe im Obergeschoss und der darüber liegenden Dachgauben auch von außen "auf den ersten [X.]lick" ins Auge fallen ([X.]). Wegen der größeren baulichen Veränderungen, die mit dem Umbau verbunden sind, kommt dem Kläger daher nicht zugute, dass das Gebäude trotz des [X.] in seinen Ausmaßen nahezu unverändert bleibt (vgl. dazu [X.]VerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - [X.]VerwGE 95, 277 <279> und [X.]eschluss vom 21. Juni 2007 - 4 [X.] 8.07 - Zf[X.]R 2007, 687 Rn. 11). Darin ist dem Verwaltungsgerichtshof beizupflichten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass sich das Vorhaben des [X.] deswegen auch nach der [X.] in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, weil sich auf dem Grundstück 326/1 bereits ein dreigeschossiges Gebäude befindet ([X.]). Die Grundfläche des Gebäudes hat er nicht ermittelt, weil er von dem rechtlichen Ansatz ausgegangen ist, dass Gebäude mit derselben [X.] unabhängig von ihrer Grundfläche als Referenzobjekte in [X.]etracht kommen ([X.]). Dieser Ansatz ist mit [X.]undesrecht nicht vereinbar. Für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die vorhandenen "Gebäude" in der näheren Umgebung zueinander in [X.]eziehung zu setzen ([X.]VerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - [X.]VerwGE 95, 277 <278 f.> und [X.]eschluss vom 3. April 2014 - 4 [X.] 12.14 - Zf[X.]R 2014, 493 Rn. 3). Gebäude prägen ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 [X.]auNVO, sondern erzielen ihre optische maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild. Das hat den [X.] schon in seinem Urteil vom 23. März 1994 (a.a.[X.] <279>) dazu bewogen, kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, [X.] und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von [X.]estimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, [X.]aulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspräche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 [X.]auG[X.], eine angemessene Fortentwicklung der [X.]ebauung eines [X.]ereichs zu gewährleisten.

Die Sache ist nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen, damit der Verwaltungsgerichtshof den Sachverhalt weiter aufklärt und würdigt. Eine in etwa gleiche Gebäudehöhe unterstellt, muss er feststellen, mit welcher Grundfläche das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 einen Vergleichsmaßstab bildet und ob die Grundfläche des [X.]s des [X.] diesem Maßstab entspricht. [X.]ei dem Abgleich der Grundflächen kommt es nicht auf mathematische Präzision an. Da das Erfordernis des [X.] nicht zur Uniformität zwingt ([X.]VerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - [X.]VerwGE 55, 369 <386>), ist es nicht notwendig, dass ein streitiges Vorhaben den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen exakt einhält. Es können sich deshalb auch solche Vorhaben hinsichtlich in Rede stehender [X.]eurteilungsmaßstäbe einfügen, die über den vorhandenen Rahmen unwesentlich hinausgehen (OVG [X.], Urteil vom 8. Januar 1988 - 2 [X.] - [X.]RS 48 Nr. 4 S. 17). Erst bei einer wesentlichen Überschreitung des Rahmens schließt sich die Frage an, ob sich ein Vorhaben dennoch einfügt, weil es nicht geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen.

Der [X.] kann von der Zurückverweisung nicht deshalb absehen, weil sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, dass das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 18 m lang ist. Denn die Länge lässt keinen Rückschluss auf die Größe der Grundfläche zu, und ein Vergleich der Länge mit der ebenfalls bekannten Länge des [X.]s des [X.] ist nicht zielführend, weil die Längenmaße keine [X.]estimmungsgröße für das Maß der baulichen Nutzung sind (vgl. § 16 Abs. 2 [X.]auNVO).

Meta

4 C 7/15

08.12.2016

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 8. Oktober 2015, Az: 1 BV 14.1795, Urteil

§ 34 Abs 1 S 1 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 08.12.2016, Az. 4 C 7/15 (REWIS RS 2016, 1130)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1130

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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