Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2003, Az. 1 StR 507/02

1. Strafsenat | REWIS RS 2003, 4047

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[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 507/02vom11. März 2003in der Strafsachegegenwegen Totschlags u. [X.] 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.] [X.] am [X.]. Wahl,[X.],[X.],[X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenkläger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. April 2002, soweit es ihn betrifft, [X.] mit den Feststellungen aufgehoben.2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeich-nete Urteil mit den Feststellungen aufgehobena) soweit der Angeklagte wegen Diebstahls verurteilt [X.]) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen. Von Rechts wegen- 4 -Gründe:I.1. Die [X.] hat festgestellt:a) In der Nacht vom 18. auf 19. März 2001 hielten sich nur noch der19jährige Angeklagte und [X.] in einem [X.] Lokal aufund tranken Whisky. Der Angeklagte glaubte, er sei eingeladen. Als er zahlensollte, gab es Streit, [X.]drohte mit Anzeige wegen Zechprellerei. Dies er-regte den Angeklagten so, daß er aus seiner Jacke, die er abgelegt hatte, eingroßes Küchenmesser - er ging —nachts nie unbewaffnetfi aus - nahm und[X.]in Tötungsabsicht in den Rumpf stieß. [X.]flüchtete; der Ange-klagte verfolgte ihn durch die Küche bis in den Innenhof einer Wohnanlage, woer erneut so heftig auf ihn einstach, daß das Messer nicht unerheblich [X.] wurde. Der Angeklagte schrie so laut, daß Anwohner der Wohnanlage er-wachten. Sie verstanden einzelne Worte, wie [X.] er lasse sich nicht —verar-schenfi und —[X.] Der Angeklagte ließ schließlich von [X.] ab undging in das Lokal zurück. Er wollte seine Jacke holen, entschloß sich [X.], dort zu stehlen und nahm die gefüllte [X.] [X.] san sich. Dann verließ er das Lokal, wobei er das Messer, mit dem er P. niedergestochen hatte, auf den Küchenboden warf. [X.] starb am [X.] an den [X.]) Am 5. April 2001 bemerkten der Angeklagte und der rechtskräftig ab-geurteilte frühere Mitangeklagte [X.]in einem (anderen) Lokal die gut [X.]. Insbesondere auf Drängen von [X.]beschlossen [X.] zu überfallen und versteckten sich in der Nähe des Lokals. Als derWirt und ein Begleiter das Lokal verließen, fielen der Angeklagte und [X.]über sie her, der Angeklagte schlug mit einem Vierkantholz auf sie ein. [X.] ging bewußtlos zu Boden, der Wirt konnte fliehen. Er ließ dabei [X.] mit 4.000 DM zurück, die sich der Angeklagte und [X.] teilten.2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat die [X.] [X.] unter Anwendung von allgemeinem Strafrecht (Erwachsenenstraf-recht) wie folgt verurteilt: Im ersten Komplex wegen Totschlags zu zehn [X.] sowie wegen Diebstahls zu 6 Monaten Freiheitsstrafe; im zwei-ten Komplex wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperver-letzung in zwei Fällen zu fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. [X.] Strafen hat sie eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren gebildet.3. Gegen dieses Urteil richten sich die auf die Sachrüge gestützten Re-visionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft.Die uneingeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten führt [X.], es sei zu Unrecht allgemeines Strafrecht angewendet worden. Sie hat [X.] Erfolg. Die Staatsanwaltschaft wendet sich allein dagegen, daßder Angeklagte im ersten Komplex nicht wegen aus Habgier begangenen [X.] verurteilt wurde. Insoweit hat sie keinen Erfolg; das Rechtsmittel führt [X.] Aufhebung der Verurteilung wegen Diebstahls und damit auch der Gesamt-strafe.[X.] -Die Revision des Angeklagten:1. [X.] enthält keinen Fehler zum Nachteil des Angeklag-ten. [X.] Ausführung bedarf nur folgendes:a) Gegen die Begründung, mit der die [X.] Diebstahl an [X.] bejaht, bestehen allerdings rechtliche Bedenken.Gleichwohl tragen die Feststellungen die Annahme eines Diebstahls.Die [X.] nimmt an, der niedergestochene [X.] habe [X.] seines Zustandes keinen Gewahrsam an seiner Geldtasche mehr [X.], der Angeklagte habe jedoch den [X.] des abwesenden [X.] gebrochen.Ein Angestellter, der allein eine Kasse zu verwalten und über deren In-halt abzurechnen hat, hat in der Regel [X.] am Kasseninhalt([X.] NStZ-RR 2001, 268; [X.], Urteil vom 7. November 2000 - 1 StR 377/00m.w. [X.]). Ob für die Geldtasche des allein im Lokal anwesendern Kellners [X.] gelten könnte, erscheint fraglich. [X.]hatte jedoch bis zu seinem [X.] an seiner Habe ([X.] NJW 1985, 1911 m.w.[X.]).b) Tateinheit (§ 52 StGB) zwischen Totschlag und Diebstahl (vgl. [X.]St47, 243 m.w.[X.]) liegt nicht vor. Die Feststellung zum Zeitpunkt, zu dem der An-geklagte den Vorsatz zur Wegnahme der [X.] faßte, beruhtnicht auf dem [X.], sondern auf der Überzeugung der [X.].- 7 -2. [X.] hat keinen Bestand. Die [X.] hat [X.] zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten allgemeines Strafrecht ange-wendet. Weder sei der Angeklagte noch einem Jugendlichen gleichzusetzen(§ 105 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) noch lägen [X.] vor (§ 105 Abs. 1Nr. 2 [X.]). Die Revision macht zutreffend geltend, daß die Ablehnung der An-wendung von Jugendstrafrecht nicht rechtsfehlerfrei begründet [X.]) Gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist auf einen Heranwachsenden [X.] anzuwenden, wenn die Gesamtwürdigung der [X.] bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß [X.] der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch [X.] gleichstand. Das [X.] geht bei der Beurteilung des Reifegradesnicht von festen Altersgrenzen aus, sondern es stellt auf eine dynamische Ent-wicklung des noch jungen Menschen zwischen 18 und 21 Jahren ab. [X.] gleichzustellen ist der noch ungefestigte und prägbare Heran-wachsende, bei dem [X.] noch in größerem Umfang wirksamsind. Hat der Angeklagte dagegen bereits die einen jungen Erwachsenenkennzeichnende Ausformung erfahren, dann ist er nicht mehr einem [X.] gleichzustellen und auf ihn ist allgemeines Strafrecht anzuwenden. [X.] die Anwendung von Jugendstrafrecht oder allgemeinem Strafrecht nichtim Verhältnis von Regel und Ausnahme; § 105 Abs. 1 Nr. 1 [X.] stellt keineVermutung für die grundsätzliche Anwendung des einen oder anderen Rechtsdar. Nur wenn dem Tatrichter, dem bei der Entscheidung dieser Frage einweites Ermessen eingeräumt ist, nach Ausschöpfung aller MöglichkeitenZweifel verbleiben, muß er die Sanktionen dem Jugendstrafrecht entnehmen(vgl. Senatsurteil vom 9. August 2001 - 1 [X.] = [X.] NJW 2002, 72 ff.m.w.[X.]).- 8 -b) Zur bisherigen Entwicklung des Angeklagten und zu seinem [X.] die [X.] festgestellt:[X.] lebt in einer Unterkunft für —nicht vermittel-bare [X.] Handgreiflichkeiten sind —an der [X.] Im Umfeld [X.] —schwierige [X.] Verhältnisse, Kriminalität, Alkoholismus und Drogen-konsumfi. Der Angeklagte, —ein wildes, trotziges Kindfi, wurde nach drei Mona-ten Schulzeit —in die Sonderschule für Erziehungsschwierige umgeschultfi.Nach mehreren [X.] wurde er mit 16 Jahren von der Schule verwie-sen. Darauf steigerte er seinen früh begonnen Konsum von Alkohol und Dro-gen. Er lebte —nur noch in den [X.], sämtliche Versuche, ihn zu einerAusbildung oder einer Arbeit oder auch zum Erwerb des Führerscheins zu ver-anlassen, scheiterten an seinem Desinteresse. Soweit er nicht von seinemVater —[X.] wurde, beging er [X.]) Aus alledem ergibt sich ohne weiteres, daß allgemeines Strafrechtnicht wegen einer —normalen [X.] ohne —Auffälligkeiten in dergeistigen und sittlichen Entwicklungfi ([X.] NStZ 1984, 467 m.w.[X.]) angewen-det worden ist. Die [X.] ist vielmehr nach Beratung durch zweiSachverständige zu dem Ergebnis gekommen, wegen des beim [X.] im Vorschulalter einsetzenden Fehlverhaltens und seiner [X.] bestünden kaum Chancen einer Nachreifung.—Die Zusammenschau der maßgeblichen Umstände und seiner Delinquenzführt zu dem Schluß, daß die vom Angeklagten ausgehenden Aggressionen [X.] beruhen, die bereits bei dem 19 ½ jährigen Angeklagten unbeheb-bar warenfi. Mit dieser Formulierung geht die [X.] ersichtlich davon- 9 -aus, daß beim Angeklagten [X.] vorliegen. Sie nimmt [X.] an, diese Rückstände seien nicht behebbar, so daß die Entwicklung [X.] bei den Taten bereits abgeschlossen war. Nur deshalb stehe [X.] Jugendlichen nicht mehr gleich.d ) Wie der Senat bereits ausgeführt hat ([X.] NJW 2002, 72 ff.; ebenso[X.], Urteil vom 6. März 2003 - 4 [X.]), ist Jugendstrafrecht auch dannunanwendbar, wenn der Heranwachsende zwar noch einem Jugendlichengleich steht, er seine Entwicklung aber bereits abgeschlossen hat. Kann nichtmehr erwartet werden, daß er über die erreichte Entwicklungsstufe hinaus ge-langt und daß die im Jugendstrafrecht vorgesehenen Rechtsfolgen bei [X.] wirksam werden können, so ist auf ihn allgemeines Strafrecht anzuwen-den. Allerdings ist erfahrungsgemäß eine die Chancen jeder Nachreifung ge-ring achtende, pessimistische Einschätzung völliger Entwicklungsunfähigkeitbereits in der Phase zwischen 18 und 21 Jahren nur ausnahmsweise mit dererforderlichen hohen prognostischen Sicherheit möglich; sie erfordert eine Zu-sammenschau aller für die gesamte Entwicklung maßgeblichen Umstände undderen eingehende Würdigung. Dem werden die Ausführungen der Jugend-kammer nicht in jeder Hinsicht gerecht:(1) So hat der Sachverständige [X.], dem sich die [X.](ebenso wie dem Sachverständigen Dr. F. ) in vollem Umfang an-schließt, ausgeführt, daß der Angeklagte —eine Reihe guter Möglichkeiten auf-weise, die sich im Umgang mit seiner materiellen Umwelt und in deren Hand-habung niederschlügenfi. Dies ist nicht näher ausgeführt. Die [X.] Lebensführung des Angeklagten lassen nicht erkennen, daß sich [X.] niederschlagen. Andererseits sprechen —gute [X.] -tenfi eines jungen Menschen hinsichtlich seines Umgangs mit der Umwelt dafür,daß zumindest eine gewisse Aussicht besteht, daß sich diese Möglichkeitennoch realisieren werden. Mit der weittragenden Diagnose unbehebbarer [X.] erscheint dies jedenfalls ohne nähere Darlegung unver-einbar.(2) Sind, wie hier, schwerwiegende Gewaltdelikte abzuurteilen, so ist dieerforderliche Gesamtwürdigung insbesondere auch auf Erkenntnisse zum Um-gang mit Aggression und Gewalt zu erstrecken (Senat aaO, 76).Hier sind jedoch schon die Feststellungen zu der - auch nur eher [X.] gewürdigten - Delinquenz des Angeklagten nicht klar:Der Angeklagte wurde zwischen 1997 und 2001 insgesamt sechs [X.], mehrfach wegen Diebstahls, außerdem wegen [X.], Urkundenfälschung, Nötigung und Erwerbs von Betäubungsmitteln.Näheres zu den Taten ist nicht mitgeteilt, es wurden aber nur deutlich unter derSchwelle von Jugendstrafe liegende Maßnahmen nach dem [X.] verhängt.Anhaltspunkte für besondere Gewalttätigkeiten ergeben sich aus alledem nicht.Allerdings führt die [X.] aus, der Angeklagte sei viel häufiger [X.] straffällig geworden, als sich aus den Feststellungen zu [X.] ergebe; er sei aber —meist nicht erwischtfi worden. [X.] in die in Rede stehende Gesamtwürdigung auch Erkenntnisse über nichtabgeurteilte Straftaten einzubeziehen. Dies kann jedoch nur auf der Grundlagekonkreter und tatsächlich klarer Feststellungen geschehen. Daran fehlt [X.]) Der Angeklagte schloß sich mit etwa 14 Jahren —einer Clique ausmehr als 50 Jugendlichen (an), die ihre Zeit mit Alkohol trinken, Haschisch rau-chen und Aggressionen gegenüber anderen Leuten verbrachtenfi. [X.] auf nicht näher beschriebene Aggressionen aus einer großen Gruppeheraus (vgl. allgemein zu —Gruppendynamik und [X.],[X.] 2001, 196 ff.) kann jedoch schwerwiegende Gewaltdelinquenz des Ange-klagten nicht [X.]) Nach der Schulentlassung verschaffte sich der Angeklagte Geld—durch Kleindealen mit Haschisch, Wohnungs- und Kellereinbrüche und ‡Ablin-ken‚ von Geld, Schmuck und [X.] Näheres hierzu ist nicht mitgeteilt. [X.] daher unklar, ob sich der Angeklagte Geld, Schmuck und Kleidung eherbetrügerisch oder eher gewaltsam beschafft hat. Es macht jedoch offensichtlich(auch) im Hinblick auf die Frage einer möglichen Nachreifung einen erhebli-chen Unterschied, ob die hier abgeurteilten Taten Teile einer Kette schwerwie-gender Raub- oder sonstiger Gewaltdelikte sind, oder ob der Angeklagte bishervor allem Straftaten begangen hat, die - wie etwa Einbrüche und Rauschgift-handel - zwar nicht leicht wiegen, aber auch nicht von Gewalttätigkeit gekenn-zeichnet sind.e) Auch gegen die Ausführungen, mit denen die [X.] dasVorliegen von [X.] (§ 105 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) ablehnt, bestehenrechtliche Bedenken. Zwar hat der Tatrichter auch insoweit einen weiten Be-urteilungsspielraum ([X.] NStZ Œ RR 1999, 26, 27 m.w.[X.]) und die bisherigenFeststellungen zu Taten und Täter drängen die Annahme von Jugendverfeh-lungen jedenfalls nicht auf. Die [X.] beschränkt sich jedoch auf [X.], die Verneinung von [X.] bedürfe keiner näheren Er-- 12 -örterung. Dies ermöglicht dem Senat nicht die Überprüfung, ob die Jugend-kammer dabei von einem rechtlich zutreffenden Maßstab ausgegangen ist (vgl.zu alledem zusammenfassend [X.] [X.] 2001, 181 f. m.w.[X.]).3. Um der neu zur Entscheidung berufenen [X.] einheitlicheFeststellungen als Grundlage der neuen Strafzumessung zu ermöglichen,hebt der Senat die der Strafzumessung zugehörigen Feststellungen insge-samt auf. Er bemerkt jedoch, daß die Ausführungen der [X.] zurSchuldfähigkeit des Angeklagten bei den Taten für sich genommen [X.] nicht erkennen lassen.[X.] Revision der [X.] Die Staatsanwaltschaft hält die Annahme, der Angeklagte habe sicherst zur Wegnahme der [X.] entschlossen, nachdem er[X.] niedergestochen hatte, für rechtsfehlerhaft. Zur Begründung verweistsie nicht zuletzt auf den Akteninhalt sowie auf Gang und Ergebnis der [X.]. Das Revisionsgericht gleicht jedoch weder die Urteilsgründe mitdem Akteninhalt ab, noch rekonstruiert es Gang und Ergebnis der [X.] (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Wahl, NJW Œ Sonderheft für G.Schäfer 2002, 73 m.[X.]). Eine zulässige Verfahrensrüge ist insoweit nicht erho-ben. Im übrigen erschöpft sich das Vorbringen in dem Versuch, die Beweiswür-digung der [X.] durch eine eigene zu ersetzen, ohne [X.] aufzuzeigen, wie auch der [X.] in der [X.] -verhandlung vor dem Senat ebenso wie schon in seinem schriftlichen [X.] 12. Dezember 2002 zutreffend ausgeführt hat.2. Die Prüfung weiterer Mordmerkmale war nicht erforderlich.a) Der Angeklagte glaubte, er sei von [X.] eingeladen worden, des-sen Vorwurf der Zechprellerei versetzte ihn in [X.] ([X.]). Die Beanstandungder Staatsanwaltschaft, trotz einer Zechprellerei sei [X.] nichtgeprüft worden, geht ins [X.]) Wie der [X.] in der Hauptverhandlung vor dem [X.] zutreffend ausgeführt hat, war auch eine Erörterung von Heimtücke nichtgeboten.Die [X.] hat festgestellt, daß der Angeklagte vor dem ersten,bereits in Tötungsabsicht gesetzten Stich —das ... Messer ... holte und auf ...[X.] losgingfi. Dies legt die Annahme, [X.] sei bei Beginn dieses An-griffs arglos im Sinne des [X.] der Heimtücke gewesen (vgl. [X.]RStGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13 und 17 m. zahlr. [X.]) nicht nahe. Es ist [X.] erkennbar, worauf sich nach dem Tode [X.]s noch Feststellungendarüber stützen ließen, wann er die ihm drohende Gefahr erkannte (vgl. [X.]St33, 363, 365).3. Es wäre jedoch Diebstahl mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB) zuprüfen gewesen. Der Angeklagte hat das Messer, mit dem er [X.] ersto-chen hatte, erst beim Verlassen des Lokals weggeworfen, hatte es also beidem Diebstahl bei sich. Ein (großes) Küchenmesser fällt an sich unter § 244- 14 -Abs. 1 Nr. 1 a StGB (vgl. [X.]St 43, 265, 269; BayObLG NJW 1999, 2535 f.;[X.]/[X.] 51. Aufl. § 244 Rdn. 3 jew. m.w.[X.]). Ob es trotz seinerBeschädigungen (vgl. [X.]) noch funktionsfähig war (vgl. [X.]/[X.] aaORdn. 12 m.w.[X.]), bedarf tatrichterlicher Prüfung, ebenso die subjektiven Vor-aussetzungen von § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB (vgl. hierzu [X.] NStZ- RR 2003,12 f. m.[X.]).4. Auch unabhängig davon enthält die Strafzumessung wegen [X.] einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler, da § 243StGB nicht geprüft ist, obwohl die Voraussetzungen des [X.]s gemäߧ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB vorliegen. Der schwerverletzte [X.] warhilflos und konnte deshalb die Wegnahme seiner [X.] nichtverhindern. Der Grund der Hilflosigkeit des Opfers ist ohne Bedeutung (Trönd-le/[X.] aaO § 243 Rdn. 21). Daher fällt es auch unter das [X.],wenn der Täter eine von ihm selbst aus anderen Gründen herbeigeführte [X.] für einen auf Grund neuen Entschlusses begangenenDiebstahl ausnutzt ( [X.], Beschluß vom 19. Februar 2002 Œ 1 StR 28/[X.] bewaffneter Diebstahl vor (vgl. [X.]), würde § 243 StGB dahinterzurücktreten ([X.]St 33, 50, 53 m.w.[X.]). Dies stünde der strafschärfenden Be-rücksichtigung des Umstandes, daß zugleich ein Hilfloser bestohlen wurde,nicht entgegen (vgl. [X.]St 21, 183, 185; [X.], Beschlüsse vom 19. [X.] 4 StR 498/81 und vom 9. März 1977 Œ 3 StR 512/76); das gesteigerteUnrecht eines bewaffnet begangenen Diebstahls steht in keinem inneren Zu-sammenhang mit dem ebenfalls gesteigerten Unrecht eines Diebstahls [X.] eines Hilflosen (vgl. auch [X.] b. Pfister NStZ - RR 2001, 365 m.[X.]).- 15 -6. Mit der Aufhebung der Verurteilung wegen Diebstahls entfällt die Ge-samtstrafe. Ein Einfluß der aufgezeigten Mängel auf die Einzelstrafe wegendes Totschlags ist ausgeschlossen. Da sie auch sonst ohne den Angeklagtenbegünstigenden Fehler festgesetzt wurde, ist die Revision der [X.]) insoweit zu verwerfen. Darauf, daß dieses Rechtsmittel auch zu [X.] des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), kommt es nicht an, da der [X.] schon auf die Revision des Angeklagten aufzuheben war ([X.], [X.] 23. Januar 2003 - 4 [X.]; [X.] VRS 50, 369, 370; [X.]/[X.] StPO 25. Aufl. § 301 Rdn. 9 jew. m.w.[X.]).Nack Wahl Boetticher [X.] Kolz

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1 StR 507/02

11.03.2003

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2003, Az. 1 StR 507/02 (REWIS RS 2003, 4047)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4047

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