Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. III ZR 106/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7594

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 106/12

Verkündet am:

7. März 2013

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
7.
März 2013
durch den Vizepräsidenten [X.] sowie [X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.]s [X.]
vom 9.
März 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem [X.]n Schadensersatz in dessen
Ei-genschaft als Treuhänder.

Der S.

A.

, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(im Folgenden: [X.]),
war ein Zusammenschluss von
Kapitalanlegern, die speku-lative Wertpapiertermingeschäfte durchführten.
Der [X.] war
mit dem [X.] über einen Treuhandvertrag verbunden, der unter anderem folgende Regelungen enthielt:

1
2
-

3

-


2 Gegenstand des Treuhandvertrages

Der Treuhänder hat bei der D.

-Bank AG, M.

in
eigenem
Namen, aber für Rechnung des Treugebers, das Konto

eröffnet.

Der Treugeber bzw. dessen Gesellschafter werden zur Geldanlage [X.] Gelder auf das o.g. Konto des Treuhänders überweisen.

§
3 Rechte und Pflichten des Treuhänders

Der Treuhänder verpflichtet sich:

b)
ein Verzeichnis über
die übergebenen Vermögenswerte und deren Einzahler zu führen (Treugeberregister)

§
4 Pflichten des Treugebers

Der Treugeber verpflichtet sich,

a) dem Treuhänder jede Einzahlung auf das Treuhandkonto schriftlich anzuzeigen mit Angabe der vollständigen Personalien des einzahlenden Gesellschafters,

§
6 Information durch den Treuhänder

Der Treuhänder bestätigt dem Gesellschafter den Eingang der Einzah-lung sowie den damit erworbenen Gesellschaftsanteil.

Immer zum Quartalsende informiert der Treuhänder die Gesellschafter "

Am 12.
Februar 2007 ging auf dem Treuhandkonto mit dem Betreff "[X.]"
ein Betrag von 99.994

behauptet, hierbei
handele es sich um sein Geld.

In der Folgezeit wurde der [X.] von der [X.] überprüft, da diese damals der Ansicht war, es handele 3
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-

4

-

sich möglicherweise um eine erlaubnispflichtige Tätigkeit im Sinne von §
32 KWG. Im Juli 2007 verteilte der [X.] nach Auflösung des [X.] die vorhandenen Beträge entsprechend den Anteilen unter den Gesellschaftern des
[X.], soweit sich deren Namen in dem in Listenform geführten [X.] befanden. Der Name des [X.] war in dieser Liste jedoch nicht enthalten. Über das Vermögen des
[X.] wurde am 18.
Januar 2010 das [X.] eröffnet.

Der Kläger hat den [X.]n auf Schadensersatz in Anspruch genom-men. Die Klage hat in erster Instanz keinen Erfolg
gehabt. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] -
unter Abweisung der weitergehenden Kla-ge
-
den [X.]n zur Zahlung von 92.170,30

Kosten ver-urteilt. Hiergegen richtet sich die vom Senat -
beschränkt auf den Einwand des Mitverschuldens
-
zugelassene Revision des [X.].

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass dem
Kläger Scha-densersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt eines echten Vertrags zuguns-ten Dritter nach §
280 Abs.
1, §
328 BGB zustünden. Der [X.] habe seine Pflichten aus dem Treuhandvertrag dadurch verletzt, dass er die Herkunft des 5
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-

5

-

mit dem Betreff "Blitzüberweisung"
auf dem Treuhandkonto eingegangenen Betrags nicht abgeklärt habe. Der Einwand des [X.]n, der Kläger müsse sich eine Pflichtverletzung des [X.] im Hinblick auf §
4 des [X.] zurechnen lassen, greife nicht. Nach dem Vortrag des [X.]n habe es der [X.] entgegen § 4 unterlassen, ihm die streitgegenständliche
Einzahlung auf das Treuhandkonto schriftlich mit Angabe der vollständigen Personalien des einzahlenden Gesellschafters anzuzeigen. Zwar sei grundsätzlich
nach §
254 Abs.
2 Satz
2, §
278 BGB im Bereich der [X.] ein Einstehen für das Mitverschulden eines [X.] möglich. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor, da es sich beim [X.] im Verhältnis zum Kläger nicht um dessen Erfüllungsgehilfen handele. Anhaltspunkte für ein mitwirkendes [X.] des [X.] bei der
Schadensabwendung
bzw. -minderung (§
254 Abs.
2 BGB) bestünden nicht. Ein Verstoß des [X.] gegen die Schadens-minderungspflicht wegen unterlassener Forderungsanmeldung im Insolvenzver-fahren scheitere schon daran, dass die Mitgliedschaft des [X.] im [X.] vom [X.]n bis heute in Zweifel gezogen werde.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.
Bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter stehen nach §
334 BGB Einwendungen aus dem [X.] auch gegenüber dem [X.] zu. Dementsprechend muss sich der geschädigte Dritte -
nicht anders als bei einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten eines [X.] (§§ 334, 242 BGB analog;
vgl. nur [X.], Urteile
vom 7. November 1960 -
VII ZR 148/59, [X.]Z 33, 247, 250
und 14. Juni 2012 -
IX [X.], [X.]Z 193, 297 Rn. 35; 8
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-

6

-

Senat, Urteil vom 10. November 1994 -
III ZR 50/94, [X.]Z 127, 378, 384 f
mwN) -
ein Mitverschulden des Vertragspartners des Versprechenden nicht nur dann zurechnen lassen, wenn dieser sein Erfüllungsgehilfe gewesen ist und insoweit §
254 Abs.
2 Satz
2 BGB eingreift.

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass die Vertragsparteien die Rege-lung des §
334 BGB -
gegebenenfalls
auch stillschweigend
-
abbedingen (vgl. nur [X.], Urteil vom 17. Januar 1985
-
VII ZR 63/84, [X.]Z 93, 271, 275 f; Se-nat, Urteile vom 10. November 1994, aaO S. 385 und vom 12.
November 1998, -
III ZR 275/97,
[X.]R BGB § 334 -
Zurückbehaltungsrecht 1 = juris Rn. 26). Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen, sodass für das Revisionsverfahren von der Anwendbarkeit des § 334 BGB aus-zugehen ist. Soweit daher der Kläger mit der Revisionserwiderung vorträgt, die [X.]en hätten § 334 BGB konkludent abbedungen, sind die hierzu notwendi-gen Feststellungen vom Tatrichter nachzuholen.

2.
Zu Unrecht hat das [X.] eine Verletzung der Schadens-minderungspflicht wegen unterlassener Forderungsanmeldung im Insolvenzver-fahren mit
der Begründung verneint, dass der [X.] die Mitgliedschaft des [X.] im [X.] bis zuletzt in Zweifel gezogen habe. Eine [X.] kann sich hilfsweise durchaus auf Vorbringen berufen, das ihrem Hauptvorbringen wider-spricht (vgl. nur Senat, Urteil vom 10.
Januar 1985 -
III
ZR 93/83, NJW 1985, 1841, 1842
mwN). Insoweit konnte der [X.] die Mitgliedschaft des [X.] im [X.] und damit eine Haftungsvoraussetzung bestreiten, ohne dass es ihm deshalb verwehrt war, sich für den Fall des Nachweises der Mitgliedschaft auf ein etwaiges Mitverschulden zu berufen.

10
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-

7

-

III.

Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO) und, da die Sache mangels ausreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht zur Ent-scheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO), zur neuen Verhandlung und Entschei-dung an das [X.] zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Das weitere Verfahren gibt dem Berufungsgericht auch die Gelegenheit, sich mit den Einwänden des [X.] in seiner Revisionserwiderung zum Mitver-schulden
näher auseinander zu setzen.

Hinsichtlich der stillschweigenden Abbedingung des § 334 BGB ist [X.] hinzuweisen, dass sich diese
insbesondere aus der
Natur des Deckungs-verhältnisses ([X.] und dem [X.])
ergeben kann
(Senat, Urteil vom 10. November 1994, aaO S. 385). Dabei liegt es bei [X.], die -
wie hier -
im Zusammenhang mit der Durchführung und Abwicklung von Anlagegeschäften im Interesse der [X.] geschlossen werden, nahe, dass sich ein Fehlverhalten der Organe der [X.] (hier: der Geschäftsführung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) dann nicht nach §§ 334, 254 BGB anspruchsmindernd auswirkt, wenn es die eigentliche Aufgabe des Treuhänders ist, ein solches Fehlverhalten
zu verhindern
(etwa: die zweckwidrige Verwendung von Mitteln der Anleger
durch i-des Treuhänders liegende Information über die Person des Anlegers im Raum, der nur über den Beitritt zur [X.] mit der [X.]n (mittelbar) in Kontakt kommt. In diesem Zusammenhang dürften Bedenken bestehen, eine
vertragswidrig (§ 4 des [X.]) unterlassene Mitteilung der Perso-12
13
-

8

-

nalien des einzahlenden ([X.] durch den
[X.] insoweit als rechtlich unerheblich anzusehen.

[X.]
Wöstmann

[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.08.2010 -
5 O 139/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.03.2012 -
15 U 116/10 -

Meta

III ZR 106/12

07.03.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. III ZR 106/12 (REWIS RS 2013, 7594)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7594

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 145/11

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