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PDF anzeigen[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 187/03vom15. Juli 2003in der Strafsachegegenwegen fahrlässiger Tötung- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 15. Juli 2003,an der teilgenommen haben:[X.] am [X.] [X.] am [X.]. Wahl,[X.],[X.],[X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenkläger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der [X.] das Urteil des [X.] vom 4. November2002 mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch [X.] die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichts-kammer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:1. Die [X.] hat festgestellt:Der Angeklagte und [X.]gerieten beim Zechen am Ufer desLech in Streit. Zunächst warf [X.]den Angeklagten zu Boden, dann wälztensich beide auf dem Boden und schlugen aufeinander ein. Letztlich war der [X.] überlegen. Er stand auf und versetzte dem knienden [X.] einenheftigen Faustschlag in das Gesicht, der eine blutende Verletzung im Mundbe-reich hervorrief. Der Angeklagte ließ von [X.] ab, als eine Spaziergängerindazwischen trat und erklärte, sie habe die Polizei gerufen. Der Angeklagte [X.] zechten dann weiter. Als die Polizei kam, gab sich der Angeklagte als[X.]aus, während [X.]die Personalien des Angeklagten angab. [X.]- 4 -erklärte, er habe sich auf die [X.] gebissen, eine ärztliche Versorgung wün-sche er nicht. Einige [X.] später entfernte sich [X.]: der Angeklagte suchte inden nächsten Stunden mehrfach vergeblich nach ihm. Am nächsten Morgenwurde [X.]tot in einer nahegelegenen Böschung aufgefunden. [X.] war eine zentrale Lähmung bei Blutung unter die harte Hirnhaut nachstumpfem [X.] infolge des heftigen Schlags in das Gesicht.2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte we-gen fahrlässiger Tötung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafevon einem Jahr verurteilt. Für ein vorsätzliches Tötungsdelikt fehlten, nicht zu-letzt wegen des Vor- und Nachtatgeschehens, hinreichende Anhaltspunkte.Körperverletzung mit Todesfolge scheitere daran, daß sich der Angeklagte "[X.] das Fortbestehen der Notwehrlage irrte und dieser [X.] gemäß §16 StGB eine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Körperverletzung entfallen läßt".Allerdings hätte der Angeklagte voraussehen können, daß ein heftiger Faust-schlag gegen den Kopf letztlich den Tod herbeiführen kann.3. Staatsanwaltschaft und Nebenklage machen mit ihren auf die Sachrü-ge gestützten Rechtsmitteln mit Recht geltend, Körperverletzung mit [X.] sei nicht rechtsfehlerfrei verneint.a) Es ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, ob und gegebenenfalls wor-über sich der Angeklagte geirrt hat. Der Angeklagte hat den letztlich tödlichenSchlag ins Gesicht [X.] s bestritten. Daß er etwa außerhalb der [X.] anderes erklärt habe, ergeben die Urteilsgründe nicht. Die Annahme,er habe geglaubt, er dürfe schlagen, kann sich daher weder unmittelbar nochauch nur mittelbar auf Angaben des Angeklagten stützen. Unter diesen Um-ständen ist eine Feststellung darüber, was der Angeklagte geglaubt oder nichtgeglaubt hat, wie jede Feststellung zu einer sogenannten inneren Tatsache nur- 5 -durch Rückschlüsse möglich (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2003 - 1 [X.]/02; NJW 1991, 2094 m.N.). Worauf sich die Annahme stützen könnte, daßder Angeklagte an eine fortbestehende Notwehrlage geglaubt habe, ist [X.] ausdrücklich dargelegt noch aus einer Gesamtschau der [X.]. Es ist weder im Hinblick auf den [X.] noch sonst geboten,zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegendas Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat([X.] NJW 2002, 2188, 2189 m.w.[X.]) Unabhängig davon sind die Erwägungen der [X.] aber auchauf der Grundlage ihrer Feststellungen nicht rechtsfehlerfrei:Sie geht - ohne die Frage des [X.] der Notwehrlage hinrei-chend zu beantworten - davon aus, daß der Angeklagte sich "intensiver alserforderlich verteidigte", obwohl er "erkannte", daß [X.] zum [X.]punkt [X.] "positions- und alkoholbedingt nicht mehr abwehrfähig" war.Wenn aber [X.]nicht mehr abwehrfähig war, liegt nahe, daß er auchnicht mehr angriffsfähig war und daß dies der Angeklagte ebenso erkannte [X.] fehlende Abwehrfähigkeit; jedenfalls wäre dies zu erörtern gewesen. [X.] Angeklagte erkannte, daß von [X.]keine Gefahr mehr drohte, kann sichdie Frage nach seinen Vorstellungen zur Intensität der Abwehr gegen den von[X.] drohenden Angriff nicht stellen. Wenn überhaupt, sprechen die bishe-rigen Feststellungen allenfalls dafür, daß der Angeklagte glaubte, auch gegen-über einem bereits abgeschlossenen Angriff noch Notwehrbefugnisse zu ha-ben. Ein solcher, auch als "Erlaubnisirrtum" oder "indirekter Verbotsirrtum" be-zeichneter Irrtum wäre - nicht wie die [X.] meint, gemäߧ 16 StGB, sondern - gemäß § 17 StGB zu behandeln (vgl. [X.] in [X.] 6 -StGB § 32 Rdn. 221; generell zur Irrtumsproblematik bei Notwehr ders. aaORdn. 219 ff. m.w.[X.] Die Sache bedarf nach alledem neuer Verhandlung und Entschei-dung. Im Hinblick auf eine mögliche Verzahnung zwischen den Feststellungenzum äußeren Tatgeschehen, insbesondere zum Fortbestehen der [X.] den Feststellungen zu den Vorstellungen des Angeklagten hebt der [X.] Feststellungen insgesamt auf.Er bemerkt jedoch, daß die Erwägungen, mit denen die Schwurgerichts-kammer die Vorhersehbarkeit der Todesfolge bejaht, für sich genommen [X.] Überprüfung standhalten würden. Der von der [X.]allerdings nicht ausdrücklich erörterte Umstand, daß [X.] die [X.] Hilfe ablehnte, ändert daran nichts (vgl. [X.]R StGB § 226 (aF) [X.]; Beschluß vom 26. Februar 2003 - 5 StR 27/03).Nack Wahl Boetticher Kolz [X.]
Meta
15.07.2003
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2003, Az. 1 StR 187/03 (REWIS RS 2003, 2304)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 2304
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 StR 327/03 (Bundesgerichtshof)
1 StR 449/13 (Bundesgerichtshof)
Irrtum über Tatumstände bei Putativnotwehrlage
1 StR 449/13 (Bundesgerichtshof)
1 StR 369/01 (Bundesgerichtshof)
2 StR 388/99 (Bundesgerichtshof)
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