Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.11.2014, Az. 1 StR 267/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 1616

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Gegenstand

Steuerstrafverfahren: Konkurrenzverhältnis zwischen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall und gewerbs- und bandenmäßigem Schmuggel nach altem Recht


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2013 werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung entfällt.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten wegen 489 Fällen der „gemeinschaftlichen" gewerbs- und bandenmäßigen Urkundenfälschung sowie wegen 431 Fällen des „gemeinschaftlichen" gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels - hiervon in 171 Fällen in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher" Steuerhinterziehung sowie in weiteren 93 Fällen in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung - jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

2

Die auf mehrere Verfahrensrügen und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten erzielen den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

3

1. Die verfahrensrechtlichen Beanstandungen bleiben aus den in der Antragsschrift des [X.] zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.

4

2. Mit Ausnahme der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Taten hat die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge zum Schuldspruch keinen die Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben.

5

Das [X.] hat bei 171 Fällen des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels, bei denen der Tatzeitpunkt vor dem 1. Januar 2008 lag und bei denen die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 [X.] aF rechtsfehlerfrei angenommen wurden, zugleich eine Verurteilung wegen tateinheitlich begangener „gemeinschaftlicher" Steuerhinterziehung vorgenommen, um „den besonderen Tatbestandsmerkmalen der Gewerbsmäßigkeit und Bandenmäßigkeit, die in § 370 [X.] aF nicht aufgeführt sind, ausreichend Rechnung zu tragen und gleichwohl deutlich zu machen, dass der Strafrahmen des § 370 [X.] aF zur Anwendung kam" ([X.]). Dies begegnet durchgreifenden Bedenken.

6

Bei Schmuggel gemäß § 373 [X.] handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand, der den Grundtatbestand des § 370 [X.] verdrängt (vgl. [X.], Urteile vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12, [X.], 637; und vom 28. September 1983 - 3 StR 280/83, [X.]St 32, 95). Dies gilt für vor dem 1. Januar 2008 begangene Taten trotz unterschiedlicher Strafandrohungen auch dann, wenn - wie hier - zugleich die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 373 Abs. 3 [X.] aF gegeben sind.

7

Der Umstand, dass § 373 [X.] in seiner bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung einen Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsah, während § 370 Abs. 3 [X.] aF für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren androhte, lässt das konkurrenzrechtliche Verhältnis zwischen § 373 [X.] und § 370 [X.] unberührt (vgl. im weiteren Sinne auch § 12 Abs. 3 StGB).

8

Die unterschiedlichen Strafandrohungen wirken sich vielmehr bei der Strafzumessung auf die Strafrahmenwahl aus.

9

Für vor dem 1. Januar 2008 begangene Taten gemäß § 373 [X.] aF, bei denen zugleich die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 [X.] aF verwirklicht sind, ist die Strafe dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 [X.] aF zu entnehmen. Denn es wäre sinnwidrig, diesen Strafrahmen nur deshalb nicht zur Anwendung zu bringen, weil zum Grundtatbestand zusätzlich ein Merkmal, das die Tat als Schmuggel qualifiziert - wie hier Gewerbsmäßigkeit (§ 373 Abs. 1 [X.]) bzw. bandenmäßige Begehung (§ 373 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) - hinzukommt. Der Täter würde andernfalls wegen dieser strafschärfenden Begehungsart milder bestraft werden, als wenn diese fehlte (vgl. [X.], Urteile vom 28. September 1983 - 3 StR 280/83, [X.]St 32, 95; und vom 10. September 1986 - 3 [X.], [X.], 30; [X.]/Gast/[X.], Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 373 Rn. 51; Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 373 Rn. 145; [X.]/[X.] in [X.], § 370 Rn. 485).

Dagegen besteht für nach dem 31. Dezember 2007 begangene Taten nach Anhebung des Strafrahmens des Schmuggels auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren für einen Rückgriff auf den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 [X.] kein Bedürfnis mehr ([X.]/Gast/[X.], aaO; Hilgers-Klautzsch, aaO; [X.]/[X.], aaO).

3. Die Strafzumessung ist nicht zu beanstanden. Der Senat schließt aus, dass sich der Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung auf die Höhe der Einzelstrafen, die das [X.] insoweit zutreffend dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 [X.] aF entnommen hat, und die Bemessung der Gesamtstrafe ausgewirkt hat.

4. Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, die Angeklagten teilweise von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Rothfuß                            Graf                                  Jäger

                     Radtke                        [X.]

Meta

1 StR 267/14

05.11.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 23. Oktober 2013, Az: (536) 245 Js 1132/11 KLs (3/13)

§ 370 Abs 3 AO vom 01.10.2002, § 373 AO vom 01.10.2002

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.11.2014, Az. 1 StR 267/14 (REWIS RS 2014, 1616)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1616

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