Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2017, Az. 4 StR 255/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 6006

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:300817B4STR255.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 255/17

vom
30. August
2017
in der Strafsache
gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 30.
August 2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Freiburg
i.
[X.]. vom 30.
Januar 2017 dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen unter II.
3 der Urteilsgrün-de
im Tatzeitraum vom 20.
Mai 2008 bis zum 19.
Mai 2010 statt wegen sexuellen Missbrauchs einer Jugendlichen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer [X.] in 80
Fällen (lediglich) wegen sexuellen Missbrauchs einer [X.] in 80
Fällen verurteilt wird, und zwar [X.] zu einer [X.] von drei Monaten.
Soweit der Angeklagte verurteilt wurde, wird die Urteilsformel klarstellend wie folgt neu gefasst:
Der Angeklagte wird wegen schweren sexuellen [X.] eines Kindes in
Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer [X.] in 147
Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Miss-brauch einer [X.] in 182
Fällen und wegen se-xuellen Missbrauchs einer [X.] in 80
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
2.
Die weiter gehende Revision wird als unbegründet verwor-fen.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen -
3
-
besonderen Kosten und die der Neben-
und Adhäsionskläge-rin im Rechtsmittelverfahren erwachsenen notwendigen [X.] zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen we-gen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer [X.] in 147
Fällen, wegen sexuellen [X.] eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbe-fohlenen in 182
Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs einer Jugendlichen in Tateinheit mit sexuellem
Missbrauch einer [X.] in 80
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ferner hat es zugunsten der Nebenklägerin eine Adhäsionsentscheidung getroffen.
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der [X.] ersichtlichen gering-fügigen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Der Schuldspruch bedarf in den Fällen unter II.
3 der Urteilsgründe hinsichtlich des Tatzeitraums vom 20.
Mai 2008 bis zum 19.
Mai 2010 der [X.] dahin, dass der Angeklagte in diesen Fällen jeweils

unter Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer Jugendli-chen

allein des sexuellen Missbrauchs von [X.] im Sinne des 1
2
3
-
4
-
§
174 Abs.
1 Nr.
1 StGB i.d.[X.] des Gesetzes vom 27.
Dezember 2003 in 80
Fällen schuldig ist.
Die Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich verwirklichten sexuellen Missbrauchs einer Jugendlichen (§
182 Abs.
2 Nr.
1 i.d.[X.] vom 13.
November 1998 bzw. §
182 Abs.
3 Nr.
1 StGB i.d.[X.] vom 31.
Oktober 2008) muss entfal-len, weil insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Verjährung hat nicht geruht. Dass die Ruhensregelung des §
78b Abs.
1 Nr.
1 StGB seit der durch Art.
1 Nr.
4 des 49.
Gesetzes zur Änderung des StGB vom 21.
Januar 2015 geänderten Fassung (BGBl.
I, S.
10) nunmehr auch bei Straftaten nach §
182 StGB Anwendung findet, was der [X.] nach §
354a StPO zu beachten hat, ändert daran nichts. Diese Regelung gilt zwar auch rückwirkend für vor In-krafttreten dieses Gesetzes am 27.
Januar 2015 begangene Taten. Ihre An-wendung ist indes ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes bereits Verjährung eingetreten war (vgl. nur [X.], [X.]
vom 24.
Juni 2004

4
StR
165/04, [X.]R StGB §
78b Abs.
1 Ru-hen
12). So liegt der Fall hier. Die für die Vergehen nach §
182 StGB geltende Verjährungsfrist von fünf Jahren (§
78 Abs.
3 Nr.
4 StGB) war in den in diesem Zeitraum festgestellten 80
Fällen

davon ist jedenfalls zu Gunsten des Ange-klagten auszugehen, da exakte [X.] nicht festgestellt werden konnten

bereits vor Inkrafttreten der Neufassung von §
78b Abs.
1 Nr.
1 StGB abgelau-fen. Im Übrigen war die erste Verfahrenshandlung, die geeignet gewesen wäre, die Verjährung zu unterbrechen, die verantwortliche Vernehmung des Ange-klagten am 21.
Juli 2015 (§
78c Abs.
1 Nr.
1 StGB).
2.
a)
Da das [X.] (auch) bei den in dem genannten Zeitraum festgestellten 80
Taten sowohl bei der Strafrahmenwahl
als auch bei der [X.] im engeren Sinne die tateinheitliche Begehung mehrerer Delikte 4
5
-
5
-
straferschwerend berücksichtigt hat, kann die in diesen Fällen jeweils verhängte [X.] von zehn Monaten nicht bestehen bleiben. Der [X.] setzt sie in entsprechender Anwendung von §
354 Abs.
1 StPO auf jeweils drei [X.] fest. Dies entspricht der Mindeststrafe des §
174 Abs.
1 StGB. Der Ange-klagte ist dadurch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt beschwert; dass das [X.] hier ohne die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen [X.] einer Jugendlichen eine Freiheitsstrafe als nicht unerlässlich im Sinne des §
47 Abs.
2 StGB angesehen und deshalb lediglich Geldstrafen verhängt hätte, ist angesichts der Zahl und Intensität der abgeurteilten Taten und der Länge des Tatzeitraums mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen.
b)
Dies nötigt aber nicht zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Diese ist
mit fünf Jahren im Verhältnis zur Gesamtzahl von 409
Einzelstrafen zwischen zwei Jahren sechs Monaten (15
Fälle), zwei Jahren drei Monaten (120
Fälle), einem Jahr acht Monaten (12
Fälle), einem Jahr (182
Fälle) und drei Monaten (80
Fälle) maßvoll. Es kann deshalb mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sich die Reduzierung der Einzelstrafen von zehn auf drei Monate in 80
Fällen auf die Höhe der Gesamtstrafe ausgewirkt hat.
3.
Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der [X.] keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten ergeben. Insoweit nimmt der [X.] auf die Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift vom 7.
Juni 2017 Bezug.
Ergänzend bemerkt der [X.]:
Es gefährdet den Bestand des Adhäsionsausspruchs des angefochtenen Urteils nicht, dass das [X.] bei der Bemessung des Schmerzensgeldes 6
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9
-
6
-
neben tatbezogenen Umständen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des [X.] und der Geschädigten berücksichtigt hat.
Insoweit sieht sich der [X.]

in Übereinstimmung mit dem 3.
Straf-senat (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
Juli 2017

3
StR
231/17)

nicht in einer entscheidungserheblichen Divergenz zum Beschluss der Vereinigten Großen [X.]e vom 16.
September 2016 (VGS
1/16, [X.], 179; z. Veröff. in [X.]Z best.). Zwar wird dort ausgeführt, dass Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und deren Einfluss auf die Bemessung der billigen Entschädi-gung in Geld geboten sind, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse dem Einzel-fall ein besonderes Gepräge geben und deshalb bei der Entscheidung aus-nahmsweise berücksichtigt werden müssen ([X.], Beschluss vom 16.
Sep-tember 2016

VGS
1/16, [X.], 179, 188). Aus diesen Maßstäben lässt sich jedoch nicht die Annahme eines Rechtsfehlers folgern, wenn der Tatrichter

wie im vorliegenden Fall

die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und der Geschädigten berücksichtigt, ohne dass diese dem Fall ihr besonderes Gepräge geben (so aber [X.], Beschluss vom 11.
Mai 2017

2
StR
324/14, juris Tz.
10). Vielmehr sieht das Gesetz in §
253 Abs.
2 BGB beim Ausgleich immaterieller Schäden gerade keine starre Regelung vor, sondern eine billige Entschädigung, ohne dem Tatrichter hinsichtlich der zu berücksichtigenden
oder berücksichtigungsfähigen Umstände Vorgaben zu machen ([X.], [X.] vom 16.
September 2016

VGS
1/16, aaO, Tz.
46; [X.], Beschluss vom 11.
Juli 2017

3
StR
231/17).
10
-
7
-
4.
Der geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt keine Kostenteilung gemäß §
473 Abs.
4 StPO.
Sost-Scheible
Cierniak
Franke

Quentin
Feilcke
11

Meta

4 StR 255/17

30.08.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2017, Az. 4 StR 255/17 (REWIS RS 2017, 6006)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6006

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