Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2000, Az. XI ZR 214/99

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2167

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:23. Mai 2000WeberJustizhauptsekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________BGB § 1191; [X.] § 3Bei der Grundschuld ist die formularmäßige Erstreckung der ding-lichen Haftung sowie einer zusätzlichen persönlichen Haftungs-übernahme auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeitendes jeweiligen Sicherungsgebers nicht überraschend im Sinne des§ 3 [X.].[X.], Urteil vom 23. Mai 2000 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündlicheVerhandlung vom 23. Mai 2000 durch [X.] [X.] Siol, [X.], [X.] und Dr. [X.]für Recht erkannt:Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil [X.] Zivilsenats des [X.] vom1. Juli 1999 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an den 13. Zivilsenat des Berufungsgerichts zu-rückverwiesen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Klägerin wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung der [X.] aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkun-de. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:Zur Finanzierung der Gründung, der Erweiterung und des [X.] eines Handels mit Autozubehör und [X.] gewährte [X.], deren Rechtsnachfolgerin die beklagte [X.], der Klägerin und deren Ehemann seit 1983 zahlreiche Kredite. [X.] Urkunde vom 25. Februar 1986 bestellte der Ehemann derKlägerin zugunsten der [X.] an dem ihm gehörenden [X.]grundstück eine Grundschuld über 400.000 DM zuzüglich Zinsen.In dieser Urkunde übernahmen die Klägerin und ihr Ehemann die [X.] für die Zahlung des [X.] nebst [X.] unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in das ge-samte Vermögen. Unter Ziffer 6 der vorformulierten Urkunde ist be-stimmt, daß die Grundschuld "der Sicherung aller bestehenden undkünftigen ... Forderungen der Sparkasse gegen uns, die Eheleute [X.], aus der Geschäftsverbindung" dient. Der nachfolgende Satz überdie Haftung der Grundschuld auch für Forderungen gegen jeden [X.] von mehreren Darlehensnehmern ist gestrichen. Am 2. Juni1986 unterzeichneten die Klägerin und ihr Ehemann ein als "[X.] für Grundschulden" bezeichnetes Formular der [X.], in dem unter anderem auf die hier interessierende Grundschuld [X.] genommen und bestimmt ist, daß sie zur Sicherung für alle beste-henden und künftigen Forderungen der Sparkasse gegen die [X.] ihren Ehemann oder gegen einen von ihnen [X.] 4 -Die Kredite, die Anlaß für die Grundschuldbestellung vom25. Februar 1986 waren, sind inzwischen getilgt. Später aufgenommeneDarlehen, die die [X.] ebenfalls jeweils der Klägerin undihrem Ehemann gemeinsam gewährte, sind in erheblichem [X.] offen.Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne aus der Urkunde vom25. Februar 1986 nicht in Anspruch genommen werden, weil die Über-nahme der persönlichen Mithaftung angesichts ihrer Vermögens- [X.] wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei und weil auchdie Erstreckung der persönlichen Haftung aus der Grundschuldbestel-lung auf später begründete Verbindlichkeiten unwirksam sei.Das [X.] hat die Klage, die Zwangsvollstreckung aus dernotariellen Urkunde vom 25. Februar 1986 für unzulässig zu erklären,abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revi-sion erstrebt die [X.] die Wiederherstellung des [X.].Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils undzur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.[X.] Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidungim wesentlichen [X.] -Die in der notariellen Urkunde vom 25. Februar 1986 enthalteneMithaftungserklärung der Klägerin sei in Verbindung mit der [X.] vom 2. Juni 1986 wegen Verstoßes gegen § 3 [X.] unwirk-sam, soweit sie sich auf solche Forderungen der [X.]n beziehe,die nicht Gegenstand und Anlaß der Grundschuldbestellung [X.]. Die Kreditverbindlichkeiten, zu deren Sicherung die Grundschuldbestellt worden sei, seien aber unstreitig getilgt.Das [X.] sei auf das Vertragswerk vom 25. Februar 1986ungeachtet der notariellen Beurkundung anwendbar, weil dabei ein vonder [X.]n eingebrachter banküblicher Vordruck benutzt worden sei.Die Streichung des Satzes über die Haftung der Grundschuld auch [X.] gegen jeden einzelnen von mehreren Darlehensnehmernhabe nicht dazu geführt, daß die übrigen Regelungen des [X.] den Charakter einer Individualvereinbarung im Sinne des § 4[X.] angenommen hätten.Eine im Sinne des § 3 [X.] überraschende Regelung liege vor,weil die Grundschuldbestellungsurkunde vom 25. Februar 1986 und [X.] vom 2. Juni 1986 hinsichtlich der Reichweite der vonder Klägerin übernommenen Haftung von deren Erwartungen deutlichabgewichen seien. Die Klägerin habe die genannten Urkunden ersicht-lich aus Anlaß des Bemühens der Eheleute um die Erlangung [X.] Geschäftskredite unterschrieben. Ihre Haftung aus den Urkun-den gehe aber viel weiter und umfasse auch Forderungen der Beklag-ten, die der Ehemann der Klägerin allein begründet habe oder in Zu-kunft begründen [X.] -- 7 -II.Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigenes nicht, die noch offenen Kreditforderungen der [X.]n als von [X.] der Klägerin nicht mit umfaßt anzusehen.1. Bei der Prüfung formularvertraglicher Vereinbarungen überden Umfang der durch eine Grundschuld gesicherten Forderungen [X.] am Maßstab des § 3 [X.] muß zwischen Forde-rungen gegen den Sicherungsgeber und solchen gegen Dritte unter-schieden werden. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist die formularmäßige Ausdehnung der dinglichen [X.] auf alle bestehenden und künftigen [X.] in der Regel überraschend im Sinne des § 3 [X.].Das gilt auch dann, wenn der Dritte der Ehegatte des Sicherungsgebersist. Dagegen verstößt die Erstreckung der dinglichen Haftung auf allebestehenden und künftigen Verbindlichkeiten des Sicherungsgebersnicht gegen § 3 [X.], weil das damit verbundene Risiko für ihn hin-sichtlich der Gegenwart überschaubar und im Hinblick auf die [X.] ist. Dasselbe gilt für Verbindlichkeiten, die den [X.] als einen von mehreren Gesamtschuldnern treffen ([X.] 3. Juni 1997 - [X.], [X.], 1280, 1282 m.w.[X.] an dieser Entscheidung von einem Teil der Literatur ([X.] 1998, 914, 915 f.; [X.] 1999, 2, 4 f.; [X.] EWiR 1997,673, 674) geübte Kritik gibt dem Senat zu einer Änderung seinerRechtsprechung keinen Anlaß. Die Erstreckung der dinglichen [X.] auf alle bestehenden und künftigen eigenenVerbindlichkeiten ist insbesondere bei Geschäftskrediten so üblich, daß- 8 -der Sicherungsgeber damit rechnen muß (§ 3 [X.]). Deshalb und [X.] auf die Möglichkeit, die [X.] beeinflussen, wohnt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] nicht einmal der formularmäßigen Ausdehnung der Bürgen-haftung des Geschäftsführers, des Allein- oder des Mehrheitsgesell-schafters für alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten derGmbH, also fremde Schulden, ein Überrumpelungseffekt inne ([X.]Z130, 19, 30; [X.], Urteile vom 11. Dezember 1997 - [X.], [X.], 235, insoweit nicht in [X.]Z 137, 292 abgedruckt, vom10. November 1998 - [X.], [X.], 2145 und vom16. Dezember 1999 - [X.], [X.], 514, 517). [X.], dies bei einem Sicherungsgeber, der für eigene Verbindlichkei-ten eine dingliche Haftung übernimmt, anders zu beurteilen.Dies gilt entsprechend für einen Sicherungsgeber, der eineGrundschuld durch die Übernahme der persönlichen Haftung verstärkt,ohne selbst Eigentümer oder Miteigentümer des belasteten Grund-stücks zu sein. Auch ihm gegenüber verstoßen formularvertragliche [X.] über den Umfang der durch die Grundschuld gesicherten Forde-rungen insoweit nicht gegen § 3 [X.], als sie Forderungen [X.], die sich gegen ihn - sei es als Alleinschuldner, sei es als Gesamt-schuldner - richten.2. Im vorliegenden Fall stammen alle Kreditforderungen, deret-wegen die [X.] die persönliche Haftung der Klägerin aus der voll-streckbaren Urkunde vom 25. Februar 1986 in Anspruch nimmt, [X.], die die [X.] der Klägerin und deren Ehemann gemein-sam für die Erweiterung und den Betrieb eines Handels mit [X.] und [X.] gewährt hat. Für die Rückzahlung dieser Darlehenhaftet die Klägerin nach § 421 BGB als Gesamtschuldnerin neben ih-- 9 -rem Ehemann, sofern ihre Mitverpflichtung nicht nach den [X.] die Sittenwidrigkeit der Mithaftung einkommens- und vermögens-loser Ehegatten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Da das [X.] zu den tatsächlichen Voraussetzungen dieses Nichtig-keitsgrundes, zu denen die Parteien unter jeweiligem Beweisantrittkontrovers vorgetragen haben, keine Feststellungen getroffen hat, [X.] die Revisionsinstanz zugunsten der [X.]n davon auszugehen,daß ihre noch offenen Rückzahlungsansprüche sich auch gegen dieKlägerin richten.Da sowohl die in der Urkunde vom 25. Februar 1986 enthalteneZweckerklärung als auch die gesonderte Zweckerklärung vom 2. Juni1986 jedenfalls insoweit gegenüber der Klägerin wirksam sind, als siederen eigene - auch künftige - Verbindlichkeiten einbeziehen, kann [X.] der [X.]n zur Vollstreckung aus der Urkunde auf [X.] des gegenwärtigen Sach- und Streitstands nicht verneintwerden. Daran würde es nichts ändern, wenn andere Teile der ge-nannten [X.] nach § 3 [X.] unwirksam wären. Es [X.] offenbleiben, ob die Annahme des Berufungsgerichts, bereits diein der Urkunde vom 25. Februar 1986 enthaltene Zweckerklärung be-ziehe auch künftige Verbindlichkeiten nur des Ehemannes der Klägerinmit ein und diese Einbeziehung sei ungeachtet der notariellen [X.] überraschend im Sinne des § 3 [X.], den Angriffen der Re-vision stand hält.II[X.] Berufungsurteil mußte daher aufgehoben werden. Die Sacheist nicht zur Endentscheidung reif, weil die vom Berufungsgericht nicht- 10 -geprüfte Frage, ob die Mithaftung der Klägerin für die Kreditforderun-gen der [X.]n und möglicherweise auch die Übernahme der per-sönlichen Haftung für die Grundschuld nach § 138 Abs. 1 BGB nichtigist, noch der Klärung bedarf. Diese Klärung ist nicht ohne tatsächlicheFeststellungen zu den von der [X.]n bestrittenen Behauptungender Klägerin über ihre Situation sowie Art und Ausmaß ihrer [X.] dem Handelsbetrieb und bei dem Abschluß der [X.]. Deshalb war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.[X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.]

Meta

XI ZR 214/99

23.05.2000

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2000, Az. XI ZR 214/99 (REWIS RS 2000, 2167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2167

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