Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2013, Az. V ZR 203/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6678

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

V ZR 203/11
Verkündet am:

12. April 2013

Langendörfer-Kunz

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 197 Abs. 1 Nr. 3
Durch [X.] bestandskräftig festgestellte Ansprüche nach §
6 Abs.
6a Sätze
4 und 5 [X.] (= §
6 Abs.
6a Sätze 3 und 4 [X.]) verjähren entspre-chend §
197 Abs.
1 Nr.
3 [X.] in 30 Jahren.

[X.], Urteil vom 12. April 2013 -
V ZR 203/11 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2013
durch die Vorsitzende Richterin
Dr.
[X.], [X.]
Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Roth
und die Richterin
Dr.
Brückner

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 22. Zivilsenats des [X.] vom 11. August 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
Tatbestand:

W.

S.

, dessen Erben die Kläger sind, war alleiniger Gesell-schafter einer
GmbH in M.

, die Maschinen-
und Dampfkesselarmatu-ren herstellte. Er wurde strafrechtlich belangt und unter Einziehung seines [X.] verurteilt. Der überwiegende Teil des Betriebsvermögens der GmbH wurde auf einen neu gegründeten VEB Messgeräte-
und Armaturenwerke Karl Marx M.

übertragen. Das Grundvermögen der GmbH wurde in [X.] überführt, als Rechtsträger der erwähnte VEB eingesetzt.

Der VEB wurde in die M.

Armaturenwerke -
M.

AG [X.], die AG wurde Eigentümerin
der Grundstücke, als deren Rechtsträger 1
2
-
3
-
der VEB im Grundbuch eingetragen war. Am 1. Oktober 1990 stellte die W.

S.

GmbH i.L. (fortan die GmbH) einen Antrag auf Restitution des [X.] und der Grundstücke, die ihr entzogen worden waren. Die beklagte [X.] ([X.]) verkaufte die Anteile an der M.

AG mit [X.] an einen Investor, den sie von Ansprüchen der Alteigentümer freizustellen versprach. Die M.

AG verkaufte mit mehreren notariell beurkundeten Verträgen in den [X.] 1991, 1992
und 1995 ungenutzte [X.] der [X.]. Die Restitutionsbehörde
entschied mit

bestandskräftigem

Teilbescheid vom 25. April 1994,

1.
eine Restitution des enteigneten Unternehmens werde abgelehnt, weil dieses stillgelegt und die Voraussetzungen für seine Wiederbelebung nicht gegeben seien,
2.
wegen der übrig gebliebenen Grundstücke werde das Verfahren aus-gesetzt und
3.
für die durch die Beklagte veräußerten, in dem Bescheid mit den Flur-stücksangaben
bezeichneten Grundstücke in M.

stehe der GmbH gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung des erzielten [X.], mindestens aber des
Verkehrswerts
zu.

Später trat die GmbH
ihre Ansprüche an die Kläger ab. Mit der am 7.
April 2009 zugestellten Klage haben die Kläger, gestützt in
erster Linie auf §
6 Abs. 6a Satz 4, hilfsweise auf § 6 Abs. 6a Satz 5 [X.] (in der hier inso-weit noch maßgeblichen Fassung vor dem Inkrafttreten des Wohnraummoder-nisierungssicherungsgesetzes vom 17. Juli 1997, [X.] I S. 1823, am 24. Juli 1997, fortan [X.] = heute § 6 Abs. 6a Sätze 3 und 4 [X.]), Zahlung von 1.684.706,70

nebst gestaffelten Zinsen seit dem 28. Oktober 1994
ver-langt. Die Beklagte hält den Anspruch für unbegründet und erhebt unter ande-rem die Einrede der Verjährung.

3
-
4
-
Das [X.] hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 1.495.511,08

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem [X.] seit Rechtshängigkeit
stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die Klage unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Kläger abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision streben die Kläger eine Verurteilung der [X.] zur Zahlung von 1.662.332,70

nebst Zinsen in gestaffelter Höhe seit dem 28. Oktober 1994 an. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält den Anspruch der Kläger für dem
Grunde nach gegeben. Er ergebe sich aus dem Bescheid der zuständigen Behörde vom 25. April 1994. Darin sei der Anspruch festgestellt. Diese Entscheidung sei für den Zivilrechtstreit zugrunde zu legen und hier nicht zu prüfen. Die [X.] aus dem Bescheid habe die GmbH
wirksam an die Kläger abgetreten. Der Anspruch sei jedoch
verjährt. Es gelte die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach §§ 195, 199 [X.]. Eine Verjährungsfrist von 30 Jahren lasse sich weder aus analoger Anwendung von § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] noch aus einer unmittelbaren oder analogen Anwendung von § 53 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ablei-ten. Die Verjährungsfrist von drei Jahren sei abgelaufen. Sie habe nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EG[X.] mit dem 1. Januar 2002 begonnen, da der Anspruch zu die-sem Zeitpunkt entstanden und den Klägern die Voraussetzungen des [X.] bekannt gewesen seien. Anhaltspunkte für eine Hemmung bestünden nicht. Vergleichsverhandlungen habe die Klägerin zu 1 erstmals am 1.
Septem-ber 2005 eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt sei der Anspruch schon seit etwa ei-4
5
-
5
-
nem
¾ Jahr verjährt gewesen. Die Beklagte sei auch aus Treu und Glauben nicht daran gehindert, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.

II.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der GmbH
als Berechtigter ein Anspruch auf Auskehrung der Erlöse aus der [X.] der in dem [X.] bezeichneten Grundstücke und, so-weit diese hinter dem Verkehrswert zurückbleiben, ein Anspruch auf Zahlung der Differenz zusteht.

a) Dieser Anspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 6a Sätze 4 und 5 [X.]
aF. Er setzt voraus, dass die Restitution eines Unternehmens gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.]
an dessen Stilllegung und die dann nach §
6 Abs. 6a Satz 1 [X.] mögliche Restitution von Vermögenswerten des Unternehmens nach §
6 Abs. 6a Satz 4 [X.]
aF
an deren Veräußerung scheitert. Ob diese Vor-aussetzungen
gegeben sind, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, weil sich die Kläger auf die Feststellung ihres Auskehrungsanspruchs durch den Teilbescheid der Restitutionsbehörde vom 25. April 1994 stützen. In diesem bestandskräftigen Bescheid wird entgegen der Ansicht der [X.] nicht nur allgemein auf die Rechtsfolgen des § 6 Abs. 6a Sätze 4 und 5 [X.] hin-gewiesen, sondern die Verpflichtung der [X.] zur Auskehrung des Erlöses aus der Veräußerung konkret bezeichneter Grundstücke und auf Zahlung der etwaigen Differenz zwischen dem Verkaufserlös und dem Verkehrswert dieser Grundstücke förmlich festgestellt. Dieser
Bescheid ist im vorliegenden Verfah-6
7
8
-
6
-
ren bindend (vgl. Senat, Urteil vom 26. Januar 2007

[X.]/06,
LKV 2007, 526, 527
Rn. 11-13; [X.], Urteil vom 22. März 2006

IV ZR 6/04, [X.], 1237, 1240
Rn.
25
f.).

b) In diesem Zusammenhang nicht zu prüfen ist ferner, ob die Beklagte Schuldnerin des Anspruchs nach § 6 Abs. 6a Sätze 4 oder 5 [X.] ist. Die Restitutionsbehörde hat die Pflicht der [X.] zur Auskehrung der Erlöse aus dem Verkauf der in dem Bescheid bezeichneten Grundstücke bestands-kräftig festgestellt. Auch diese Feststellung ist für das vorliegende Verfahren bindend. Ob sie zutrifft, ist an dieser Stelle nicht zu prüfen.

2. Richtig ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass dieser [X.] wirksam an die Kläger abgetreten worden ist und diese deshalb aktivle-gitimiert sind.

a) Die Abtretung war
zwar
zunächst schwebend unwirksam
(vgl. [X.], Urteil vom 8. Oktober 1975 -
VIII ZR 115/74, [X.]Z 65, 123, 125 f.), weil die Klägerin zu 1 bei diesem Rechtsgeschäft sowohl in eigenem Namen als auch als Liquidatorin der GmbH aufgetreten ist, ohne wirksam von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 [X.] befreit zu sein.
Die erforderliche Befreiung ist aber im Verlauf des Rechtsstreits nachgeholt, die Abtretung durch die Kläge-rin zu 1 für die
GmbH wirksam genehmigt
worden.

b) Der
Wirksamkeit der Abtretung steht, anders als die Beklagte meint, auch nicht der geltend gemachte Verstoß gegen § 30 GmbHG entgegen. Ob die Abtretung überhaupt gegen das [X.] verstößt, ist
zweifelhaft, weil die GmbH nicht mehr werbend tätig ist, sondern liquidiert wird. Jedenfalls führt ein Verstoß gegen das [X.], wie das Berufungsgericht zu-9
10
11
12
-
7
-
treffend erkannt hat,
nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, sondern nach der spezialgesetzlichen Regelung in §§ 31, 43 GmbHG dazu, dass der Gesell-schaft das entzogene
Stammkapital wieder zuzuführen ist und dass die Gesell-schafter
und der
Geschäftsführer
nach §
31
Abs. 3, § 43 Abs. 3 GmbHG für den Ausfall haften ([X.], Urteile vom 23. Juni 1997 -
II ZR 220/95, [X.]Z 136, 125, 129 f. und vom 25. Juni 2001 -
II ZR 38/99, [X.]Z 148, 167, 171). Dasselbe gilt nach § 73
Abs. 3 GmbHG bei einer vorzeitigen Verteilung des Vermögens unter den Gesellschaftern, wenn diese zu der Schädigung eines Gläubigers der GmbH führt.

3. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht aber an, der
Anspruch sei verjährt.

a) Ansprüche nach § 6 Abs. 6a Sätze 4
oder 5
[X.] unterliegen
al-lerdings
an sich der regelmäßigen Verjährungsfrist
([X.], NJ 2007, 488).

[X.]) Entschieden ist die Anwendung der regelmäßigen Verjährungsfrist für die Ansprüche des Berechtigten gegen den Verfügungsberechtigten aus § 7 Abs. 7 [X.] (Mietherausgabe, Senat,
Urteil vom 25. Februar 2005

V
[X.], juris Rn. 19 mit [X.], [X.] 2004, 367, 368) oder des Verfügungsberechtig-ten gegen den Berechtigten aus § 3 Abs. 3 Satz 4 [X.] (Ersatz von [X.], [X.], Urteil vom 5. Juli 2001 -
III ZR 235/00, [X.]Z 148, 241, 251). Für Ansprüche aus § 6 Abs. 6a Sätze 4
und 5
[X.]
aF (= § 6 Abs. 6a Sätze 3
und 4 [X.]) gilt nichts anderes.

[X.]) Sie unterliegen, anders als die Kläger meinen, auch nicht deshalb [X.] Verjährungsfrist von 30 Jahren, weil diese im öffentlichen Recht die Regel-verjährung ist oder weil für sie die in § 197 Abs. 1 Nr. 1 [X.]
bestimmte Frist für 13
14
15
16
-
8
-
die Verjährung des Eigentumsherausgabeanspruchs entsprechend
gilt. Das [X.] wendet die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach §
195 [X.] aF auf öffentlich-rechtliche Ansprüche st[X.]tlicher Stellen unterei-nander vor allem deshalb an, weil
eine
Verjährung in kürzerer Frist dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung widerstreitet (BVerwGE 132, 324, 328 f.). Darum geht es bei Ansprüchen des Berechtigten gegen den [X.] und die mit ihm haftenden Stellen aus § 6
Abs. 6a Sätze 4 und 5 [X.] nicht. Auf diese Ansprüche kann die Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr.
1 [X.] nicht entsprechend angewendet werden. Diese Frist soll nur für den Anspruch auf Herausgabe, nicht für Unterlassungs-
und Beseitigungsansprüche aus dem Eigentum gelten (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Mo-dernisierung des Schuldrechts [fortan Entwurfsbegründung] in BT-Drucks. 14/6040 [X.] f.). Sie ist deshalb auch auf sonstige Ansprüche aus dem Ei-gentum nicht anzuwenden ([X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 197 Rn. 6; NK-[X.]/[X.]/Stürner, 2. Aufl., § 197 Rn. 24, 26, 29, 35). Das gilt auch für Ansprüche auf ein Surrogat für das Eigentum (NK-[X.]/[X.]/
Stürner, 2. Aufl., § 197 Rn. 35; aM MünchKomm-[X.]/[X.], 6.
Aufl., § 195 Rn. 41).

[X.]) Die danach an sich geltende regelmäßige Verjährungsfrist, die ent-gegen der Ansicht der [X.] auch nicht durch die Ausschlussfrist nach § 6 Abs. 6a Satz 4 Halbsatz 2 [X.] verdrängt wird (Senat, Urteile vom 25. [X.] 2005 -
V [X.], juris
Rn. 19 und vom 4. Februar 2011

V
ZR 134/10, NJW-RR 2011, 1031 Rn. 26 für § 7 Abs. 8 [X.]), wäre hier, wie das [X.] richtig gesehen hat, abgelaufen.

b) Nicht geteilt werden kann aber seine Ansicht, Ansprüche
nach § 6 Abs. 6a [X.] unterlägen der Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß § 197 17
18
-
9
-
Abs. 1 Nr. 3 [X.] nur, wenn sie durch ein Gericht rechtskräftig festgestellt sind. Auf diese Ansprüche ist § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entsprechend anzuwenden, wenn sie durch [X.] bestandskräftig festgestellt sind.

[X.]) [X.] festgestellte Ansprüche werden von der Vorschrift des § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nach ihrem Wortlaut nicht erfasst. Sie spricht mit ng
in erster Linie die Feststellung des Anspruchs durch st[X.]tliche Gerichte an, weil nur deren Entscheidung in Rechtskraft erwachsen
([X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 197 Rn.
10 f.). Die Vorschrift erfasst allerdings auch Entscheidungen anderer Stel-len, wenn sie einem st[X.]tlichen Gericht vergleichbar unabhängig sind (Senat, Beschluss vom 7. Juli 2004 -
V [X.], NJW-RR 2004, 1578, 1579; Münch-Komm-[X.]/[X.], 6. Aufl., §
197 Rn. 17). Gedacht ist dabei vornehmlich an Entscheidungen ausländischer Gerichte, die im Inland anzuerkennen sind, oder die Urteile von Schiedsgerichten
([X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 197 Rn.
18
f.). Zu solchen Stellen gehört eine Verwaltungsbehörde nicht. Dafür kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang sie unbeeinflusst
von Weisungen vorgesetzter Stellen entscheiden kann. Mit § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] hat der Gesetzgeber die Regelung in §
218 [X.] aF inhaltlich unverändert übernommen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 14/6040 [X.]). Diese Vor-schrift war auf Verwaltungsbehörden nicht anzuwenden. Das folgte daraus, dass §
220 Abs. 1 [X.] aF die entsprechende Anwendung von § 218 [X.] auf die Feststellung von Ansprüchen durch Verwaltungsbehörden ausdrücklich an-ordnete, was eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift des § 218 Abs. 1 [X.] aF auf die bestandskräftige behördliche Feststellung von Ansprüchen ausschloss. Dieses Begriffsverständnis liegt auch der Vorschrift des § 197 Abs.
1 Nr. 3 [X.] zugrunde, die deshalb auf die bestandskräftige Feststellung 19
-
10
-
von Ansprüchen durch Verwaltungsakt nicht unmittelbar angewendet werden kann.

[X.]) Das bedeutet aber nicht, dass solche Ansprüche ungeachtet ihrer bestandskräftigen Feststellung durch Verwaltungsakt weiterhin der ohne diese Feststellung geltenden Verjährungsfrist unterlägen, hier der regelmäßigen Ver-jährungsfrist. Für sie ist zwar die Geltung der Verjährungsfrist von 30 Jahren nicht ausdrücklich angeordnet. Auf sie ist aber § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entspre-chend
anzuwenden.

(1) Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung dieses Inhalts ist eine un-beabsichtigte
Lücke.

(a) Der Gesetzgeber hat sich bei der Reform des Verjährungsrechts durch das [X.] titulierte Ansprüche entschieden, weil er meinte, dass die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren dem Gläubiger keine angemessenen Chance zur Durchsetzung seiner Ansprüche biete, und weil er den Gläubiger nicht dazu zwingen wollte, durch von vornherein [X.] den Neubeginn der Verjährung nach § 212 Abs.
1 Nr.
2 [X.] zu erzwingen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 14/6040 [X.]). Diese Begründung trifft für alle titulierten Ansprüche ohne Unterschied zu, auch für durch bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellte Ansprüche. Dem hatte der
Gesetzgeber bis zum Inkrafttreten der Reform in der Weise Rechnung ge-tragen, dass die dem heutigen §
197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entsprechende Rege-lung in § 218 [X.] aF nach § 220 Abs. 1 [X.] aF auf solche Ansprüche ent-sprechend anzuwenden war.

20
21
22
-
11
-
(b) Diese Regelung hat der
Gesetzgeber zwar nicht in das seit dem 1.
Januar 2002 geltende Verjährungsrecht übernommen. Grund dafür war aber nicht, dass er eine solche Gleichstellung nicht mehr für sachlich berechtigt hielt, sondern die Überzeugung, die frühere Regelung habe keinen
praktischen An-wendungsbereich mehr, weil das [X.] mit dem heutigen §
204 Abs. 1 Nr. 12 [X.] ausreichend geregelt und die endgültige Bescheidung zivilrechtlicher Ansprüche den Gerichten
vorbehalten sei (Entwurfsbegründung
in BT-Drucks. 14/6040 [X.] zu Nummer 11 i.V.m. dem
Verweis auf
Pa-landt/[X.], [X.], 61. Aufl., § 220 Rn. 1). Das traf weitgehend, jedoch
gera-de nicht für den hier zu beurteilenden Bereich des [X.] zu. Über die Ansprüche nach dem [X.] entscheiden, von hier nicht ein-schlägigen Ausnahmen abgesehen,
nicht unmittelbar die Gerichte, sondern die zuständigen Verwaltungsbehörden. Das galt bei [X.]werden des [X.]s vom 25. April 1994, auf den die vorliegende Klage ge-stützt ist, nicht nur (wie noch heute)
für den Anspruch auf Auskehrung des [X.]serlöses
nach § 6 Abs. 6a Satz 4 [X.] aF, sondern
(anders als heute gemäß §
6 Abs. 6a Satz 5 [X.])
auch für den Anspruch auf
Zahlung des Verkehrswerts
nach § 6 Abs. 6a Satz
5 [X.]. Das führt dazu, dass nach dem Wortlaut des §
197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] für solche Ansprüche auch nach [X.] Feststellung weiterhin die regelmäßige Verjährungsfrist gilt. Daran ändert auch nichts, dass § 53 VwVfG sowohl in seiner vor dem
1.
Januar 2002 als auch in seiner seitdem geltenden Fassung für durch Verwal-tungsakt titulierte Ansprüche eine Verjährungsfrist von 30 Jahren vorsieht. Denn diese galt und gilt nur für Ansprüche des St[X.]ts gegen den Bürger, nicht für die Restitutionsansprüche der nach § 2 Abs. 1 [X.] Berechtigten. Dass den In-habern solcher titulierter Ansprüche damit nur die nach der Überzeugung des Gesetzgebers
unzureichende regelmäßige Verjährungsfrist zur Durchsetzung ihrer Ansprüche verbleibt, widerspricht dem Plan des Gesetzes. Danach sollte 23
-
12
-
es für titulierte Ansprüche bei
der schon im bisherigen Recht vorgesehenen Verjährungsfrist von 30 Jahren bleiben.
Dieses Ergebnis stellte die Restituti-onsgläubiger auch vor ein ungewolltes Dilemma: Die erreichte Titulierung ihrer
Ansprüche wäre für sie unter [X.] wertlos. Die ange-messen lange Verjährungsfrist von 30 Jahren können sie aber nicht erreichen, weil ihnen die erfolgte Titulierung das Rechtsschutzinteresse an der Anrufung der Gerichte nimmt. [X.] man ihnen dennoch den Zugang zu den Gerich-ten, erwiese sich die Anrufung der Verwaltungsbehörde, die
sie für die hier zu beurteilenden Ansprüche nach § 6 Abs. 6a Sätze 4 und 5 [X.] nicht ver-meiden
konnten, als wenig zweckmäßig. Statt der beabsichtigten Beschleuni-gung der Entscheidung ergäbe sich die Notwendigkeit einer doppelten Rechts-verfolgung. Das ist
ersichtlich weder gewollt noch sachgerecht.

(2) Dem Plan des Gesetzgebers entspricht es
vielmehr, die entstandene Lücke durch eine entsprechende Anwendung von § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu füllen.

(a) Die Lücke könnte durch die entsprechende Anwendung entweder von § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] oder von § 53 Abs. 1 VwVfG gefüllt werden. Die ent-sprechende Anwendung sowohl der einen als auch der anderen Vorschrift führt zu einem
dem Plan des Gesetzes
entsprechenden
Ergebnis, nämlich dass auch für die durch bestandskräftigen [X.] titulierten Ansprüche eine
Verjährungsfrist von 30 Jahren gilt. Für die entsprechende Anwendung von § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] sprechen die überzeugenderen Gründe.

(b) Diese Lösung entspricht dem früheren Recht, das das Regelungs-problem in dem bereits erwähnten § 220 Abs. 1 [X.] aF durch die entspre-chende Anwendung des dem heutigen § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entsprechenden 24
25
26
-
13
-
§ 218 [X.] aF löste. Der Gesetzgeber hat sich bei der Verjährungsfrist für titu-lierte Ansprüche und bei der technischen Ausgestaltung des Verjährungsrechts eng an das frühere Recht gehalten. Er hätte sich deshalb auch insoweit an dem Vorbild des § 220 Abs. 1 [X.] aF orientiert, wäre ihm das [X.] bewusst gewesen. Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber die in §
197 [X.] bestimmten Verjährungsfristen als Ausnahmetatbestände verstan-den hat. Dieser Umstand gebietet zwar Zurückhaltung bei der entsprechenden Anwendung auf andere Tatbestände. Er steht ihr aber auch nicht entgegen, wenn das -
wie hier -
dem der Ausnahmevorschrift zugrunde liegenden engeren Regelungskonzept entspricht ([X.], Urteil vom 19. November 1957

[X.], [X.]Z 26, 78,
83; Senat, Beschluss vom 7. Juli 2004

V [X.], NJW-RR 2004, 1578, 1579; [X.], NJW 1969, 74; BayObLG, [X.], 1875, 1876). Für die entsprechende Anwendung von § 197 Abs. 1 Nr. 3 [X.] spricht ferner, dass die Feststellung von Restitutionsansprüchen durch das zuständi-gen Vermögensamt funktionell der Feststellung von Ansprüchen durch ein [X.] und nicht der in § 53 VwVfG geregelten Selbsttitulierung st[X.]tlicher [X.] durch Leistungsbescheid entspricht.

4. Der
Anspruch der Kläger ist
auch nicht nach Maßgabe von § 6 Abs. 6a Satz 4 Halbsatz 2 [X.] ausgeschlossen. Diese
Ausschlussfrist gilt nach Art.
7 Abs. 2 Satz 1 des Wohnraummodernisierungsgesetzes für die Ansprüche der Kläger nicht, weil über diese bereits vor dessen Inkrafttreten bestandkräftig entschieden worden ist. Außerdem hat sie nicht begonnen, weil es an dem
da-für erforderlichen Hinweis des Verfügungsberechtigten fehlt.

27
-
14
-

III.

Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht

aus seiner Sicht folgerichtig

die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Die gegen die Schlüssigkeit der Klage erhobenen Einwände der [X.] sind nur hinsichtlich des Erlöses aus dem Kaufvertrag vom 13. Februar 1995
begründet. Dieser Vertrag betrifft ein Grundstück, das in dem Bescheid nicht aufgeführt worden ist. Über den Erlös aus diesem Verkauf ist nicht im [X.] Rechtsstreit, sondern im Verwaltungsverfahren vor der [X.] zu entscheiden.

2. Es wird sodann zu prüfen sein, welche der mit dem Vertrag vom 25.
Januar 1991 verkauften Flächen restitutionsbelastet waren und welchen Anteil die nicht restitutionsbelasteten Flächen, ausgehend von den [X.], an dem Gesamtkaufpreis hatten. Sollte dieser Anteil, wie die Beklagte meint, höher sein als von dem [X.] angesetzt, reduzierte das die Klage-forderung. In dem von den Klägern behaupteten umgekehrten Fall ergäbe sich demgegenüber eine Erhöhung der Verurteilung.

3. Ob die von der [X.] erklärte Aufrechnung mit Gegenforderungen aus § 6 Abs. 6a Satz 2 [X.] begründet ist, ist nicht im vorliegenden Rechts-streit, sondern im Verwaltungsverfahren vor der Restitutionsbehörde zu [X.].
28
29
30
31
-
15
-

4. In der neuen Entscheidung müsste der [X.] aber im Hinblick auf die Wirkung der Aufrechnung nach § 389 [X.] gemäß §
302 ZPO die Aufrech-nung mit einem Anspruch nach § 6 Abs. 6a Satz 2 [X.] vorbehalten werden, soweit dessen Bestehen schlüssig dargelegt ist (vgl. [X.], Urteil vom 11. [X.] -
I [X.], [X.]Z 16, 124, 142). Daran fehlt es bislang.

a) Der Anspruch nach § 6 Abs. 6a Satz 2 [X.] kann zwar nach Art. 7 Abs. 2 des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes auch im Fall der Kläger bestehen, weil über den Restitutionsantrag der GmbH bislang nur teil-weise abschließend entschieden worden ist und die Abtretung erst nach dem Inkrafttreten von § 6 Abs. 6a Satz 2
[X.]
am 24.
Juli 1997 wirksam geworden ist. Er ist aber bislang insbesondere hinsichtlich etwaiger grundstücksbezoge-ner Verbindlichkeiten nicht schlüssig dargelegt.

b) Er stünde
zudem
nicht der [X.], sondern der M.

AG
zu. Gläu-biger des Anspruchs ist der Verfügungsberechtigte, weil er
bezweckt, diesem das Substrat für die Haftung gegenüber seinen Gläubigern
teilweise zu erhal-ten. Verfügungsberechtigte ist aber nicht die Beklagte, sondern die M.

AG, weil es ihre Grundstücke waren und sie diese auch selbst verkauft hat. Daran ändert weder der Umstand etwas, dass der [X.] eine Verfü-gungsberechtigung der [X.] annimmt, noch der Umstand, dass die Be-klagte
möglicherweise auf Grund einer Haftungsübernahme anstelle oder ne-ben der M.

AG haftet. Für das vorliegende Verfahren ist nur der Ausspruch

32
33
34
-
16
-

des Bescheids bindend, nicht seine Begründung. Nach § 417 Abs. 1 Satz 2 [X.] kann der Übernehmer einer Schuld nicht mit einer Forderung aufrechnen, die dem bisherigen Schuldner zusteht.

[X.]

Lemke

Schmidt-Räntsch

Roth

Brückner
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.08.2010 -
31 O 159/09 -

[X.] Berlin, Entscheidung vom 11.08.2011 -
22 [X.] -

Meta

V ZR 203/11

12.04.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2013, Az. V ZR 203/11 (REWIS RS 2013, 6678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6678

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 203/11 (Bundesgerichtshof)

Restitution: Verjährungsfrist für die durch Restitutionsbescheid bestandskräftig festgestellten Ansprüche auf Rückübertragung von Unternehmen


V ZR 240/13 (Bundesgerichtshof)

Restitution enteigneter Grundstücke: Verjährungsfrist für die durch Restitutionsbescheid bestandskräftig festgestellten Ansprüche auf Herausgabe des Surrogats


V ZR 52/20 (Bundesgerichtshof)

Anspruch des Berechtigten auf Verzinsung des Veräußerungserlöses für ein restitutionsbelastetes Grundstück: Verzinsungspflicht bei gescheiterter Bruchteilsrestitution; …


V ZR 98/17 (Bundesgerichtshof)

Vermögenszuordnungsrecht: Anspruch des Restitutionsberechtigten gegen den zu Unrecht erfolgreichen Anmelder vermögensrechtlicher Ansprüche auf Herausgabe des …


V ZR 134/10 (Bundesgerichtshof)

Restitutionsverfahren: Pflicht des Verfügungsberechtigen zur Herausgabe der Nutzungsentgelte bei Restitution des Grundstücks an einen der …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZR 203/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.