Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2016, Az. 3 StR 129/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 8161

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[X.]:[X.]:BG[X.]:2016:140716B3STR129.16.0

BUN[X.]SGERIC[X.]TS[X.]OF

BESC[X.]LUSS
3 StR 129/16
vom
14. Juli 2016
in der Strafsache
gegen

wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung
u.a.

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2
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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führerin und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 14. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, §
354 Abs.
1 analog StPO einstimmig
beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. November 2015, soweit es sie betrifft,

a)
im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die Angeklagte der Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung und der Beihilfe zur räuberischen Erpressung schuldig ist,

b)
im Ausspruch über die Jugendstrafe aufgehoben; die zuge-hörigen Feststellungen
bleiben aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen besonders schwerer räuberi-scher Erpressung und wegen räuberischer Erpressung zu der Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der [X.]
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geklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen -
jeweils mittäterschaftlich begangener -
räuberischer Erpressung (§ 255, § 249 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB) und besonders schwerer räuberischer Erpressung (§ 255, § 250 Abs. 2 Nr. 1, §
25 Abs. 2 StGB) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Die Angeklagte und der Mitangeklagte waren übereingekommen,
ihren gemeinsamen Lebensunterhalt künftig durch Überfälle auf Tankstellen zu bestreiten. Gegenstand des Urteils sind zwei von mehreren in Umsetzung die-ses Entschlusses begangene Taten:

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Auf der Suche nach einem geeigneten Tatobjekt stießen die Ange-klagte und der Mitangeklagte am Abend des 20. März 2014 auf eine Tankstelle in [X.].

. Beim langsamen Vorbeifahren stellten sie fest, dass sich dort nur eine Angestellte aufhielt. Sie hielten die Gelegenheit deshalb für günstig und parkten in der Nähe. Die Angeklagte wartete wie vereinbart im Pkw; der Mitangeklagte begab sich, ausgestattet mit einem Schreckschussrevolver und mit Pfefferspray, in den Verkaufsraum und verlangte von der Angestellten unter Vorzeigen des Revolvers die [X.]erausgabe des [X.]. Aus Angst packte die Angestellte diesen in eine vom Mitangeklagten mitgebrachte Plastiktüte. Damit kehrte der Mitangeklagte zum Pkw zurück und fuhr zusammen mit der Angeklagten weg.

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Gleichermaßen kamen sie am Abend des 22. März 2014 zu einer Tankstelle in [X.]

, konnten aber beim Vorbeifahren nicht erken-nen, wie viele Personen sich dort aufhielten. Sie stellten ihren Pkw auf dem 2
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Parkplatz eines nahe gelegenen Supermarkts ab; während die Angeklagte wie-derum im Fahrzeug blieb, beobachtete der Mitangeklagte die Tankstelle [X.] von einem Nachbargrundstück aus. Wegen des [X.] ver-zichtete er auf die Mitnahme von Revolver und Pfefferspray. Als ihm die [X.] günstig erschien, ging der Mitangeklagte in den Verkaufsraum der [X.] und forderte von der dort anwesenden Angestellten die [X.]erausgabe von Bargeld. Dabei täuschte er vor, im Besitz einer Schusswaffe zu sein. Aus Angst packte die Angestellte den Kasseninhalt in die ihr hingehaltene Plastiktüte. Wie zuvor begab sich der Mitangeklagte mit der Beute zurück zur Angeklagten und fuhr zusammen mit dieser weg.

Die benutzten Fahrzeuge hatte die Angeklagte jeweils auf ihren Namen angemietet. Ob sie diese bei den Taten auch steuerte, konnte das [X.] nicht feststellen.

b) Dies trägt nicht die Annahme von Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB); ihre Tatbeiträge sind vielmehr in beiden Fällen als Beihilfe zu den Taten des Mitangeklagten zu werten (§ 27 Abs. 1 StGB).

aa)
Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von §
25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der [X.]andlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen [X.]an-deln als Ergänzung des eigenen [X.] erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am [X.] selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbe-standsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs-
oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem 4
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wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich [X.] als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach [X.] oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer [X.] Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgeb-liche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BG[X.], Urteil vom 17. Oktober
2002 -
3 [X.], [X.], 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 -
1 [X.], [X.], 25, 26).

bb) Daran gemessen stellt sich die Tätigkeit der Angeklagten nach dem äußeren Erscheinungsbild in Bezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten nur als Beihilfe zu dessen Erpressungstaten dar. Die Angeklagte war zwar in die Auswahl und in die Auskundschaftung der Tatobjekte eingebunden, ebenso mietete sie die Tatfahrzeuge in eigenem Namen an. Darin liegen aus objektiver Sicht aber keine Tatbeiträge von einem Gewicht, das den Schluss auf eine Tatherrschaft der Angeklagten oder wenigstens auf ihren Willen dazu tragen könnte. Die Ausführung der Taten oblag allein dem Mitangeklagten und war ebenso wie der Eintritt des [X.] dem Einfluss und dem Willen
der Ange-klagten in jeder [X.]insicht entzogen. Der gemeinsame [X.] und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfs folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.

c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen [X.]auptverhandlung wei-tergehende, die Annahme von Mittäterschaft tragende Tatbeiträge der Ange-klagten festgestellt werden können. Er ändert deshalb den Schuldspruch ent-7
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sprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn auch bei [X.] rechtlicher Bewertung der Taten hätte sich die Angeklagte nicht wirksamer verteidigen können.

2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Jugendstrafe. Die zugehörigen Feststellungen werden von der abweichenden rechtlichen Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten nicht berührt und sind deshalb aufrechtzuerhalten. Der neue Tatrichter kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in
Widerspruch treten.

[X.] Mayer Gericke

Spaniol Tiemann
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Meta

3 StR 129/16

14.07.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2016, Az. 3 StR 129/16 (REWIS RS 2016, 8161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8161

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