Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2007, Az. VIII ZR 303/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3322

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 20. Juni 2007 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 558 Einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 [X.] steht nicht entgegen, dass die [X.] unter der - seit Vertragsbeginn unveränderten - ortsüblichen Vergleichs-miete liegt (Fortführung von [X.], Urteil vom 6. Juli 2005 - [X.], NJW 2005, 2521). [X.], Urteil vom 20. Juni 2007 - [X.] - [X.][X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Frellesen, die Richterinnen [X.] und [X.] sowie [X.] [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 25. Oktober 2006 wird [X.]. Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tra-gen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Beklagten mieteten von der Klägerin mit Vertrag vom 19. August 2004 eine 56,98 qm große Wohnung in [X.]

zu einem monatlichen Mietzins von 227,92 • (4,-- • je qm). Die ortsübliche Vergleichsmiete belief sich damals auf 4,60 • je qm. 1 Mit Schreiben vom 26. September 2005 verlangte die Klägerin von den Beklagten unter Bezugnahme auf den örtlichen Mietspiegel Zustimmung zu [X.] Erhöhung der Miete um 15,-- • monatlich ab 1. Dezember 2005. Auch die erhöhte Miete lag mit 4,26 • je qm noch unter der unveränderten ortsüblichen 2 - 3 - Vergleichsmiete von 4,60 • je qm. Die Beklagten stimmten der verlangten Miet-erhöhung nicht zu. 3 Das Amtsgericht hat die Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der [X.] auf 242,92 • ab 1. Dezember 2005 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] die Beklagten entsprechend dem Antrag der Klä-gerin verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Begehren auf Klageabweisung weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: 4 Der Klägerin stehe gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung um 15 • auf 242,92 • monatlich ab dem 1. Dezember 2005 zu. Die Klägerin habe in ihrem Mieterhöhungsverlangen vom 26. September 2005 die Jahresfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 [X.] sowie die 15-monatige Frist für den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des [X.] gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 [X.] beachtet, und die verlangte Miete liege sogar noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dass sich die ortsübliche Miete seit Beginn des Mietverhältnisses nicht geändert und auch der ursprünglich vereinbarte Mietzins bereits unter der ortsüblichen Vergleichsmiete gelegen habe, sei unerheblich, weil sich eine derartige Einschränkung aus dem Wortlaut des § 558 [X.] nicht ergebe und auch nicht im Wege der teleologischen Reduktion herleiten lasse. Der Zweck der Norm liege einerseits darin, dem Vermieter einen angemesse-nen marktorientierten Ertrag zu garantieren, andererseits aber den Mieter vor 5 - 4 - überhöhten Mietforderungen des Vermieters zu schützen. Den Interessen des Mieters werde jedoch durch die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 [X.] und die Wartefrist von insgesamt 15 Monaten seit der letzten Mieterhöhung hinrei-chend Rechnung getragen, zumal die nach einem Mieterhöhungsverlangen zu zahlende Miete jedenfalls nicht über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen könne. Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, die Wirtschaftlichkeit des [X.] zu erhalten, entfalle nicht deshalb, weil die Klägerin bewusst eine un-terhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Miete vereinbart habe. Die Klägerin verhalte sich auch nicht treuwidrig, wenn sie nach Ablauf der einjähri-gen Wartefrist trotz unveränderter Marktverhältnisse eine Mieterhöhung verlan-ge. Die Beklagten hätten den Vorteil einer besonders günstigen Miete immerhin 15 Monate nutzen können, und auch die nach Erhöhung zu zahlende Miete lie-ge noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete. 6 I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Beklagten sind gemäß § 558 [X.] verpflichtet, der von der Klägerin verlangten Mieterhöhung für die von ihnen bewohnte Wohnung um 15 Euro auf 242,92 • monatlich zuzustimmen. 7 1. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsge-richt davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 26. September 2005, in dem sie Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf einen noch unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Mietzins begehrt, die einjährige Sperrfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 [X.] und die 15-monatige [X.] des § 558 Abs. 1 Satz 1 [X.] eingehalten hat. Bedenken gegen die for-8 - 5 - melle Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens (§ 558a [X.]) werden von der Revision nicht erhoben und sind auch nicht ersichtlich. 9 2. Der von der Klägerin verlangten Mieterhöhung steht nicht entgegen, dass bereits der ursprünglich vereinbarte Mietzins unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete lag. Entgegen der Auffassung der Revision ist dem Berufungs-gericht darin beizupflichten, dass sich eine derartige Einschränkung der dem Vermieter durch § 558 [X.] eingeräumten Möglichkeit zur Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung ergibt. a) § 558 Abs. 1 [X.] setzt nach seinem Wortlaut - abgesehen von der einjährigen Sperrfrist für das Mieterhöhungsverlangen und der Wartefrist von 15 Monaten bis zum Wirksamwerden einer Mieterhöhung - lediglich voraus, dass die vereinbarte Miete im Zeitpunkt des [X.] unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt; zur Höhe der Ausgangsmiete verhält sich die Vorschrift nicht (Senatsurteil vom 6. Juli 2005 - [X.], NJW 2005, 2621, unter [X.]). Es ist mithin nicht erforderlich, dass sich die ortsübliche [X.] seit Vertragsschluss erhöht hat; ebenso wenig bietet der Wortlaut des § 558 [X.] Anhaltspunkte für eine Begrenzung der Mieterhöhung auf den Betrag einer seit Vertragsschluss erfolgten Steigerung der ortsüblichen [X.]. 10 b) Die von der Revision befürwortete Einschränkung des Anspruchs des Vermieters auf Zustimmung zur Mieterhöhung lässt sich auch aus dem [X.] nicht herleiten. Die gesetzliche Regelung der Mieterhöhung in §§ 558 ff. [X.] soll, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, die Wirtschaft-lichkeit des [X.] erhalten. Den Interessen des Mieters wird dabei durch die Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete, die Jahressperrfrist, die 15-11 - 6 - monatige Wartezeit, die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 [X.] sowie durch das Sonderkündigungsrecht des § 561 [X.] ausreichend Rechnung getragen. 12 aa) Die gesetzlichen Bestimmungen zur Erhöhung der Miete für Wohn-raum in §§ 558 ff. [X.] sind erforderlich, weil der Mieter aus [X.] Gründen vor einer Kündigung weitgehend geschützt werden soll und dem Vermieter eine Kündigung zum Zweck der Mieterhöhung ausdrücklich verwehrt ist (§ 573 Abs. 1 Satz 2 [X.]), er also nicht im Wege einer Änderungskündigung für die Zukunft eine höhere (marktgerechte) Miete erzielen kann. Diese dem Vermieter im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums auferlegten Beschränkungen verlangen vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich geschützten Eigen-tums einen Ausgleich, den der Gesetzgeber mit dem Anspruch des Vermieters auf Mietzinsanpassung im Rahmen des Vergleichsmietensystems gefunden hat; dadurch wird es dem Vermieter ermöglicht, eine am örtlichen Markt [X.], die Wirtschaftlichkeit der Wohnung regelmäßig sicherstellende Miete zu erzielen (vgl. [X.] 37, 132, 140, 142; 53, 352, 357; 79, 80, 85; [X.]/Emmerich [X.] (2006), § 558 Rdnr. 3; MünchKomm[X.]/[X.], 4. Aufl., § 557 Rdnr. 1 f., § 558 Rdnr. 3; [X.]/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558 Rdnr. 47). [X.]) Diese Zielrichtung des Gesetzes, dem Vermieter einen Ausgleich für die ihm auferlegten Einschränkungen zur Verfügung zu stellen, trifft auch auf den Vermieter zu, der bei Vertragsbeginn eine für den Mieter besonders günsti-ge Miete vereinbart hat, denn auch dieser unterliegt den Kündigungsbeschrän-kungen des [X.] Mietrechts und kann eine Mieterhöhung nicht im Wege der Änderungskündigung durchsetzen. Auch nach dem Sinn und Zweck der gesetz-lichen Regelung kommt es deshalb nicht darauf an, ob sich die ortsübliche [X.] seit Vertragsschuss oder seit der letzten Mieterhöhung verändert hat oder ob die ursprünglich vereinbarte Miete unterhalb der ortsüblichen [X.] - 7 - gleichsmiete lag ([X.] 1981, 212; vgl. auch MünchKomm/[X.], aaO, § 558 Rdnr. 27); für eine teleologische Reduktion des § 558 [X.] ist [X.] kein Raum. 14 c) Entgegen der Auffassung der Revision widerspricht diese Wertung auch nicht den Grundsätzen der Privatautonomie. Dem Mieter, dem es gelun-gen ist, einen wegen der niedrigen Miete für ihn besonders vorteilhaften Vertrag abzuschließen, bleibt die zunächst vereinbarte günstige Miete in jedem Fall für die Dauer von 15 Monaten erhalten; sofern die Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 [X.]) eingreift oder der Vermieter - wie hier - eine an sich mögliche Mieterhö-hung nicht vollständig ausschöpft, liegt die von ihm zu entrichtende Miete sogar noch für einen weiteren Zeitraum unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete. Ein schützenswertes Vertrauen des Mieters, dass ihm der Vorteil einer unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Miete darüber hinaus auf Dauer verbleibt, kann sich angesichts der Regelung des § 558 [X.] grundsätz-lich nicht bilden. Der Mieter muss im Gegenteil von vornherein damit rechnen, dass in dem (eingeschränkten) Rahmen des § 558 [X.] eine stufenweise An-passung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erfolgt, sofern die Parteien nicht eine Erhöhung der Miete durch Vereinbarung ausgeschlossen haben oder sich der Ausschuss aus den Umständen ergibt (§ 557 Abs. 3 [X.]). Derartige Um-stände sind hier aber nicht ersichtlich und werden auch von der Revision nicht vorgebracht. Sie liegen insbesondere nicht schon darin, dass die ortsübliche Vergleichsmiete die vereinbarte Miete bereits bei Vertragsabschluss überschritt. Ein rechtsgeschäftlicher Wille der Parteien, die vereinbarte Miete als solche oder einen (prozentualen oder betragsmäßigen) Abstand der Miete von der [X.] ortsüblichen Vergleichsmiete auf Dauer festzulegen, ergibt sich daraus nicht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin den Beklagten derart weitgehend entgegenkomme und auf die ihr durch die gesetzliche Rege-15 - 8 - lung des § 558 [X.] eingeräumte Möglichkeit der Mieterhöhung (teilweise) ver-zichten wollte. Entgegen der Auffassung der Revision verstößt das [X.] der Klägerin aus diesem Grund auch nicht gegen [X.] und Glauben (§ 242 [X.]). [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.]), Entscheidung vom [X.][X.], Entscheidung vom 25.10.2006 - 2 S 137/06 -

Meta

VIII ZR 303/06

20.06.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2007, Az. VIII ZR 303/06 (REWIS RS 2007, 3322)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3322

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